1192. An Hermann Nöldeke

[129] 1192. An Hermann Nöldeke


Wiedensahl 9. Juni 98.


Lieber Hermann!

Mutter ist heut früh nach Norden abgereist; zunächst bis Leer, wo sie ein paar Tage bleiben will. Ich hoffe, sie kommt ohne gar zu viel Hitze dort an. – Anna wird indeßen den Haushalt gut besorgen.

Mit den Erfolgen im Garten bin ich nicht recht zufrieden. Die Hauptstörenfriede sind die Erdratten. Der Ertrag des ersten Erbsenbeetes wird wohl nur zu einer Suppe (nach Frau Nickels ihrem Rezept) langen. Im dritten (Amerikaner) haben sie die Körner in der Erde angefreßen, so daß die Saugwurzeln verkümmert sind. Im zweiten Beet, was noch am wenigsten beschädigt ist, zogen sie die Pflanzen hinunter. Einer von den Wühlern ging in Ferdinand Nickels seine Falle, und seitdem ist in diesem Bezirk nichts mehr zu spüren.

Gurken hab ich, aus Ungeduld, vier mal gelegt; jetzt kommen mehr als nöthig sind; Erdflöhe aber auch.

Die fünf Chrysantemums, die du mir besorgt hast, gedeihen vorzüglich.

Den Lavendel will ich bald umpflanzen. –

In der kleinen Hängeakazie an der Südwand des Hauses haben Hänflinge so stilleken gebaut, daß ich nichts gemerkt hatte. Erst als ich mal unversehens geräuschvoll die Schaufel abschrappte, dicht unter dem sitzenden Vogel, der jetzt heraus surrte, wußt ich bescheid. – Ein Finkennest mit Jungen, das nahe meinem Fenster gegenüber im Zwe[t]schenbaum saß, so daß ich es immer beobachten konnte, hat leider die Katze zerstört.

Wie geht's denn bei Euch, lieber Hermann? Wie sieht's im neuen Garten aus?

Schreib, bitte, bald mal. Herzliche Grüße an Euch alle; auch von Anna.

Stets dein getreuer Onkel

Wilhelm.


Ob uns die "fünfzig Kirschbäume" in M. wohl bald näher intereßiren werden? Ich bin sehr gespannt auf die Entscheidung.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 129.
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