STUART MERRILL
AUS: GAMMES
DER SCHMERZ DER PRINZESSIN
I

[124] Im königlichen garten durch den duft der rosen

Die dunkeläugige prinzessin · reife schwester

Der blumen irrt und weint geführt von trüben träumen.


Die abertausend stimmen im triumph des morgens

Murmeln ihr von liebe und die sonne schimmert

Im haare das um ihren kinderhals sich schmiegt.


Des wasserstrahles garbe die in goldnen perlen rieselt

Auf rasenplätzen die der buchs umrandet

Schillert in bernstein und in rubicell.


Die brise lachte glücklich in den weiden des gehölzes

Die vögel aus dem grünen dickicht aufgeflogen

Berauschten sich im blau der lüfte mit gezwitscher.


Doch nicht der blüten rosiger und roter nebel

Und nicht das wasser das die sommerwolken spiegelt

Noch das gezweige das sich von belebten worten regt


Vermag die sanfte unvernunft zu scheuchen

Der jungfrau die hinauf zu der terrasse schreitet

Von wo der fürsten blick ins ferne schweift.


II

[125] Mit ihren purpurschuhen streifte sie den marmor ·

Nun hat sie auf der brüstung leiste sich gebeugt

Indessen unter ihr das grün der bäume wogt.


Zu füssen ihr in wiesen und im gras der sümpfe

Vom frührot bis zum ave schluchzen die geläute

Der feierlichen stier- und rinderherden.


Der berge linie vor des ostens sonne

Im amethyst- und azurscheine schwankt

Und stirbt dann mitten in der felder meer.


Bisweilen wie der laute ton der warne-glocke

Schwebt aus der ferne eines hornes seele

Und plötzlich unter einem schreckenshauch erstickt es.


Die hitze lastet schwerer · unter schmalen pfeilern

Der eschen und der fichten schiesst der mittag schon ·

Die brise singt zum herzen der so zarten blumen·


Die blätter weinend seufzen vor verlangen:

Doch traurig wartet die prinzessin heute

Und folgt dem laufe ihrer bösen lust.

Quelle:
George, Stefan: Zeitgenössische Dichter. Übertragungen, Zweiter Teil, Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 16, Berlin 1929, S. 124-126.
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