17.

[49] Ach, das ist der Schmerz der Schmerzen,

Daß mit seinem Schwall der Tag

Selbst ein heilig Leid im Herzen

Trüb uns überfluten mag;


Daß wir Göttliches erfahren,

Aber nimmer ungestört

In der Brust es mögen wahren,

Weil der Sinn dem Staub gehört.


Wie der Geist inbrünstig ringe

Um ein stilles Friedenglück:

Der gemeine Strom der Dinge

Reißt uns mächtig stets zurück.


Und aufs neu von Schuld belastet

Und aufs neu verzehrt von Reu',

Bleibt im Zwiespalt, der nicht rastet,

Nur die Sehnsucht uns getreu.[49]


Ach, dann fühlen wir's, uns bliebe

Nichts als trostlos Selbstgericht,

Wär' auf Erden nicht die Liebe

Und die Gnad' im Himmel nicht.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 2, Leipzig und Wien 1918, S. 49-50.
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