De Kronen

[373] De Kronen trecken hoch dor œwer'n See,

de Metten flüggt un spinnt de Stoppel in;

so witt is dor dat Feld vun, as wir't Rip

un Frost un Snee. Dat blänkert in de Sünn,

grad as witt Sid deit anne Dodenkron,

de ünner Glas an de Churpiler hängt

dicht bi de Örgel, wenn de Sünn se dröppt

dwas dörch dat Altorfinster Sünndag morrns.

Krank liggt de Ird dor as 'ne schön jung Fru,

de se to Bedd heww' bröcht, as ehr Stunn kem,

un de't Melkfeewer œwerstahn nich kann,

tosam dorœwer breckt un starben möt

un selig, still un gottgefällig starwt:

Se weet, ehr Kind dat œwerläwt ehr doch,

dat liggt vull Läben in sin Bündeln dor,

as inne warme Weeg, in Fack un Timmer.


De Kronen trecken hoch dor œwer'n See.

Klamm hängt dat Lof un matt an Telg un Twig;

de heel oll Wold steiht irnst un stumm un still,

so still un trurig dor un in sick kihrt

as een, up den mit eens dat Unglück kem

un de nu noch sick nich to faten weet.

De Sük is braken in sin hoges Hus;

sin Kinner fallen vör em een bi een

un ligg' nu stif, verschrümpt as Liken vor,

de unnod un vull Elenn storben sünd.

Un wu sonn arm lütt Blatt noch grön sick höllt,[373]

dat söcht so ängstlich nah de Sünn, as wenn't

verklagen wull de bös' oll Nacht bi ehr,

Ruhrip un Frost un Hagel, Storm un Wind,

de em so nürig nah de Görgel fat'

as hungrig Wülw dat Aulamm in de Hörd.


De Kronen trecken hoch dor œwer'n See.

De Grund de dampt, un de grag Dak de stiggt

hochup un treckt dor œwer'n Hellbarg hen,

as wir een Dörp dor achter af wu brennt

un swält nu noch un rokt in Schott un Asch.

So matt un bleek un œwernächtig süht

de Sünn up all de Starbensangst vör ehr,

as künn s' dat Elenn gor nich af mit sehn,

as ob de lüttst Grashalm, dat lüttst lütt Blatt,

dat dor to Enn nu geiht, so leed er ded,

as wir't 'n Kind, dat noch nich spräken kann

un all sin Leed man mit de Ogen klagt.

De Sünn süht in den Dod bedröwt as een,

de gor to girn, wu girn nich! helpen ded

un den an sin warm Hart so deep dat geiht,

dat he dat mücht un doch nich helpen kann.


De Kronen trecken hoch dor œwer'n See,

un wat dor schrigt, dat is de Kron ehr Rop.

Sühst du? Dor trecken s' furt in Reeg un Gled,

as Mannschaft hen, de Order krägen hett

un de nu afmarschiert ut't oll Quartier

vörwartsch de breede Landstrat lustig lank;

se weet' dat woll, ehr Disch is wedder deckt

un vull un riklich deckt, wuhen se gahn.

Is't ok'n got Stück Wägs, dat vör ehr liggt,

un möt dor mennigeen an glöwen ok –

wat se torügg hier lat', is bitterbös,

dat wir för se so hart un slimm un leg,

as för de Armot is de düer Tit,

sonn Not, as Sük un Hunger för üns Minschen,[374]

sonn Not, as sacht de Krieg üns oft all bröcht,

de, wat de Fräden sport hett, rowt un frett.


De Kronen trecken hoch dor œwer'n See.

Wi hak' un plögen, mäuhn un extern üns

vör Däu un Dag' bet in de dakig Nacht;

wi peddn un lopen, rönnen, trizen, schuhen,

de een den annern stöt wi, wen toirst

ankamen deit, man wi weet' sülst nich, wu.

Wir ok üns Harwst un Winter lang all dor,

wi don, as kem de Aust üns all noch mal,

as künn wi nog nich af dor all vun kriegen.

Den Metten sehn wi nich, de Stoppel nich,

de Kron, de sehn wi nich, de vörwartsch treckt,

un för de Kron ehr Rop dor sünd wi dof –

bet dat üns' Order kümmt. Wi sehn nich to,

wat för de Fohrt üns' Flünken stark nog sünd;

kümmt Tit, so meen wi all, denn kümmt sacht Rat.

De Tit de kümmt. Hür, hür, de Kron de röppt!


Quelle:
John Brinckman: Vagel Grip. Rostock 1976, S. 373-375.
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