Bitten

Gott, deine Güte reicht so weit,

So weit die Wolken gehen;

Du krönst uns mit Barmherzigkeit,

Und eilst, uns beizustehen.

Herr, meine Burg, mein Fels, mein Hort,

Vernimm mein Flehn, merk auf mein Wort;

Denn ich will vor dir beten!


Ich bitte nicht um Überfluß

Und Schätze dieser Erden.

Laß mir, so viel ich haben muß,

Nach deiner Gnade werden.

Gib mir nur Weisheit und Verstand,

Dich, Gott, und den, den du gesandt,

Und mich selbst zu erkennen.


Ich bitte nicht um Ehr und Ruhm,

So sehr sie Menschen rühren;

Des guten Namens Eigentum

Laß mich nur nicht verlieren.

Mein wahrer Ruhm sei meine Pflicht,

Der Ruhm vor deinem Angesicht,

Und frommer Freunde Liebe.


So bitt ich dich, Herr Zebaoth,

Auch nicht um langes Leben.

Im Glücke Demut, Mut in Not,

Das wolltest du mir geben.

In deiner Hand steht meine Zeit;

Laß du mich nur Barmherzigkeit

Vor dir im Tode finden.


Quelle:
Christian Fürchtegott Gellert: Werke, Band 1, Frankfurt a.M. 1979, S. 217.
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