[35.]

[86] Wer stäts jm esel hat die sporen

Der juckt jm dick biß vff die oren

Bald zürnen / stat wol zů eym doren


35. Von luchtlich zyrnen

Von luchtlich zyrnen

Der narr den esel allzyt ryt

Wer vil zürnt do man nüt vmb gyt

Vnd vmb sich schnawet als eyn hunt

Keyn gůtig wort gat vß sym mundt

Keyn bůchstab kan er dann das R

Vnd meynt man soll jn vörchten ser

Das er müg zürnen wann er well

So spricht eyn yeder gůtter gsell[87]

Wie důt der narr sich so zerryssen

Vnglück will vns mit narren bschyssen

Er wänt man hab keyn narren vor

Gesehen / dann hans esels or /

Der zorn hyndert eyns wysen můt

Der zornig weyßt nit was er důt /

Archytas / do jm vnrecht gschach

Von synem knecht / zů jm er sprach /

Ich soltt das yetz nit schencken dir

Wann ich nit merckt eyn zorn jn mir /

Des glychen Plato ouch geschach

Keyn zorn von Socrates man sach /

Wän lycht syn zorn jn vngedult

Zücht / der velt bald jn sünd vnd schuldt /

Gedult / senfft widerwertikeyt

Eyn weiche zung bricht herttikeyt

All tugend / vngedult verschytt

Wer zornig ist / der bettet nit

Vor schnellem zorn / dich allzyt hüt

Dann zorn wont jnn eyns narrē gmůt

Vil ringer wer eyns beren zorn

Der joch syn jungen hett verlorn

Dann tulden / das eyn narr dir důt

Der vff syn narrheyt setzt syn můt /

Der wiß man důt gemach allzyt

Eyn gäher / billich esel rytt


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494, S. 86-88.
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