Siebenter Auftritt.

[54] Die Vorigen. Konrad und die vier Jäger.

Alle Andern jubeln den Jägern entgegen.


STEPHAN zu Konrad, ihm die Hände schüttelnd. Grüß dich Gott, Vetter, grüß dich Gott!

KONRAD Stephans Hand schüttelnd. Schön Dank, Vetter! Guten Tag, ihr lieben Freunde!

DIE BAUERN. Großen Dank!

STEPHAN zu Konrad, indem er seinen vorigen Platz einnimmt. Nun komm her zu uns, wir rücken zusammen.


Alle setzen sich wieder wie vorher.


KONRAD. Wenn ihr's vergönnt? Er setzt sich zu Stephan an den Tisch rechts vorn auf den leergebliebenen Stuhl.


Die vier Jäger mischen sich unter die Bauern.


NIKLAS und die zwei Andern am Tische rechts. Viel Ehre, viel Ehre, Herr Schütz!

STEPHAN schiebt ihm die Kanne hin. Nun, Vetter, versuch' unser Bier.

NIKLAS ihm zutrinkend. Ich bring es Euch, seid schön willkommen!

KONRAD thut Bescheid. Schön Dank! Euch einen fröhlichen Tag!

NIKLAS. Ja, Herr, der möchte Euch wohl verdorben werden. Ich wette, Ihr habt Euch auf einen Tanz mit schön Annchen gespitzt, und die werdet Ihr heut nicht finden.

KONRAD. Wirklich nicht?

NIKLAS. Behüte, ihr Liebster leidet's nicht. Er lacht. Gelt, es verdrießt Euch überhaupt: daß Ihr da zu spät gekommen seid.

KONRAD. Redet nicht so, wenn es mir bei Euch gefallen soll; weiß Gott, Ihr macht mich wild! Er will aufstehen.

STEPHAN drückt ihn nieder. Liebster Junge, sei doch gescheit! Es war ja nicht bös gemeint.[54]

NIKLAS. Ei, bewahre, nicht im geringsten. Kommt her, laßt uns auf schön Annchens Wohl trinken.

KONRAD aufstehend, mit Stephan anstoßend. Von Herzen gern. Mög' es ihr wohlergehn, ihr Lebelang! Sie trinken und setzen sich dann wieder.

STEPHAN. So, nun ist's wieder gut, nun wollen wir von was andrem reden. Erzähle etwas, Vetter.

NIKLAS. Ja, Herr, wie neulich, von Zwergen und Kobolden.

STEPHAN schnell. Ach nein, nein, nicht wieder von so etwas, das kommt einem im Traum vor.


Niklas lacht.


KONRAD. Was fürchtest du denn von den Erdgeistern? Sie sind den Menschen gar nicht abhold, besonders ihre Weibchen, die schon manchen Erdensohn mit ihrer Liebe sollen bethört haben.

NIKLAS. Nicht möglich!

KONRAD. Ja, man sagt es. Die Kinder aus solcher Liebschaft sind dann so halb Geist, halb Mensch.

STEPHAN. Sehn die denn ganz wie unsereins aus?

KONRAD. Nun – etwas dickköpfig und krummbeinig mögen sie wohl sein.

STEPHAN besieht verstohlen seine Beine. Krummbeinig?

NIKLAS. Ja, ja, beguck nur deine Beine, dein dicker Schädel war mir längst verdächtig.

STEPHAN. Ach, Klas, du wirst doch von deinem Gevatter nicht so denken.

NIKLAS. Ei, der Teufel trau' seinem Gevatter!

KONRAD lachend. Nun, beruhige dich, Vetter. Aber wahr ist es, man kann sich nicht genug hüten! denkt nur, wie es der Sessa ging.

STEPHAN. Nun, wie denn?

KONRAD. Das wißt ihr nicht?

NIKLAS. So rückt einmal heraus mit der Geschichte.

KONRAD. Nun, hört zu. Er steht auf und nimmt die Mitte.


Die Andern am Tisch rechts bleiben sitzen.


Lärm, Jubeln, Zechen und Sprechen wird lauter.

[55] Nr. 6. Lied mit Chor.


KONRAD. Ein sprödes allerliebstes Kind –


Der Lärm übertönt den singenden Konrad.


KONRAD spricht. Ja, wenn ihr nicht ruhig zuhören wollt –

NIKLAS reckt sich in die Höhe. Seid doch still da hinten, hier giebt's was zu hören!


Die Jäger, Bauern und Bäuerinnen kommen und versammeln sich um Konrad; es wird ruhig.


KONRAD singt.

Ein sprödes allerliebstes Kind

Schlug jeden Antrag in den Wind,

Lacht' ihre Freier aus,

Jajajaja, lacht ihre Freier aus!

Doch als ein schmuckes Gräflein kam,

Sie flugs sich ihn zum Manne nahm!

Juchheißa, hopsasa!

Ihr Bursche, bost euch grün und blau,

Ich werde gnäd'ge Frau,

Jaja, ich werde gnäd'ge Frau!


Die Tische, Bänke und Stühle auf der linken Seite werden unauffällig abgeräumt.


CHOR.

Juchheißa, hopsasa!

Ihr Bursche, bost euch grün und blau,

Ich werde gnäd'ge Frau!

Ich werde gnäd'ge Frau,

Ja, gnäd'ge Frau!

Hahahahahahahaha!

KONRAD.

Ihr Bursche, bost euch grün und blau,

Ich werde gnäd'ge, gnäd'ge Frau!

Hahahahahahahaha!

Da leckt sie denn und scharmutziert,

Und brüstet sich und kurtesiert

Und putzt sich, wie ein Pfau,

Sie kurtesiert und putzt sich wie ein Pfau!

Doch Freitags schließt das Gräfelein

Sich fest in seiner Kammer ein![56]

Oho, oho! ei, ei!

Sie denkt: ei, das ist doch kurios,

Hier ist der Teufel los,

Ei, ei, hier ist der Teufel los!

CHOR.

Oho, oho! ei, ei!

Sie denkt: ei, das ist doch kurios,

Hier ist der Teufel los!

Hier ist der Teufel los,

Der Teufel los!

Hahahahahahahaha!

KONRAD.

Oho, sie denkt, ei, das ist doch kurios

Hier ist der Teufel los!

Hahahahahahahaha!

Da guckt sie einst durchs Schlüsselloch,

Sieht, wie ihr Mann, zwei Spannen hoch,

Mit andren Zwergen tanzt,

Zwei Spannen hoch mit andren Zwergen tanzt.

Mit kurzen Beinen, dickem Kopf

Springt der Herr Graf, der arme Tropf,

Hophop, heißa, hophop!

Schlägt Purzelbäume flink voran,

Ein Kobold war ihr Mann,

Jaja, ein Kobold war ihr Mann!

CHOR.

Hophop, heißa, hophop!

Schlägt Purzelbäume flink voran,

Ein Kobold war ihr Mann!

Ein Kobold war ihr Mann,

Ja, war ihr Mann!

Hahahahahahahaha!

KONRAD.

Hophop, schlägt Purzelbäume flink voran,

Ein Kobold war ihr Mann!

Hahahahahahahaha!

Alle lachen.

Konrad setzt sich an den Tisch rechts auf seinen vorigen Platz.

Abendröte.

[57] Der ganze Chor geht nach dem Liede dem Hintergrunde und der Schenke zu, so daß die linke Seite frei wird.

Hans Heiling, Anna und Gertrud kommen unauffällig und unbemerkt von links hinten, bleiben etwas zurück und unterhalten sich.


Quelle:
Heinrich Marschner: Hans Heiling. Leipzig [1895], S. 54-58.
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