Denckmahl, höchstgedachter Churfl. Durchl. bey feyerlichster Beysetzung Dero hochseel. Leichen, zu Königsberg in Preussen aus schuldigster Unterthänigkeit auffgerichtet

[160] im Jahr 1642.


Die Ihr auff berühmte Tugend

Bald im Lentzen ewrer Jugend

Nicht mit Aug' und Hertzen zielt,

Sondern kalt und weich von Sinnen

Weder Geist noch Himmel fühlt,

Weg, begebet euch von hinnen!

Diese Leiche, dieß Gebein

Hat mit irdischen Gemütern,

Daß ihr wisset, nichts gemein.

Was nicht eiffrig steht nach Gütern,

So nur Tugend geben kan,

Rühr' auch diesen Sarg nicht an!


Dieß sind Glieder eines Helden,

Welches Gaben recht zu melden

Nicht bey schwachen Menschen steht,

Der schon damals stets die Seele,

Wo sie jetzt schwebt, hatt' erhöht,

Eh' Er ließ des Leibes Höle;

Der in Seinem grossen Muth

Auch den Himmel gantz befasste,

Und durch Fürstlichs Helden-Blut

Was nicht Himmelswehrt war hasste,

Dem aus allen Adern schier

Gott und Himmel blickt' herfür.
[160]

Brandenburg, das Helden Zeugen

Ewig hat zu erblich eigen,

Kunt' offt selbst bestürtzet nicht,

Daß es Ihn gebohren, gleuben,

Wuste Seines Urtheils Liecht

Dieser Zeit nicht zu-zu-schreiben:

Schiffer werden in die Höh'

Auff den Nort-Stern so nicht schawen,

Wenn sie auff ergrimmter See

Sind umbringt mit Nacht und Grawen,

Als dieß hart-bedruckte Land

Sah' auff Seiner Weißheit Pfandt.


Ach, daß ich auff schwachen Seiten

Seinen Glimpff nicht auß kan breiten,

Den Er wachsam angelegt,

Diesen Fried' uns zu verschaffen,

Als sich hie auch Mars geregt,

Und schon klungen Schwerdt und Waffen!

Aller Wollstand dieser Zeit,

Daß Gewerb' und Künste blühen,

Daß die güldne Sicherheit

Mawren-fest uns kan umbziehen

Weit von Furchten und Beschwer,

Machten einig Gott und Er.


Wer hat wol an jemands Leiden

Ihn gesehn die Seele weiden?

Wer auff die, so nichts gethan,

Eiffrig Seinen Degen zücken?

Oder sonst aus falschem Wahn

Jemands Unschuld unterdrücken?

Haß und wilde Tyranney,

Und was auffhebt Lieb und Güte

Wohnte keines Weges bey

Seinem Fürstlichen Gemüte,

Seinem Hertzen, welches gar

Selbst die Huld und Güte war.


Stund nicht Freundlicheit und Lieben

Seinen Augen eingeschrieben?

O die Anmuth der Gestalt

Ließ der Güte thewres Wesen

Und der Liebe mannigfalt

Gnugsam Freund' und Feinde lesen!

Wer Ihn anzusehen gieng,

Der kam stracks verliebt zurücke,

Welchen die Gestalt nicht fieng

Und die angenehmen Blicke,

Den nam doch der Tugend Schein

Und der Gaben Reichthumb ein.


Einer wust aus diesen Sachen

Längst zuvor den Schluß zu machen

Dessen, was wir selbst erkant,

Das er wahr geredt muß' haben:

Als er siehet unverwandt

Auff Georg Wilhelmen Gaben,

Spricht er dessen unbewust,

Was noch kommen sol auff Erden:

Dieser wird die Lieb und Lust

Aller Menschen Kinder werden.

Das er falsches nichts gestellt,

Zeugt mit uns nur alle Welt.


Hätten nur die schweren Züge

Der noch jetzt nicht müden Kriege

Deutschland umb dieselbe Zeit

Nicht in solche Noth geführet,

Welch ein Bild der Trefflicheit

Hätten wir an Ihm gespüret?

Die Er auch bey schwerer Last

Solchen Wetters lassen strahlen

Heller, als die Sonne fast

Aller Erden Reich kan mahlen,

Er erhielt' auch so den Preiß

Für den Helden, die man weiß.


Ich wil Trutz auch Typhis bieten,

Daß, wenn Sturm und Wellen wüten,

Er sein Schiff solt' an das Landt

Also unbeschädigt bringen,[161]

Als wol Er wust' unsern Stand

Seinem Wunsche nach zu zwingen.

Was ein ander nicht durch Schlacht,

Brandt und Würgen kunt' erhalten,

Kriegt Er durch der Güte Macht,

Die Er besser lassen walten

Als der grimmen Waffen List,

So nur Leut und Länder frisst.


Der was hält auff sein Gewissen

Und nicht gern wil Blut vergiessen,

Ist kein Heldt auff diesen Tag:

Ob denn Gott, dem Helden gleichen,

Auch gefallen tragen mag

Nur an Mord' und tausent Leichen?

Nein! Er schickt zwar Straff und Pein,

Aber ungern und mit Schmertzen,

Aber Lieb' und gütig seyn

Übt er gern und gantz von Hertzen,

Auch ein rechter Helden-Muth

Liebt mehr Freundlicheit als Blut.


Du, Held, den wir jetzund klagen,

Woltest keinem was versagen,

Der auß Feindschafft an Dich fiel.

War dein ausgeübter Degen

Dir nicht in der Hand ein Spiel,

Und sonst allen überlegen?

Hat ein Feind an Dich gesetzt,

Dich zu wiederstehn bewogen,

Der nicht hat Dein Schwerd genetzt,

Nicht mit Schmach ist abgezogen?

Held, von deiner tapffern Hand

Zeugt Dein noch-beschütztes Land.


Gleichwol Gnad' und Güt' erweisen

Hieltstu über Schlacht und Eisen

Für dein Eigenthumb und Pflicht,

Hiermit suchtestu zu prangen,

Nur die Boßheit wuste nicht

Für Dir Gnade zu erlangen.

Herr, du hiessest gern dein Schwerdt

Zugedeckt mit Unschuldt schlaffen,

Keines Blut hast Du begehrt,

Ohn wenn Unthat war zu straffen.

Tugend fand hie Preiß und Danck,

Boßheit Schmach und Untergangk.


Solt' ich auch nach diesen Dingen

Deines Stammes Hoheit singen!

Deiner Ahnen grosse Schar!

Auch das Glück bey deiner Wiegen!

Und wie Du von Jahr zu Jahr

Immer Himmel-an gestiegen!

Dann die Meng' und Fruchtbarkeit

Aller Länder, so dich zieren,

Berge, Wälder, Thier' und Leut'

Und dein weißliches Regieren!

Wo wolt' ich auß Frechheit hin,

Der ich sonst auch furchtsam bin?


Da du wahrst in wenig Jahren

Zu dem Gipffel auff gefahren

Aller Hoheit, die man hat,

Und nicht kuntest höher kommen,

Fandt der Himmel diesen Raht,

Das er Dich zu sich genommen,

Als dein Blut, Hertz, Seel, und Mund

Fridrich Wilhelm, unser Leben,

Deine Stell' ersetzen kunt',

Und Dich uns gantz wieder geben,

Der durch Erbschafft auch die Macht

Deiner Tugend auff sich bracht.


So legt sich der Phoenix nieder,

Stirbet und verjüngt sich wieder

Durch den Zimmet-Brand verzehrt.

Diese Welt trägt nicht zwo Sonnen,

Du hast weg zu seyn begehrt.

Also bald dein Sohn begonnen

Durch der Tugend helles Liecht

Sonnen-klar heraus zu brechen,

Wollt' es das Verhängnis nicht,

Dem nicht steht zu widersprechen,

Er muß für Dich ChurFürst seyn

Und Du nimmst den Himmel ein.
[162]

Nun wir kommen uns zu kräncken,

Deinen Leichnam einzusencken,

Kläglich stehen überall

Berg' und Thäler, Dorff und Mawren,

Auch der rawe Glocken Schall

Scheinet neben Uns zu trawren,

Unser Pregel hemmt den Lauff,

Der die Zeit her streng geflossen,

Zeucht im Trawer-Mantel auff

Hart von Eise, Schnee und Schlossen,

Beydes Haff und auch die See

Thut jhm deinetwegen weh.


Kömgsberg, das deiner Leichen

Grabstat wird, thut grosse Zeichen

Seiner Noth und Schmertzen dar,

Dich beklagt der Herren-Orden

Und des Pöfels gantze Schar

Der nicht schlecht betrübet worden,

So ist Preussen auch nicht gnug

Deinen Hintritt zu beweinen,

Gantzes Deutschland nimmt jhm fug

Auff die Klage zu erscheinen,

Ja des Nordens grosse Macht

Ist auff Pein und Leid bedacht.


Du hergegen schwebst in Wonne,

Gläntzest heller als die Sonne

Umb das schöne Himmels-Feldt,

Wilt da newe Herschafft lernen

Deinem Hause beygesellt

Und der Bürgerschafft der Sternen.

Hie, wo ein berühmter Saal

Aller wegen ist besetzet

Bloß mit Deiner Ahnen Zahl,

Die nicht wenig Dich ergetzet,

Wenn sie Dich mit Kräntzen ziert

Und zu newen Helden führt.


Stille Gräber, finstre Hölen,

Wo der Leib liegt, wenn die Seelen

Nach dem Himmel sich gemacht,

Euch wird ein Gebein vertrawet,

Als jhr nimmermehr gedacht,

Nehmt Sein fleißig war, und schawet,

Daß Ihr thöricht nicht gedenckt,

Ihr habt seiner viel empfangen,

Nur der Leib wird eingesenckt

Und Er selbst ist Euch entgangen,

Schwebt dort umb des Himmels Zelt

Und sein Ruhm füllt alle Welt.


Heilge Seele, laß Dich weiden

Wollust, Gnüge, Trost und Frewden,

Wiß nicht Ungemach noch Leid!

Gott laß' aber Deiner Gaben,

Deines Lebens kurtzen Zeit

Dreyfach Deinen Erben haben!

Brandenburg das wehrte Hauß

Müsse nach den Angst-Geberden,

Die es diesfals führt, durchaus

Reichlich auch ergetzet werden!

Müsse gleich der Sonnen gehn

Und den Welt-Baw überstehn!

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 160-163.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Prévost d'Exiles, Antoine-François

Manon Lescaut

Manon Lescaut

Der junge Chevalier des Grieux schlägt die vom Vater eingefädelte Karriere als Malteserritter aus und flüchtet mit Manon Lescaut, deren Eltern sie in ein Kloster verbannt hatten, kurzerhand nach Paris. Das junge Paar lebt von Luft und Liebe bis Manon Gefallen an einem anderen findet. Grieux kehrt reumütig in die Obhut seiner Eltern zurück und nimmt das Studium der Theologie auf. Bis er Manon wiedertrifft, ihr verzeiht, und erneut mit ihr durchbrennt. Geldsorgen und Manons Lebenswandel lassen Grieux zum Falschspieler werden, er wird verhaftet, Manon wieder untreu. Schließlich landen beide in Amerika und bauen sich ein neues Leben auf. Bis Manon... »Liebe! Liebe! wirst du es denn nie lernen, mit der Vernunft zusammenzugehen?« schüttelt der Polizist den Kopf, als er Grieux festnimmt und beschreibt damit das zentrale Motiv des berühmten Romans von Antoine François Prévost d'Exiles.

142 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon