Lied eines Landmannes, über den Fluch: Im Schweiß seines Angesicht's sein Brod zu essen

[17] Bei meinem Eid! mir schmecket nichts,

Als was im Schweiß des Angesichts[17]

Ich selbst gepflanzet habe;

Zwar ißt sich auch der Reiche satt;

Allein das Brod heißt in der Stadt

Gar selten Gottesgabe:


D'rum schlägt es auch dem reichen Mann

Daselbst so wunderselten an,

Er mag sein Mahl mir preisen,

Ich dank'. Er sitzt dabei und flucht

Der Unverdaulichkeit, und sucht

Den Hunger in den Speisen.


Der Narr! er wird ihn nimmermehr,

Und sucht er ihn auch noch so sehr,

In seiner Schüssel finden;

Und seufzt er denn nach Appetit

So komm' er her, und helfe mit

Im Feld die Garben binden.


Und so das nicht den Eckel bannt,

So nehm' er noch die Axt zur Hand,

Und haue mit uns Buchen,

D'rauf setz' er sich zum Milchtopf hin,

Und traun! es wird der Hunger ihn,

Nicht er den Hunger suchen.


Und nach gestilltem Appetit,

Da braucht es wohl kein Wiegenlied,

Den Herrn auch einzuwiegen:

Es wird sich dann auf hartem Brett

Viel besser, als im Himmelbett

Auf weichen Pflaumen liegen.


Weiß Gott, was all' für Weh und Leid

Im Magen und im Eingeweid

Die Müßiggänger klagen:

Nur zur Mittags-und Abendszeit,

Wenn er nach Trank und Speise schreit,

Empfind' ich meinen Magen.
[18]

Die Arbeit ist zu jeder Zeit

Zu Appetit und Munterkeit

Der ächte Wunderschlüssel;

So voll auch Topf und Teller ist,

Ich leere sie, kein Eckel frißt

Mit mir aus meiner Schüssel.


Die Bäume, die ich pflanze, sind

So lieb mir als mein eigen Kind;

Und so sie Frucht ansetzen;

So führ' ich meine Buben hin,

Und lasse sie mit frohem Sinn

Daran die Gaumen letzen.


Und so sie dann mit frohem Muth

Mir zuschrei'n: Vater, das ist gut!

So sag' ich ihnen: Sehet,

So ist die Frucht der Arbeit hold!

Doch Kinder, wenn ihr ernten wollt,

So gehet hin, und säet!


Mein Gärtchen ist beständig voll,

Ich darf mit Geld um Kraut und Kohl

Nicht erst zu Markte laufen:

Mein Zugemüs schmeckt doppelt süß;

O wüßten grosse Herren dies,

Sie würden es nicht kaufen.


Mein Kapital ist Arbeit bloß,

Das leg' ich in der Erde Schooß

Auf hohe Zinsen nieder;

Und diese gibt mir allemal

Die Zinsen sammt dem Kapital

Wohl hundertfältig wieder.


Und fühl' ich oft der Arbeit Druck,

Und will vom schwergehalt'nen Pflug

Die matte Hand mir sinken,

So denk' ich meiner Mühe Lohn,[19]

Und seh' voraus im Geiste schon

Die vollen Aehren winken.


Ich bin vergnügt, und tauschte nicht,

Was auch davon die Bibel spricht,

Mit Adams Paradiese:

Er wußte nicht, was Arbeit war,

Und lag das liebe, lange Jahr

Auf seiner grünen Wiese.


Und war ihm, wenn er müssig lag,

Wie mir an einem Feiertag,

So hab' ich nichts dagegen,

Und denke mir: du lieber Gott!

Mit deinem Fluch hat's keine Noth,

Mir ist er lauter Segen!

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 17-20.
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