Heut fragte der blitzgrüne Wald

[159] Heut fragte der blitzgrüne Wald,

Wo Baum bei Baum eng wohnt:

»Kommt denn Frau Dauthendey nicht bald?

Kein Leben sich sonst lohnt!

Blümlein und Käfer sterben mir,

Kein Blatt bleibt mehr am Platz,

Auswandern tun die Bäume schier,

Kommt sie nicht, unser Schatz.

Denn manchen Kranz Frau Dauthendey

Pflückte sie sonst im Wald,

Den Bäumen war's nicht einerlei,

Sie wurden dann steinalt.[159]

Das Reh und mancher Damhirsch sprang,

Trug ihre Schlepp im Maul.

Jetzt ist es still, kein Kuckuck sang,

Der ganze Wald liegt faul.«


Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 159-160.
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