|
[402] D.J.F.G.M.
Was lust vnd fleiß haben die Leut
In jhren Gärten offt zur zeit
Mit setzung, jmpffung vnd auffsetzung
Etwan ein Pfläntzlein zur ergetzung!
Wie warten sie doch sein so eben,
Daß sich das schößlein mög erheben!
Frü machen sie jhm raum zur Sonnen,
Zu Mittag sie jhm schatten gonnen;
Da pfropffens, biegens, vnterstützen,
Beschüttens, vor der Frost zuschützen,
Messens bei Ruhten vnd Minuten,
Sein täglich wachsen zuvermuhten;
Da gehen sie alle tritt hinzu,
Sehen, wie es auffschiessen thu,
Vnd ist jhn süß all zeit vnd müh,
Die sie damit zubringen je.
Wie viel mehr lust solt haben dann
Ein HaußVatter vnd jederman,
Dem Gott die Kinder thut bescheren,
Oder befilhet, die zu lehren,
Daß sie dieselben Himmelspfläntzlein,
Ihr Haußschößlein, ihr Ehrenkräntzlein,
Ziehen vnd schmucken zu Gottes Ehren,
Sein Wort gern hören vnd gern lehrnen,[403]
Daß sie zu preiß dem aller höchsten
Auch mit der weil nutz sein dem Nächsten.
Was schöners Opffer kan man geben
Dem Herren Gott in diesem Leben?
Denn das sind die recht Frücht vnd Güter,
Die Gott gibt, das man opffer wider;
Das sind die Oelzweig vnd die Reben,
Die fruchtbar deinen Tisch vmbgeben;
Diß ist deß Hauses benedeyen,
Deß alters Früling, Glentz vnd Meyen;
Daß sind die Bäumlein vnd die Palmen,
Von denen David singt in Psalmen,
Das sie gebawt sind vnd gepflantzt
Neben die Wasserbäch deß Lands,
Welche kein hitz im Sommer mindert,
Noch im Winter kein Frost nicht hindert;
Dann nicht erwelcken jhre Bletter
Oder abfallen von dem Wetter,
Die zu rechter Zeit jhr Frucht bringen,
Damit erfrewen, die sie tüngen,
Vnd die zu letst Gott gar versetzt
Ins Paradeyß, sie da ergetzt,
Sie macht zu ewigen Himmelssprößlein,
Zu Gnadenfeuchten Engelsschößlein.
Wie solt ein Lehrer vnd ein Vatter,
Wa er hat ein barmhertzig Ader,
Nicht han ein frewd mit jhrer zucht,
Dieweil es ist eine schöne frucht,
Vnd noch viel mehr an jhnen wird
Natur lieblich anmuhtung gspürt,
Als in den aller schönsten Geschöpffen,
Darauß wir sonst ergötzung schöpffen.
Das macht die lebhaft freundlichkeit,
Die anlachend gesprechlichkeit,
Die in den Kindern wir all spüren,
Wie so schön all Gebärden zieren.[404]
Dann was ist lieblichers zuhören,
Als wann die Kinder reden lehren,
Wanns heraußlispeln bald die Red
Vnd ruffen: Abba, Vatter, Ett,
Ruffen der Mutter: Memm vnd Ammen,
Geben nach jrer notturft Namen,
Brauchen den ererbt Adams gwalt,
Der jedem Geschöpff ein Nam gab bald.
Wie ist jhn zuzusehen wol,
Wanns wanckeln wie ein Wasserpfol,
Vnd so halßlämig vngwiß tasten
Vnd wie ein Engelchen erglasten!
Solch freundlichkeit vnd lieblich sitten
Solten die Elter vnd ein jeden
Reitzen, daß sie deß lieber mehr
Mit Kinderzucht vmbgiengen sehr,
Dieweil solch blüend alter frisch
Vmbsonst so lieblich gstalt nit ist,
Auch offt das Wild vnd Vieh bewegt,
Das es zu dem ein gfallen trägt.
Vnd dieweil die Engel sich nicht schämen,
Der Kindspfleg sich selbs anzunemmen,
Wie Christus zeugt, das vor Gott standen
Allzeit die Kinder, Engels gsanden,
Wie wolt jhr dann solch Arbeit schewen,
Weil es euch kompt zu nutz vnd trewen?
Dann wen mags frewen mehr dann euch,
So ewere Kinder sind Tugendreich?
Wie kanstu bessere ruh dir schaffen,
Vnd friedlicher in Gott entschlaffen,
Dann so du weist, das dein Kind seind
Erzogen wol vnd drumb Gotts freund,
Vnd weißt, das nach dem Tod dein Kinder
An Gott han ein ewigen Vorminder?
Zu dem solt euch auch darzu bringen,
Das jhr gern mit der Zucht vmbgingen,[405]
Dieweil Christus der HERR verheißt,
Das, was man solchen Kindern beweißt,
Das wöll er halten vnd ansehen,
Als obs jhm selber sey geschehen;
Dann er je klar spricht: Wer ein Kind
In seim Nam auffnimmt, ihm selbs dient.
Wie kan Man aber in seim Namen
Kinder auffnemen von seim Stammen?
Zwar anders nicht, dann so man die
Zur Gottesforcht anhalt zimlich frü.
Es sey Obere oder Herren,
Die sie in Kirch vnd Schulen lehren,
So wird selbs Christi drin gepfleget,
Als ob man jhn im Geren träget,
Vnd werden Oberkeit vnd Lehrer
Dardurch sein Säugam vnd sein nehrer.
Dann was sein kleinsten Gliedern gschicht,
Das rechnet er, das jhn anficht.
Drumb thun wol, die als dahin schlichten,
Das man dJugend mög recht berichten,
Zu kennen lehrnen jhren Gott,
Der sie von Sünden, Höll vnd Todt
Auch mit seins Sohns Blut glöset hat,
Vnd schenckt jhn als durch lauter gnad.
Hingegen tröwt der Herr groß pein
Den, die der kleinsten ärgern ein,
Dann dem ein Mülstein besser wer
Am Halß vnd sein versenckt im Meer!
Derhalben auß mit losem Geschwetz,
Welchs gute sitten nur verletzt,
O auß mit Vnzucht, Füllerei,
Mit böser Gsellschaft Büberei!
Raumt weit von diesen zarten Hertzen
Das Gottloß gsind, das schandbar schertzen,
Laßt solch wort nit mehr von euch hören,
Das dJugend weltlichkeit muß lehren![406]
Es dunckt mich, es lehret sich früh;
Mutwill vnd Frechheit kompt ohn müh.
Lehr du sie die recht Gottsforcht vor,
Die ist zu Weisheit Thür vnd Thor,
Vnd denck, das rechenschafft mußt geben
Für die verderbnuß vnd böß Leben.
Es läßt sich zwar nicht also schimpffen
Vnd mit der Weltlichkeit verglimpffen;
Du hörst wol, was dein Christus melt,
Sein Völcklein sey nit von der Welt.
Wiltu dein Kinder Weltlich machen,
So stecks dem Teuffel in den Rachen,
Dann man soll brauchen so die Welt,
Als ob mans nit brauch, noch was gelt.
Man kan nit dienen je zugleich
Gott vnd der Welt, deß Teuffels Reich;
Daher vmbsonst nit Christus spricht,
Ihr Engel sehen Gotts Angsicht,
Als sprach er, daß sie die verklagen,
Die Kindern hie böß vorbild tragen.
O weh der Welt vor ärgernuß,
Welchs Weltlichkeit heut heissen muß,
Damit man reitzt Gotts Raach herzu,
Zu straffen das Kalb mit der Kuh.
Dann wie wolt Gott das leiden jmmer,
Das man sein grün Setzling bekümmer
Vnd jhm dasselb besudlen thut,
Was sein Sohn reinigt durch sein Blut,
Das man die zarte Gfäß verwüst,
Die zu seim Lob warn zugerüst?
Bedacht, das der Prophet sagt dort,
Gott leg in Kinds mund auch sein wort,
Vnd müssen auch jhr Söhn vnd Töchter
Seine Aposteln sein vnd Wächter,[407]
Vnd auß der Unmündigen Stämlen
Will er seins Namens lob auch samlen.
Wie samlet er aber diß sein Lob?
Nämlich durch sein wort, die recht prob,
Das laßt er trewlich durch sein Lehrer
Theylen nach gelegenheit der Zuhörer,
Also das ers auch nicht verschweigt
Dein Kindern, wie diß Büchlein zeigt,
Darinn er jhn nach jhrm verstand
Durch kurtze Fragstück macht bekant
Die fürnemst stück Christlicher Lehre,
Wie man jhn recht nach seim wort ehre.
Derwegen niemand nicht veracht
Die Fragen, hie kurtz eingebracht,
Sondern denck, das wir müssen all
Zu Kindern werden in dem fall,
Wollen wir anders glauben recht
Die gheimnuß vnsers glaubens schlecht.
Die Kindlich einfallt muß uns führen
Vnd müssen lassen vns Regieren
Gotts worts, gleich wie das Kind Regiert
Deß Vatters Red, was der ordiniert;
Müssen von vns nicht hoch ding halten,
Sondern wie ein Kind demütig walten,
Welches Christus damals hat gemelt,
Da er das Kind für dJünger stelt.
Hierumb so brauch, mein liebe Jugend,
Diß Büchlin zu lehr vnd rechter Tugend,
Die dann in Gotts Erkantnuß stehet,
Das man nach seinen Gebotten gehet.
Darzu wöll Gott sein gdeyen geben
Vnd nach diesem das ewig Leben.
Buchempfehlung
Wenige Wochen vor seinem Tode äußerte Stramm in einem Brief an seinen Verleger Herwarth Walden die Absicht, seine Gedichte aus der Kriegszeit zu sammeln und ihnen den Titel »Tropfblut« zu geben. Walden nutzte diesen Titel dann jedoch für eine Nachlaßausgabe, die nach anderen Kriterien zusammengestellt wurde. – Hier sind, dem ursprünglichen Plan folgend, unter dem Titel »Tropfblut« die zwischen November 1914 und April 1915 entstandenen Gedichte in der Reihenfolge, in der sie 1915 in Waldens Zeitschrift »Der Sturm« erschienen sind, versammelt. Der Ausgabe beigegeben sind die Gedichte »Die Menscheit« und »Weltwehe«, so wie die Sammlung »Du. Liebesgedichte«, die bereits vor Stramms Kriegsteilnahme in »Der Sturm« veröffentlicht wurden.
50 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro