Prologvs

[12] Fvrsichtig / Erbar / Weise Herrn /

Wir möchten euch vieleicht beschwern /

Das wir jerlich zu dieser zeit /

Da man sonst pflegt weltlicher freidt /

So viel vns dürffen vnterstan /

Vnd für euch tretten auff den plan /

Mit spilen / der viel sein am tag /

Vnd jeder selbs wol lesen mag.

Aber vns tröstet offt vnd viel /

Das wir wissen den geneigten will /

Befürderuug der jugent klain /

Vmb welche dieses ist zu thain /

Wo die erzogen werden sol /

Zu Gottes furcht Christlich vnd wol /

Wie denn wir auch nichts bringen her /

Es stimme denn mit reiner Lehr /

Die wir Gott lob in Schulen treibn /

Vnd durch sein gnad darbey beleibn /

Was werden sol weiter fürbracht /

Haben wir ein new Spiel gemacht /

So viel dazu verliehen hat /

Der gütig Gott segen vnd gnad /

Vnd ist die Gschicht euch wol bekant /

Vom Patriarchen Iacob gnant /

Welcher zwölff leiblich Söne het /

Ioseph für andern lieben thet /

Daher erwuchs der Brüder neidt /

Wie man findt alweg böse Leut /

Auch wol vnter Gottes gemein /

Die in dem hertzen sein vnrein /

Stelten jm also heimlich nach /

Bis jn ein mal geriet die sach /

Da Ioseph in seins Vaters nam /

Den Thetern in die Hende kam /

Vnd ward durch zugebung des Herrn /

Versencket bald in ein Cistern /[12]

Doch widerumb heraus gethan /

Vnd muste sich verkaufen lan /

Vnd etwa dient ins dritte Jar /

In Egypten bey Potiphar /

Der jn lies ins Gefengnis legn /

Vmb seiner falschen Frawen wegn /

Das lidt er alles williglich /

Mit Gottes wort selbs tröstet sich /

Der jn denn het in seiner acht /

Vnd zu eim grossen Herren macht /

Der trewlich hielt ob Gottes wort /

Ernert die Kirch am selben ort /

Mit König Pharaonis gunst /

Der gegen Gott aus liebes brunst /

Ein Vater war Christlicher Leit /

Wie alle Fürsten jeder zeit /

Fürnemlich sollen gulissen sein /

Das sie in jren Landen fein /

Fürdern die war Religion /

Vnd sich trösten mit diesem lon /

Den jn Gott wird gewislich gebn /

Nach dieser zeit im ewign Lebn.

Seit still / vnd nempt verner bericht /

Ehe wir angreiffen diese Gschicht.


PRIMUS ARGUMENTATOR.

Jr lieben Christen nemet war /

Was wir bringen in dieser schar /

Hie stet Iacob der alte Man /

Nach dem secht jr sein Sön auch stan /

Ioseph im gschlecht der siebend ist /

Die fünff nach jm geboren wist /

Iacob den liebet für sy all /

Darumb er denn kümpt in vnfall /

Die Brüder den in ein Cistern

Versencken / das thut Gott erhörn /[13]

Schickt frembde Leut / die keuffen jn /

Füren den in Egypten hin /

Da er ein zeit mit frieden lebt /

Wiewol sich auch vnglück erhebt /

Das er kümpt vmb seins Herren huld /

Wird gfangen / doch on alle schuld.

Drumb Gott verkert sein leid in freudt /

Vnd hilfft jm aus zu rechter zeit /

Macht seinen Namen weit bekandt /

Setzt jn vber Egypten land /

Gibt jm segen / genad vnd heil /

Das sein Vater jm wird zu teil /

Der stirbt bey jm / vnd wird als dann

Gefüret ins Land Canaan /

Da er schlefft bey sein Vetern gut /

Vnd ewig bleibt in Gottes hut.

SECUNDUS ARGUMENTATOR.

Diese schön Biblische geschicht /

Ist nicht vergebens zugericht /

Habens mit gutem vorbedacht

Also newlich Spielweis gemacht /

Das jr daraus lernt vnd verstet /

Wie es in der Kirchen zughet /

Nemlich das diese hie auff Erdt /

Durchs Creutz mus werden offt bewert /

Wie jr mögt sehen an Iacob /

Vnd euch zum höchsten wundern drob /

An Ioseph desselben geleich /

Bedt in erkentnis Gottes Reich.

Vnd dennoch solches Creutz hie tragn /

Das man nicht gnug daruan kan sagn.

Ioseph des Vatern einig freudt /

Verkaufft wird in Egypten weit /

Der Vater meint / er sey schon todt /

So helt ob jm der liebe Gott /[14]

Setzt jn vom staub zu hohen Ehrn /

Lest jn zu einem Fürsten wern /

Der ausbreit in Egypten landt /

Die reine Lehr / vnd macht bekandt

Christum / der denn versprochen war /

Von do er neun vnd dreissig Jar

Alt ward / komen die Brüder sein /

Für jr Haus Traid zu keuffen ein /

Er kent sie wol / doch nicht anzeigt /

Ist jn gleichwol zu helffen gneigt /

Zeucht Simeon gefenglich ein /

Aber die andern Brüder sein /

Lest er zum Vater ziehen hin /

Den jüngsten bringen sie mit jn /

Als denn er nach versuchung hart /

Sich jnen nent / vnd offenbart /

Verzeiht jn was sie haben than /

Schickt vmb Iacob den alten Man /

Der kümpt zu jm dieselbig zeit /

Vnd leben beid in grosser freud /

Bis man Iacob den alten Man /

Zum Grab beleit in Canaan /

Dem höret zu mit allem vleis /

Dem lieben Gott zu ehr vnd preis /

Das spiel fecht an / seid fein zu rhu /

Wer hören wil / das maul halt zu.


Quelle:
Thomas Brunner: Jacob und seine zwölf Söhne. Halle a.d.S. 1928, S. 12-15.
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