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[189] Sonnet.
O Gott! ich bin nicht werth, daß du mir so viel Güte
Von Kindes-Beinen an biß diesen Tag erzeigt.
Wie kömmts denn, daß mein Mund von deinem Lobe schweigt,
Da ich doch, ohne dich, in tausend Noth geriethe?
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Wie kömmts, daß öfter nicht aus feurigem Gemüthe
Mein Weyrauch, voller Danck, zu deinem Throne steigt!
Ich habe leider! mich zum Sünden-Schlaff geneigt!
Der Wollust süsser Traum entgeistert mein Geblüte.
Herr, wecke du mich auf, der du mein Retter bist!
Ich weiß, daß in dem Schlaff mein Tod verborgen ist,
Daß Träume dieser Welt, wie leichte Schatten, trügen.
Komm bald, und mache mich doch deiner Liebe werth:
Und wenn mein müdes Hertz ja eine Ruh begehrt,
So laß es nur allein in deinen Wunden liegen.