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Deutsche wie Affen wenden hundertmal eine Nuß in der Hand herum, ehe sie zuknacken. Sie spielen so lange[494] damit, daß ihnen die Nuß oft entfällt, aber sie verlieren lieber die Frucht als die Geduld. Indessen haben sie gute ehrliche Zähne, und endlich kommen sie auf den Kern. Dieser Kern ist das Leben und die Schale das Buch. Man ist den Deutschen nicht willkommen, wenn man ihnen eine geschälte Nuß gibt, sie lieben das Krachen. Ist die Holzschale auch gar noch mit der grünen umgeben, dann sind sie doppelt vergnügt, und nach einem Buche über ein Buch sind sie am meisten lüstern; sie finden dann den Weg von dem Worte bis zur Tat schön lang und freuen sich auf ein hundertjähriges Schlenkern. Wer sie zum Guten hinziehen will, der tue ja nichts, sondern schreibe, und wer seines Erfolgs gewisser sein will, der rezensiere. Aus diesem Grunde habe ich einige Ansichten über die verwetterte Judensache in Form einer Rezension eingekleidet, diese aber darum Der ewige Jude überschrieben, weil ich tausendmal in meinem Leben zu diesem Ausrufe bewegt worden bin. In Frankfurt, wo ich wohne, ist das Wort Jude der unzertrennliche Schatten aller Begebenheiten, aller Verhältnisse, aller Gespräche, jeder Lust und jeder Verdrießlichkeit. Stellt ein jüdischer Handelsmann seine Zahlungen ein, so machen die Gerichte bekannt: Die jüdische Handlung N.N. habe ihre Zahlungen eingestellt. Ist der Jude Arzt oder Advokat, dann wird er im Staatskalender bezeichnet: Arzt jüdischer Nation, Advokat jüdischer Nation. Stiehlt ein Jude und man fragt nach dem Diebe, so heißt es: ein Jude war's. Zeichnet sich ein Jude durch Art und Bildung aus, dann sagen die Spötter: er bleibt doch ein Jude, und die Gutgesinnten sprechen: er mache seiner Nation große Ehre. Geht ein Jude zu einem Schneider und bestellt sich einen Rock, so bemerkt ihm der Schneider ohnfehlbar, irgend ein Jakob oder Isaak habe sich ein ähnliches Kleid machen lassen. Kauft eine Jüdin Blumen ein, so erzählt ihr der Gärtner, Frau Esther habe ihm vor einigen Tagen[495] einen Rosenstock abgekauft. Stirbt ein Jude, wird er geboren oder getraut, dann hat das Frankfurter Wochenblättchen eigne gedruckte Judengassen für jene Aus- und Einziehenden, und schwarze, dicke Mauern von Dinte trennen die jüdischen Wiegen, Särge und Hochzeitbetten von den christlichen. Kommt man nach Stuttgart, München, Wien, oder nach einem andern Orte, wo die Leute gebildet und ohne Vorurteile sind und gar nicht an Juden denken, setzt man sich dort an eine Wirtstafel und ein Reisender aus Frankfurt sitzt unter den Gästen, so kann man wetten, daß, noch ehe das Rindfleisch kommt, der Frankfurter ein lebhaftes Gespräch über die Juden eingeleitet haben wird. Wer nun, gleich mir, diese Narrheit schon zwanzig Jahre beobachtet hätte, der würde sich auch daran gewöhnt haben, zürnend oder lächelnd, tadelnd oder bemitleidend, wie ich, auszurufen: der ewige Jude!
Das Buch, hinter das ich mich stecke, heißt wie folgt:
Judentum in allen dessen Teilen, aus einem staatswissenschaftlichen Standpunkte betrachtet. Von Dr. Ludolf Holst. Mainz, 1821. Bei Florian Kupferberg. (459 Seiten.)
Der Verfasser sagt in dem Vorworte: er hoffe, der deutschen Literatur ein klassisches Werk geliefert zu haben. Dieses uneigennützige Geständnis gereicht ihm zur großen Ehre. Denn wohl mußte er daran gedacht haben, daß, nach einer solchen Äußerung, das Bureau der deutschen Klassiker in Karlsruhe nicht säumen werde, sein Buch nachzudrucken. Herr Kupferberg dankt es mir gewiß, wenn ich die Welt versichere, daß die Schrift seines Verlages durchaus nicht klassisch sei und gar nicht verdiene, daß man daran zum Schelme werde. Jeder Verteidiger der unterdrückten Schwäche müßte wünschen, jenes gegen die Juden feindlich gesinnte Werk wäre in der Form eines saubern, mit Kupfer gezierten Taschenbuches Gegenliebe und Freundschaft auf das Jahr 1821[496] erschienen, damit es christlichen Frauen in die Hände gekommen wäre; denn diese hätten dann die Juden wegen der Langweiligkeit ihrer Feinde lieb gewonnen, und ihre eignen gesetzgebenden Männer günstiger zu stimmen gesucht. Wer da glaubt, nur derjenige zeige sich heldenmütig, der für die gute Sache blute, der kennt die Bücherwelt nicht. Ich fordere alle Judenfreunde wie alle Judenfeinde auf, für die Sache, welche sie hier und dort die gute nennen, die Schrift des Herrn Dr. Holst zu lesen, aber so, daß sie es mir nachtun und das ganze Feld abmähen, nicht etwa bloß spielend die Gänseblümchen darauf pflücken. Der Verfasser hat sein staatswissenschaftliches Bauholz eigentlich zu ganz anderm Gebrauche, zu einer Kirche, einer Börsenhalle, zu einem Handelsschiffe, einem philosophischen Lehrgebäude behauen, und die Judendinge, wiewohl zahlreich genug, fielen nur als die Späne ab, womit er sich und seinen Freunden ein Lustfeuer bereitet. Er führt mit ungeordneten Paragraphen einen Guerillakrieg, wobei alle die Verwirrung herrscht, die wir früher am Landsturme, da er sich erst versuchte, gesehen haben. Der Vordermann stößt dem Hintermanne ins Gesicht, der Hintermann schießt den Vordermann tot. Es ist dieses im wörtlichsten Sinne wahr; ein Paragraph stößt dem andern an den Kopf und überrennt ihn. Die Gedanken, welche der Übervölkerung wegen im Texte keinen Raum finden, wandern aus und bilden Notenkolonien, haben aber so ausgedehnte Besitzungen, daß das Mutterland die Zügel der Regierung verliert. Sooft der Verfasser sich aus dem freien Felde zurückzieht, begibt er sich hinter die Schanze seiner Unverständlichkeit und ist gedeckt. Man kann die Festung nicht mit Sturm nehmen, denn ein breiter Wassergraben umgibt das Werk; man kann sie nicht aushungern, denn sie hat sich mit dem ganzen Talmud verproviantiert. Der Verfasser ist ein rechtgläubiger[497] Kameralist aus der baufälligen Schule des v. Justi; die ewige Wage der Gerechtigkeit kennt er nicht, er kennt nur eine schwankende Handelsbilanz. Die Ketten – regel, wodurch er berechnet, daß die Juden Sklaven der Christen sein müßten, ist ihm die höchste Staatsweisheit. Wenn Geistlosigkeit aus Lieblosigkeit entspringt, dann verzeihe sie wer da wolle; meine Milde reicht nicht so weit.
Der Judenhaß ist einer der pontinischen Sümpfe, welche das schöne Frühlingsland unsrer Freiheit verpesten. Man sieht die hoffnungsvollsten Freunde des Vaterlandes mit bleichen Gesichtern krank umherwandeln. Der deutsche Geist wohnt auf Alpenhöhen, aber das deutsche Gemüt keucht in feuchten Marschländern. In unserem Herzen ist holländische Schleimblütigkeit, reine Bergluft behagt ihm nicht. Traurig, daß es so ist; denn nicht der Geist, das Herz macht frei. Jener Haß gegen Juden ist auch der Wetzstein, an dem jeder stumpfe Sinn sich scharf zu schleifen, und jeder scharfe sich abzuziehen gesucht; aber der Stein ist zu hart, die scharfen Geister haben Scharten davon bekommen, und die Schartenvollen sie nicht auszuwetzen vermocht. In diesem Streite der Meinungen wird, wie immer, die Zeit siegen – und die Liebe behält immer recht, denn sie allein ist unsterblich.
Die Schrift des Herrn Dr. Holst ist eine Sammlung alter Ansichten mit kaum noch sichtbarem Gepräge, welchen alle der Schmutz anklebt, den die tausend Hände, durch welche sie gegangen, abgesetzt haben. Man findet nicht eine einzige neue Münze darunter, nicht einen glänzenden Heller. Es wäre unbegreiflich, wie ein Mann, ohne den mächtigen Trieb, mit welchem selbstgeschaffne Vorstellungen uns drängen, die Ausdauer haben könne, ein dickes Buch zu schreiben, wenn man nicht wüßte, daß das Herz den Kopf regiert. Des letztern darf man sich[498] feuen; es ist gut, daß endlich die deutsche Wissenschaft sich so eng mit dem Leben verbunden, daß man nicht mehr geistlos sein kann, ohne zugleich sittenlos zu sein. Eigentlich verstehe ich die Sprache gar nicht mehr, mit welcher man der antediluvianischen Philosophie des Verfassers zu begegnen hat. Alle seine Reden sind kantiert – ich meine nicht kandiert (überzuckert), sondern in Art und Weise des Kant, wobei die reine Vernunft so lange kritisiert wird, bis ihr kein weißer Faden mehr bleibt. Daher, wenn ich auch wollte, vermöchte ich nicht, den Herrn Dr. Holst im Zusammenhange zu widerlegen. Ich kann mich in seinem Hause gar nicht zurechtfinden und werde darum nur bald an diese, bald an jene Türe klopfen; und wenn er mir, sollte ihm meine Beurteilung bekannt werden, vorwerfen will, ich hätte ihn nicht verstanden, so verspreche ich gleich jetzt, ihm darin nicht zu widersprechen.
Sein Buch ist eigentlich kein praktisches, sondern ein metaphysisches Hep Hep; denn die Deutschen pflanzen ihre Grundsätze lieber durch Samen als durch Setzlinge fort. Die Schrift ist eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt; keinen andern verwundet der Verfasser als sich allein. Er teilt die Welt in zwei Teile und nennt den einen Judentum, den andern Nichtjudentum. Das Nichtjudentum ist ihm das feste Land, woraus Blumen und Kräuter sprießen, Vögel singen, Quellen murmeln und harmlose Schäfer schuldlose Tage leben. Das Judentum aber erscheint seinem schwindelnden Blicke als ein wildes Meer, wo Haifische rauben und heuchlerische Krokodile betrügen. Es ist ihm eine Kloake voll stinkenden Unrats, und darin hat er vielleicht mehr recht, als seiner Sache gut ist; denn der unterirdische Kanal hat die Unreinlichkeiten, die er ableitet, nicht geschaffen, sie wurden ihm zugeführt. Der Verfasser spricht wie alle seine Vorgänger im Verfolgungsamte. Er sagt: Haß,[499] Neid, Habsucht, Bosheit, Betrug, Roheit, Gottlosigkeit und alle übrigen Laster wohnen den Juden bei. Freilich gäbe es auch edle Menschen unter ihnen, allein diese wären nicht als Juden anzusehen, sondern gleichsam als Christen. Auch sei nicht zu leugnen, daß alle jene Gebrechen und Krankheiten des menschlichen Geistes und Herzens auch unter den Christen anzutreffen wären, aber solche verworfene Menschen wären keine Christen, sie wären als Juden zu betrachten. Könnten die Juden nicht auch so sprechen? Sie könnten sagen: »Habsucht, Neid, Dummheit, Eitelkeit, Bosheit, Unduldsamkeit und die andern ungenannten Laster haften auf den Christen. Es gibt wohl einige, die davon frei sind, das sind aber edle jüdische Seelen und nicht als Christen anzusehen. Auch unter uns gibt es Taugenichtse, allein solche Ruchlosen verdienen den Namen Juden gar nicht, sie sind Christen.« Nun, wenn das nicht toll ist, so sperrt eure Narrenhäuser weit auf und laßt ihre Bewohner heraustreten, daß sie Lehrer, Prediger, Richter und Schriftsteller werden. Wenn es euch Freude macht, so teilt immerhin die Menschen in Schafe und Böcke ein und stellt die einen rechts, die andern links; wenn ihr aber erklärt: Alle, die rechts stehen, sind Schafe, und die links stehen, Böcke – so ist das ja entsetzlich gottlos, und ihr verdient gar nicht, daß man wie mit vernünftigen Menschen mit euch rede.
In der Einleitung der Schrift wird untersucht: »Woher die immer größer werdenden Ideenverwirrungen überhaupt und in besonderer Beziehung auf Judentum.« Man muß dem Verfasser die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß ihm gelungen ist, die Ideenverwirrungen, die in den Köpfen herrscht, sehr anschaulich zu machen. Seine Gedanken spielen blinde Kuh; hat auch einmal einer die Wahrheit erhascht, so werden sogleich dieser die Augen verbunden, und sie tappt ebenso unwissend und[500] blind umher als ihr Vorgänger. Man bekommt den Schwindel vom Zusehen. Mein schwacher Kopf hat von der Einleitung nur folgendes Wenige auffassen können. Vormals durften sich die Juden keiner Pferde zum Reiten bedienen; wollten sie einen Degen tragen, so mußte es an der rechten Seite geschehen; wollte ein reicher Jude mit Vieren fahren, so sollten die Pferde hintereinander gespannt werden; bei Krankheiten mußten sie in den Lazaretten die von Christen zubereiteten Speisen genießen, so groß auch ihr Greuel vor denselben sein mochte; bei Lebzeiten des Vaters durfte der Sohn, noch weniger der Enkel heiraten; am Sonntag mußte eine Zahl Juden in die christlichen Kirchen gehen, um dort die Predigt anzuhören, wobei es unter schwerer Strafe verboten war, während der Predigt einzuschlafen. (Dieses vortreffliche Mittel, in den Kirchen die schädliche Wirkung des Pastoralopiums zu verhindern, sollte die medizinische Polizei auch gegen Christen anwenden!) Führte ein Verbrecher wider einen Juden eine Aussage, dessen Namen und Wohnort er nicht wußte, so mußten alle Juden des Orts demselben im Gefängnis vorgeführt werden; Karl der Große hatte verordnet, daß der Vornehmste in jeder Judengemeinde dreimal im Jahr an den Kirchentüren eine Maulschelle erhalten mußte. Ferner mußten die Juden einen besonderen Leichenzoll erlegen: – (den Griechen nachgeahmte Sitte: auch Charon erhielt ein Fährgeld; doch mit dem Unterschiede, daß bei den Griechen das Geld den Toten, bei den Christen aber den lebendigen Schatzmeistern in den Mund gesteckt wurde!) – getaufte Juden konnten eines vorher begangenen Verbrechens wegen nicht gerichtlich belangt werden; ausgeübte Gewalt von einem Juden an einem Getauften wurde mit dem Feuertode bestraft. Ferner: Juden mußten den Betrag eines Wechsels in das Haus eines Christen liefern, dagegen mußte der Jude, wenn[501] der Christ Akzeptant war, solchen holen; die Gültigkeit eines Injurienprozesses fand schon dann statt, wenn ein Christ einen andern einen Juden hieß (unter solchen Umständen war wenigstens dieses Gesetz weise). Der edle Verfasser weist mit gerührter Stimme auf diese guten alten Sitten zurück. Ich aber habe froh alle jene Tollheiten erzählt, damit Christen und Juden daraus Trost schöpfen und entnehmen mögen, wie der Geist des Menschen vorschreite, trotz der Verhaue der Dummheit, und wie sein Herz sich immer mehr veredle, trotz des Beispiels der Verdorbenen. Es wird eine Zeit kommen, wo man in Hamburg es ebenso lächerlich finden wird, daß vormals ein Jude seines Glaubens wegen nicht Bürgermeister werden konnte, als man es jetzt lächerlich findet, daß er noch unter Friedrich dem Großen seinen Degen rechts anhängen mußte. Der Verfasser selbst bemerkt (ob er zwar den Satz auf seine Art anwendet): »es steht von unserm sogenannten (jawohl!) aufgeklärten Zeitalter zu befürchten, daß, wenn nach einigen tausend Jahren auf dasselbe zurückgesehen wird, es ebenfalls heißen mag: wie gar weit war man damals in viel und manchen Dingen zurück, wie äußerst finster sah es noch in den mehrsten Köpfen damals aus.« Nach einigen tausend Jahren? Herr Dr. Holst hat große Geduld! Was mich betrifft, so hoffe ich es noch zu erleben, daß man selbst in keiner deutsch-englischen Kolonialstadt ein aufrührerisches oder albernes Buch gegen die Juden wird schreiben dürfen, ohne ins Zuchthaus oder ins Tollhaus zu kommen.
Der Verfasser, ob er zwar Judentum für ein ziemlich vollständiges Konversationslexikon aller gangbaren Spitzbübereien ansieht, begnügt sich damit nicht und spricht von neuentdeckten Betrügereien, welche die Juden ausüben könnten, wenn sie wollten. Was, fragt er, würde daraus entstanden sein, wenn man die Juden mit den[502] Christen völlig gleichgestellt hätte? Großer geometrischer Jammer, antwortet er. »Ein jüdischer Bauer z.B. würde zu seinem christlichen Nachbarn gesagt haben: mein Acker liegt dir und der deinige mir bequemer. An Güte sind sie sich beweislich völlig gleich. Dein Acker enthält 750 Ruten lang und 600 breit, der meinige enthält in der Breite 25 Fuß weniger = 575, dagegen aber in der Länge 25 Fuß = 775 mehr, mithin auch hierin völlig gleich. Und der Nachbar wird mit 4375 Quadrat-fuß betrogen.« Der Verfasser, wie man sieht, ist ein guter Feldmesser und wäre bei Verfertigungen von Katastern und bei Friedensschlüssen gut zu gebrauchen; er versteht sich auf Länge und Breite der Dinge besser als auf ihre Tiefe.
Der erste Abschnitt enthält eine »allgemeine Übersicht der in den letztverflossenen Zeilen so zahlreich erschienenen Schriften fürs Judentum, besonders in Hinsicht derer, die von jüdischen Autoren abgefaßt worden.« Herr Dr. Holst kommt niemals in Verlegenheit. Wenn Christen für Juden geschrieben, so sagt er, es wären unstreitig verkappte Juden gewesen; sind aber die Schriftsteller Juden, dann sagt er, sie gehörten zur rohesten Klasse von Menschen, und spricht von ihrer zügellosen Kühnheit und beispiellosen Frechheit. Man muß gestehen, daß es närrische Käuze in der Welt gibt. Herr Dr. Holst will die Juden totschlagen, und wenn sie sich zur Wehre setzen, wendet er sich zum Kreise seiner Zuschauer und spricht: Da sehen Sie, meine Herren, wie recht ich habe, wenn ich die Juden beispiellos frech nenne; sie wollen nicht dulden, daß man ihnen noch so wenig den Kopf abschlage, und mucksen! Die Einwendungen, welche der Verfasser gegen die erwähnten Judenschriften macht, kann ich nicht beurteilen, denn ich habe nur wenige der sowohl für als gegen Juden erschienenen Schriften gelesen. Ich habe sie nicht gelesen, weil ich es[503] ebenso lächerlich fand, den Beweis, daß zweimal zwei vier ist, dickbäuchig führen, als das Gegenteil beweisen zu wollen – beides machte mir Langeweile. Es geschieht auch meiner Abhandlung »Für die Juden«, die in den Zeitschwingen steht, Erwähnung. Ich besitze zwar in diesem Augenblicke das angezogene Blatt nicht, kann aber versichern, daß die mitgeteilten Auszüge entstellt sind. Ich soll gesagt haben: »Der Streit gegen die Juden und der Streit gegen den Adel geht aus einer und derselben Quelle hervor, nämlich: eine vermeinte Aristokratie zu bekämpfen, die in Geldvorzügen und Geburtsvorzügen liegen soll.« Und an einer andern Stelle: »Da die produzierende Kraft überall mit der verzehrenden im Streit liegt, so mußte auch eine Verfolgung die Juden treffen.« In beiden Sätzen ist weder Sinn noch Ausdruck der meinige. Ich kann unmöglich von einer verzehrenden Kraft gesprochen haben; denn zum Verzehren gehört keine andere Kraft als die der Zähne, welche in das Gebiet der Physiologie, aber nicht in das der Nationalökonomie gehören. Habe ich vielleicht von einer verzehrenden Klasse gesprochen, so konnte ich doch die Juden nicht darunter zählen, da sie ja in einem so hohen Grade tätig sind, daß man ihnen diese Rührigkeit sogar zum Vorwurfe macht. Nennt man aber nur solche Arbeiten produktiv, bei deren Verrichtung man schwitzt, so will ich, was ich leicht könnte, diese poröse Ansicht jetzt nicht bestreiten; sondern ich bemerke, daß die Juden allerdings stark transpirieren, teils weil sie den ganzen Tag umherlaufen, teils durch den psychischen Einfluß der Furcht und Freude beim Staatspapierhandel, und viele Juden dürfen sich rühmen, im kritischen Dezember vorigen Jahrs mehr geschwitzt zu haben als die meisten Christen selbst in den Hundstagen. Noch weniger kann ich von einer vermeinten Aristokratie gesprochen haben. Die Handelsaristokratie der Juden ist so wenig vermeint[504] als die Geburtsaristokratie des Adels, sie sind beide wirklich vorhanden. Jene aber ist kein Vorrecht der Juden, sondern ein Zwang, da man sie gewaltsam abhält, andere Gewerbzweige zu ergreifen. Die Aristokratie des Adels aber ist fühlbar genug. Ich rede aus gleichem Grunde für Juden und gegen Adel; denn dieser verhält sich zum Bürgerstande wie die christliche Welt zur jüdischen. Beide gründen Vorrechte auf den Zufall der Geburt, beide wollen, wie Studenten, den breiten Stein des Lebens allein behaupten und uns Philister im Kote zu gehen nötigen – eine Anmaßung, die nur etwas weniger abgeschmackt ist, als es ist: sie gelassen dulden.
Es ist komisch genug zu sehen, wie Schriftsteller, welche gegen Juden eifern, nachdem sie sich schwindelnd hoch verstiegen und zu beweisen gesucht, daß Sonne, Mond und Sterne bei der großen Judensache beteiligt wären – bald darauf von ihrer Höhe herabpurzeln und in einem schmutzigen Sackgäßchen der Erde, in einem Zuckerfasse, einem Wechselkomptoir, einem Warengewölbe niederfallen. Nachdem sie von Tod und Unsterblichkeit, von Bestimmung des Menschen, von Theokratie, von Sittlichkeit gesprochen; nachdem sie gezeigt, daß Judentum ein atmosphärisches Gift sei, welches die ganze Erde umhülle, kommen sie dahin zu bemerken, die Luft sei doch an jedem Orte verschieden, und sie suchen nicht bloß für jede Stadt, sondern auch in der nämlichen Stadt, für jede besondere Straße darin, ein eigenes antijüdisches Interesse zu verteidigen. In dieser Straße sollen Juden wohnen dürfen, in der anderen nicht; in dieser Straße sollen sie rechts wohnen dürfen, aber nicht links; auf dieser rechten Seite sollen sie Häuser haben dürfen, aber keine Eckhäuser; in den mit doppelten Ausgängen versehenen Häusern sollen sie an der einen Türe handeln dürfen, aber nicht an der andern; an dieser Türe sollen sie mit dieser Ware handeln dürfen, aber nicht mit jener[505] – und so wird der dicke Klotz des Unverstandes in tausend Schwefelhölzer zerspalten. Die Theorie des Herrn Dr. Holst ist etwas besser als diese meine erzählten Erfahrungen – etwas, aber nicht viel. Nachdem er mit der Kritik der reinen Vernunft angefangen, endigt er mit deren negativem Pole, mit den Hansestädten. Er meint, diese hätten ihre eigene Natur, und es sei Unsinn zu denken, daß in den Bundesstaaten über die künftige Stellung der Juden eine allgemeine Norm werde angenommen werden. Herr Dr. Holst kann vorderhand noch ruhig bleiben. Die hohe Bundesversammlung ist gewohnt, alles reiflich zu überlegen, und was sie auch wegen der Juden beschließen möge, sie wird sich nicht übereilen und hanseatischer Weisheit die Zeit lassen, ihr die nötigen Aufklärungen zu geben.
Manches Buch wird wohl in der bescheidenen Vermutung geschrieben, daß es keiner lesen werde; denn wenn das nicht wäre, wie konnte der Verfasser sich selbst so nahe treten, das folgende zu äußern. Es ist nämlich die Rede von der grausamen Wut, mit welcher man ehemals gegen die Juden verfuhr, und er tadelt jene Grausamkeiten. (Ist nur allein der Körper verwundbar und haben die Seelenleiden der Juden aufgehört?) Aber, fragt er, wer war schuld an jenen Verfolgungen? Niemand als die Juden selbst, denn aus dem Judentume ist ja das alte blutige Christentum entsprungen. Ich will seine eigenen Worte anführen: »In der Zukunft wird redend und auf eine unwiderlegliche Weise dargetan werden, daß alle jene Greuel einzig und allein daraus entstanden sind, daß, dem Sinn und Geist des Stifters der christlichen Religion ganz entgegen, ein Pfropfreis vom Judentum genommen und unglücklicherweise, in jener finstern Zeit, auf Christentum eingeimpft worden; so daß alle jene Greuel ursprünglich dem Judentum einzig und allein zur Last fallen.« Das ist ein wichtiges Geständnis, wir[506] wollen es zu Protokoll nehmen. Doch zu groß ist dieses Kapitel, um es hier zu endigen, und zu bedeutend, um es bloß anzufangen; es darf nicht zerrissen werden. Der Verfasser weiß selbst nicht, welch ein herrliches Wort er gesprochen; wie ein Kind findet er an der Muschelschale Wohlgefallen, und die Perle darin wirft er weg!
Der zweite Abschnitt betrachtet das Judentum in religiöser Hinsicht. Auch in dem zum Teil anerkannt Wahren, was der Verfasser hierüber sagt, redet er gegen seine eigenen Zwecke. Denn indem er von der mosaischen Theokratie und von den rabbinischen Dogmen spricht, zeigt er, daß die Juden, so wie sie sind, haben werden müssen, und daß bei nun versiegter Quelle nur noch ein stehendes Wasser lästig sei, das man austrocknen könne. Was ihr zu tun habt, fragt ihr mich? Eine alte Kindersittenlehre antworte darauf: es ist die Fabel von der Sonne, dem Sturmwinde und dem Wandrer. Der Sturmwind und die Sonne stritten, wer mächtiger sei. Da versuchte der Sturmwind, einem Wandrer den Mantel zu entreißen – vergebens; je heftiger er wütete, je fester hüllte sich der Wandrer ein. Nun kam die Sonne mit ihrem Lichte und ihrer Milde – und der Wandrer zog den Mantel aus. Die Juden sind solche Wandrer, der Rabbinismus ist ihr Mantel, der Sturmwind seid ihr, und die Sonne – hat jetzt in Amerika zu leuchten.
Im dritten Abschnitte wird das »Judentum in moralischer Hinsicht sowohl in als außer dessen Heimat« betrachtet. Der Verfasser behauptet, die Juden wären schon im Lande Kanaan Spitzbuben gewesen. Haben sie etwa die dort fließende Milch gewässert, den dort fließenden Honig nach falschem Maße verkauft? Nein, der Verfasser beweist nichts; er zeigt bloß, auf welche Weise die Juden im gelobten Lande haben Betrüger sein können, wie sie die dortigen Landesgesetze haben umgehen können, und geht dabei ebenso sinnreich zu Werke[507] wie früher bei der Erdichtung des betrüglichen Ackerverkaufs und der Quadratur seines logischen Zirkels. Er bezieht alle Lasterhaftigkeit nicht auf den Wandel, sondern auf den Handel des Menschen; die Börsenfalle ist ihm ein erhabener Tempel der Tugend. Darum spricht er auch nur vom Hausieren, vom Wucher der Juden. Ich begreife nicht, warum das Hausieren ein Laster sein soll, den Christen pflegt man ja die Häuslichkeit als eine Tugend anzurechnen; da aber viele arme Juden keine eigenen Häuser besitzen und an manchen Orten gar nicht besitzen dürfen, so bleibt ihnen nichts anders übrig, als in fremden Häusern häuslich zu sein. Was aber den Wucher und die andern Übervorteilungen im Handel betrifft, so glaube ich nicht, daß die christlichen Kaufleute besser sind als die jüdischen. Auch sie sind Egoisten; man muß sie nur nicht nach ihrem Epistolar – und Avisstile beurteilen. Sie schreiben zwar: »Ew. Edelgeboren Geehrtes vom 13. habe empfangen« – »Sehr schönen gerauchten Lachs und frische Austern habe erhalten«, und lassen dabei das Ich weg; aber Kenner der Sprache und des menschlichen Herzens wissen recht gut, daß der Egoismus in dem aller Zeiten Zeitwort haben versteckt ist. Der Verfasser zeigt sich als liebender Vater, indem er dafür sorgt, daß nach seinem Tode kein einziger Jude dem Erbhasse seiner Kinder entzogen werde. Darum beschließt er testamentarisch, daß ein Jude, selbst wenn er Christ wird, immer noch ein Spitzbube bleibe, ja, daß er dann ein doppelter Spitzbube werde. Das ist gewiß eine naive Erklärung! Er verordnet: jüdisches Blut bedürfe zu seiner Reinigung einer dreifachen Filtration, und erst dem Enkel eines getauften Juden, und auch nur in dem Falle, wenn er sich mit einer christlichen Familie vermählt, wären Staatsbürgerrechte einzuräumen. Wie der Verfasser schon als Kind ein Judenfeind geworden, wird von ihm, wie folgt, erzählt. In sein väterliches Haus[508] sei einst ein Jude mit den Worten getreten: »Komme ich recht? Ja, bei Gott, ich komme recht! – Hören Sie mich an, ich bitte Sie, bei Gott, ich bitte Sie, hören Sie mich an«, darauf habe der Jude einen Lotteriezettel aus der Tasche gezogen und geschworen: das Haus sei ihm im Traume genau bezeichnet worden, dem er Heil und Segen bringen solle. Das war nun freilich eine unmenschliche Grausamkeit, zumal wenn auf das Los kein großer Gewinst gefallen; aber der wahre und gute Christ kennt die Rache nicht und verzeiht seinen Feinden.
In dem vierten Abschnitte, welcher das Judentum in intellektueller Hinsicht, in Rücksicht auf Künste und Wissenschaften behandelt, behauptet der Verfasser, die Juden hätten in keiner Kunst und Wissenschaft einen einzigen großen Mann aufzuzeigen. Das mag sein oder nicht sein, es gehört nicht hierher. Wenn die Juden schlechte Bücher schreiben, dann mögen die Rezensenten hep hep rufen, aber der Staat darf sich nicht hineinmischen. Soll man darum ihren Handel beschränken, wie der Verfasser wünscht? Man soll gerade das Gegenteil tun. Wenn ich mich je entschließen könnte, irgend einem Vorrechte das Wort zu reden, so würde ich raten, allen Schreibgesellen in Deutschland den Alleinhandel des Papiers zu überlassen, damit sie mehr dabei gewönnen, das Papier zu verkaufen als voll zu drucken. Er behauptet ferner: »Selbst Mendelssohn wäre nicht der vortreffliche Schriftsteller geworden, er hätte seinen Namen, nicht auf die Nachwelt gebracht, wenn sein vertrauter Umgang mit christlichen Gelehrten nicht in ihm als Schriftsteller Judentum und Christentum verschmolzen hätte. Wenige mögen hierüber so urteilen können als meine Individualität (meine Individualität!). Der vor vielen Jahren gepflogene wissenschaftliche Umgang mit Reimarus ließ mich oft und viel sehen, wie weit der Ideenumtausch zwischen diesen beiden Männern stattfand; wie zutraulich[509] Mendelssohn unserm Reimarus Aufsätze zur Prüfung vorlegte und mit welchen Anmerkungen sie von diesem Manne begleitet worden sind.« Da hört ihr es mit euren eigenen Ohren, was ich früher erzählt habe: so oft der Verfasser einen Juden trifft, von dem er gestehen muß, daß er ein ziemlich ordentlicher Mensch sei, wirft er ihn in den Schmelztiegel des Christentums, scheidet das Gold aus und wirft dem Judentume die Schlacken hin. Wenn Mendelssohn aus dem Umgange mit christlichen Gelehrten gewonnen, schmälert das seinen Wert? Die Weisheit wird nicht angeboren, sie wird erworben. Vielleicht ist Herr Dr. Holst reich genug, um nichts von den Alten entlehnen zu müssen; wir andern armen Teufel aber sind oft genötigt, von Griechen und Römern zu borgen. Daß Reimarus die Aufsätze Mendelssohns verbessert habe, glaube ich nicht; denn es heißt nicht verbessern, wenn jener, um seine abweichenden Ansichten darzustellen, etwa Anmerkungen gemacht. Kann ein denkender Kopf seine Denkweise von einem andern regeln lassen, muß er nicht mit seinen eigenen Gedanken denken? Daß Herr Dr. Holst mit Reimarus vertrauten Umgang gehabt, ist wohl zu glauben. Reimarus benutzte die Erfahrung überall; er hat ein gutes Buch über Die Triebe der Tiere und noch viele andere gute Werke geschrieben. Aber von diesem Manne konnte er seinen Judenhaß nicht gelernt haben. Reimarus war der unversöhnlichste Todfeind aller Bedrückungen. Das Konversationslexikon sagt von ihm: »Er war ein Feind jeder Zwangsordnung; wo irgend nur die Freiheit, die innere oder äußere, beschränkt wurde, da nahm er sich ihrer an. Daher schrieb er gegen Getreidesperre, gegen öffentliche Kornmagazine, gegen Fleischtaxen, gegen Zunft- und Handwerkszwang, gegen den Zwang des Verlagsrechts (er billigte unter gewissen Bedingungen den Nachdruck), gegen medizinische Zwangsordnung, gegen Handwerksverbote,[510] gegen das Positive in den Vorschriften, nach welchen der Jugendunterricht von Staats wegen geleitet werden sollte. Obwohl ein wohlbegründeter Gottesverehrer, ließ er sich keinen dogmatischen Zwang in der Religion gefallen; die Vernunft mit ihrer Einstimmung und ihrem Widerspruch war ihm Richterin in der Religion. Die Einstimmung der Weltordnung war seine Religionslehre.« Ein solcher Mann konnte unmöglich eine Krämerseele haben, welche Menschenrechte auf die Butterwaage legt, und mit einem solchen Manne sollte man nicht vergebens umgegangen sein!
Den fünften Abschnitt überschreibt der Verfasser: »Judentum im Geschäftsleben (in bürgerlicher Hinsicht) betrachtet, wo auf die so ergiebige Quelle hinzusehen ist, woraus [das] Judentum sich einen immer höhern Vermögensstand, selbst Reichtümer zu verschaffen imstande ist und dadurch die Verhältnisse der Gesamtteile mehr und mehr zerrüttet.« Schon an den Pulsschlägen dieser pochenden Überschrift fühlt man, in welcher heftigen Gemütsbewegung der Verfasser über diese Gegenstände sprach. Judentum ist ihm überall der Knecht Ruprecht, womit er schreckt und droht. Ergiebige Quelle – immer höherer Vermögensstand – selbst Reichtümer! – und warum nicht so gut als wir? Er sagt: »Man sagt nicht zuviel, wenn man den gesamten in den Händen der Juden befindlichen Handel als Wucher betrachtet«, und geht dann mehrere Geschäftszweige durch und zeigt, wie sie wucherhaft betrieben werden können – ja, können. Aber werden es die christlichen Handelsleute besser machen? Der Verfasser selbst bemerkt: »Keine menschliche Weisheit ist je vermögend, je imstande, Maßregeln zu ersinnen, sie mögen noch so durchdacht und geprüft sein, wie sie wollen, die dem Unfug des Wuchers je Einhalt tun könnten, er geschehe mit Waren oder mit Geld; noch weniger, wenn es bedeutende Unternehmungen sind,[511] weil Juden dann die schlaue Politik ausüben, christliche Häuser darin mit zu verwickeln, um von dieser Seite Schutz finden zu können; denn, die Wahrheit zu gestehen, es fehlt nicht an Blutsaugern höherer Klassen, die gerne ihre Hände zum Wucher hergeben.« An einer anderen Stelle äußert er: »Da, wo ein christlicher Wucherer stattfindet, der die moralischen Grundsätze verläßt, in welchen er zum Unterschied des Judentums erzogen worden ... tritt ein solcher nie selbst auf, sondern läßt einen Juden als Hauptteilnehmer das Geschäft allein betreiben.« Aus diesen wichtigen Geständnissen folgt: 1) daß es auch christliche Blutsauger gibt, die Wucher treiben; 2) daß der Wucher der Christen nicht bestraft wird, denn die Juden glauben sich geschützt, wenn sie mit ihnen gemeinschaftliche Sache machen; 3) daß Christen die Juden zur Teilnahme an Wuchergeschäften verleiten, weil sie sich nicht selbst herausstellen wollen; 4) und aus allem vorigen zusammengenommen, ergibt sich, daß man nicht unterscheiden könne, ob der Wucher der Juden auf eigene oder gemeinschaftliche Rechnung mit Christen getrieben werde, daß man daher gar nicht beurteilen könne, ob es mehr Wucherer unter den Juden oder unter den Christen gibt. Herr Dr. Holst hat dieses alles so unwiderleglich bewiesen, daß ich begierig bin, wie er sich bei seinen Prinzipalen verantworten werde. Ich habe die Handelswelt nicht zu verteidigen, deren Judentümlichkeit – diese Sichtbarwerdung des Gelddämons, diese heraufgestiegene Furie der Habsucht, dieser leibliche Goldteufel – mir in der tiefsten Seele verhaßt ist, sie mag in der Gestalt eines Hebräers, eines Muselmannes oder eines Christen mir entgegentreten. Aber ist diese Judentümlichkeit nur allein der Juden Schimpf und Schuld? Ist sie nicht die Stickluft, welche die ganze Handelswelt umdünstet, erhaltend zwar das Leben, weil sie das Leben zurückhält, aber tödlich, wo sie abgesondert[512] erscheint? Ihr murrt und sprecht, die Juden wären die Priester Merkurs und steckten die Opferpfennige ein. Nun, wenn auch, dann sind sie schlauer als ihr, aber nicht verderbter. Nicht der Priester, die Anbetung schafft den Götzen. Werft euern Abgott um, zerstört seine Tempel – und die Fleischgabel entfällt den euch verhaßten Leviten. Bei den Griechen und Römern war der Handel den Sklaven eigen, ihr aber seid Sklaven des Handels, und nichts verdient ihr als Geld und Verachtung. Ihr sagt: wir haben Weltteile verbunden, Völker befreundet, Sitten verschwistert, Verborgenes entdeckt, das Entdeckte herbeigeführt. Gut! Wollt ihr euch begnügen, die Fuhrleute der Weisheit zu sein und von allen Gütern des Lebens nur die Fracht einzustreichen, so ist eure Bescheidenheit zu loben. Aber brüstet euch nicht mit erhabenen Gesinnungen, prahlt nicht mit Tugend und Gottesfurcht, wo euch nichts bewegt als niedrige Habsucht und gemeine Sinneslust. Mögen die Juden hassenswürdig sein, aber euch kommt es nicht zu, sie zu hassen. Eure Sache ist noch lange nicht so schlecht, als sie verteidigt wird; denn es ist der verdiente Fluch leidenschaftlicher Verblendung, daß sie in das Schwert des Gegners rennt. Hört, wie eure Sachwalter sprechen! Sie sagen nicht, man solle die Juden aus dem Lande stoßen, sie sagen es nicht; denn sie heucheln, sie wollen nur, daß man ihren Handel beschränke. Aber indem sie auf diese Weise an der Wohlfahrt vieler tausend Menschen die Zweige abschneiden, nachdem sie die Früchte geschüttelt, wollen sie auch den Stamm umhauen und die Wurzel ausgraben. Auch die untern Gewerbe, auch Handwerke und Ackerbau, sollen Juden nicht mit völliger Freiheit treiben dürfen. Ihr zündet das Wohngebäude ihres Glückes an und verschließt die Haustüre, daß sie sich nicht retten – ihr jagt sie in die Schlacht und pflanzt Kanonen hinter ihrem Rücken auf, daß sie nicht umwenden können. Ist das[513] menschlich? Man hat verlernt von euch zu fordern, daß ihr Christen seiet, aber es ist doch wahrlich zum Lachen, wenn ihr christliche Gesinnungen, die ihr selbst nicht habt, von Juden fordert.
Als ich in der geräuschvollen Mitte dieses Buches im Hauptquartier des Judenhasses angekommen war, gedachte ich zu spotten und dem Verfasser zu sagen: er möchte, so sehr auch sein Herz dabei bluten würde, einen Juden lebendig aufschlitzen und sich überzeugen, daß Lunge und Leber, Herz und Nieren, Gehirn und Magen ganz so gebildet und geordnet seien wie bei Christen, und dann solle er mir erklären, wo die Anweisung der Natur wäre, die Juden nicht wie Menschen zu behandeln. Aber meine Ironie fand nichts zu spitzen, die Wahrheit ist schon spitz genug. Der Verfasser hat dafür gesorgt, daß seine Grundsätze nicht karikiert werden können. Er geht mit den jüdischen Leibern nicht besser um als mit den jüdischen Seelen. Der sechste Abschnitt seines Buches betrachtet: »Judentum in physischer Hinsicht.« Eine schöne freiwillige Beisteuer zu Franks medizinischer Polizei! Er erschrickt gewaltig vor dem Anwachse jüdischer Bevölkerung und schreibt sie dem häufigen Zwiebelessen der Juden zu. Er sagt: sie wären unreinlich; denn ob ihnen zwar Reinlichkeit Religionsgebot wäre, so berührten sie doch »das Wasser kaum mit den Fingerspitzen«, und dieses nennten sie ganz lächerlich »sich gewaschen haben«. Nach seiner Meinung wäre wohl nötig, man führte Staatswäscherinnen ein und legte Judenbleichen an! Bemerkt er ein Blätterchen auf der Lippe eines naschhaften Judenmädchens, so macht er, wie zierliche Redner sagen, aus der Mücke einen Elefanten und behauptet, das saubere Mädchen habe die Elefantiasis. Läuft ihm eine Laus über die Leber, was oft geschieht, behauptet er, es sei eine jüdische gewesen und die Juden hätten alle die garstige Krankheit, woran unter andern gekrönten[514] Häuptern auch Herodes und Philipp II. und der römische Diktator Sulla gestorben sind. Aus diesem allem aber folgert er, man müsse die Juden von den Straßen der Städte mit einem neuen Besen wegkehren und sie hinausführen. Von Nimrod bis auf die Pygmäenultras unserer Zeit hat Aristokratensucht stark gefiebert, aber so heftig als der Verfasser hat noch keiner gerast. Er meint, eine Judenhaut käme schon als fertiges Trommelfell auf die Welt und man brauche nur die Schlegel zu rühren.
Der siebente Abschnitt betrachtet »Judentum in historischer Hinsicht« und spricht von den Quellen der ältern und neuern jüdischen Geschichte. Dieses Kapitel gibt weder Stoff noch Lust zu Bemerkungen. Wo der Verfasser aufhört, sich selbst zu parodieren und die natürliche Art seines Geistes und Herzens hervortritt, wird er meilenlangweilig. Man muß wahrlich die Juden glühend hassen oder ebenso glühend die bürgerliche Freiheit lieben, um über die ganze Breite dieses Buches zu schwimmen, ohne die Kraft zu verlieren. Der Verfasser sagt, seine Literatursammlung von Judenschriften gehe schon jetzt über die Zahl von mehreren Hunderten hinaus. Das mag eine schöne Blumenlese von getrockneten Giftkräutern sein!
Der achte Abschnitt betrachtet (dieses häufige betrachtet ist nicht mein Wort, der Verfasser gebraucht es, und mit Recht; denn er beweist nichts, er zeigt nur die Dinge, wie er sie – eben betrachtet): »Judentum, in Anleitung aller vorhergehenden Untersuchung, zugleich in politischer Hinsicht aus einem staatswissenschaftlichen Standpunkte.« Der Verfasser mustert darin seine martialischen Grundsätze, um zu sehen, ob keiner desertiert sei, und läßt sie dann mehrere Schwenkungen und Schwänke machen. Er behauptet, die Juden hätten nichts Geringeres im Sinne, als sich zu Herren der Welt aufzuwerfen,[515] und zeichnet eine schöne Landkarte von allen den Wegen, auf welchen sie, zwar zu Fuße und daher langsam, aber sicher die Weltherrschaft zu erreichen suchen. Er sagt, die Juden hätten schon jetzt eine große Menge Tagereisen zurückgelegt. Sie sprächen: »Wir Juden sind nicht mehr das, was wir vormals waren. In dem dermaligen Frankreich bekleiden wir öffentliche Ämter. In verschiedenen Staaten sind wir zu Reichswürden und Ehrentiteln gelangt, warum sollten wir denn auch nicht Sitz und Stimme im Senat freier Städte haben können?« Der Verfasser fährt fort: »Werden schon gegenwärtig weithinaussehende Äußerungen gemacht, so wird es, bei höher steigendem Ehrgeiz, der mit den Mitteln gleiche Schritte halten kann, in der Folge unfehlbar noch weiter heißen: warum sollten denn uns die Pforten der Fürstenhäuser so ganz geschlossen sein? Was könnte wenigstens hindern, daß z.B. ein Besitzer vieler angesehenen, nach und nach arrondierten Ländereien nicht den Titel Fürst annähme, damit dereinst ein Herzog, ein Erzherzog etc. daraus werde?« Die Wahrheit ist mir heiliger als alles, und man wird meine Unbefangenheit loben, wenn ich dem Verfasser in dem hier Gesagten beistimme. Worin er recht hat, behalte er recht. Allerdings sind unsere Juden Fürsten schon sehr nahe und kommen ihnen täglich näher. Ich selbst kenne einen reichen Juden, der nur allein in den letzten sieben Jahren seinen Garten mit vier angrenzenden Morgen Feld arrondiert und hierdurch deutlich genug verraten hat, daß er gedenke, seinen Kindern den Garten als Erzherzogtum zu hinterlassen. Aber der Verfasser hätte nichts übertreiben und sich von seinem Hasse so sehr verblenden lassen sollen, daß er behauptet, die Juden gingen mit dem Gedanken um, Senatoren freier Städte zu werden. Auch Wahnsinn und Ruchlosigkeit haben ihre Grenzen. Es gibt angeborne Gefühle des menschlichen Herzens, die auch[516] der verworfenste Bösewicht nicht zu unterdrücken vermag. Die Juden sind schon Erzbösewichter genug, daß sie Erzherzöge werden wollen; aber Senatoren! Nein, das ist unglaublich, so tief kann der Mensch nicht sinken!
Der Verfasser beschreibt ferner die verschiedenen Diebsschlüssel, mit deren Hülfe das spitzbübische Judentum die Pforten der Fürstenhäuser aufzuschließen gedenkt. Zuerst erwähnt er der Tempelvereine. Hierunter versteht er den Verein derjenigen jüdischen Glaubensgenossen, welche in Hamburg, Karlsruhe und andern Orten den von rabbinischen Alfanzereien entweihten Synagogendienst verlassen haben und in den neuen Tempeln ihre Andacht verrichten. Er sagt: »Der Tempelverein schreite mit Umsicht, mit Besonnenheit, mit aller Überlegung vorwärts, beseitige in der Folge bloß das rein Formelle, fremden Himmelsstrichen nicht eigen und überflüssig; so gibt es für das Judentum mehr Proselyten in einem Jahre, als es durch alle Zeiten hindurch fürs Christentum nicht gegeben hat.« Ich habe hierüber nichts weiter zu bemerken, als daß sich die Juden dieses sollen gesagt sein lassen; man muß von seinen Feinden Nutzen ziehen. Die ferneren Stufen zum erzherzoglichen Throne werden von dem Verfasser wie folgt bezeichnet. Die Juden suchten sich die Redaktion sehr vieler periodischen Blätter und Zeitschriften zu verschaffen; sie suchten sich Eingang bei Staatszeitungen zu eröffnen; sie suchten Zensoren zu gewinnen; Männer, die ohne alle Kunde des Judentums sind, zu Schutzschriften zu verleiten; sie bemühten sich, durch Neuchristen die Direktion der Schauspiele in die Hände zu bekommen, um nur was [dem] Nichtjudentum angehört, der Persiflage preiszugeben. (Zu diesem Zwecke hätten sie sich besser an den Verfasser gewendet.) Endlich hätten sie auch in unsern Tagen den Versuch gemacht, sich in den Buchhandel »hineinzusetzen«, um eine völlige Herrschaft;[517] über die Ideenwelt zu erringen, wobei »jeden ein Schauder ergreifen« müßte, wenn er an die Folgen denkt. Auch hätten Schriftsteller unter den Juden sich schon so weit geäußert, »daß jüdische Konsistorien in den verschiedenen Distrikten Deutschlands zu errichten sind; daß alle Konsistorien ein Zentralkosistorium, ein Concilium zu bilden haben; daß sodann das nämliche in allen übrigen Ländern geschehen könne; und daß – fügen wir hinzu – etwa ein Erzpatriarch (ein Fürst der Gefangenschaft wie ehemals) über alle Konzilien sodann gesetzt werde! ... Ob nun hieraus je so ein Wesen als jüdischer Hohepriester (Pontifex maxismus) dereinst daraus hervorgehen könne, der erst Bibel und Schwert mit einem Verbündeten, dann Schwert und Rauchfaß in der Hand haltend, weltlicher und geistlicher Herr werde und sei, stelle ich der Betrachtung anderer hin.« Man wird den Rücken wenden und die Furcht des Verfassers stehen lassen. Er ist, wie jeder sieht, etwas hypochondrisch und sieht alles durch einen schwarzen Schleier. Mit der geistlichen und weltlichen Herrschaft des Judentums hat es in den ersten zwanzig Jahren noch keine Not. Solange es Staatspapiere gibt, mag der Hohepriester sein Schwert in der Scheide lassen, die Juden haben mit gefährlichen Säbeln nicht gerne zu schaffen; und was das Rauchfaß betrifft, so kann der Hohepriester räuchern, solange er Lust hat, die Juden lassen sich keinen blauen Dunst vormachen.
Der Verfasser zeigt sich sehr ungeschickt, wenn er die Juden mit den Jesuiten vergleicht und dabei in den gegen letztere gerichteten Vorwurf einstimmt, welcher heißt: »Alle Bestrebungen der Jesuiten sind ihren eigenen Vorteilen und der Verbreitung ihrer Macht angepaßt, und ihr Gewissen findet bei jeder widersetzlichen Handlung eine bequeme Rechtfertigung in ihren Ordensstatuten.« Was geht aus dieser Zusammenstellung notwendig[518] hervor? Es geht daraus hervor, daß die Verworfenheit der Juden, sei sie auch so groß, als behauptet wird, nicht aus dem Judentume hergeleitet werden dürfe; denn wenn es verstattet ist, von den Bekennern auf die Würde einer Religion zu schließen, dann wäre die christliche Religion die verwerflichste unter allen, weil alle Völker der Erde zusammengerechnet, von der Wiege des menschlichen Geschlechts an, nicht die Hälfte der grausamen und wahnsinnigen Taten verübt haben, als im Namen des Christentums verübt worden sind. Die Juden haben zu ihren verworfenen Handlungen doch wenigstens ihre Religion nicht zum Vorwande, ihre Feinde nur haben diese Religion zum Vorwande genommen, ihren eigenen Haß zu beschönigen. Die Jesuiten aber haben im Namen der christlichen Religion, im Namen des Gottes der Liebe und der Barmherzigkeit die Völker mit tückischen Schlangenbissen zernagt und vergiftet. Sie haben Könige gemordet und ihre ganze Weisheit angestrengt, die Welt in Blödsinn zu erhalten. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, alle Blätter der Geschichte haben sie wie falsche Spieler gemischt, damit die Karten nach ihrem Wunsche fallen. Nur den Betrüger haben sie nicht betrogen, nur den Unterdrücker nicht unterdrückt, sondern Gewalt und Betrug unterstützt, wo sie ihnen entgegentraten. Hat ihnen das Christentum den Auftrag zu ihren Handlungen gegeben? Nein, sie haben eine falsche Vollmacht vorgezeigt. Jetzt durchlese man das große, fünfhundert Seiten lange Register jüdischer Sünden, welches der Verfasser verfertigt, und sehe, welche Verbrechen er den Juden vorwirft. Sind sie schlechte Väter, verdorbene Söhne, verbuhlte Mütter, verräterische Freunde; morden, rauben, stehlen sie; kennen sie den Ehebruch, die Trunkenheit, die Schwelgerei, die Spielsucht; sind sie unhäuslich, träge, vertaumeln sie ihr Leben in Sinneslust? Wenn sie das wären und täten,[519] dann hätte es der Verfasser sicher gesagt. Aber nein, sie berühren das Wasser kaum mit den Fingerspitzen, sie nehmen 20 Prozent, sie messen knapp, wie Herr Dr. Holst behauptet, sie gewinnen auf 10 Ellen Waren 1/8 Elle, welches, wie der Verfasser nach Adam Ries ganz richtig berechnet, bei einem jährlichen Absatze von 10 Millionen Ellen Waren einen betrügerischen Gewinst von 100,000 Ellen machen – würde! (Man sieht, der Verfasser ist immer noch ein Anhänger der Konjunktive.) Und das ist alles! Verworfene Juden sind nicht schlechtern Herzens als verworfene Christen, und sie haben einen Vorzug, sie sind bessern Geistes. Sie erkennen klarer die Natur der Dinge und der Menschen; sie durchschauen die Heuchelei und üben sie darum nicht. Sie wandeln im Lichte, sie stehlen bei Tage, und die Nachtdiebe sind gefährlicher. Sie tun das Böse, wenn es ihnen Vorteil bringt, aber nie aus Blödsinn oder Ungeschicklichkeit. Sie sind Erdenbürger, nicht Beisassen eines schmutzigen Winkelgäßchens, die wie Steine auf der Spanne Raum liegen bleiben, wohin sie der Zufall geworfen. Sie haben Leidenschaften, aber nur große; sie kränkeln nicht an jenen lumpigen, bettelhaften Lüsten, wobei man nicht lebt und nicht stirbt. Sie haben Blut oder sind blutleer, aber sie haben nicht jenen wässerichten Milchsaft, der in Schneckenseelen kriecht. Kurz: sie sind Fleisch oder Fisch; kürzer: sie sind keine Philister. O wehe über die Philister! Ein einziger unter ihnen hat mehr Jammer verbreitet als hundert Ruchlose. Sie morden nicht das Leben allein, sie morden die Freuden des Lebens. Das ist kein tüchtiger Dolchstoß, womit die Rache ihren Durst abfindet, das ist der Rüssel der Mücke, die auf Stirne, Wange und Nase das Blut ausschlürft und den gelassensten Menschen zur Verzweiflung bringt. Das ist kein starkes Fieber, das gesund oder tot macht, das ist ein langweiliger Schnupfen, wobei man den Arzt[520] weder entbehren noch brauchen kann. Das ist nicht Winterfrost, nicht Sonnenglut, nicht Sturm, nicht Zephyr, das ist das abgeschmackte naßkalte Herbstwetter, das verdrießlich an den Fenstern plätschert, und – friert man oder nicht, soll man einheizen oder nicht? – Man weiß es selbst nicht, und keift und schmollt mit dem Himmel wie ein dürres, altes Weib. So sind die Philister, so seid ihr Judenhasser. Ich bitte euch, werdet liebenswürdig. Selbst eure Tugend ist ungefällig, sie ist schön gewachsen, hat aber Sommerflecken. Selbst euer Recht ist ärgerlich; denn ihr verteidigt es nicht wie Leute von Ehre, sondern mit gemeinen Prügeln. Enthaltet euch der Langweiligkeit; denn sie ist die einzige Sünde, die keine Vergebung findet. Aber alles Reden ist fruchtlos, ihr seid nur mit eines Esels Kinnbacken zu schlagen, man muß selbst ein Philister sein, um mit euch fertig zu werden.
Professor Lips in Erlangen hat ein Werk für die Juden geschrieben (ich kenne es nicht). Herr Dr. Holst erwähnt dieses Buches und bemerkt hierbei: »Es würde dem Verfasser der vorliegenden Schrift, der das Studium des Naturrechts, der Völkerrechte, des Staatsrechts seit mehrern Decennien unter Augen gehabt hat, ein Leichtes sein, sich weitläufig gegen die Herrn Lips und alle diejenigen zu äußern, welche Menschenrechte und Zivilrechte durchaus nicht unterscheiden, welche zwischen religiöser und politischer Toleranz nicht den geringsten Unterschied machen. Dabei würden aber unnütze Worte verschwendet werden.« Daß Herr Dr. Holst die Rechte der Natur, der Völker und des Staates unter Augen gehabt, glaube ich ihm, ob ich es zwar nirgends wahrnehme; im Herzen hat er sie gewiß nicht gehabt. Daß es ihm ein Leichtes sei, sich weitläufig gegen die Herren Lips zu äußern, ist gar nicht zu bezweifeln; denn er hat es hinlänglich gezeigt; wie leicht ihm die Weitläufigkeit[521] falle. Daß sich aber Menschenrecht von Zivilrecht, religiöse von politischer Duldung so unterscheiden solle, daß man Ansprüche auf das eine haben könne ohne auf das andere, dem widerspreche ich. Ihr glaubt selbst nicht an diesen Grundsatz, ihr wißt nur nicht, anders fertig zu werden. Ihr habt die Juden immer verfolgt, aber euer Kopf ist besser geworden, ihr sucht jetzt, was ihr früher nicht getan, eure Verfolgung zu rechtfertigen. Ihr haßt die Juden nicht, weil sie es verdienen; ihr haßt sie und sucht, so gut ihr's könnt, zu beweisen, daß sie es verdienen, und ihr haßt sie, weil sie – verdienen. Euer Herz konnte eurem Geiste nicht nachfolgen, und dieser kehrt zu jenem zurück, um mit ihm gleichen Schritt zu halten. Was ihr Menschenrechte nennt, das sind nur Tierrechte: das Recht, seine Nahrung aufzusuchen, zu essen, zu verdauen, zu schlafen, sich fortzupflanzen. Diese Rechte genießt auch das Wild auf dem Felde – bis ihr es erlegt, und diese wollt ihr auch den Juden lassen. Die Bürgerrechte, diese allein sind Menschenrechte; denn der Mensch wird erst in der bürgerlichen Gesellschaft zum Menschen. Er wird darin geboren, er wird also als Bürger geboren. Dieses ist der Grundsatz Englands, Frankreichs und jedes freien Staates. Die Ausübung jener Rechte kann durch nichts bedingt sein als durch die völlige Entwickelung der Geisteskraft, und diese muß als vorhanden angenommen werden, sobald die körperlichen Kräfte reif erscheinen. Also ist jeder Mensch Bürger, sobald er mündig ist. Ihr sagt, die Juden würden nicht mündig, die Natur habe ihre Seelen und ihre Leiber zu ewiger Kindheit verdammt – gut, auch unter Christen gibt es viele verlorne Söhne der Natur; so laßt sie auch nicht Bürger werden, so macht Klassen. Ihr macht ja so gern Klassen und jauchzet, nur eine Stufe höher zu stehen als ein Niedrigerer, solltet ihr auch hundert Stufen niedriger stehen als ein Höherer. Weil ihr selbst Sklaven[522] seid, könnt ihr Sklaven nicht entbehren. Eure Bürgerrechte freilich sind keine Menschenrechte, denn sie sind unmenschliche Rechte. Die Schneidernadel, die Schusterpfrieme, die Krämerelle, diese machen bei euch den Bürger; das Leichentuch ist eure Toga, erst im Grabe bekommt ihr Gemeinwesen; aber eure Bürger sind auch darnach. Dreißig Millionen ihrer hat Napoleon mit einer halben Million Männer unterjocht. Den verrosteten Hochmut eures Stadtphilistertums, diesen ehemals glänzenden Schild, euch in die Hände gegeben, um Bürgerstolz gegen Adelstolz zu bewaffnen – werft ihn weg. Er ist brüchig, er ist euch auch zu schwer geworden, denn ihr seid die starken, biedern Leute von ehemals nicht mehr. Religiöse Duldung wollt ihr gegen Juden üben, und seit wann führt ihr diese Sprache? Seitdem euch jede Religion gleichgültig geworden, seitdem euch gleichgültig geworden ist, ob der Jude einen falschen oder wahren Gott anbete, seitdem euch nur am Herzen liegt, daß jüdischer Schacher den christlichen nicht verkümmere. Eure Vorfahren waren besser als ihr. Sie haben Juden und Ketzer gebraten, aber sie taten es um Gottes willen, freilich um des Gottes willen, den sie in ihrem Wahnwitze sich erdichtet; aber so schamlos waren sie doch nicht wie ihr, daß sie öffentlich dem heidnischen Götzen der Diebe und der Kaufleute geopfert und gelehrt haben, man müsse die Juden schlachten, damit sie den Markt nicht verderben.
Der Verfasser spricht ein »Schlußwort, an das Judentum selbst gerichtet«. Er sagt darin: »Meiner Gesinnungen bewußt, mag es mir völlig gleich sein, wie die vorliegende Schrift von Juden beurteilt wird; ob sie dessen Verfasser ebenfalls, höchst ungerechter Weise, zu der Zahl der Judenfeinde rechnen, seine Absicht so ganz und gar verkennend. Er haßt und kann keine Juden hassen, sie gehören der gesamten Menschheit an. Auch unter ihnen[523] gibt es, wie unter allen Glaubensbekennern, gute und achtungswerte Menschen. Dagegen aber steht das rabbinische Judentum, auf mosaische Theokratie sich lehnend, nach sorgfältigst vorangegangener Prüfung in aller nur denkbaren Gehässigkeit vor seinen Augen.« Es ist brav, daß der Verfasser die Verkennung seiner Absichten nicht scheut; wer für Wahrheit streitet, darf die Gefahren des Kampfes nicht fürchten. Er hat nicht Unrecht, zu denken, die Juden würden ihn für einen Judenhasser ansehen; denn das ist wirklich so ihre verwerfliche Art, doch nicht ihre allein, es ist deutsche Art, alles aus der Selbstsucht herzuleiten. Weil die Deutschen kein öffentliches Leben haben, wird jede öffentliche Tat und Rede als etwas Häusliches beurteilt; weil sie beständig hinter dem Ofen hocken, macht ihnen das kleinste Zuglüftchen freier Berührung einen steifen Hals, und jeder Wind ist ihnen ein Bösewicht; und endlich, weil sie aus Erfahrung wissen, daß bei ihren Landsleuten alles Reden nichts hilft, meinen sie, das müsse jeder verständige Mann auch wissen, und wenn er also dennoch redet, müsse er seine eigennützigen Zwecke haben. Daß der Verfasser die Juden nicht haßt, sondern nur das rabbinische Judentum, mag ihm geglaubt werden. Aber warum sondert er das rabbinische Judentum nicht von dem körperlichen Juden ab? Das rabbinische Judentum hat kein Auge, zu weinen, kein Herz, das gekränkt, kein Fleisch, das verwundet, keine Ehre, die verletzt werden kann; ihr möget es verfolgen, soviel ihr Lust habt. Aber der wirkliche lebende Jude hat Auge, Herz, Fleisch und Ehre, welche Menschlichkeit zu schonen gebietet. Ihr sagt, der Talmud sei ein harter unverdaulicher Stein, der im Magen der Juden läge, und man müsse sie tot machen, um den Stein herauszuholen. Was gehen Euch die jüdischen Magenbeschwerden an? Führt der Rabbinismus seine Anhänger zu Verbrechen, die kein Strafgesetz verhindern[524] oder erreichen kann? Daß ich nicht wüßte; jene Albernheiten sind nicht so gefährlich. Auch nehmt Ihr alle Erfahrungen aus dem Eisenmenger und von Euren Ammen, ihr kennt die heutige Judenwelt gar nicht. Die ganze jetzt lebende jüdische Jugend weiß gar nichts mehr vom Talmud oder lebt doch nicht darnach, und in dreißig Jahren werden die Juden sich nur des Talmuds erinnern, um darüber zu lachen. Herr Dr. Holst gesteht, es gäbe auch unter Juden gute und achtungswerte Menschen; er hat aber nicht gesagt, wie man diesen guten und achtungswerten Menschen begegnen soll. Soll man sie etwa lieben und schätzen? Meint er das, dann hätte er sich auch damit begnügen sollen, die schlechten und verächtlichen Juden dem Hasse und der Verachtung, und sich nicht erlauben dürfen, sie auch dem Drucke der Staatsgesetze preiszugeben. Hat er für die guten und achtungswerten Juden eine Befreiung von der rechtlichen Gefangenschaft, worin man die übrigen halten soll, gefordert? Man nenne mir ein Gesetz, das zum Vorteil der Bessern unter den Juden eine Ausnahme macht, man zeige mir auch nur einen Vorschlag zu einem solchen Gesetze! Sagt Ihr: Mit gefangen, mit gehangen! – nun gut, ich könnte auch in passenden Sprüchwörtern reden, doch ich mag nichts gemein mit Euch haben. In Frankfurt am Main spricht man so gut wie in Hamburg von der Verderblichkeit der Juden; aber läßt man es dabei bewenden, ihren Handel zu beschränken? Man hindert sogar ihre geistige Tätigkeit, statt sie zu befördern. Nicht mehr als vier jüdische Ärzte dürfen ihre Kunst ausüben; und da gegenwärtig mehr als vier in Frankfurt sind, läßt man die Überzähligen, einem weisen Polizeigesetze zuwider, lieber ohne Prüfung und rechtliche Anerkennung Kranke behandeln, als daß man sich entschlösse, ein törichtes Gesetz aufzuheben. Advocieren dürfen die Juden in Frankfurt gar nicht, und einige jüdische Advokaten,[525] die jetzt dort sind, dürfen keine Rechtshändel führen, und sollten sie darüber verhungern. Diese Ungerechtigkeit ist um so größer, da jene Advokaten sich ihrem Stande zur Zeit der großherzoglichen Regierung gewidmet haben und also damals nicht vorher wissen konnten, daß man in alte Barberei zurückfallen werde. Ihr Herren von Hamburg, Frankfurt, Lübeck und Bremen, antwortet mir: Ihr klagt, die Juden ergeben sich alle dem Schacher, und dennoch verhindert Ihr die geistige Entwicklung derer, die sich vom Schacher losmachen? Ich lasse mich nicht abweisen, ich will Antwort darauf haben. Ihr Herren von Frankfurt, sagt mir, warum sollen nur vier jüdische Ärzte, warum sollen gar keine Juden Advokaten sein dürfen? Seid so gut und antwortet mir. Schreiben die jüdischen Ärzte ihre Rezepte etwa in hebräischer Sprache? Heilen sie die Hautkrankheiten nach den Regeln des alten Testaments? Stellen sie wucherhafte Rechnungen für Arztlohn? Haben die jüdischen Advokaten die Institutionen und Pandekten nicht im Kopfe, rechten sie etwa nach dem Talmud? Ihr Herren von dem Frankfurter Gelehrtenverein, antwortet mir: warum kann kein jüdischer Gelehrter Mitglied dieses Vereins werden? Ihr Herren des Frankfurter Museums für Kunst und Wissenschaft, antwortet mir: warum nehmet Ihr keinen jüdischen Freund der Kunst und Wissenschaft, keinen jüdischen Gelehrten oder Künstler auf? Ihr Herren der Frankfurter Lesegesellschaft, antwortet mir: warum darf kein Jude unter Euch sitzen und den allgemeinen Anzeiger lesen? Ihr Herren von der Frankfurter Gesellschaft zur Beförderung nützlicher Künste, antwortet mir: warum darf kein Jude die nützlichen Künste befördern helfen? Ihr Herren vom Frankfurter Casino, Euch frage ich nicht, warum Ihr keinen Juden unter Euch duldet, denn Ihr seid Handelsleute. Aber jene frage ich wiederholt, und noch einmal sei es gesagt, ich lasse mich nicht abweisen[526] und will Antwort haben. Wie! die Körperschaft der Advokaten, die der Ärzte, der Gelehrtenverein, das Museum, die Lesegesellschaft, die Beförderer nützlicher Künste, diese zusammen bilden vielleicht tausend Menschen, welche alle die Feder zu führen geübt sind, und nicht einer sollte aufstehen unter ihnen, der mich öffentlich Lügen straft oder der beweist, daß ich für die Juden das Unziemliche gefordert oder daß kein einziger Jude in Frankfurt eine Auszeichnung verdiene? Wenn Ihr recht habt, so tretet hervor und verteidigt Euer Recht! Der Verfasser sagt: »Die Wohlfahrt einzelner kann und darf... nie von der Wohlfahrt der Gesamtteile getrennt werden.« Dieses ist sehr wahr; aber wenn dieses wahr ist, so darf auch die Wohlfahrt der Gesamtteile nicht von der Wohlfahrt der einzelnen getrennt werden. Man darf nicht tausend Menschen aufopfern, um Zehntausenden das Leben erträglicher zu machen, oder vielmehr, um ihnen die Arbeit zu erleichtern, wodurch jeder des Lebens Annehmlichkeiten erwerben kann. Es muß Euch sehr leicht fallen, zu beweisen, daß der Handel der christlichen Kaufleute dabei gewinnt, wenn der Handel der jüdischen eingeschränkt wird; aber was habt Ihr dadurch bewiesen? – Euern Vorteil, nicht Euer Recht. Fiat justitia, pereat mundus – sagt Ihr ja selbst, so oft es Euch bequem ist; aber wenn es Euch nicht bequem ist, sagt Ihr: Vivat mundus, pereat justitia! Noch vor zwanzig Jahren habt Ihr in Euern freien Städten ebenso gegen Katholiken gewütet, als Ihr jetzt gegen Juden wütet; nun, die Zeit hat Euch zur Menschlichkeit genötigt, und Ihr murrt nicht einmal mehr über den Zwang; denn Wahrheit und Recht haben so viel Reizendes, daß man ihnen nur nahezutreten braucht, um sie lieb zu gewinnen. Glaubt Ihr nicht, daß ein Tag kommen wird, der Euch befiehlt, auch die Juden als Eure Gleichberechtigten anzusehen? Aber Ihr wollt gezwungen sein. Der Deutsche ist taub, der[527] Wagenführer der Zeit mag schreien so laut er will, daß man ihm ausweiche, er wird nicht gehört; Ihr beginnt erst zu fühlen, wenn das rollende Rad Eure Glieder schon zermalmt hat. Freiwillig folgt Ihr nicht, das Verhängnis muß Euch bei der Brust packen und Euch hier und dorthin schleppen. Zu der Franzosenzeit genossen die Juden in Hamburg und Frankfurt volle Bürgerrechte und – ich habe es gesehen – Ihr habt friedlich mit ihnen gelebt und manche Äpfelweinbrüderschaft mit ihnen getrunken. Noch einige Jahre länger der Gleichheit, und Ihr hättet eure Schwäche ganz überwunden. Aber da änderten sich die Zeiten; da ging die Katze aus dem Hause und die Mäuse sprangen auf dem Tische; da wurdet Ihr befreit; da holtet Ihr Eure wie alte Semmel zusammengeschrumpften Grundsätze wieder hervor; da weichtet Ihr sie ein, um ihnen ein frisches Ansehen zu geben; aber sie sind locker und unschmackhaft geworden, und nur wer ein Bettler ist am Geist, mag sie genießen. Schämt Euch!
Herr Dr. Holst hat ein Schlußwort an das Judentum selbst gerichtet; aber damit endigt sein Buch noch nicht. Es folgt auch ein Anhang. Dem Verfasser fiel es wahrscheinlich bei, man dürfe den Juden das letzte Wort nicht geben, und darum ließ er hinter dem Kerne seines Buches noch einen Kometenschweif freundlich wedeln. Seine dankbare Anhänglichkeit für diesen Anhang muß groß sein; denn es ist darin von den alten tiefen Schriften die Rede, aus welchen er seine jüdische Weisheit heraufgeeimert hat. Ich werde, um mich Liebhabern des Judenhasses gefällig zu beweisen, den Namen jener beiden Werke mit allen ihren Titeln und Würden hierhersetzen, damit man sich daran erquicke. Man lasse sich von ihrer schweinsledernen Außenseite und ihrer Dicke (jedes derselben bildet einen halben Fuß großen Würfel) ja nicht abschrecken. Sie lesen sich so angenehm als[528] Walter Scotts Romane. Das erste Buch, welches Herr Dr. Holst »ein rühmliches Werk« nennt, heißt: »Tractatus de Juribus Judaeorum: vom Recht der Juden, worinnen von denen Gesetzen, denen sie unterworfen, deren Heiraten, Kontrakten, Wucher, Testamenten, Sukzessionen oder Erbfolgen, Verbrechen und deren Bestrafungen, Privilegien und Rechtswohltaten, Oneribus und Beschwerden, insonderheit der Kronen-Steuer und guldenen Opfer-Pfenning, wie auch Gerichten und gerichtlichen Handlungen und andern mehr, gründlich und deutlich gehandelt wird. Aus denen göttlichen und allgemeinen Reichs- und andern Spezial-Rechten und Gewohnheiten zusammengetragen und mit Praejudiciis, Decisionibus und Responsis überall bestärkt. Denen Richtern, Amtleuten und sonsten jedermänniglich zum Besten, mit einem hierzu dienlichen Register versehen, herausgegeben von Joh. Jodoco Beck. J.U.D. Hochgrävl.-Hohenloh-Neuenstinisch und Hochgrävl.-Giechischen Rat, bei Löbl. Universität Altdorf Pandectarum Professore Publico et Facultatis Juridicae Assessori Ordinario. Nürnberg 1741. 4.« Der Hochgräfliche Rat Beck ist tot, die Universität Altdorf ist tot, das Hohenloh-Neuenstinische und das Giechische Reich sind beide tot, und ich weiß nicht einmal, wo die zwei letzteren begraben liegen; aber die Grundsätze des Buches sind noch immer nicht verfault. Man muß es den Deutschen nachrühmen, daß sie die Kunst, Leichname einzubalsamieren, in hohem Grade verstehen. Die meisten ihrer Gesetzbücher sind Mumien, mit unverständlichen Hieroglyphen bemalt – und von solchen Kabinettsstücken werden wir regiert! Das andere Buch hat den Namen: »Johann Andreä Eisenmengers, Professors der orientalischen Sprachen bei der Universität Heidelberg, Entdecktes Judentum oder: Gründlicher und wahrhafter Bericht, welchergestalt die verstockten Juden die Hochheilige Dreieinigkeit Gott Vater, Sohn und heil.[529] Geist erschrecklicherweise lästern und verunehren, die heil. Mutter Christi verschmähen, das Neue Testament, die Evangelisten und Aposteln, die christliche Religion spöttisch durchziehen und die ganze Christenheit auf das Äußerste verachten und verfluchen; dabei noch viel andere, bishero unter den Christen entweder gar nicht, oder nur zum Teil bekannt gewesene Dinge und große Irrtümer der jüdischen Religion und Theologie, wie auch viel lächerliche und kurzweilige Fabeln und andere ungereimte Sachen an den Tag kommen. Alles aus ihren eigenen, und zwar sehr vielen mit großer Mühe und unverdrossenem Fleiß durchlesenen Büchern mit Ausziehung der hebräischen Worte und derer treuen Übersetzung in die teutsche Sprach, kräftiglich erwiesen und in zweien Teilen verfasset, deren jeder seine behörigen allemal von einer gewissen Materie ausführlich handelnde Kapitel enthält. Allen Christen zur treuherzigen Nachricht verfertigt und mit vollkommenen Registern versehen. Mit Seiner königl. Majestät in Preußen allergnädigsten Spezial-Privilegio. Gedruckt zu Königsberg in Preußen, im Jahr nach Christi Geburt 1711. 2 Teile.« Der erste Teil enthält 1016, der zweite Teil 1111, beide Teile zusammen also 2127 Seiten in Quart. Der Jahrgang des Morgenblatts hat mehr als achttausend Seiten und ihr leset sie mit Vergnügen, warum solltet ihr vor dem Eisenmenger zurückschaudern? Von vielen, sowohl in artistischer als in nationalökonomischer Hinsicht sehr nützlichen Gedanken, die ich über obigen Büchertitel gefaßt, will ich nur einige mitteilen. Wie bedaurungswürdig, daß der schöne gotische Baustil der deutschen Sprache ganz verloren gegangen ist! Man vergleiche das ehrwürdige, hohe und geräumige Portal des Eisenmengerischen Judentempels mit dem winzigen Titel des Herrn Dr. Holst: »Judentum in allen dessen Teilen«; das ist so zerbrechlich als die Glastüre eines Zuckerbäckerladens![530] Jene Mischung von lateinischer und deutscher Sprache, wie vorteilhaft ist sie allen Lesern! Ist das Deutsche unverständlich, wird es vom Lateinischen erklärt; wer erklärt uns aber, was wir im Buche des Herrn Dr. Holst nicht verstehen, das rein deutsch geschrieben ist? Dürfte ein neuer Schriftsteller von sich selbst sagen, was Eisenmenger gestand: daß er gründliche und wahrhafte Berichte gegeben, daß er bisher unbekannt gewesene Dinge mitgeteilt, daß er mit vieler und großer Mühe und unverdrossenem Fleiße gearbeitet und daß er treu übersetzt? Keiner würde es ihm glauben. Könnte ein neuerer Schriftsteller auf sein Buch drucken lassen: Mit Seiner königl. Majestät in Preußen allergenädigstem Spezial-Privilegio? Was würde es ihm nützen? Das Buch wird doch nachgedruckt. Dürfte er humoristisch sein und sagen: daß in seinem Werke viel lächerliche und kurzweilige Fabeln und andere ungereimte Sachen an den Tag kommen? Jeder Leser würde es für Ernst halten. Sonst brauchte man nur den Titel eines Buches zu lesen und man wußte schon alles, was im Buche stand; jetzt aber muß man das ganze Buch lesen, um den Titel zu verstehen. Kann etwa jemand den Titel folgenden Buches verstehen: »Der Typhus contagiosus und die Dysenterie in kosmischen Beziehungen, von Dr. Bührens, Arzt in Barmen«? Gewiß nicht, ohne das Buch gelesen zu haben, selbst dann nicht, wenn er die Ankündigung und darin gelesen, daß der Verfasser zeige: »wie die großen kosmischen Epochen und Ereignisse, welche das Schicksal ganzer Länder und Völker entscheiden, auch im organischen Ausdruck sich wiederholen und offenbaren ... und wie von hier aus die dunkelste Lehre der Pathologie zu verstehen und zu erklären ist.« Hat einer eine Vorstellung, wie der Planet Jupiter mit dem Fleckfieber, der Krieg in Neapel mit Bauchgrimmen in Verbindung stehe? Wird er sich nicht darüber wundern, daß Zach[531] und Bode die Ruhr besser sollen heilen können als Boerhave und Reil, und daß Dr. Olbers in Bremen, der zugleich Arzt und Astronom ist, die von ihm entdeckte Pallas als ein stärkendes Mittel verschreibe? Ein Eisenmengerischer Titel hätte keinen Zweifel aufkommen lassen und über alles befriedigende Erklärung gegeben. Wären die Büchertitel noch so umständlich als vormals, welch ein großer Vorteil wäre dieses für Literatoren und Literatur? Man bedenke nur, wie groß der Ehrensold heutiger Schriftsteller ist und daß sie nur noch zwei Dritteile weniger gewinnen als die Verleger selbst. Ein Eisenmengerischer Titel könnte allein schon das Mittagsessen einer literarischen Familie bezahlen, und wieviel solcher Titel kann man nicht in einem Tage oder gar in einem Jahre schreiben! Die Bücher selbst brauchten dann gar nicht verfaßt, also auch nicht gelesen, also auch nicht gekauft zu werden, und man hätte nur jede Messe die zehn Bände des Leipziger Verzeichnisses zu bezahlen.
Ich kehre zum Professor Eisenmenger und zum Herrn Dr. Holst zurück. Letzterer erzählt weiter, was ihm ersterer erzählt hat; nämlich: verschiedene Albernheiten des Talmuds und der Rabbiner. Es scheint Herr Dr. Holst beneidet die Juden, daß sie fast noch größere Narren gehabt, als mehrere Kirchenlehrer waren. Aber die Juden sind nur darum zu beneiden, weil ihre Narren nicht so unheilbringend gewesen sind als die der Christen. Jene trugen eine hölzerne Pritsche in der Hand statt eines blutbefleckten Schwertes, und wenn sie ja sich boshaft zeigten, setzten sie den Gefoppten ihre eigene Schellenkappe auf, nie aber spanische Autodafe-Mützen. Der Verfasser hat recht, sich über die Tollheiten der Rabbiner lustig zu machen, er sollte aber dabei nicht maliziös sein. Ich bin überzeugt, daß er so viele rabbinische Gelehrsamkeit besitzt als ich, der ich gar keine besitze, und daß er daher so gut als ich den erhabenen oder tiefen[532] Sinn mancher rabbinischen Lehre verstanden und nur mit Vorsatz ihre lächerliche Seite herausgewendet hat. Ich will versuchen, seinen unzeitigen Spaß aus mehreren wichtigen Stellungen zu vertreiben. Herr Dr. Holst macht sich lustig über folgende talmudische Fragen und Rätsel.
1. »Ob des Engels Schwert am Eingange des Paradieses wirklich von Stahl gewesen?« – Ich sehe nicht ein, was hierüber zu lachen ist. Diese Untersuchung hat einen technologischen Zweck und verdient es, daß sich die Frankfurter Gesellschaft zur Beförderung nützlicher Künste und Gewerbe damit beschäftige, wenn sie auch sonst nichts Jüdisches zuläßt. Es kommt hier darauf an zu entscheiden, ob man zu Adams Zeiten schon Stahl verfertigt hat, ob es damals schon Damaszener Klingen gegeben, und wenn Eisen und Stahl damals noch nicht bekannt gewesen, wie sich Adam Feuer geschlagen habe?
2. »Wieviel Adam von dem Apfel seiner Gattin bekommen haben möge?« – Ich sehe in diesem Zweifel von seiten der Herrn Rabbiner nichts als zugleich eine Artigkeit und eine Satire. Wäre es nicht höchst grob gewesen, wenn sie geradezu gefragt hätten: Ob das Weib oder der Mann verdorbener sei? Mit der Größe des Apfelbisses steht ja bekanntlich die Sündhaftigkeit in Verbindung. Sie frugen also verblümt. Ich gebe folgende gerechte Entscheidung. Adam hat zwar die größere Hälfte bekommen, da aber Eva den Apfel etwas dick geschält und die Schale nebst den Körnern, die sie aus zarter Aufmerksamkeit herausgenommen, allein gegessen hat, so kommt es auf eins heraus.
3. »Ob das Ei, welches die Henne am Festtage legt, genossen werden dürfe?« – Herr Dr. Holst behauptet, über diese Untersuchung sei ein ganzer Foliant geschrieben worden. Diesesmal hat er recht, sich lustig zu machen;[533] denn hier heißt es eigentlich: Die Herren Rabbiner haben sich um ungelegte Eier bekümmert. Aber man muß nicht voreilig sein. Vielleicht waren damals die Hühner der Juden so bigott als ihre Herren und gackerten am Sabbath nicht. Wenn es eins aber doch tat, dann war das Ei ein Werk der Sünde, und man konnte vernünftige Zweifel haben, ob man es essen dürfe oder nicht.
4. »Ob bei der Auferstehung der Toten alle Juden oder nur ein Teil derselben, besonders die Gelehrten, aufstehen werden?« – Ich glaube, daß alle Juden aufstehen werden, doch nicht alle zugleich; denn sonst würden sie ein solches Geschrei machen, daß die Beisitzer des jüngsten Gerichts taub davon werden müßten. Da auch an jenem großen Tage kein Sünder ohne Verteidigung wird verurteilt werden dürfen, so werden natürlich die Gelehrten die Sachwalter machen und werden daher früh aufgeweckt werden müssen. Wenn man sie nicht brauchte, ließe man sie gewiß liegen, zur Strafe ihrer Narrheiten.
5. »Ob Adam und die Erzväter mit oder ohne ihre Weiber und auch früher auferstehen werden?« – Dieses wird davon abhängen, ob die Männer gerecht befunden werden vor dem Herrn oder nicht. In jedem Falle werden sie später aufstehen als ihre Weiber; denn wenn es früher geschehe, würden sie nicht zugeben, daß man die Teuern aus dem Schlafe wecke.
6. »Ob dann Könige und Fürsten wiederum unter den Menschen sein werden?« – Nein; denn es ist bewiesen, daß Fürsten die Stellvertreter Gottes sind auf Erden, am Tage des Herrn endet also ihre Sendung.
7. »An welchem Orte die Auferstehung vor sich gehen werde?« Die Rabbiner entscheiden für Judäa, namentlich beim Ölberge und sagen, daß diejenigen, die außer Judäa gelebt haben, sich unter der Erde durch Höhlen, wie Säcke fortwälzen müssen, um an Ort und Stelle der[534] Auferstehung zu gelangen. Herr Dr. Holst nennt diese Lehre ruchlos und wahnsinnig und fragt: »wie es denn diejenigen mit dem Fortwälzen unter der Erde machen, die jenseits der Meere, Inseln zu geschweigen, gelebt haben?« Es ist ganz offenbar, daß der Verfasser nur Händel sucht. Was geht das ihn als Europäer an? Er kann ja von Hamburg, unter Rußland und Persien weg, zu Lande nach dem Ölberge kriechen, und der gottesfürchtige Chateaubriand wird sich gewiß ein Vergnügen daraus machen, einen Itineraire souterrain de Hambourg a Jerusalem zu schreiben. Napoleon auf St. Helena mag zusehen, wie er am jüngsten Tage fertig werde. Übrigens, was hindert das Meer zur Auferstehung? Hat das Meer nicht einen festen Grund, auf dem es ruht? Können die Toten nicht unter der See fortkriechen?
8. »In welcher Stunde, Minute und Sekunde, nach jüdischer Tagesrechnung, reduziert auf alle übrigen Länder, das jüdische Volk seine Selbständigkeit verloren habe?« – Darüber kann ich Bescheid geben. Das jüdische Volk hat ganz genau in der Sekunde seine Selbständigkeit verloren, wo es aufgehört hat, sie zu verdienen.
Der Verfasser hatte an einer frühern Stelle seines Buches gesagt: »ich bleibe bei dem Worte Juden überall stehen. Ich kenne keine Israeliten, oder nach der Etymologie des Wortes: Männer über Gott! Schon als Christ habe ich die schuldige Achtung für die Gottheit, eine Blasphemie der Art nicht zu begehen. Wie es aber hat möglich sein können, daß Juden sich noch jetzt eines solchen Ehrennamens haben anmaßen wollen, verstehe ich nicht.« Der Verfasser hätte immer so aufrichtig sein sollen, zu sagen: ich verstehe nicht; dann wären die Irrtümer seines Urteils doch nur die seinigen geblieben. Die Juden taten recht, die Welt und sich selbst dieses ihres Namens zu entwöhnen; denn die Vorstellung von Sklaverei und Unehre war mit diesem Namen unzertrennlich verbunden, und [535] Worte, diese furchtbaren geheimen Oberen der Welt, regieren im Verborgenen. Der Name Israeliten ist keine Gotteslästerung; er bedeutet nicht Männer über Gott, sondern Männer, die gottähnlichen Wesen gleich sind. Die Bibel gibt darüber die nötige Auskunft. Der Erzvater Jakob reiste einst bei Nacht, und da begegnete ihm ein Mann, mit dem er sich herumbalgte. Und als der Morgen anbrach, sprach der Mann zu Jakob: jetzt laß mich gehen; denn ich muß fort, und da hast du was zum Andenken; und er verrenkte ihm die Hüfte. Und da frug Jakob: Mensch, wie heißt du? Und der Mensch antwortete: das brauchst du nicht zu wissen, du aber sollst nicht mehr Jakob, sondern Israel heißen; »denn du hast um den Vorzug gestritten mit göttlichen Wesen und mit Menschen und bist ihnen beikommen«. Ein göttliches Wesen heißt aber hier nichts anderes, als ein starker Mann, ein Held, und Jakob sollte ja nicht bloß darum, sondern auch, weil er mit Menschen gekämpft, Israel heißen. Es ist ganz klar, daß Jakob mit einem Räuber zu tun gehabt hatte; denn der Mann machte sich aus dem Staube, als der Tag kam, um der arabischen Polizei nicht in die Hände zu fallen, und er wollte seinen Namen nicht sagen, um nicht verraten zu werden. Jakob hinkte seitdem, und war also ein von Gott gezeichneter Mensch, wie man noch heute zu sagen pflegt. Um ihres Ahnherrn Hüfte zu ehren, essen die Juden noch jetzt von keinem Hinterviertel irgend eines Schlachtviehes. Diese Aufmerksamkeit scheint zwar nicht sehr schmeichelhaft zu sein, indessen bedenke man, daß in der zwischen einem Menschen und einem Ochsen gezogenen Parallele eigentlich gar nichts Beleidigendes liegt; denn, wie aus der Mathematik bekannt ist, können Parallellinien nie zusammenstoßen, sie bleiben immer auseinander stehen. So glaube ich also hinlänglich bewiesen zu haben, daß der Verfasser die hohe Weisheit der Rabbiner gar nicht verstanden[536] hat oder nicht verstehen wollte, um sie lächerlich zu machen; daß vielmehr die Rabbiner und ihre Anhänger weise Männer sind, die man, ohne ihnen zu schmeicheln, nach meiner mathematischen Theorie mit verrückten Menschen in Parallele setzen kann. Dem Verfasser habe ich jetzt nur noch ein beruhigendes Wort zu sagen. Er äußert in seiner Vorrede: wie weit es ihm gelungen sein mag, der deutschen Literatur ein klassisches Werk geliefert zu haben, »solches hängt weniger von dem Urteil der Zeitgenossen ab, mehr von der Entscheidung der streng richtenden Nachwelt«. Ich darf ihn versichern, daß er von dem Urteile der Nachwelt nichts zu fürchten hat.
An Euch wende ich mich jetzt, die Ihr gegen Juden nicht feindlich redet, sondern nur so handelt. Und wahrlich, unverständig tun, ist verständiger, als unverständig reden; denn Taten widerlegt man nicht. Ich liebe nicht den Juden, nicht den Christen, weil Jude oder Christ: ich liebe sie nur, weil sie Menschen sind und zur Freiheit geboren. Freiheit sei die Seele meiner Feder, bis sie stumpf geworden ist oder meine Hand gelähmt. Leben ist Lieben, Ihr aber seid Sklaven Eures Hasses. Ihr seid Leibeigene der Gewohnheit, und die Gewohnheit ist eine harte Gebieterin. Frei sein wollen, heißt frei sein. Das Herz ist zu eng, um die volle Liebe auch nur für einen Einzigen zu bergen, nur in der Brust kann Raum sein, um Tausende zu hassen: Ihr steht am sichern Strande, hinausschauend in das sturmbewegte Meer; Ihr seht Schiffe mit den Wellen, Menschen mit dem Tode ringen – und Ihr habt Erinnerung für die kleinlichsten Zwiste aus der alten Zeit des übermütigen Friedens? Ihr seht reiche Ladung an der drohenden Klippe des Abgrundes, und Ihr könnt Euch um Bettelpfennige streiten? Der Schaum der zürnenden See benetzt Euch den Fuß, Ihr müßt vor Euch blicken, um Euch zu wahren, und Ihr schaut zurück, Jahrtausende weit? Die Zeit ist reif an[537] großen Dingen. Glücklich Ihr, daß Ihr nicht zu sein braucht von den schweißtriefenden Schnittern, sondern nur munter zur fröhlichen Ernte, wenn der schöne Tag der Garben kommt. Liebt Euch und vereinigt Euch. Doch müßt Ihr hassen, ist der Haß der Sauerteig Eures Lebens, der allein ihm Würze gibt, so haßt, was hassenswürdig ist: Die Falschheit, die Gewalt, die Selbstsucht. Seid was Ihr wollt, gut oder schlimm, fromm oder ruchlos, weise oder wahnsinnig, doch seid nur etwas! Seid Glühwein oder brunnenkühles Wasser, nur nicht abgestandenes Naß, das jeden anekelt – seid keine Philister!
Die neue Verfolgung, welche die Juden im ungelehrigen Deutschland erduldet, ist keine frisch aufgelebte; sie hat sich nur aufgerafft im letzten Kampfe des Todes. Die Flamme des Hasses loderte noch einmal hell, um auf ewig zu verlöschen. Das tröstete die Leidenden. Shakespeare und seine Schwester Erfahrung sprechen:
Vor der Genesung einer heft'gen Krankheit,
Im Augenblick der Kraft und Bess'rung, ist
Am heftigsten der Anfall; jedes Übel,
Das Abschied nimmt, erscheint am übelsten.[538]
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