[68] Unsere Speis und Trank ist theils von Feld-, Garten-und Baumfrüchten, theils von allerhand wilden und zahmen Thieren, Vögeln, Fischen etc. Diese nimmt der Mund zu sich und wird die Speise von den Zähnen wie Grütze zermalmt und mit dem Speichel wohl vermengt, durch die Kehle hinunter nach unserm Koch in den Magen durch die Speiseröhre geschickt, alsdann verwandelt und verdauet, oder verändert es der Magen, macht es ihm gleichfärbig, schließt sich oben und unten an beiden Munden zu, zieht sich mit seiner anerschaffenen Kraft um die Speise zusammen, macht aus der verdauten Speise einen Saft oder Feuchtigkeit, gleich einem gekochten Erbsenbrei, dazu helfen auf allen Seiten zur Rechten, Linken, oben und unten, vorn und hinten Leber, Milz, Mittelreff, Colon, Fette, Netz, große Blut- und Luftadern, da wird alsdann die Speise fermentirt, durch einen unaufhörlichen Marsch und Contremarsch oder Circulation[68] und steten Umlauf des Blutes herumgekehrt, bis es in die Gedärme kommt, da saugen die Blutäderlein das Beste, führen es, wie sonst die Flüsse und Ströme, in das große rothe Meer, das Geblüte, ergießen sich nach den Leber- und Milchadern fort, die groben überbliebenen Hülsen und Unreinigkeiten spazieren die Hinterpforten hinaus. So stinkend und unrein nun dieser Dreck ist, so kann er doch wegen seiner magnetischen Natur und Eigenschaft billig der kleine Weltmagnet (Magnes microcosmi) genannt werden, indem er eine magnetische Salbe (Unguentum Sympathicum) zu Heilung der Wunden und Schäden gibt, wie dann die Excremente oder unreinen Auswürfe des Menschen in ihrer Natur und Art eine große Kraft haben.
Aristoteles gibt diesen Unterricht: Daß auch in den Excrementis, oder salvo honore in den verdauten Speisen und Unflath des Lebens Anfang stecken könne.
Daß im Stuhlgang noch eine gute feuchte Nahrung vorhanden sey, vermerken wir an den Schweinen, welche mit großer Begierde, denselben zu verschlingen, hinzu laufen.
Menschenkoth wird überaus groß geschätzet; man gebe einem jungen gesunden Knaben drei Tage nach einander Feigbohnen sammt wohlgebackenem Brod, so nicht zu sauer oder gesalzen, zu essen, und rothen Wein zu trinken, und sonst nichts anders.[69]
Den ersten Tag schütte den Koth aus, die zwei folgenden Tage beobachte ihn als einen besondern Schatz; vermenge ihn mit so viel Honig, gebe demjenigen, dessen Hals entzündet ist, Angina genannt, wie eine Latwerge ein, und bestreiche den Hals gleich einem Sälblein damit; heilet vollkommen.
Eines jungen Knaben Dreck frisch auf das podagrische Glied gelegt, mindert die Schmerzen und vertreibt das Podagra.
Wenn ein Gelbsüchtiger seinen Koth essen kann, wird er innerhalb drei Tagen davon befreit.
Ein Febricitant nehme seinen gedörrten Koth mit Honig und Wein vermischt ein, er wird innerhalb drei Tagen gesund seyn.
Wenn ein böses Weibsbild einem Etwas, sie zu lieben, beigebracht hat, daß er von ihr nicht ablassen kann, so befleißige man sich, von ihrem Koth etwas zu bekommen und lege es ihm in seine Schuh. Sobald er den Geruch spüret, wird er einen Abscheu vor ihr tragen.
[70]
Derjenige, so natürliche Mal mit zur Welt gebracht hat, nehme von einem erstgebornen Kind den ersten schwarzen Stuhlgang und lege es als ein Pflaster auf das Muttermal.
Vor den Wurm am Finger nehme Koth von einem gesunden Menschen und lege solchen warm auf den Finger; er tödtet den Wurm.
Bei Pestzeiten sind die Excremente und Urin des gemeinen Mannes beste Medicin und erhalten durch die sympathetische Kraft ihren Leib, daher kommen sie in ihren natürlichen Stand, daß er nicht angesteckt werde. So auch die Pest im Leib innerlich wäre, gibt man des Menschen Koth in Branntwein oder Essig getrieben und durch die Tüchlein geseihet, mit etlichen wohlriechenden Sachen vermischt, dem Menschen ein, läßt solchen darauf schwitzen, so muß die Pest aus dem Leib heraus, jedoch alles nach der Vermahnung des Apostels, in dem Namen des Herrn denn wo Gott nicht mit im Spiel und sein Wille nicht da ist, so hilft keine Arznei. Schwenter gibt uns durch verborgene Schrift in den Musiknoten ein solches Geheimniß zu verstehen, daß nemlich des Menschen Koth im Nothfall eine Waffensalbe sey.
[71] Gleichwie man in großer Hitze des Menschen mit dem Urin verfährt, eben also kann man solches mit dem Stuhlgang ins Werk setzen, wenn man selbigen bei empfundener großer Hitze in eine Schüssel voll kaltes Wasser wirst und an einen kalten Ort setzt.
Thue deine Nothdurft auf einen Ameisenhaufen, so werden sie getödtet.
Die Haare sind Excrementa (Unreinigkeiten), so neben den Nägeln an Händen und Füßen aus warmen zähen Dünsten und Feuchtigkeiten des Leibs gezeugt werden. Ein Jeder, dem seine Gesundheit lieb ist, soll wohl zusehen, daß er die Haare weder zu kurz abschneiden lasse oder auch zu lang und dick wachsen; je mehr sie wachsen und abgeschnitten werden, desto mehr wird das Haupt dadurch gereinigt und die Augen geschärft. Man soll auch die abgeschnittenen oder ausgekämmten Haare wohl verwahrer, damit die Vögel nicht damit nisten, wodurch der Mensch Kopfweh empfinden wird.
Daß die Hexen das Zauberzeichen in der Haaren des Leibs verborgen sitzen haben und ohne deren Abscheerung auf der Marterbank nicht bekennen[72] mögen, ist bekannt. Wenn man nun solche Zauberzeichen ohne Aberglauben abnimmt, alsdann wird erwiesen, daß der Satan ein unmächtiger Geist, wenn ihm Gott nichts verhängt. Ein Prediger, schreibt Bellarminus, konnte auf der Kanzel kein Wort reden und außer der Kirche redete er wie sonst. Er sah, daß dieses keine natürliche Sache war, rief Gott an und es fanden sich auf der Kanzel etliche zusammengebundene Haare verscharrt, sobald solche hinweggethan und verbrennt worden, konnte er predigen.
Die einem Knaben erst abgeschnittenen Haare auf die podagrischen Füße gelegt, mindert die Schmerzen. Wenn desselben Jünglings nüchterner Urin mit dazu aufgelegt wird, ist die Wirkung desto besser.
Menschenhaar gepulvert, 7–8 Morgens in weißem Wein eingenommen, vertreibt die Gelbsucht.
Es ist nichts so klein, so unansehnlich, so verächtlich in der Natur zu finden, welches nicht von Gott dem Schöpfer zu einem gewissen und verordneten Zweck und Nutzen herfür gebracht wäre; zum Exempel setzen wir eine Laus. Gebe[73] einem Gelbsüchtigen 9 Läuse, aber getödtet, in einem gebratenen Apfel, Rosinen oder Feigen unwissend ein, es wird merklich helfen.
In dem Tröpfleins-Harnen brauche man die Läuse, weil sie in allen Verstopfungen die Kraft zu eröffnen haben, auch in der Gelbsucht wegen ihrer Wärme und Feuchtigkeit.
Bohre in eine Bohne (Fabam) ein Löchlein, stecke eine Laus hinein, in ein seidenes Tüchlein gewickelt und an den Hals gehängt.
Wer sollte wohl meinen, daß in dem Ohrenschmalz, in dem Nasenschnuttel oder Rotz, in dem Speichel desMundes und in dem Schweiß unter den Armen noch einige Kraft oder Tugend sey?
Das Ohrenschmalz ist trefflich gut wider alle giftigen Stiche der Fliegen und andern Geschmeißes, wenn man alsbald etwas aus den Ohren langt und auf den Stich schmiert.
Ohrenschmalz über die Felle der Augen gestrichen, vertreibt sie. Dienet auch vor das Beißen und Jucken der Augen, die Augenbrauen damit bestrichen.[74]
Einen leichten Dukaten glühend gemacht und Ohrenschmalz darauf geschmiert, bringt dem Dukaten völliges Gewicht.
Der Mensch hat hinter den Ohren gemeiniglich eine Feuchtigkeit. Hat nun Jemand flüssige Augen, derselbe befeuchte Morgens Früh einen Mittelfinger in frischem kalten Wasser und streich damit hinter die Ohren, so wird sich eine Feuchte und Fettigkeit auf die Finger setzen und die Augen werden klar werden.
Hat man sich in ein Holz gestochen oder einen Splitter in die Nerven bekommen, was sonst gar gefährlich, so kann solches mit Ohrenschmalz und Urin geheilt werden.
Wird einer von einem zornigen Menschen gebissen, der schmiere sein Ohrenschmalz darauf, es zieht die bösen Atomos heraus und heilt das Fleisch. Es ist auch gut, wenn man ein verbranntes Glied damit schmiert.
[75]
Ohrenschmalz ist gut wider Stechen der Nieren, Kolik, Scorpionsbisse und Wunden der Haut.
Der Unflath der Ohren, so man Ohrenschmalz nennt, ist wie eine gelbe Salbe, welche sehr dienlich ist wider das Stechen der Nieren. Im warmen Wein eingenommen, ist es in der Kolik ein gewisses Mittel, äußerlich damit geschmiert, ist gut in Scorpionsbissen, heilet die Schrunden und Wunden der Haut. In dem Ohrenschmalz sind einige ölige, schwefelichte oder balsamische Sachen verborgen, selbigen gesammelt, mit Terpentinöl digerirt, ist eine heilsame Wundsalbe. Der Speichel ist eine Feuchtigkeit, welche zur Gährung und Verkochung der Speisen in dem Magen höchst nöthig ist, daher wenn dieser wohl beschaffen, so ist alles gut, wenn aber das Widerspiel sich ereignet, so ist alles übel bestellt. Diejenigen, so viel Speichel haben, sind gemeiniglich zum Essen und Trinken sehr begierig und zum Verdauen wohl disponirt, die aber wenig Speichel haben, lassen eine geringe Begierde spüren. Denen aber aller Speichel mangelt, begehren ganz und gar nichts.
Der Rotz aus der Nase ist gut, so man sich gebrennt, also warm darauf gethan.
Der Menschen Speichel ist der Scorpionen[76] tödtliches Gift, so daß, wenn er selbige nur berührt, sie alsbald sterben. Er ist selbigen, wie Galen es mit der Erfahrung selbst beweist, gänzlich zuwider. Denn er sah allein von einem Speichel einen Scorpion sterben und zwar aufs schleunigste von einem Nüchternen, gemächlich aber von einem nicht Nüchternen.
Der nüchterne Speichel eines Menschen ist gut in Pestzeiten, da giftige Beulen an des Menschen Leib aufgegangen, so man nur denselben darauf schmiert, zieht er das Gift heraus und läßt es nicht zum Herzen gehen.
Wenn man in einen Finger gebissen wird oder sich geschnitten hat, sauge das Blut behend heraus, wasche es mit dem Speichel wohl ab und verbinde es mit einem reinen Tüchlein, so wird es heilen.
Plinius sagt: Wenn einer einen andern mit der flachen Hand geschlagen, so soll er in die flache Hand speien, so werde der Schlag dem Geschlagenen nicht schaden.
[77]
Will man einen Hund an sich gewöhnen, so speie einer ihm öfters in den Mund, so wird er nicht leicht von ihm laufen.
So bestreiche den Ort mit dem Rotz aus der Nase.
Wenn ein gebährendes Weib ihres Manns Hemd anthut, darin er geschwitzt hat, pflegt es die Geburt, wie auch das Mutterweh, zu erleichtern.
Die lege ihres Manns schweißlichte Strümpfe auf die Brüste, so vergeht die Milch.
Der Todesschweiß hat eine wunderbare Kraft, die Feigwarzen (haemorrhoides) und andere Gewächse als Warzen und dergleichen zu vertreiben.
Ein Stück Brod unter die Arme gelegt, daß es vom Schweiß angefüllt wird, einem Hund zu essen gegeben, alsdann wird derselbe einen steten Geleiter geben.
[78] Oft sehen wir den Kranken Würmer aus dem Munde kriechen, welches vor ein gewisses Anzeichen des Todes will gehalten werden, wiewohl man auch Exempel hat, daß der Kranke nach deren Ausgang wieder genesen ist.
Einen vom Menschen ausgegangenen Wurm im feurigen Tiegel pulverisirt, mit Wein, Bier oder Brühe getrunken, vertreibt alsbald die im Leib noch übrigen Würmer.
Einem Febricitanten oder andern Kranken die Nägel an Händen und Füßen abgeschnitten, einem Krebs oder Grabben angebunden und ins fließende Wasser geworfen, verursacht große Linderung. Die Ursache ist, weil die Sehnen anfänglich aus dem Gehirn und folgends aus dem Rückgrath entspringen und daselbst an den äußersten Enden der Nägel müssen wiederkehren. Gleichwie man sieht die Sonnenstrahlen, da die Reflexion an dem Ort, den sie anscheinen und zurückgehen, es am allerwärmsten machen, daher entspringt die Raison der Nägelmale, daß darin ein großes Geheimniß verborgen sey.
Daher haben die Nägel ihren Nutzen: Sie purgiren, wenn man sie einem Wassersüchtigen[79] auf den Nabel bindet, müssen aber über eine Stunde lang nicht darauf gelassen werden, sonst ist die Wirkung zu stark.
Man soll die Nägel wohl verwahren, damit sie nicht in eines bösen Menschen Hände gerathen, welche einem damit die Schwindsucht an den Hals hängen und gar den Tod verursachen können.
Von den Nägeln der Daumen in einen Löffel geschabt und eingetrunken, befördert das Erbrechen. Ist eine bäurische Arznei.
in die fließenden oder dunklen Augen gethan, läutert dieselben.
In welchem das Eingeweide in den Scrotum fällt, mit Speichel oft bestrichen, nimmt die Härtigkeit hinweg.
Nimm Weibermilch, so einen Knaben säugt, und des Kranken Harn, mische selbiges untereinander. Lauft die Milch zusammen, so wird er gesund, wo nicht, so stirbt er.
[80] Die Weibermilch ist ein nützlicher Auswurf, ja eine Verwandlung des rothen Bluts von den Brüsten ins Weiße, zur süßen Nahrung der Kinder; ist auch sonst gut den Schwindsüchtigen und wider die Hectica und kaltes Fieber. Milch in die Augen gespritzt, reinigt dieselben. Was die aus dieser Milch gemachte Butter vor große Tugenden zur Vertreibung der Hitze in den Augen, der Masern- oder Blatterflecken, zur Schwindsucht und andern habe, ist den Medicis, auch verständigen Frauen, bekannt, daß sie ein köstliches Ophthalmicum sey.
Ein Glas voll Frauenmilch ausgetrunken, so kommt das Verlorne wieder zurecht.
Wenn man einer Frau, die einen Knaben säugt, drei Tröpflein Milch heimlich in ein Ei thut und solches den Febricitanten, bevor ihn das Fieber ankommt, warm ausessen läßt, so wird er von allerhand Fiebern erledigt.
Die Milch einer Frau mit ein wenig Opio in die Ohren geträuft, vertreibt derselben große[81] und unleidliche aus Hitz entstandenen Schmerzen gleichsam in einem Augenblick.
Wenn eine säugende Frau ihr Kind von den Brüsten abgewöhnen will, so melke sie die Milch auf glühende Kohlen, so wird sie sich alsbald verlaufen.
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