Scelerum mens ardua victrix

[83] Vor 1640.


Was suchstu, schändliche Begier?

Du Seelen Feind, du Wunder-Thier,

Mich armen abermal zu fällen?

Geh' eilends, packe dich von mir!

Geh auff den finstern Grund der Hellen,

Den bösen Geistern nachzustellen!


Ich kenne deine Tyranney,

Ich habe deiner Heucheley

Mit Schaden vormals beygepflichtet,

Bin jetzt noch kaum derselben frey;

Ich hab' auff das mein Thun gerichtet,

Was deine Geilheit gantz vernichtet.


Auff, meine Seele, nimm in acht,

Wie embsig dein Verderben wacht!

Laß dich mit nichten vbertäuben!

Sey auff dein Ampt vnd Pflicht bedacht!

Du must den Feind jetzt hintertreiben,

Ihn in der ersten Blüt' auffreiben
[83]

Du, vnsere Gebieterin,

Des gantzen Menschen Königin,

Lass den Begierden nicht den Willen!

Dempf eilends den verkehrten Sinn!

Sein viehisch Toben bald zu stillen

Mustu mit gutem Raht mich füllen.


Du bist vergebens nicht erhöht:

Dein' Herrschafft vnd Verwaltung steht

Im Häupt, als einem Schloss, erhaben;

Schaw, wie der Sinnen Frevel geht

Vnd trotzet deiner Weißheit Gaben!

Wie vngezähmt die Hengste traben!


Verzäun' jhm seine wilde Flucht

Vnd tritt jhn vnter deine Zucht!

Sonst kriegstu schaden im Gewissen,

Gestattest du jhm, was er sucht,

Wirst neben jhm mit fortgerissen;

Es steht am meisten dir zu büssen.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 83-84.
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