[92.]

Wer hochfart ist / vnd důt sich loben

Vnd sytzen will alleyn vast oben

Den setzt der tüfel vff syn kloben


92. Vberhebung der hochfart

Vberhebung der hochfart

Der furet vff eym strowen dach

Der vff der welt rům / setzt syn sach

Vnd all ding důt / vff zyttlich ere

Dem würt zů letst nüt anders me

Dann das syn won / jnn hatt betrogen

So er buwt vff eyn rägenbogen

Wer wölbet vff eyn dännyn sul

Dem würt ee zyt / syn anschlag ful[240]

Wer rům vnd weltlich ere hie bgerdt1

Der wart nit / das jm dort me werdt /

Manch narr halt sich gar hoch dar vmb

Das er vß welschen landen kum

Vnd sy zü schůlen worden wiß

Zů Bonony / zů Pauy / Pariß

Zůr hohen Syen jnn der Sapientz2

Ouch jnn der schůl zů Orlyens

Vnd den roraffen gsähen hett

Vnd Meter pyrr de Conniget /

Als ob nit ouch jnn tütscher art

Noch wer vernunfft / synn / houbter zart

Do mit man wißheyt kunst möcht lerē

Nit not / so verr zů schůlen keren

Weller will leren jnn sym land

Der fyndt yetz bücher aller hand

Das nyeman mag entschuldigen sich

Er well dann liegen lästerlich

Man meynt ettwan es wer keyn ler

Dann zů Athenas über mer

Dar noch man sy / byn walhen fandt

Jetz sicht mans ouch jn tütschem land

Vnd gbräst vns nüt / wer nit der wyn

Vnd das wir tütschen voll wennt syn

Vnd mögen keyn recht arbeit thůn

Wol dem / wer hat eyn wisen sůn

Ich acht nit / das man vil kunst künn

Vnd stell do mit noch hochfart gwynn

Vnd meynt dar durch syn stoltz / v klůg

Wer wis ist / der kan kunst genůg

Wer lert durch hochfart / vnd durch gelt

Der spiegelt sich alleyn der welt

Glich als eyn närrin die sich mutzt

Vnd spieglen důt der welt zů tutz

So si vff spannt des tüfels garn

Vnd macht vil selen zůr hellen farn[241]

Das ist das kützlin / vnd der klob

Do durch der tüfel sůcht groß lob

Vnd hat gefüret manchen hyn

Der sich bedunckt vor witzig syn /

Balaam gab Balach eynen rott

Das Israhel erzürnet gott

Vnd nit möcht jn dem stritt beston

Das es durch frowen zů müst gon /

Hett Judith sich nit vff gezyert

Holofernes wer nit verfürt /

Jesabel streich sich varben voll

Do sie meynt jhehu gfallen wol

Der wis man spricht / ker dich geschwynd

Von frowen / sie reytzt dich zůr sünd

Dann närrin vil sint also geil

Das sie jr gsiecht bald biettent feil

Vnd meynen / es sol schaden nüt

Ob sie eyn blick dem narren gytt

Worlich gesicht / bringt böß gedanck

Vnd setzt eynen vff den narrenbanck

Der dar noch lychtlich nit abstat

Biß er den häher gfangen hatt /

Hett Bersabe jrn lib bedeckt

Sie wer durch ee bruch nit befleckt /

Dyna wolt schowen frömde man

Biß vmb jr jungfrowschafft sie kam /

Eyn demütig frow ist eren wert

Vnd würdig / das sie werd geerd

Aber welch hochfart nymbt für hend

Deren hochfart ist ouch gantz on end

Die will ouch allzyt vornen dran

Das nyeman mit jr gstellen kan /

Die grösßst wißheyt vff aller erdt

Ist / künnen thůn das yeder bgerdt

Vnd wo man das für gůt nit nymbt

Doch künnen thůn / das yedem zymbt

Wer aber frowen thůn will recht

Der můß syn ettwann me dann knecht[242]

Dann sie gar offt durch blödikeyt

Me thůn / dann durch jr lystigkeit

Der hochfart die do hant gotts haß

Stigt stätes vff / ye baß vnd baß

Vnd fellt zů letst zů boden doch

Zů Lucifer jnns hellenloch /

Hör hochfart / es kumbt dir die stundt

Das du sprichst vß dym eygnen mundt

Was bringt myn hoher můt mir freüd

So ich hie sitz jnn trübsal / leid /

Was hilfft mich geltt / gůt / vnd richtům

Was hilfft der welt ere / lob / vnd rům

Es ist nůt dann eyn schätt gesyn

Ougenblicklich ist es do hyn

Wol dem der diß als hat veracht

Vnd hatt alleyn ewigs betracht /

Nüt dunckt eyn narren hie so hoch

Es felt mit jm zů letzsten doch

Vnd vor vß / die schäntlich hochfart

Die hat an jr natur / vnd art

Das sie den höchsten Engel stieß

Vom hymel ab / vnd ouch nit ließ

Im paradiß den ersten man

Sie mag noch nit vff erd bestan

Sie můß ye sůchen jren stůl

By Lucifer jn hellen pfůl

Sůcht sie den / der sie hat erdacht

Hochfart ist bald zůr hellen bracht

Agar durch hochfart wart von huß

Mit jrem kynd getriben vß /

Durch hochfart Pharao verdarb

Chore mit syner gselschafft starb

Der herr gar größlich des erzürn

Do man jn hochfart macht den turn

Als Dauid det jn hochfart zelen

Das volck / müst er eyn plag erwelen

Herodes kleydt jn hochfart sich

Als ob syn wesen wer göttlich[243]

Vnd wolt ouch haben götlich ere

Vnd wart vom Engel gschlagen sere

Wer hochfart tribt / den nydert got

Demůt er allzyt gehöheret hat


Fußnoten

1 weltlich W


2 hohē W


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494.
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Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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Das Narrenschiff: Nach der Erstausgabe (Basel 1494) mit den Zusätzen der Ausgaben von 1495 und 1499 sowie den Holzschnitten der deutschen Originalausgaben (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)
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