Tempelhüterin

[35] Das hab ich dir zu danken,

Daß du die grünen Ranken

Des Glücks zu einem stillen Zelt mir biegst,

Davor du ohne Klagen

Getreu an allen Tagen

Als meines Friedens wache Hüterin liegst.


Du hörst die leisen Klänge,

Die heimlichen Gesänge,

Und horchst mit einem halben Ohr hinein,

Und durch des Vorhangs Falten,

Den deine Hände halten,

Dringt nicht des Tages frecher Lärm und Schein.[35]


So läßt du mich gewähren

Und weißt den Gott zu ehren,

Der herrisch dich von meiner Seite scheucht,

Und träumst von Ruhmessternen

Und siehst in goldne Fernen

Mit einem stillen, seligen Geleucht.


Quelle:
Gustav Falke: Ausgewählte Gedichte. Hamburg 1908, S. 35-36.
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