Heinrich Knobloch und Magdalene Boy

[253] 14. Juni 1650.


Wol dem, der dieser Vorjahrs-Lust

Nach Gnüge kan geniessen,

Der, keiner Kranckheit jhm bewust,

Nicht stets sich ein-mus-schliessen:

Bald fährt er, bald spatziert er aus,

Vnd lässt daheim die Schmertzen,

Besieht des freyen Himmels Hauß

Mit unbesorgtem Hertzen.
[253]

Er lässt Gepüsche, Berg' und Thal'

Ihm tausent Frewde bringen,

Vnd hört die süsse Nachtigall

So schön und künstlich singen,

Sucht einen Baum, der lieblich kühlt

Vnd Schatten zu-kan-neigen,

Hie hört er, wie der Westwind spielt

Auff den belaubten Zweigen.


Führt er sein Liebchen an der Hand,

Die newlich sein ist worden,

Wie schwebt er doch durch solchen Stand

Fast in der Götter Orden!

Sie lächelt jhn, sie sieht jhn an,

Vmbarmt jhn auch daneben,

Der Lentz ergetzt sie, mehr jhr Mann,

Der ist jhr Hertz und Leben.


Er setzt sich mit jhr an ein Quell,

Sieht sich die Nymphen baden,

Sie übertrifft zart, sauber, hell,

Die Schönheit der Dryaden,

Pan schleicht jhr nach und möchte schier

Vor Mißgunst gantz zerspringen,

Indessen kan der Nymphen Zier

Frey tantzen, spielen, singen.


Nun dieß wird den Verliebten auch

Im kurtzen wiederfahren,

Die nach gemeinem Christen-Brauch

Sich heute lassen paren;

Die Nacht bricht an, sie liegen bey,

Gott spreche seinen Segen,

Daß Ihrer EhZucht ähnlich sey

Dem Morgen-Thaw und Regen!


Was thun sie denn nach diesem bald?

Ohn zweiffel wird auch jhnen

Ein' Gart', ein Schattenreicher Wald

Nach wolgefallen dienen,

Sie haben Mittel, allen Wust

Der Sorgen auß-zu-schliessen;

Wol dem, der so der Vorjahrs-Lust

Ohn Kranckheit kan geniessen.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 253-254.
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