BEGRÜSSUNG

[107] Das herz hat frisch sich geziert auf deinen empfang

Gleich einem schloss im wald zur begrüssung des herren ·

Du trittst in ein mit träumen bemaltes gemach ·

Trittst etwas verwundert etwas gedankenversunken.


Willkommen! es scheine dir dass es mein ruf nicht sei

Den du vernimmst sondern dass auf gegebenen wink

Die sonne ein goldnes willkommen zu füssen dir streue

Dem neuen wohnsitz wonne verkündend und heil.


Hier geben gedanken gleich gärten den schatten der wollust ·

Hier singen die worte gleich vögeln der wälder · hier trinken

Der märchen falter den honig süsser empfindung

In ruhe · stille · einsamer träume welt.


Ein unbescholten leben hebt mir das herz ·

Kein winkel birgt drinnen mit staub erfüllte wüsten ·

In jeder falte für dich geschnittenen kleides

Glänzt frischen gedankens und neuen gefühles faden.[108]


O müsstest du schreiten in ein nicht schimmerndes haus

Verzichtend auf prunk und gefällige kleinigkeit ·

Sollt ich einen ärmlichen mantel um dich werfen:

Ich schluchzte vor schande · stürbe vor dürftigkeit.

Quelle:
George, Stefan: Zeitgenössische Dichter. Übertragungen, Zweiter Teil, Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 16, Berlin 1929, S. 107-109.
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