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[231] 555. An Marie Eller
Wiedensahl 29 Sept 82.
Liebes Fräulein Marie!
Die letzte Nachricht von Ihnen erhielt ich ehgestern, die vorletzte vor längerer Zeit in Gestalt einer liebenswürdigen Sendung mit beiliegendem Doppelbrief, worauf ich prompt und dankend erwidert habe. Daß es so lange gedauert, bis Sie darauf etwas von sich hören gelaßen, erklärt der genußreiche Sommer genugsam. Und sonst auch! Gehör ich doch zu den Narren, die nach inwendig kucken, wo bekanntermaßen nur spärlich beleuchtet wird. In folge deßen ist denn nur wenig da zu sehen, daher schwer was zu finden, daher kaum was zu holen, weshalb denn in meinen Briefen auch nicht viel drin steht. Gut! Aber daß Sie mich zu bestrafen drohen für[231] eine Unthat, die ich nicht verübt habe, das ist ungerecht. Ich schieb's beinah auf die Musik. Lärmend dringt sie durch die beiden seitlichen Kopflöcher in die stille Kammer der Tugend und verscheucht sie. Daß ich Ihnen nicht wieder geschrieben, bestreit ich, daß ich Ihnen Nichts wieder geschrieben, kann ich nicht leugnen. Nicht also darum, sondern hierum, geschäh mir ganz recht, wenn Sie mich schweigend links liegen ließen. Meine sonst möglichen Antworten blieben dann unverfaßt in der vierten Dimension, im unendlichen Reiche der Flausen, wo nebst sonstigen Flunkereien auch die ungeborenen Briefe auf's Materialisiren warten. – Großmüthiger freilich wär's, Sie behandelten so freundlich wie bisher ihn, der mit den herzlichsten Grüßen an Sie und Ihre Mama stets bleibt
Ihr ergebenster
Wilh. Busch.