DIE MÜHLE
(ERSTE FASSUNG)

[112] Die mühle dreht im tiefen abend leise

Auf einem himmel voll von weh und trauer ·

Sie dreht und dreht. Ihr hefenfarbnes segel

Ist trüb und schwach und ist unendlich müd.


Seit früh hat sie die arme wie zur klage

Gehoben und gesenkt und wieder nun

Entsinken sie in der geschwärzten luft

Im vollen schweigen der erstorbnen welt.


Ein weher wintertag entschläft in weiten ·

Die wolken sind des düstren zuges müde

Die hecken ziehen ihre schatten ein

Die gleise gehn nach toten horizonten.


Am feldrand ein paar hütten aus gebälk

Sind ganz armselig hin im kreis gelagert ·

Das kupferlämpchen von der decke hängend

Bezieht mit seinem feuer wand und fenster.[113]


Und in der ebne und entschlafnen leere

Betrachten sie · die kläglichen verstecke ·

Mit armen augen aus zersplissnen scheiben

Der alten mühle drehn und drehn und sterben.[114]

Quelle:
George, Stefan: Zeitgenössische Dichter. Erster Teil, Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 15, Berlin 1929, S. 112-115,117.
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