Drittes Kapitel

[23] Ein großer Geist, wie Bählamm seiner,

Ist nicht so ratlos wie ein kleiner.

Er sieht, ihm mangelt bloß im Grunde

Der stille Ort, die stille Stunde,

Um das, was nötig ist zum Dichten,

Gemächlich einsam zu verrichten;

Und allsogleich spricht der Verstand:


Drittes Kapitel

Verlaß die Stadt und geh aufs Land!

Wo Biederkeit noch nicht veraltet,

Wo Ruhe herrscht und Friede waltet! –


Leicht reisefertig ist zumeist

Ein Mensch, wenn er als Dichter reist.
[23]

Drittes Kapitel

Die kleine Tasche, buntgestickt,

Ist schnell gefüllt und zugedrückt.

Ein Hut von Stroh als Sommerzier,

Ein Dichterkragen von Papier,

Das himmelblaue Flattertuch,

Der Feldstuhl, das Notizenbuch,

Ein Bleistift Nr. 4 und endlich

Das Paraplü sind selbstverständlich.


Drittes Kapitel

Zum Bahnhof führt ihn die Familie.


Drittes Kapitel

[24] Hier spricht er: »Lebe wohl, Cäcilie!

Ich bring euch auch was Schönes mit!«

Dann schwingt er sich mit leichtem Schritt,

Damit er nicht die Zeit verpasse,

In die bekannte Dichterklasse.

Der Pfiff ertönt. Die Glocke schlug.


Drittes Kapitel

Fort schlängelt sich der Bummelzug.[25]

Vorüber schnell und schneller tanzen,

Durch Draht verknüpft zu einem Ganzen,

Die schwesterlich verwandten langen

Zahlreichen Telegraphenstangen.

Der Wald, die Wiesen, das Gefilde,

Als unstet wirbelnde Gebilde,

Sind lästig den verwirrten Sinnen.

Gern richtet sich der Blick nach innen.

Ein leichtes Rütteln, sanftes Schwanken

Erweckt und sammelt die Gedanken.

Manch Bild, was sich versteckt vielleicht,

Wird angeregt und aufgescheucht.


Drittes Kapitel

Bald fühlt auch Bählamm süßbeklommen

Die herrlichsten Gedanken kommen. –


Ein langer Pfiff. – Da hält er schon

Auf der ersehnten Bahnstation. –
[26]

Drittes Kapitel

Ein wohlgenährter Passagier

In Nägelschuhen wartet hier.


Drittes Kapitel

Er zwängt sich hastig ins Coupé.
[27]

Drittes Kapitel

Pardon! – Er tritt auf Bählamms Zeh. –


Des Lebens Freuden sind vergänglich;

Das Hühnerauge bleibt empfänglich.


Wie dies sich äußert, ist bekannt.
[28]

Drittes Kapitel

Krumm wird das Bein und krumm die Hand;

Die Augenlöcher schließen sich,

Das linke ganz absonderlich;

Dagegen öffnet sich der Mund,

Als wollt er flöten, spitz und rund.


Zwar hilft so eine Angstgebärde

Nicht viel zur Lindrung der Beschwerde;

Doch ist sie nötig jederzeit

Zu des Beschauers Heiterkeit.
[29]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 4, Hamburg 1959, S. 23-30.
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