Geliebte, mein Garten ladet dich ein

[190] Geliebte, mein Garten ladet dich ein,

Die Blumen wollen deine Schemel sein.

Mein Garten liegt wie ein uraltes Buch,

Drin wallet mit Feier der Bäume Geruch.

Rosen heiter wie Göttinnen winken,

Und Falter wie Seelen vom Himmel sinken.

Und Fische von Gold in Spiegeln stehen,

Die über die Tiefe wie Gedanken hingehen.

Von kommender Freude glänzen die Trauben,

Und Lieder geleiten uns durch die Lauben.

Und uns entgegen an des Hauses Treppe

Steht die Sonne als Priester mit festlicher Schleppe,

Die erhobenen Hände schütten den Segen.


Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 190.
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