Elise an die Tante

[278] Sie sind wieder gut und freundlich! Ich wußte es wohl. Lange konnten Sie auf Ihr Pflegkind nicht böse sein. Nun, und der Curd, Tantchen! der hat eine ganz andere Frau bekommen, als Ihre blasse, hagere, kränkelnde Elise. Ich versichere Sie, so ein zierliches, frisches Persönchen, so grelle Augen, und einen Anzug, wie ihn die Prinzessinnen nicht allerliebster haben können. Wenn Beide in Curds niedlicher Equipage durch die Straßen fahren, die braune Muschel, das rothe Gestell, die schönen englischen Pferde, und[278] der Piqueur, der so gewandt vorausreitet, – Ihr Mutterherz würde doch vergnügt schlagen, nicht wahr?

Sie sind so sorglich in der Nachsendung meiner Sachen, beste Tante! Es ist Alles aufs Beste eingepackt, hier angekommen. Da steht es nun um mich her. Auch die Kisten und Koffer aus meiner ehemaligen Wohnung in der Stadt. So eine ganze Vergangenheit! Neulich wollte ich mich einmal putzen. Ich ließ ein Paar Paquete öffnen. Ich mußte lachen über den zerknitterten Staat von ehemals! Und wie mir die Kleider sitzen! Nein, Ehre hätten Sie mit mir nicht vor der Welt eingelegt! Da ist Agathe ein anderer Schmuck Ihrer Familie. Ich soll recht glänzend an meinem Hochzeitstage erscheinen. Der Oheim will das. Er ist feierlich in Allem, und hält viel darauf. Nun sehen Sie, ich bin eine gute Wirthin, ich meinte, unter meinen ehemaligen Hoftoiletten, da würde sich wohl genug finden, um auf der Burg die nöthige Figur zu machen. Ich bin aber sehr unglücklich im Suchen, und dann wie Alle, wenn sie nur etwas haben wollen, so treffen sie immer das Unrechte, mir ging es eben so. Ich fand in einer der Kisten Georgs abgelegte Kleidchen, sein Taufzeug und meinen Brautkranz Ich habe seitdem[279] nicht weiter gesucht! Ich denke, kommt Zeit, kommt Rath. Wir haben auch Zeit, Tantchen! Die Erwartung mag leicht das Beste vom Leben sein. Wir nehmen es so. – Ueberdem wissen Sie ja, ich lasse gern Andere für mich sorgen! Ruhe und Bequemlichkeit gehen mir über Alles.

Ich wurde hier unterbrochen. Ich weiß wahrhaftig nicht mehr, was ich noch sagen wollte. Nehmen Sie es für gesagt, beste Tante! und denken Sie, es könne nichts anders gewesen sein, als die erneuerte Versicherung meiner dankbaren Liebe.

Quelle:
Caroline de la Motte Fouqué: Resignation. Theil 1–2, Teil 2, Frankfurt a.M. 1829, S. 278-280.
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