Bey seligem Hintritt des zwar blinden, doch aber Fürtrefflichen und Hochgelahrten M. Vlrich Schönbergers

den 1. Maij 1649.


Nach dem die schnöde Missethat

Den Weltkreis eingenommen hat,

Vnd uns durch böser Lust Begier

Gebracht umb alle Seelen Zier,

O welch ein armes Volck sind wir!


Der Bosheit Pflantze nimmt allein

Den Raum der Hertzen bey uns ein,

Sie hasset Gott und sein Gebot

Vnd jhre Frucht ist Jammer, Noht,

Furcht, Schrecken, Kummer, Hell und Todt.


Fragt nun, woher Pest, Krieg und Brand

Verwüst' erbärmlich Leut' und Land,

Woher der Zeiten Tiranney

So manches Weh und Angst geschrey

Vnd so viel tausend Elend sey?


So, daß man die erst selig schätzt,

Die mit der Welt sich schon geletzt

Vnd hören nicht den Gram und Mord

Vnd die Gefahr so fort und fort

Sich blicken lässt an allem Ort.


Ein Mensch verschmachtet weit und breit

Für Wartung der viel ärgern Zeit,

Die Väter haben sich beschwehrt

Daß alles sich zur neige kehrt,

Sind wir wol bessern Glückes wehrt?
[271]

O weh uns, wenn der Tod nicht noch

Vns spannen solt' aus diesem Joch,

Wir Armen würden überein

Hie zeitlich stets in Ach und Pein

Vnd ewig dort verlohren seyn.


Gott aber sey es hoch gedanckt

Daß dießfals unser Trost nicht wanckt,

Wir wissen durch der Schrifft bericht,

Das Christus uns sey Weg und Liecht

Vnd lass' uns in dem Grabe nicht.


Er hat der Sünden strenge Macht

Wie Hell und Todt auch umbgebracht

Vnd den erwünschten Himmelsstand

Den noch kein Ohr und Hertz erkandt

Vns durch sein Sterben zugewandt.


So lasst uns hie nun unsre Schuld

Vnd alles tragen mit Gedult

Vnd gläuben, daß der Tod allein

Werd' uns ein rechter Lebens-Schein

Vnd alles Trübsals Endschafft seyn!

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 3, Halle a.d.S. 1937, S. 269-272.
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