Drittes Kapitel

Drittes Kapitel

[213] Helenchen wächst und wird gescheit

Und trägt bereits ein langes Kleid. –

»Na, Lene! Hast du's schon vernommen?

Der Vetter Franz ist angekommen.«

So sprach die Tante früh um achte,

Indem sie grade Kaffee machte.

»Und, hörst du, sei fein hübsch manierlich

Und zeige dich nicht ungebührlich,

Und sitz bei Tische nicht so krumm

Und gaffe nicht so viel herum.

Und ganz besonders muß ich bitten:

Das Grüne, was so ausgeschnitten –

Du ziehst mir nicht das Grüne an,

Weil ich's nun mal nicht leiden kann.«
[213]

Drittes Kapitel

»Ei!« – denkt Helene – »Schläft er noch?«

Und schaut auch schon durchs Schlüsselloch.


Drittes Kapitel

Der Franz, ermüdet von der Reise,

Liegt tief versteckt im Bettgehäuse.
[214]

Drittes Kapitel

»Ah, ja ja jam!« – so gähnt er eben –

»Es wird wohl Zeit, sich zu erheben


Drittes Kapitel

Und sich allmählich zu bequemen,

Die Morgenwäsche vorzunehmen.«
[215]

Drittes Kapitel

Zum ersten: ist es mal so schicklich,


Drittes Kapitel

Zum zweiten: ist es sehr erquicklich,


Drittes Kapitel

Zum dritten: ist man sehr bestaubt


Drittes Kapitel

Und viertens: soll man's überhaupt,


Drittes Kapitel

[216] Denn fünftens: ziert es das Gesicht


Drittes Kapitel

Und schließlich: schaden tut's mal nicht!


Drittes Kapitel

Wie fröhlich ist der Wandersmann,

Zieht er das reine Hemd sich an.


Drittes Kapitel

[217] Und neugestärkt und friedlich-heiter

Bekleidet er sich emsig weiter.


Drittes Kapitel

Drittes Kapitel

Und erntet endlich stillerfreut

Die Früchte seiner Reinlichkeit.
[218]

Drittes Kapitel

Jetzt steckt der Franz die Pfeife an,

Helene eilt, so schnell sie kann.


Drittes Kapitel

Plemm!! – stößt sie an die alte Brause,

Die oben steht im Treppenhause.
[219]

Drittes Kapitel

Sie kommt auf Hannchen hergerollt,

Die Franzens Stiefel holen wollt.


Drittes Kapitel

[220] Die Lene rutscht, es rutscht die Hanne;

Die Tante trägt die Kaffeekanne.


Drittes Kapitel

[221] Da geht es klirr! und klipp! und klapp!

Und auch der Onkel kriegt was ab.
[222]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 2, Hamburg 1959, S. 213-223.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Fromme Helene
Die fromme Helene auf Lateinisch
Die fromme Helene
Max und Moritz. Die fromme Helene. Hans Huckebein (insel taschenbuch)
Cassetten (Tonträger), Die fromme Helene, 1 Cassette u. Begleitbuch
Die fromme Helene auf Schwäbisch

Buchempfehlung

Lessing, Gotthold Ephraim

Philotas. Ein Trauerspiel

Philotas. Ein Trauerspiel

Der junge Königssohn Philotas gerät während seines ersten militärischen Einsatzes in Gefangenschaft und befürchtet, dass er als Geisel seinen Vater erpressbar machen wird und der Krieg damit verloren wäre. Als er erfährt, dass umgekehrt auch Polytimet, der Sohn des feindlichen Königs Aridäus, gefangen genommen wurde, nimmt Philotas sich das Leben, um einen Austausch zu verhindern und seinem Vater den Kriegsgewinn zu ermöglichen. Lessing veröffentlichte das Trauerspiel um den unreifen Helden 1759 anonym.

32 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon