[233] Da es nun wieder Frühling geworden ist,
Ziemts dem Poeten, die werte Leier,
Die, gelehnt an das ungeölte
Zweirad, gänzlich verstaubt hinter dem Kleiderschrank
Lange mit Mißmut ruhte, hervorzuziehn.
Wahrlich! (so ruft er und schlägt mit Macht,
Pingtütüping, in die schnarrenden Saiten)
Wahrlich! Diesmal verlohnt es sich,
Frühlingslieder zu rupfen voll Inbrunst.
Siehe, es schlagen nicht bloß die Bäume aus,
Sondern auch Russen sowohl wie Japaner, und[233]
Möglichenfalls, ehe es Sommer wird,
Gibts auch auf dem biederen Balkan
Die mit Recht so beliebte Metzelsuppe.
Ja, die Welt wird schöner mit jedem Tag!
Einige Primeln schon fand ich an Waldes Rand,
Und die Amsel mit gelbem Schnabel singt
Angenehm im Birnbaumzweigicht.
Frischer Schnittlauch, siehe, spitzt auch hervor,
Und mir ahnt es, über ein kleines, bald,
Bald entzupf ich dem lockeren Erdreich
Schamhaft errötende Frühradieschen,
Bis dann endlich der dreimal gepriesene
Tag des andachtsvollen, ersten
Spargelstechens ambrosisch herannaht.
Wird, bis dies sich begibt, die Knute
Oder der Bambusprügel den Sieg
Im mandschurischen Schnee gewonnen haben?
Diese Frage (das merkt jeder Erfahrene)
Ist rhetorisch gemeint, und niemand
Wartet auf Antwort darauf. – Der Dichter
Stellt das Leiergestell behutsam
Wieder hinter den Kleiderschrank.
Aber mit prüfendem Ohre schiebt er
(Weh, wie wimmerts und pfeifts in den Lagern!)
Langsam das Zweirad hervor und läßt ihm
Kundigen Sinns am entsprechenden Orte
Sanft einschlüpfenden Öls genug
In die vertrockneten Lager träufeln.
[234]
Dies getan, ergreift er mit hurtiger
Hand die zum Lenken bestimmte Stange,
Setzt mit Mut und Anstand die linke
Sohle auf den gekerbten Stift am
Hinterrade und hupft mit dem rechten
Beine gewaltig ein-, zwei-, dreimal,
Bis er, gelobt sei der Geist der Balance,
Sicheren Schwunges sich hebt in den Sattel
Und mit dem Rhythmus, der Dichtern eigen,
Ruhig hinauspedalt in die Landschaft.
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