SEEFAHRT

[75] Ich fuhr mit den freunden über den see

Der abend neigte sich

In dicken flocken flog der schnee

Und langsam unser nachen

Die dunkle flut durchstrich.


Die nebel verhüllten rings das land

Kein schein vom himmel schaut

Und von dörfern am strand

Erklingen die ave-glocken

Mit traurig gedämpftem laut.[76]


Die küste beendet unsren lauf

Wir landen und steigen aus

Wir gehen zum kleinen ort hinauf ..

Kein mensch lässt sich erblicken

Und stumm steht jedes haus.


Wir kommen an der kirche vorbei

Die türe verschloss nicht ganz –

Es tönte darinnen wie litanei ..

Wir treten ein in der frommen kreise

Die mütter beten den rosenkranz.


Die freunde lachen – wir eilen fort.

Die zeit ist um! das dunkel droht!

Doch mich verlezt ihr spottend wort

Bin ich auch nicht viel besser selber –

Ich steige sinnend in das boot.

Quelle:
Stefan George: Die Fibel. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 1, Berlin 1927, S. 75-77.
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