XXXIII. Vom Aberglauben guter und böser Zeichen.

[487] Der Aberglaub ist fast bey den meisten Christen dergestalt eingeschlichen, daß mancher Mensch alle seine Actiones mit Aberglauben vermenget hat, und offtermahl selbst nicht weiß, daß er hiermit seiner Seel und Gewissen ein Brandmahl zuziehet; dann diejenige, welche dem Aberglauben nachhängen, seynd abgöttische Leute, welche ihren Schöpffer verlassen, und die Creatur ehren, dann ein Aberglaubiger kan im rechten Glauben nicht aufrichtig gegen den wahren GOtt seyn. Und hat GOtt der HErr in seinem Gesetz ernstlich geboten, daß man den aberglaubischen Zeichen kein Gehör geben soll, noch darauf Acht haben, da er spricht: Ihr solt euch nicht wenden zu den Wahrsagern / und forschet nicht von den Zeichen-Deutern / daß ihr nicht von ihnen verunreiniget werdet. Denn ich bin der HErr /[487] euer GOtt /Lev. 19. 31. Item: Wann eine Seel sich zu den Wahrsagern und Zeichen-Deutern wenden wird /daß sie ihnen nachhuret / so will ich mein Antlitz wider dieselbe Seel setzen / und will sie aus ihrem Volck rotten / Lev. 20. 6. Item: Wann ein Mann oder Weib ein Wahrsager oder Zeichen-Deuter seyn wird / die sollen des Todes sterben / man soll sie steinigen / ihr Blut sey auf ihnen / 27. Deut. 18. 11. Es soll unter dir kein Zeichen-Deuter gefunden werden. Und dannoch ist die Welt dermahlen von dem Teuffel also verblendet, daß solche noch täglich mit allerhand aberglaubischen Phantasien umgehen, und in allem, was ihnen nur vorkommet, etwas Gutes oder Böses daraus prophezeyen wollen; wie dann zu geschehen pfleget, wann einer über Land reiset und begegnet ihm ein Hirsch, Wolff, Schwein oder Bär, so soll es ein böses Zeichen seyn. Item, wann einem ein Hase über den Weg lauffet, soll man 3. Schritt zuruck gehen, sonst sey es ein böses Zeichen. Auch sey es ein böses Zeichen, wann einem wilde Gänse oder wilde Endten über den Weg fliegen. Fraget man nach der Erklärung, so wissen solche Leute nichts darauf zur Antwort, als: Es sey nicht gut. Freylich[488] ja ist es den Reisenden nicht gut / sondern wäre besser / wann Hase / wilde Endten und Gänse gebraten in der Schüssel lägen. Böse Zeichen seynd es gewiß, wann einem ein hungriger Wolff oder Bär auf der Strasse aufstösset, denn ein Reisender ist bey solchen in Lebens-Gefahr. (2) Wann ein Fremdes in eine Stube gehet, soll man es ohne Niedersitzen nicht wieder weggehen lassen, sonst nimmet man dem Kind die Ruhe mit. (3) Es sey nicht gut, wann man eine ledige Wiege wieget, weil das Kind sonst, wann man es hineinleget, nicht schlaffen könte. (4) Es sey nicht gut, wann man am Leibe flickt. (5) In den zwölff Christ-Nächten, als vom Heil. Christ-Tag bis drey Königs-Tag, soll niemand Erbsen, Linsen oder Hülsen-Frucht essen, sonst bekommen solche Leute in diesem Jahr die Krätze oder Schwären. (6) Ein Bräutigam soll seiner Braut kein Buch oder Messer verehren, sonst werde die Liebe verblättert und zerschnitten. (7) Den Abend vor Walpurgi, ist der Abend vor dem 1sten May, soll man über die Thüren drey Creutz machen und Holler-Zweiglein über die Thüren stecken, so können keine Hexen in solches Hauß kommen. Dieser Aberglaube wird annoch in Sachsen-Land sehr observirt, und ist mir noch erinnerlich, daß der Superintendent zu [489] Delitsch / bey Leipzig, an solchem Fest-Tage Philippi Jacobi über Feld reisete, und bey einem Pfarrer in seiner Superintendur abtrat, im Eingehen des Hauses aber solche Creutzel und Holler-Püschlein an etlichen Thüren bemerckte, und auf Befragen, was solches bedeutete? von der Frau Pfarrerin die Antwort bekam: Mein Herr hat es gestern aufgesteckt, weil die Hexen heut Nacht auf dem Blocksberg gewesen, daß sie nicht allhier einfahren könten, und uns oder unserm Vieh Schaden zufügen.1 Die arme einfaltige Frau meynete, sie hätte sich gar wohl verantwortet; weil aber ihr Herr Pfarrer nicht zu Hause, so wurde er den andern Tag für den Superintendenten citirt, und ihm sein ärgerlicher Aberglaube fürgehalten, auch dessentwegen ab Officio suspendirt, bis zu nächstem Capitel, da es nach scharffer Admonition nicht viel gefehlet, der aberglaubische Herr Pfarrer wäre gar removirt worden. Ich glaub aber, solcher wird dieses Creutzmachen und Hollerstecken folgende Jahr seinen Bauren ziemlich geprediget haben. (8) Keine schwangere Frau soll unter einer Wagen-Deistel durchkriechen, oder durch einen Nothstall gehen, sonst werde sie ihre Leibes-Frucht über die gewöhnliche Zeit tragen müssen. (9) Wann man des Morgens den Rossen, eher selbige aus dem Hauß geführet werden, Saltz auf das Creutz streuet, so soll ihnen nichts Böses[490] wiederfahren können. (10) Von den Manßfeldischen Thalern, worauf der Ritter St. Georg gepräget, mit der Uberschrifft: Bey GOtt ist Rath und That / ist der Aberglaube, wann einer solchen bey sich trage, sey er im Krieg und auch sonsten für allen feindlichen Geschossen bewahret; weßwegen auch viel Unglaubige mehr Vertrauen auf einen solchen Thaler, als zu GOtt haben, und wird von manchem zu Zeiten 6, 8, bis 10. Thaler für einen dergleichen Manßfeldischen gegeben. (11) Wann sich ein grosser Wind erhebt, pflegen viele fürzugeben, es habe sich jemand erhenckt, und diese Sage bekommet so vielfältigen Beyfall; aber, wie offt gehet doch ein starcker Wind, da man nichts von dergleichen Erhenckten höret, und wie manchmahl vernimmet man, daß sich ein oder der andere aus Desperation erhenckt, da man doch kein unordentlich Lüfftlein vermercket hat. (12) Endlich auch ist der einfältige Aberglaube eingerissen, daß, wann ihr ein schwanger Weib in ihrer Rechnung einbildet, daß sie über die Zeit schwanger gehe, so soll sie ein Pferd aus ihrer Schürtz Haber fressen lassen, so würde sie bald gebähren. O der überhäufften Thorheiten! Stehet nicht bey Salomo: Gebohren werden hat seine Zeit / und Sterben hat seine Zeit. Daß aber ein Pferd den Rathschluß GOttes durch sein[491] Fressen solte ändern können, kan von rechtschaffenen Christen nicht geglaubet werden. Von dergleichen GOttes-vergessenem Aberglauben hat ein Anonymus ein gantzes Buch geschrieben, und die gestrielgelte Rocken-Philosophia betitelt, in welchem der geneigte Leser in 400. Arten solcher aberglaubischen Regeln antreffen wird.

Wir wollen einige solcher aberglaubigen Thorheiten etwas genauer nach Herrn Reuters Meynung in seinem umschränckten Reich des Teuffels p. 844 betrachten, da er aus Thom. Cantibratensis lib. 2. de apib. cap. 57. anführet: Daß der Wolff / sobald er einen Menschen ansichtig würde, die Strahlen seiner Augen in ihn schösse, und desselben Spiritus visivos damit austrocknete, und wann diese dürre wären, so müsten auch die Lufft-Adern versiegen; daher könte ein Mensch nicht recht reden, Instrument der Sprache untüchtig gemachet wäre, wie sonst auch dergleichen zu geschehen pflegete, wann die alten Weiber mit ihrem häßlichen Anschauen durch die gifftige Dünste, so aus ihren Augen gehen, den kleinen Kindern Schaden zufügeten; oder: Wann die Weiber in ihrem monatlichen Blute den Spiegel beflecken mit den bösen Dünsten, so aus dem Mund, Nasen und Augen-Winckeln heraus gingen.2 Dann gleichwie die Thränen aus den Augen gingen,[492] so kämen auch die bösen Dünste heraus. Andere sagen: Wann der Wolff den Menschen zuerst sähe, so suche er sich zu rächen, und also brächte er in ihn die schädliche, gifftige Dünste, daß er nicht schreyen könte. Dergleichen sich auch begäbe bey dem Basilisken, der mit seinem Gifft die Lufft erfüllete, daß die Herannahenden davon sterben müsten; wann er aber vermerckete, daß er schon von Menschen wäre gesehen, so fürchtete er sich, und trachtete zu entfliehen, daher gedächte er den Gifft von sich zu lassen, und die Lufft zu vergifften.

Hierauf antwortet M. Gottfr. Voigt in dem dritten Hundert seiner neuvermehrten physicalischen Anmerckungen in der 16. Frage folgender Gestalt: Obschon solches Martin Delrio disq. magic. lib. 1. c. 3. qu. 4. p. 57. nicht verwirfft, ist es doch in vielen Stücken falsch und irrig; dann erstlich sind die Dünste, so aus dem Wolff gehen, nicht so gifftig, daß sie dem Menschen die Stimme benehmen könten: weil einer ohne einige Gefahr bey dem Wolff seyn und bleiben kan. Wären sie gifftig, so könten sie von dem Menschen nicht aufgezogen werden. Fürs andere /wann gifftige Dünste aus dem Wolff gingen, so würden sie nicht allein der Sprache, sondern auch andern Gliedern am menschlichen Leibe Schaden zufügen. Zum dritten / wann die Dünste mit ihrem[493] Gifft dem Menschen die Sprache benähmen, so könte man zu solcher nicht wieder gelangen, ohne nöthige Mittel und Artzeney, und würden also die, so von den Wölffen erst gesehen, lange oder allzeit stumm bleiben. Viertens / wann das Aufsteigen der gifftigen Dünste die Ursach dieses Dinges wäre, so würde sowohl der verstummen, welcher ehe den Wolff siehet, als der, welchen der Wolff erst siehet; anderer ungeräumter Dinge zu geschweigen, die daraus erfolgen würden. Was anlanget das Gleichniß, von denen, die böse Augen oder ihre Monat-Zeit haben, hergenommen, so kan solches hier nichts anders beweisen, als daß böse gifftige Dünste aus etlichen Dingen steigen; daß aber solche auch aus dem Wolff kommen, wird zwar für gewiß angenommen, aber nicht erwiesen. Was vom Basilisken vorgegeben wird, ist nicht allzeit wahr. Tödtet er mit dem blossen Anschauen, wer hat dann jemahls einen gesehen? Sonst kan nicht geläugnet werden, daß es ein gifftiges Thier sey, zu dem man sich ohne Leib- und Lebens-Gefahr nicht nahen darff, es seye dann, daß man sich zuvor mit solchen Dingen versehe, die wider das Gifft dienen.

Vossius Theol. gentil. lib. 3. c. 62. Scaliger exerc. 344. Sperling instit. Physic. lib. 2. c. 3. qu. 1. Senguerd. exerc. Physic. 34. und viele andere, halten nichts davon. Dann obschon einer etwa, wann er[494] eines Wolffs ansichtig wird, also erschröcken möchte, daß er nicht reden könte, welches sich offt zuträgt; so geschicht es doch nicht eben alsdann, wann einen der Wolff siehet; und nicht nur bey Anschauung eines Wolffs, sondern auch, wann einem ein Löw, Bär, oder dergleichen grausam Thier begegnet. Scaliger saget: Ich wolte wünschen, daß die Lügener so offt mit Ruthen möchten gestrichen werden, als uns die Wölff gesehen haben, da es unserer Sprach nichts geschadet: denn ich weiß, daß ich 3. mahl auf der Jagd von einem Wolff bin gesehen worden; einmahl von einem der in den Sträuchen lag, darnach von einem, der oben auf dem Berg stunde. Und zum dritten von einem, der ein Mägdlein entführet hatte, dieser war im Hanff, der schon ziemlich hoch erwachsen, und streckte den Kopff oben etlichmahl hervor, und sahe sich um: da sagete eine von denen andern Mägdlein: O! da ist ein grosser Hund, er sahe mich und meine Gefährten: unser keiner aber ward seiner gewahr, da verlohren wir nicht allein unsre Sprach nicht, sondern fingen auch laut an zu schreyen, daß er davon erschrack, und die Flucht ergriff, wir aber jageten ihm nach, und nahmen ihm den Raub ab, wiewohl ohne Leben.

Daß die alten Christen mit solchem aberglaubischen Wahn auch schon seyn bethöret und eingenommen gewesen, zeiget [495] Chrysostomus an unterschiedlichen Oertern an: denn also schreibt er Homil. 21. ad populum Antiochenum: Man hält für ein unglückliches Omen, so jemand aus dem Hause gehet, und ihm ein Mensch begegnet, der entweder blind oder lahm ist. Und abermahl: Es ist lächerlich, und ich schäme mich es zu erzehlen, doch wegen euer Heyl und Seeligkeit werde ich genöthiget, es zu sagen: Man hält dafür, so einem eine Jungfrau begegne, so würde er einen unglücklichen Tag haben, so ihm aber eine Hure begegne, so werde selbige ihm glücklich, nützlich und vortheilig seyn. Und über das vierte Capitel des ersten Briefs Pauli an die Corinther schreibt er: hernach nach gehaltener Hochzeit, wann etwa ein Knäblein gebohren wird, hat man auch auf solche Thorheit und viele gantz lächerliche Zeichen Achtung: Dann wann nun dem Knaben der Nahme soll gegeben werden, so nennen sie ihn nicht nach den heiligen Männern, gleichwie zuerst die alten Christen gethan haben, sondern sie zünden Lichter an, und geben ihnen Nahmen, und nach dem Licht, so am längsten währet, nennen sie den Knaben, und muthmassen daher, daß er sehr lang leben werde. Und abermahl, Homil. 12. ad Ephes. Es ist die Seel mit vielen Stücken angefüllet, so Schröcken machen. Als zum[496] Exempel: Daß dieser oder jener Mensch mir zuerst ausser dem Hauß entgegen kommet; es muß daher mir tausenderley Unglück entstehen: und wiederum hat mir der Knecht, der Bösewicht, zuerst den lincken Schuh überreichet, welches groß Unglück und Unfall bedeutet. Ich selbst, da ich aus dem Hause gieng, setzte erst den lincken Fuß fort, welches mir gleichfalls Unglück prophezeyhete, und solches Ubel kam über mich, als ich noch nicht von Hause war, als ich weiter fort gieng, fing mir das Auge an zu springen, welches eine Vorbedeutung der Thränen ist. So weiset er auch an, daß die Weiber bey ihrem Gewebe allerhand Zeichen und Omina haben, auch, daß man in obacht nehme, so ein Esel schreye, ein Hahn krähe, so jemand niese, und was sonst mehr ist.

Wir, die wir aus GOttes Wort besser unterrichtet seyn, lassen billig solche eitele Deutung fahren: denn es begegne mir wer oder was da will, so kan mir doch ohne GOttes Willen daher kein Unglück entstehen. Und (saget angeführter Autor ferner) warum solte eben allein das Hasen- und Wolffs etc. begegnen, mehr Ubels bedeuten als anderer Thiere, die auf eben solche Weise begegnen. Und abermahl, warum solte der Mensch mehr böses verursachen, als der ander, ob er schon alt, blind und lahm ist? Man wird sich solcher[497] gestalt an GOtt dem HErrn versündigen, als der sie geschaffen hat, und an Christo, dessen Glieder und Gliedmassen sie seyn, vergreiffen. Und sehr wohl saget Chrysostomus Homil. 21. Der Mensch / der dir begegnet / machet dir keinen bösen Tag / sondern wann du in Sünden lebest.

Nun kan man zwar nicht läugnen, daß es offtmahl also ausgefallen, wie man aus den Zeichen gemuthmasset hat, aber es ist denn also aus Göttlichem Triebe geschehen, als davon wir lesen Gen. 24. 14. 15. 1. Buch Sam. 14. 9. Iud. 7. 14. oder zufälliger Weise. Und hat hierinnen auch Bodinus gar recht, wann er sagt: Gemeiniglich wiederfähret einem aus gerechter Straff GOttes das Unglück, wann er saget: Er glaub ernstlich und vestiglich, daß ihm dieses oder jenes widerfahren werde, deme aber, der nicht achtet, was nicht zu achten ist, geschiehet nichts böses. Dahin dann gehöret, was Plutarchus erzehlet, in vita Crassi, von dem Sohn Crassi, daß, als er, wie er die Schlacht wider die Parther führen wolte, also seinen Fuß verletzt, daß er zu der Erden nieder gefallen, daher man muthmassete, daß er in der Schlacht würde umkommen. Solches ist auch dem Tiberio Gracho widerfahren, wie Valerius Maximus bezeuget, [498] lib. 1. cap. 4. und ist bekannt, was Tibullus schreibt: lib. 1. eleg. 3.


O quoties ingressus iter, mihi tristia dixi,

Offensum in portâ signa dedisse pedem.


Ein jeder hüte sich, daß sein Hertz dadurch nicht möge abgewandt werden, von der wahren Gottseligkeit, von dem Gebet, und Zuversicht zu GOtt, ohne dessen Willen kein Haar von unserm Haupte fallen und gantz kein Unglück begegnen kan.

Nun ist noch zu erörtern: Ob denn dieses ein gewisses Zeichen sey, daß ein Mensch sterben werde, wann die Hunde und Eulen etc. ungewöhnlich heulen? und ob man aus dem Fall / Pochen und Klopffen / so bisweilen gehöret wird, gewiß schliessen könne, daß einer aus dem Hause, wo es geschicht, bald darauf sterben werde.

Was erstlich das ungewöhnliche Heulen der Hunde bedeutet, so haben dasselbe die Alten allzeit für ein böses Zeichen gehalten.3 Lipsius hat viel Historien davon erzehlet, cent. 1. ad Belg. ep. 14. und schreibt Freudius in Gewissens-Fragen / von Zaub. p. 187. Es ist ausser allem Zweifel, daß offt und vielmahl um das Hauß oder Zimmer, darinn ein sterbender Mensch lieget, bey Nacht-Zeit,[499] oder auch wohl bey Tage, entweder die Hunde ein greulich Geheul treiben, oder die Katzen verdrießlich heulen und mauen, sich mit einander grimmig herum beissen und jagen, und sonderlich auch din Eulen sich zur Zeit vor dessen und dessen unglückseligen Todtes-Fall haben sehen lassen.

Pfitzerus schreibt über das ärgerliche Leben und schröckliche Ende Joh. Fausti p.m. 455. unvorgreifflich wird dafür gehalten, daß solche unvernünfftige Thiere die Gegenwart der unreinen bösen Geister vermercken, und hierdurch in Furcht und Schröcken gebracht werden, und würde also die nächste Antwort seyn, daß Hunde, Katzen und solche Thier mit ihrem Heulen und Geschrey die Præsenz der unreinen höllischen Geister ankündigen, und zu verstehen geben, daß nicht allein bey gottloser, unbußfertiger, ruchloser Leute Krancken- und Sterbe-Betten dieselbe sehr mühsam und geschäfftig seyn, in alle Wege zu verhindern, daß ja der Sterbende zu keiner Busse und guten Gedancken und Glauben an Christum kommen und gelangen möge, damit ihnen etwa die Seele durch Treue und Fleiß ihrer Seel-Sorger und anderer Gottseliger Beyständer nicht entrückt, und dem HErrn Christo, durch Bekehrung gewonnen werde: Darum dann solche böse Geister allen Ernst ankehren; Sondern es müssen auch die Frommen und Glaubigen solche Anläuffe, Arglist[500] und Versuchung des Teuffels erleiden und ausstehen, wie in den Historien von S. Martino zu lesen, daß, da er sterben sollen, der Teuffel zun Füssen bey seinem Bett gestanden, den er aber keck also angeredet: Quid tu hîc stas, horrenda bestia, nihil habes in me; das ist: Was stehest du hier / du abscheuliche Bestie / du hast kein Theil an mir. Und wann die unreinen Geister an der wohl-verwahrten Seel eines Glaubigen nichts schaffen oder gewinnen können, schröcken und nöthigen sie zum wenigsten das unvernünfftige Vieh zum Geschrey und Geheule, entweder einen solchen sterbenden Menschen in seinen letzten Zügen zu verunruhigen, wiewohl vergebens und ohne alle Frucht, wie andere Anfechtungen, oder die Umstehenden in ihren guten Gedancken, Vorbeten, oder Zusprechen bey ihrem Mit-Bruder oder Mit-Schwester irre zu machen, ja in den Argwohn zu verleiten, daß sie an dessen oder an deren Seligkeit zweifflen sollen, u.s.w. wie dergleichen Meisterstück der leidige Satan an dem frommen Hiob erwiesen.

Was das Fallen / Gepolter und Schlagen anlanget, so kommt solches bisweilen von der Phantasey her, oder geschiehet zufälliger Weise auf solche Art, daß mans eigentlich nicht erforschen kan.4[501] Und will Herr Reuter d.c. §. 21. daß man daraus nicht schliessen könne, daß eben aus demselben Hauß oder von den Freunden, einer nothwendig darauf sterben müsse. Thut es gleich der Teuffel und klopffet an die Fenster, Läden und Thüren, so kan man selbiges doch nicht als ein Zeichen des bevorstehenden Todes halten. Denn ob zwar der Teuffel durch lange Erfahrung wohl gelernet, die Ursachen des Todes, und daher etlichermassen schliessen und muthmassen kan, ob einem bisweilen sein Ende nahe sey oder nicht, so kan er doch solches nicht unfehlbar wissen oder zuvor sagen. Denn der Menschen Leben und Tod stehet bey GOTT / der hat uns allen ein Ziel gesetzt /davon der Teuffel nichts weiß. Joh. 14. 5. und daher findet man auch, daß offt dergleichen geschehen, und der Tod nicht darauf erfolget ist.

Zum Beschluß dieses Capitels wollen wir noch eine Historie anführen, wie geschäfftig der Teuffel gewesen, einem armen krancken Mann zuzusetzen; als folget: Es ist zu Freyberg in Meissen / ein frommer armer Mann kranck gelegen, welcher schier mit dem Tod gerungen, und von seinen Sünden angefochten worden, bey welchem sich der Teuffel unterstanden, tapffer zuzuschüren und sein Gewissen[502] zu ängstigen.5 Endlich kam er leibhafftig in Gestalt eines grossen Mannes, mit einem grossen Dinten-Horn, und Feder-Futral oder Pennal, samt einer grossen Esels-Haut, und spricht zum armen krancken Menschen: Wohlan / sage mir deine Sünden her / alle nach einander / daß ich sie aufschreibe / und dieselbe vor den Richter-Stuhl GOttes bringe. Der gute arme Mann erschrack hefftig, greiffet doch alsobald zun Sprüchen Heiliger Schrifft, und spricht: Wohlan /setze dich nieder / ich will dir dictiren / schreib also /diß soll dein Exordium seyn: Des Weibes Saamen soll dir den Kopff zertretten. Da der leidige Teuffel solche scharffe Donner-Schläge Göttliches Worts hörete, nimmet er sein Pennal oder Dinten-Horn und verschwindet, und lässet einen häßlichen Gestanck hinter sich. Also ist der arme Mensch durch die Krafft Götttliches Worts erlöset worden.

Marginalien

1 Historie eines aberglaubigen Pfarrherrns.


2 Was vom Anschauen eines Wolffs zu halten.


3 Hunde-Geheul / was solches bey Krancken bedeutet.


4 Gepolter und Fallen in Häusern / was solches bedeuten soll.


5 Historie.


Quelle:
Bräuner, Johann Jacob: Physicalisch= und Historisch= Erörterte Curiositaeten. Frankfurth am Mayn 1737, S. 487-503.
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