Scena IV.

[38] Hentzlin, Fridlin, Vlrich, Wendelgard.


HENTZLIN.

Daß dich botz Lufft als Bettlers sehend,

Wie bist so frech vnd hoch verwend,

Schlag jmmer zu, schlag Fridlin schlag,

VLRICH.

Ich bin gnug gschlagen diesen Tag.

FRIDLIN.

Ich muß dir noch ein huschen geben,

VLRICH.

Ihr schlagend ewern Herren eben.

FRIDLIN.

Seid wann seind Bettler Herrn worn?

(HENTZLIN.)

Wir haben jhm fein trucken gschorn.

Fahr hin mit deinem bettelstab,

VLRICH.

Nun zeuch ich d nebelkappen ab.

Ach liebe Fraw, mein Wendelgart,[38]

Wie zürnt jhr vber mich so hart.

Warumb laßt jhr mich schlagen so sehr?

Kent jhr Graff Vlrich nimmermehr?

Weil jhr so lang mich nie gesehen,

WENDELGARDT.

Ach GOTT wie wil mir da geschehen?

VLRICH.

Ihr Diener haltend ewer Fraw,

Bringt Wasser her, mein Diener schaw.

FRIDLIN.

Sie felt in ohnmacht hin vor Frewden,

VLRICH.

Nu gib ich auch fürwar ein blöden.

WENDELGARD.

Halt mich mein Diener, halt mich steht,

Biß mir die Ohnmacht als hingeht.

VLRICH.

GOTT sey gelobt, das ich zu stund,

Mein liebe Haußfraw find gesund.

Wie ist euch gschehn mein Wendelgart?

WENDELGARD.

O lieber Gmahel edler art.

Vor weinen ich nit reden kan,

Soll ich ansehen meinen Mann,

Den ich für todt erkennet hab,

Mein GOTT, wie frew ich mich darab.

Seid mir wilkommen lieber Herr,

Zu tausentmalen vnd noch mehr,

Ich hab gemeint jhr wern verlorn,

VLRICH.

Ach Wendelgardis hochgeborn,

Mein liebster Schatz auff dieser Erden,

Wie könt ich jetzund reicher werden,

Dann das ich E.L. anschaw,

O mein hertzallerliebste Fraw,

Laßt euch die arme gstalt von mir,

Abwenden nit ist mein begir.

Der Feind hat mich so zugericht,[39]

WENDELGARD.

Ich frew mich ewers Angesicht,

Daß ich das wider sol anschawen,

Darumb solt jhr mir gwißlich trawen.

Laßt vns zu Adelhart hin gohn,

Zu vnserm allerliebsten Sohn,

Daß jhr ein andern Gschmuck anlegen,

Vnd ewer Gsundheit besser pflegen.

Vnd gleich die See hinüber fahren,

Auff Roschach zu, vns nirgend sparen.

Die vnuersehen Frewd meim Herrn,

Abt Salomon verkünden gern.

VLRICH.

Mein Wendelgart, wies euch gefelt,

Ich hab mein willn in ewren gstelt.

WENDELGARD.

Fridlin, theil auß die vberig Spend,

Vnd bring die außgaab fein zum end.

Kom bald vns nach auff Roschach zu,

Was dir gebürt dasselbig thu.

An armen leuten spar mir nit,

FRIDLIN.

Gnädige Fraw, helfft vnser Bitt.

Der Herr wirt an vns zürnen thun,

Das wir jhn so gschlagen hon.

Ach bittend jhn für vns vmb Gnad,

WENDELGARD.

Er alles schon verzigen hat.

VLRICH.

Seind nur zufrieden, liebe Leut,

Ihr gschlagen ein Bettler heut,

Solt jhr mich haben vor erkennt,

Ihr betten mir kein streich angwent.

FRIDLIN.

GOTT sey mein Zeug, ich habs nit gwüßt,

Ich dacht, es nett mein Frawen küßt,

Ein Bettelman, den solt ich schlagen,[40]

HENTZLIN.

So kan ich bei meim Eyd auch sagen,

Das mir von hertzen Leid ist gschehen,

Da ich E.G. jetzt hab gesehen,

Solt sie mit streichen han empfangen,

Nach der ich hat ein solchs verlangen,

Nur jetzund in das vierte Jahr,

VLRICH.

So sag ich euch, mein Diener zwar,

Daß ich darumb mit nichten zürn,

Hab nit ein solches gehes Hirn.

Dann solches gschehen ist zu ehrn,

Meim lieben Gmahel, der zu wehrn,

Damit sie nit von einem Mann,

Geschendet werd, kans wol verstahn.

Drumb schweigt nu still, es ist verziegen,

(HENTZLIN.)

O treuer Gott straff alle Lügen.

Wie hat man vns so gwiß gesagt,

Das dieser Herr in dflucht gejagt,

Auff grüner Heyd umbkommen wer,

Nu kömpt er jetzund wider her.

Dir sey gedanckt in Ewigkeit,

Wer hett gedacht an diese Frewt?

Quelle:
Nicodemus Frischlin: Fraw Wendelgard. Stuttgart 1908, S. 38-41.
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