Post nubila Phœbus

[84] Vor 1640.


Sol mein Geist gebücket gehen

Vnd ohn alle Hoffnung stehen,

Wenn ein Vnglück an mich setzt?

Sol ich zagen in den Nöthen,

Wenn ein Vnfall mich zu tödten

Grimmig seine Zähne wetzt?


Nein, ich wil zu keiner seiten

Auß der Weißheit Wege schreiten,

Sondern fleissig mein Gehör

Ihrer güldnen Rede leihen,

Sie wird meinen Geist befreyen

Durch die Edle Zucht vnd Lehr.


Ob ich noch so sehr mich fresse

Vnd mein Leiden stets ermesse,

Hört es durch dieß Mittel auff?

Ja! so wenig ich der Winde

Brausen durch mein Schelten binde,

Vnd der Ströme schnellen Lauff.


Wie wir sehn die Wolcken fliehen

Vnd sie vber vns hinziehen,

Wehren aber jhnen nicht:

Also kan des Menschen Grämen

Nichts von seinem Leiden nehmen,

Wenn es gifftig auff jhn sticht.


Welcher nur in bösen Fällen

Sich so klüglich weiß zu stellen,

Als gieng' jhm sein Leid nicht an,

Schawet wie mit frembdem Hertzen

Auff das wüten seiner Schmertzen,

Ist am allerbesten dran.


Edle Hengste von Geblüte

Traben fort, es bell' vnd wüte

Wie der Hund auch jmmer wil;

Wer sich an das Glück wil kehren,

Wenn es kömpt jhn zu gefähren,

Kennet nicht der Weißheit Ziel.


Wer zu sehr die Nase schnäutzet

Vnd die Hunde töricht reitzet,

Gehet blutig offt davon:

Die der Noht durch stetes weinen

Bald sich abzuhelffen meinen,

Haben duppelt Leid zu lohn.


Endlich wird das Vnglück brechen

Vnd jhm selbst die Kräffte schwechen,

Durch die nimmer-stille-Zeit,

Welche, wie sie allen Dingen

Sol vnd muß die Endschafft bringen,

Also auch der Trawrigkeit.
[84]

Da denn offt das tieffste Leiden

Wird ersetzt mit tausend Frewden,

Welches vns denn sänffter thut,

Als wenn wir nur stets in Lüsten

Nichts von Noht zu sagen wüsten,

Frisch am Leibe, reich am Gut.


Nach des Winters kalten Winden

Muß die Vorjahrs-Lufft sich finden

Vnd die grüne Sommer-Zier:

Nach den harten Donnerschlägen,

Nach den Wolcken vnd dem Regen

Kömpt die güldne Sonn' herfür.


Letzlich pflegen wir zu lachen

Der vorhin betrübten Sachen,

Vnd erzwingen diesen Schluss:

Wer der Weißheit nachzukommen

Sich bemüht, hat diesen frommen,

Daß jhm alles dienen muß.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 84-85.
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