Rede einer hochbekümmerten vnd doch sich tröstenden Seelen

Wie ist Gott abermal in Zorn auff mich entbrandt,

Vnd hat die Güte gantz in Eiffer vmbgewandt!

Er reisst ein grosses Stück mir wieder von dem Hertzen,

Vnd schlägt mich, wo es vns am meisten pflegt zu schmertzen,

Er heisset vnverhofft mich tieff herunter stehen,

Ich meint', Er würde mich auff einen Felß erhöhen.


Ich lege hochbetrübt mir Trawer-Kleider an,

Vnd seufftze, daß ich nicht mehr Athem holen kan,

Für Schmertzen hab ich fast kein Marck mehr in den Beinen,

Mein Augen werden Blut vnd schwellen auff von weinen.

Des Jammers Vnmuth hat mir allen Muth genommen,

Für grossen Sorgen bin ich von mir selbst gekommen.


Wie heisses Wachs zergeht das krancke Hertz in mir,

Ich gehe Schatten gleich, das Leben ist kaum hier.

Die Turtel-Taube liebt nicht so die Wüsteneyen,

Als ich die Einsamkeit, ich muß das Tag-Liecht schewen.

Das viele Trawren macht mir alle Zier zu nichte,

Ich bin gantz vngestalt vnd scheußlich im Gesichte.


Wenn alles umb die Nacht empfindet seine Ruh,

So wach ich gantz allein vnd thu kein Auge zu,

Dann pfleg ich meiner Noth am meisten nach zu dencken,

Dan ist es mir bequem mich jnniglich zu kräncken.

Dan überkomm' ich Lust die Vnlust nicht zu hemmen,

Dan möchte man erst sehn das Lager mich durchschwemmen.
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Gott, heb ich kläglich an: Zürnst du nun ewiglich?

Verbirget gantz vnd gar dein Gnaden-Antlitz sich?

Wie streck ich Nacht vnd Tag nach dir aus meine Hände?

Du aber fleuchst, je mehr ich, Herr, mich zu dir wende.

Warumb verfolgstu mich? was wiltu von mir haben?

Was hat für dich ein Mensch? was forderst du für Gaben?


Begehrstu Hertzens-Angst? der hab' ich gnug bey mir.

Vieleicht ist dir gedient mit Thränen? die sind hier.

Mit Demut? lieg' ich doch, Gott, für dir auff der Erden.

Mit seufftzern? jhrer wird nicht mehr gefunden werden.

Ach wüst' ich deine Gnad, Herr, hiedurch zu erwerben,

Ich wolt' in Klag vnd Leid' ach! mehr, als zehnmal, sterben.


Was führstu, meine Seel', jtzt gar zu grosse Pein,

Als solte Gott nur feind, nicht Vater wollen seyn?

Was bistu nur bedacht auff gar zu grossen Schmertzen,

Vnd häuffst ohn allen Trost die Vnruh deinem Hertzen?

Komm' endlich auch zu dir vnd Gott in zuvertrawen,

Harr seiner in Geduld, Er wird noch auff dich schawen.


Ich hoff' es kömpt, mich dünckt, ich sehe schon die Zeit,

In der Er enden wird mein gantzes Hertzeleid,

Vnd setzen meiner Noth gewisses Ziel vnd Schrancken.

Ich aber werd Ihm noch für seine Rettung dancken

Vnd rühmen: Daß Er mich lässt starck in Ihm bekleiben,

Vnd meines Angesichts Hülff' vnd mein Gott wil bleiben.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 3, Halle a.d.S. 1937, S. 71-74.
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