Das Vergnügen

[52] Das die weite Welt bewegt,

Und sich auch im Würmgen regt;

Das alleine gut und mild

Unsre ganze Seele füllt:

Das Vergnügen folget nur

Sanften Trieben der Natur.

Stille Lauben sind sein Haus,

Seine Pracht ein frischer Straus.

Einfalt und Bequemlichkeit

Sein gewöhnliches Geleit!

Es erhält durch Mäsigung

Sich stets reizend, sich stets jung.

Neben ihm liegt Cypripor

Gern' in Veilgen auf dem Ohr.

Keiner der es schildern will,

Trift es; dann es hält nicht still.[52]

Es verfolgen heißt es fliehn;

Es empfinden, nach sich ziehn.

Wenn sich oft an einem Fest

Weisheit von ihm fangen läst:

Dann begehrt aus seinem Schoos

Die Gefangne selbst nicht loß.

Sein beliebtster Auffenthalt,

Ist der Musen Thal und Wald:

Wo er stets nach Rosen läuft,

Doch nicht stets die schönsten greift,

Weil der Knospen Neuigkeit

Mehr, als Schönheit, es erfreut.

Manchmahl thronts, voll keuscher Lust,

Auf Olympens reiner Brust;

Oder auf dem Mundrubin

Einer treuen Ehgattin.

Freunde, wiß't ihr, wo ichs fand?

Wo ich es mit Blumen band? – –

Zwischen Tugend und Verstand.

Quelle:
Johann Nikolaus Götz: Gedichte. Stuttgart 1893, S. 52-53.
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