An Ernst Curtius

[315] Wenn im fürstlichen Palaste

Strenger Ernst nicht ganz dich faßte,

Und so froh sich noch die Muse

Bitten darf bei dir zu Gaste,

Wie dereinst auf Ägeus' Fluten

An des Hydrioten Maste:

Nenne, Freund, mir Tag und Stunde,

Da ich schwärmend bei dir raste,

Daß du spürest, wie ich kühner,

Der ich einst in Farben praßte,

Jetzt nach mächtigen Stoffen greife,

Nach gediegnen Formen taste.

Brechen will ich dann die reifste

Meiner Früchte dir vom Aste.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1918, S. 315.
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