STANDBILDER · DAS SECHSTE

[61] Dreh ich in meinen händen die rötlichen urnen

Dann spähe ich durch den rest der verwitterten krust

Glieder der stattlichen die in kämpfen turnen

Spiele der badenden und ihre lust.


An den engeln mit quälendem glanze verglast

Such ich die pochenden adern und drängenden rippen

Brenne von gluten die in ihren bildnern gerast

Heiligen marmor befeuchten die frevelnden lippen.


Angst und verlangen erwecken die klingenden namen

Prächtiger fürsten und führer in gold und rubin –

Ihre köpfe beschaun mich aus rissigem rahmen

In ihrem silbrigen dunkel und blassen karmin ..


Und ich frage: wie hat dieser haare zier

Und dieses blickes die früheren wesen umzingelt!

Wie dieser mund hier geküsst zu dem die begier

Sinnlos hinan als rauch ohne flamme sich ringelt!

Quelle:
Stefan George: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 5, Berlin 1932, S. 61-62.
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