1813

[220] 23/6467.


An die Herzogin Louise

[Concept.]

Die sowohl meinen Jahren als der Jahreszeit zugetheilten Übel würde ich mit Geduld ertragen, wenn sie nicht täglich von dem schmerzlichen Gefühl begleitet wären, daß ich dadurch gehindert werde, Ew. Durchl. wie ich wünschte aufzuwarten. Heute besonders empfinde ich es peinlich, wenn ich Ew.[220] Durchl. nicht meine heißesten und aufrichtigsten Wünsche für Ihr höchstes Wohl persönlich abstatten kann.

Indem ich mich nun aber besinne, ob ich nicht durch einen Stellvertreter höchst Denenselben ein augenblickliches gnädiges Lächeln abgewinnen könnte, so fallen mir beykommende Blätter in die Augen, die ich als eine erborgte Gabe Ew. Durchl. heute zu Füßen lege. Möchten diese wenigen aber bedeutenden Bogen Ew. Durchl. bisher unbekannt geblieben seyn ! damit ich mir das Verdienst zueignen könnte, sie zuerst vorgelegt zu haben. Sie enthalten schätzbare Bemerkungen, aber erlaubt sey mir, zu sagen, daß sie zwar sehr artig aber doch kalt und unzugänglich einiges auszusprechen, das wir besser zu fühlen glauben und wohl entschiedener zu sagen wüßten.

Weimar den 1. Januar 1813.


23/6468.


An Johann Heinrich Meyer

[2. Januar 1813.]

Hierbey sende ich, mein Lieber, was ich dem Herrn Friedländer zu antworten denke. Ich glaube nicht, daß man genauer den Werth der kleinen Büste aussprechen, kann. Sie bringen es ja wohl diesen Abend mit und bleiben bey mir; denn ich habe keine Absicht auf den standhaften Prinzen.

[221] Hat etwa Lieber von Dresden an Sie geschrieben? Der Vater ist wieder mit seinen alten Lamenten und seinem immerfertigen Schreiben ad Serenissimum in der Tasche bey mir gewesen. Friedrich soll sich mit dem jungen Menschen verzürnt haben. Der Vater wußte nicht genau zu sagen warum.

Soviel ich verstehen konnte war es um eine Nebelkrähe und beschneyte Tannenbäume. Vielleicht können Sie ihm noch eine Zeitlang überhelfen. Doch dieß alles heute Abend!

Recht wohl zu leben wünschend.

G.


23/6469.


An den Prinzen Friedrich von Sachsen-Gotha

[Concept.]

Den trefflichen und bewundernswürdigen Iffland habe ich wirklich abreisen lassen, ehe ich Ew. Durchl. für das neuerliche gnädige Andenken durch Herrn v. Hornstein geziemenden Dank sage. Noch bis auf die letzte Vorstellung hoffte ich Ew. Durchl. hier zu verehren. Allein das Vergnügen, das uns der unübertreffliche Schauspieler gewährt, ward leider besonders in meinem Hause durch Ew. Durchl. Außenbleiben sehr verkümmert, die Frauenzimmer wollte sich gar nicht zufrieden geben. Rapuschekarten waren rießweise über einander gethürmt, Picalillo und Gurken und was zu einer leichten Abendcollation,[222] wie Ew. Durchl. sie lieben, sonst noch gehören mag, häuslich bereit, und nun die erst verzögerte, sodann aber völlig vereitelte Hoffnung höchlich beklagt und bedauert. Damit aber die Haushälterinnen nicht ganz umsonst gearbeitet haben, auch ihre Sorgfalt aus der Ferne beweisen mögen, tragen sie mir auf, zwey Fäßchen an Ew. Durchl. zu spediren, welches hiermit unter den angelegentlichsten Empfehlungen geschieht, und damit der Postwagen nicht versäumt werde, nur mit eiliger und herzlicher Versicherung begleitet, daß wir Ew. Durchl. alle wie immer und für immer ergeben sind.

Ihrem Durchlauchstigsten Herrn Bruder, welcher mich mit gnädigem erheiternden und belehrenden Besuche zweymal erfreut, bitte mich zu fernern Gnaden unterthänig zu empfehlen.

Weimar den 3. Januar 1813.


23/6470.


An David Friedländer

Ew. Wohlgeb.

angenehme Sendung habe ich gerade zu Ende des Jahrs erhalten und ich bin Ihnen abermals vielen Dank schuldig, daß Sie mir und meinen Freunden zu manchen Betrachtungen Anlaß gegeben haben.

Der rothe Marmor, woraus das Kunstwerk verfertigt ist, so wie die Arbeit selbst deutet auf die Zeit[223] Hadrians. Es hat freylich, bis es zu uns gelangen können, von seiner ersten Schönheit gar viel verloren.

Die Herme wie sie vor uns steht, giebt sich als bärtiger Bacchus zu erkennen, der im Alterthum öfters vorkommt. Sie ist ohne Hinterhaupt und war ursprünglich eine Doppelherme, die man durchgesägt hat, weil entweder das zweyte Angesicht sehr beschädigt war, oder weil man für die Kabinette gleich ein paar Gegenbilder erhielt; ein Fall, der in Museen nicht einzig ist. An den Haaren und dem Bart kann man einige Gewaltsamkeit, so wie die Einwirkung der Zeit und gelinder Säuren bemerken, und es wäre zu wünschen, daß es mit den freyen Theilendes Gesichts der gleiche Fall wäre. Dieses ist zwar frey von aller gewaltsamen Beschädigung geblieben; allein gewiß war es wo nicht von kleinen Pockengruben angegriffen, doch wenigstens mit einiger Rauheit überzogen worden.

Als man nun diese Halbherme in den gegenwärtigen Stand versetzte, das Haar der rechten Seite restaurirte und sie auf den Sockel von moderner Lumachelle (Muschelmarmor) beseitigte, so glaubte man dieses Bildchen besser zu empfehlen, wenn man die nackten Theile des Gesichts glättete. Diese Operation ist aber demselben zu großem Unheil gerathen: denn durch Wegnahme der ersten Epiderme ist der zarte Kunsthauch zugleich mit weggenommen, der Ansatz der Barthaare gegen die Wange ist zu einem Theaterbart[224] geworden, das Profil hat sich verstumpft, und ob man gleich die Intention der ersten Formen durchaus noch recht gut erkennen kann, so sind sie doch vergröbert, gewissermaßen geistlos und maskenhaften geworden und es braucht erst Zeit und Nachdenken, sich damit zu befreunden und das mir der Seele zu ergreifen, was den Augen versagt ist. Dergleichen Reste des Alterthums sind echt zur Verzweiflung der Liebhaber da, das äußere Anschaun setzt sich in Widerspruch mit dem innern Sinn, man kann ihnen die Verdienste nicht wieder geben, die sie verloren haben, und die übriggebliebenen nicht ableugnen.

Aus allem diesen werden Ew. Wohlgeb. ersehn, daß ich mir den Besitz dieses schätzbaren Restes mit Vergnügen zueigne; ich wünsche nur, daß meine Gegensendung Sie und Ihren Herrn Sohn einigermaßen befriedigen möge. Hiezu erbitte ich mir einige Wochen Frist: denn ich möchte meine Sammlungen gern durchgehn und etwas Ausgesuchtes übersenden.

Der ich mit nochmaligem Dank für die baldige Gewährung meines Wunsches mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 4. Januar 1813.[225]


23/6471.


An Friedrich Heinrich Jacobi

Auf deinem freundlichen Brief, den ich zu Anfang des Jahrs, als ein gutes Omen erhielt, will ich sogleich dankbar einige allgemeine Betrachtungen erwidern.

Die Menschen werden durch Gesinnungen vereinigt, durch Meynungen getrennt. Jene sind ein Einfaches, in dem wir uns zusammenfinden, diese ein Mannigfaltiges, in das wir uns zerstreun. Die Freundschaften der Jugend gründen sich auf's Erste, an den Spaltungen des Alters haben die letztern Schuld. Würde man dieses früher gewahr, verschaffte man sich bald, indem man seine eigne Denkweise ausbildet, eine liberale Ansicht der übrigen, ja der entgegengesetzten, so würde man viel verträglicher seyn, und würde durch Gesinnung das wieder zu sammeln suchen, was die Meynung zersplittert hat.

Ich für mich kann, bey den mannigfaltigen Richtungen meines Wesens, nicht an einer Denkweise genug haben; als Dichter und Künstler bin ich Polytheist, Pantheist hingegen als Naturforscher, und eins so entschieden als das andre. Bedarf ich eines Gottes für meine Persönlichkeit, als sittlicher Mensch, so ist dafür auch schon gesorgt. Die himmlischen und irdischen Dinge sind ein so weites Reich, daß die Organe aller Wesen zusammen es nur erfassen mögen.

[226] Siehst du so steht es mit mir, und so wirke ich nach Innen und Außen immer im Stillen fort, mag auch gern, daß ein jeder das Gleiche thue. Nur wenn dasjenige, was mir zu meinem Daseyn und Wirken unentbehrlich ist, von andern als untergeordnet, unnütz oder schädlich behandelt wird, dann erlaube ich mir, einige Augenblicke verdrießlich zu seyn und auch dieß vor meinen Freunden und Nächsten nicht zu verbergen. Das geht aber gleich vorüber, und wenn ich auch eigensinnig auf meine Weise fortwirke, so hüte ich mich doch vor aller Gegenwirkung, wie sonst, so auch jetzt.

Daß du deine Werke als historische Documente ansiehst, ist sehr wohl gethan in mehr als einem Sinn: denn bey Verbesserung früheren Schriften macht man es niemand recht; dem Leser nimmt man was ihm auf seiner Bildungsstufe am gemäßesten war, und sich selbst befriedigt man nicht: denn man müßte nicht verbessern und umarbeiten, sondern völlig umgießen. Ein frischer Gehalt geht nicht in die alte Form.

Daß es dir und den Deinigen wohl gehe, ist mein herzlicher Wunsch. Grüße Sie alle! Ich freue mich, daß du bey dem Rouge et noir, das du in Absicht auf die Localität des Wohnorts spielen mußtest, so gut gefahren bist. Mich hat mein Genius auf eine ähnliche Weise geleitet.

Ich lege hier das erste Verzeichniß der Handschriften bey, wie es vor einem Jahr aussah; den[227] Zuwachs kann ich nicht melden, aber er ist sehr ansehnlich; doch war die Masse bedeutender Menschen im vorigen Jahrhundert so groß, daß wenn man auch nicht über diese Epoche hinausgehn will, doch immer eine große Erndte zu gewinnen ist. Mir fehlen z.B. Voltaire, Rousseau, Buffon, Helvetius, Montesquieu, und wer nicht alles! Wie viel lebende Correspondenten hat nicht Eure Academie der Wissenschaften! Sollte von bedeutenden Bayern und Oberdeutschen aus der frühern Zeit nicht ein Blättchen zu finden seyn? z.B. von Aventinus; Keppler fehlt mir auch. Die bedeutendsten Personen der Reformation und des dreyßigjährigen Kriegs habe ich vor kurzem erhalten. Ich habe die Blätter alle in der schönsten Ordnung und sie machen, besonders verbunden mit einem Medaillen-Kabinett vom 15. Jahrhundert an, gar oft eine angenehme und die Vorzeit vergegenwärtigende Unterhaltung.

Daß du meinem zweyten Theil gewogen bist, macht mit Muth zum dritten, dem ich diesen Sommer widmen werde.

Iffland hat uns vor kurzem durch sein meisterhaftes Spiel höchlich ergetzt. Die Meinigen sind wohl, und so lebe denn auch so gut als es uns noch vergönnt ist! denn der Grieche hat wohl recht, wenn er sagt.

»Das Alter bringt des Alternden gar viel herbey«.

Das Beste und Liebste!

Weimar den 6. Januar 1813.

G.[228]


23/6472.


An Dietrich Georg Kieser

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

habe hiedurch anzuzeigen, daß Durchl. der Herzog in kurzem nach Berka zu gehn gedenken um daselbst die Natur nochmals in höchsten Augenschein zu nehmen und zugleich was allenfalls vorläufig zu thun nöthig wäre zu bedenken. Höchstdieselben wünschen, daß Ew. Wohlgeb. bey dieser Expedition seyn mögen und ich ersuche Diesselben, Montags den 11. Abends hier einzutreffen, damit Dienstag früh das Geschäft vorgenommen werden könne. Sollte es möglich seyn, daß Sie zugleich das Modell zum Schlammbad mitbrächten, so wär es sehr erwünscht. Serenissimus haben schon einige Male danach gefragt.

Da nach den letzten Erfahrungen des Herrn Prof. Döbereiner eigentlich alles darauf anzukommen scheint, daß ein recht reichhaltiges Gypswasser erzeugt werde, damit sich dasselbe am Licht in Schwefelwasser umwandle, so würde ich den Vorschlag thun, die sämmtlichen, auf das Reservoir loszuführenden Canäle, sowie das Terrain, wodurch sie geführt werden, mit gepulverten Gyps fleißig zu bestreun, da denn die Auslaugung des Gypses durch den Einfluß des Wassers und der Jahrszeit geschehn, ja zu dieser Operation selbst Regen und Schnee günstig seyn könnte. Ersuchen[229] Sie Herrn Prof. Döbereiner um seine Gedanken hierüber.

Der ich in Hoffnung baldigen Zusammentreffens die Ehre habe, mich zu unterzeichnen.

Weimar den 6. Januar 1813.


23/6473.


An August Eberhard Müller

Da einige unserer Sänger mir den morgenden Abend zu erheitern gedenken, so habe ich Ew. Wohlgeb. hiedurch ersuchen wollen die Stunden der Nachmittags Probe dergestalt einzurichten daß gedachte Personen sich zu rechter Zeit bey mir einfinden können.

W. d. 6. Jan. 1813.

J. W. v. Goethe.


23/6474.


An Luise Seidler

[ 6. Januar 1813.]

Da wir unsrer lieben Freundinn zum neuen Jahre nichts erfreuliches erwiesen, so spiegle sie zu Epiphanias sich an ihren eignen Tugenden und denke der Liebenden und Theilnehmenden.

G.


23/6475.


An Charlotte von Stein

Hierbey den Aufsatz mit Dank zurück. Besitzen Sie nicht die Seckendorfischen Lieder? Besonders Ännchen[230] von Tharau. Ich wünschte mir sie auf kurze zeit. Bald warte ich auf.

d. 6. Jan. 1813.

G.


23/6476.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

Die Berkaischen Mineralwasser nennt der alte kurze Ausdruck hepatisch; sie enthalten nach der neuern genauern und folglich weitläufigeren Terminologie stickgashaltiges Schwefelwasserstoffgas und kohlensaures Gas, und zwar ersteres in solcher Quantität, daß sie dem berühmten Wasser in Eylfen nahe kommen. Die fixen Bestandtheile sind verschiedentlich gesäuerter Kalk, Glaubersalz und Bittersalz. Das quantitative Verhältniß dieser letzteren ist noch nicht ausgemittelt.

Diese Schwefelwasser kommen stellenweise in einem Teiche vor. Schon seit zweyhundert Jahren hat man Nachricht, daß sie sich von Zeit zu zeit stärker oder schwächer gezeigt, sie wurden meist bey abgelassenem Teiche vor Beendigung der Fischerey den Fischen gefährlich und tödlich, manchmal sogar bey angelassenem Wasser.

Die Lage von Berka an der Ilm in geologischem Sinne ist mit vielen andern thüringischen übereinstimmend. Der Sandstein, der sich vom Waldgebürge her erstreckt, endigt hier sein Reich und wird abwechselnd von Gyps und Thon, diese aber sodann einfür allemal vom Flötzkalk bedeckt.

[231] Der Kessel, worin Berka liegt, ist in der Urzeit bey höher stehendem Wasserniveau durch die aus der Münchener Enge herströmenden, von dem vorragenden Schloßberg aufgehaltenen und wirbelweise in sich zurückkehrenden Fluthen gebildet, und zwar indem sich die Gewalt derselben am nordöstischen Rücken herwälzte, die ganze Fläche des Ilmlaufs und der Teiche von einer Seite ausspülte und auf der andern das schöne, fruchtbare Feld, gegenwärtig die Schmelzgrube genannt, aufschwemmte. Betrachtet man die sämmtlichen Umgebungen aufmerksam, so liegt jener ganzen Fläche, besonders aber den künstlich angelegten Teichen wahrscheinlich Thon und Gyps zum Grunde, welcher letztere dann wohl seinen Schwefelgehalt zu unserm Wasser hergeben mag.

Dieses Gyps- und Thonlager geht am Fuße des Schloßbergs zu Tage aus, wo sowohl reiner Strahlgyps und Fraueneis, als auch mit Thon vermischter Gyps sich findet. Und so wären denn nach der anerkannten Natur dieser Gebürgsgegend die Ingredenzien dieses Wassers gar wohl abzuleiten.

Über die Art jedoch, wie diese Wasser entspringen, sind die Meynungen getheilt. Ein Theil der Personen, die über diese Sache gedacht haben, nimmt eine Schwefelquelle an, die an einem höheren Orte irgendwo entspringt, sich alsdann in Sumpf, Moor und Teichschlamm ramificirt und zuletzt an verschiedenen Stellen zu Tage bringt.

[232] Die andere Meinung, der auch ich zugethan bin, steht die hier vorkommende chemische Wirkung nur als oberflächlich an. Es werden nämlich auf einer großen quellenreichen Fläche beständig sehr gesättigte Gypswasser erzeugt, die durch Einwirkung des Lichts und der Luft sich decomponirten Wassers abgeben. Diese Meinung wird dadurch um so mehr bestärkt, als man bey'm Bohren durch eine unterliegende Kiesschicht wieder frisches Wasser gefunden.

Ferner haben einige aus einer weiter unter liegenden eisen- und gypshaltigen Quelle geschöpfte Flaschen sich in hepatisches Wasser verwandelt, nachdem sie einige Zeit dem Licht ausgesetzt gewesen.

Doch dem sey wie ihm wolle, so können diese verschiedenen Meynungen keinen sonderlichen Einfluß auf die Anstalten haben, die man zu Benutzung dieses Wassers treffen könnte. Bis jetzt hat sich keine entschiedene, eine bedeutende Masse Wasser abgebende Quelle gezeigt; nur stellenweise findet sich mehr oder weniger geschwelltes Wasser auf der Oberfläche des seit einiger Zeit abgelassenen Teichs. Die Sumpfpflanze Chara, welche besonders solche Schwefelwasser liebt. ist jedoch weit ausgebreitet, und man erkennt daraus recht gut, daß auch jene chemische Naturwirkung, es sey nun auf eine oder andere Art, sich über eine große Fläche verbreitet.

[233] Hierauf bleibt also nichts weiter zu thun, als an einer schicklichen Stelle ein Reservoir anzulegen, damit man irgendwo einen Fonds von reinem Wasser habe.

Die Schicklichkeit dieser Anlage wird blos durch den Platz bestimmt werden, wo man das Badehaus anzulegen gedenkt. Das Reservoir wird in die Nähe desselben zu liegen kommen. Man würde sodann von allen Seiten des Teichs her Canäle, die sich durchkreuzen, mit dem Reservoir in Communication setzen, und es kommt darauf an, wie viel Wasser man auf diese Weise auf einen Punct hinziehen kann. Ob dieses hernach etwas stärker oder schwächer ist, dieß wäre von keiner großen Bedeutung, doch ließe sich nach meiner Meynung der Schwefelgehalt jener Wasser sehr vermehren, wenn man über die Canäle und über den zwischen ihren gelegenen Sumpf von Zeit zu Zeit gemahlenen Gyps ausstreute. Dieser, nach und nach aufgelöst, würde ein reichhaltiges Gypswasser hervorbringen und dieses sich wieder am Licht in Schwefelwasser verwandeln, und man hätte die Einwirkung von Regen, Schnee und dergleichen um desto weniger zu fürchten, weil sie nur dienen würden, das Gyps aufzulösen und sich zuletzt selbst in Schwefelwasser umändern müßten.

Sollte zum Angriff geschritten werden, so würde man zuerst den Ort des Badehauses bestimmen. Vorläufig wäre alsdann das Reservoir anzulegen und die[234] Gräben auf dasselbe los zu ziehen, wie deshalb ein flüchtiger Riß zu den Acten gegeben worden.


Indem ich auf Befehl Serenissimi vorstehendes Resumé über die Berkaischen Mineralwasser verfasste, so gedenke ich meines liebwerthen Freundes zum allertreulichsten und danke schönstens für die neuerlich übersendeten höchst interessanten Kupferstufen. Auch diese kugel- und traubenförmigen Bildungen haben sich innerhalb einer lockern Geistenart erzeugt; wie ich in der Champagne mit Händen greifen konnte, daß Schwefelkiese sich in dem Humus, in der Ackererde erzeugen. Auch diese waren ringsum crystallisirt, es zeigte sich kein Punct, wo sie angesessen hatten, die Christallisation war scharf und frisch und keins der Stücke gescheuert. Diese Erscheinungen werden uns bey näherer Kenntniß der chemisch-elektrischen Operationen, durch welche die Natur bis in's Innerste belebt und thätig ist, nicht allein erklärbar, sondern sie machen sich nothwendig und unentbehrlich. Seit wenigen Abenden lese ich wieder deine Erfahrungen von dem Innern der Gebirge und sehe mit Freude und Erstaunen, wie du vor dreyßig Jahre diese Dinge vorausgeschaut, angedeutet und geweissagt hast. – Und so ein fröhliches thätiges Leben in's neue Jahr hinein!

Weimar den 6. Januar 1813.

G.[235]


23/6477.


An Christian Gottlob Voigt

Auf Ew. Excellenz gütige Mittheilung nehme mir die Freyheit, sogleich einiges zu erwidern, da ich über etwas Ähnliches schon früher nachgedacht. Hierbey folgt die Skizze eines Vorschlags. Das Motto hätte einen Doppelsinn: denn eigentlich ist es die Devise unsers gnädigsten Herrn und hier stünde sie, auch ganz recht, um zu allem Guten aufzumuntern. die Kränze bleiben immer eine artige Allegorie und die Franzosen machen solche Dinge allerliebst, wie beyliegende Medaille ausweist. In gegenwärtigem Falle wäre hauptsächlich darauf zu sehn, daß der mittlere Lorbeerkranz leicht und wie aus Reisern geflochten, der zweyte, Eichenkranz, schon etwas derber, der dritte aber, ein Erndtekranz, so reich als man ihn machen könnte. Dadurch würde eine hübsche Abstufung nach innen erzweckt und alles könnte deutlich genug werden, wenn man jedem seinen entschiedenen Charakter gäbe. Wollte man auch halbe schlagen lassen, so nähme man allein den Eichenkranz, behielt aber sowohl Motto als Umschrift bey.

Für die Viertelsmünze wähle man blos den Erndtekranz mit dem Motto aber ohne Umschrift, da diese nur zu einem artigen aber gleichsam schmerzhaften Andenken dienen könnte – Und welche Dame würde sich nicht geehrt finden, wenn Se Durchl. ihr vier solche[236] Stücke in einem Futteral als Whistmarquen verehrte, um so mehr, da sie ja auch in Gold geschlagen werden können.

Alles dieß nur als vorläufige Äußerung und flüchtigen Vorschlag. Hat der Gedanke im Ganzen Ew. Excell. Beyfall so bitte ich mir die übereilten Skizzen zurück, um eine productible Zeichnung fertigen zu lassen. Was das Bild betrifft, so ist noch eine wichtige Frage, ob es der bloße Kopf seyn soll oder zugleich eine Büste? Ich würde aus mehr als einer Ursache für das Letztre seyn.

Doch davon wenn wir mit dem Geschäft weiter gelangen.

Die oben erwähnte Münze folgt auf einer Tafel mit andern; Prix de la Société Royale d'àgriculture, der Meister Dupré ist zwar todt, aber seine Schüler haben diese Ausführlichkeit geerbt.

Mich bestens und schönstens empfehlend

Weimar den 10. Januar 1813.

G.


23/6478.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeb.

nehme mir die Freyheit, hiedurch um ein paar Fläschchen guten Malaga zu bitte. Da mir der Arzt ihn verordnet, nachdem ich gestern Nacht einen sehr unangenehmen Anfall ausgehalten, so wird mir dieses[237] starke Getränke, welches ich sonst nicht zu erhalten weiß und dessen Betrag ich sehr gern erstatten will, aus dem Keller können verabreicht werden.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

Weimar den 10. Januar 1813.

Goethe.


23/6479.


An Christian Gottlob Voigt

Hier sende ich, mein lieber Freund, einige Papiere, die ich in der Folge zu lesen bitte, wie sie in einander gesteckt sind. Haben Sie die Güte, die Sache zu überdenken und mir heut Abend Ihre Meynung zu sagen. Ich gehe nicht in die Comödie.

Weimar den 11. Januar 1813.

G.


23/6480.


An Carl Ludwig von Knebel

Es war ein sehr glücklicher Gedanke, den dir die Freundschaft eingab, daß du dich meiner bey Gelegenheit der Griesbachischen Nachlassenschaft erinnern wolltest. Die heutige Sendung ist mir besonders merkwürdig. Sie enthält die Handschriften sehr bedeutender Männer aus dem philologischen Fache, von denen ich wenig besaß. Sie sollen sogleich einrangirt werden. Es sind sehr merkwürdige und bedeutende Hände darunter, und weil diese Männer doch an allen Enden[238] Deutschlands gebildet waren, eine sehr große Abwechselung.

Dagegen will ich dir aber auch sogleich eine kleine Gegengabe senden, wie ich dir auch noch den Dank für das Japanische Neujahrspräsent schuldig bin. Du erhältst nämlich hierbey die Staëlischen Blätter, wobey ich dich nur um die Pietät bitte, sie in Jena nicht aus den Händen zu geben noch auch abschreiben zu lassen. Du kannst sie aber wohl im Original unserer lieben Prinzeß nach Mecklenburg schicken mit dem herzlichsten Dank für ihr letztes freundliches Schreiben.

Ich bedaure, daß auch du von der Jahreszeit angegriffen worden bist. Mir ging es nicht besser: denn kaum wagte ich mich aus meiner langen Verborgenheit hervor, ging einige Male nach Hofe und in die Stadt, so meldeten sich schon wieder allerley Mängel und ich muß wieder das Zimmer hüten; doch muß man mit jedem Zustand zufrieden seyn, in Betrachtung, daß so viele Menschen in diesem Augenblick leiden und fernerhin auf das unsäglichste leiden werden.

Der arme Lenz hat mich sehr gedauert; man muß sehn, daß man ihm mit etwas zu Hülfe kommt. Wieland hat auch einen Anfall gehabt, erholt sich aber wieder.

Habe ich dir schon geschrieben, daß mir zum Neuenjahre eine merkwürdigen Antike in's Haus gekommen. Es ist eine Halbherme von Rosso antico, ein bärtiger[239] Bacchus, ohne Zweifel aus den Zeiten Hadrians, bis auf weniges sehr gut erhalten. Ein köstlicher alter Götze, der mich über alle modernen Legenden-Götter tröstet.

Die beykommende römische Calender-Heilige unterhält dich auch wohl einen Augenblick. Wenn die Böttigerische Ader, die durch das Ganze geht, einen auch ein bischen unwillig macht, so versöhnt man sich doch bald wieder mit dem Ganzen, da auf diese Weise das Alterthum doch an die Gegenwart und an's Leben angeknüpft wird. Bedenkt man hingegen die trostlose Behandlungsweise mancher Philologen, wodurch das der Vergangenheit inwohnende Leben immer mehr ertödtet, das Zusammenhängende zersplittert, dem Gefühl entrissen und blos in die Studirstuben gezogen wird, so möchte man solche dinge, wie gegenwärtiges, gar für heilsam und vortrefflich erklären.

Und somit lebe froh unter den Deinigen. Ertrage die nothwendigen Übel, und laß mich hoffen, in erneuter Jahrszeit wieder einige gute Wochen unter euch zuzubringen.

Weimar den 13. Januar 1813.

G.


23/6481.


An Johann Georg Lenz

Mit Bedauern und schmerzlicher Theilnahme habe ich Nachricht erhalten von dem Unfall, der Ew. Wohlgeb.[240] betroffen hat. Ich wünsche durch Färbern so oft als möglich Dero Befinden unterrichtet zu werden, und sehe erfreulicheren Nachrichten erwartungsvoll entgegen.

Weimar den 13. Januar 1813.

Goethe.


23/6492.


An Johann Heinrich Meyer

Hier sende, mein lieber Freund, was ich an die Berliner erlassen will. Ich glaube sie können zufrieden seyn. Mögen Sie das Schreiben durchsehn und dabey bedenken, was vielleicht noch hinzuzufügen ist. Besuchen Sie mich gefällig heute Abend, so sprechen wir darüber und ich suche auch diese Sache loszuwerden. Das Manuscript kommt mit Dank zurück.

Weimar den 14. Januar 1813.

G.


23/6483.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Da ich wahrscheinlich Sonntag früh den französischen gesandten bey mir sehen werde, so wünschte ich, daß wir in der Zwischenzeit eine kleine Session von ein paar Stunden hielten, um unsre kritischen Betrachtungen über das bekannte Manuscript fortzusetzen.[241] Man darf sich nur ein wenig lässig finden lassen und die Zeit rutscht weg, man weiß nicht wo sie hinkömmt.

Weimar den 14. Januar 1813.

G.


23/6484.


An Carl Friedrich Zelter

Einer Sendung an Herrn Friedländer muß ich ein Blatt beylegen, welches, wenn es auch etwas später an dich gelangt, doch liebevoll von dir aufzunehmen ist. Es soll dir von allen Dingen Dank sagen, daß du meinen Wunsch sobald an diese Kunstfreunde bringen wollen, und dich zugleich ersuchen, diesen wackern Männern zu danken, daß sie mich mit ihrer Sendung sogleich und gerade zum Neuenjahr erfreut. Es ist abermals ein problematisches Werk und dient uns andern, die wir in Norden, leider mehr in der Kritik als im Anschauen leben, zu gar mannigfacher Unterhaltung. Du läßt dir ja wohl gelegentlich den Brief zeigen, in welchem ich mich darüber erklärt. Da ich denn doch zur Identitätsschule gehöre, ja zu ihr geboren bin, so ist mir freylich auch hier die schwere Aufgabe auferlegt, unbarmherzige Kritik und unsinnigen Enthusiasmus zu verbinden.

Ifflands Gegenwart hat mir sehr große Freude gegeben. Ich habe mich ganz rein an seinem Talent ergetzt, alles aufzufassen gesucht, wie er es gab, und[242] mich um's Was gar nicht bekümmert. Nimm folgende Bemerkung geduldig auf: Wenn man es mit der Kunst von Innen heraus redlich meynt, so muß man wünschen daß sie würdige und bedeutende Gegenstände behandle: denn nach der letzten künstlerischen Vollendung tritt uns, sittlich genommen, der Gehalt immer als höchste Einheit wieder entgegen, deswegen werden wir W. K. F. auch in den Propyläen, da wir noch in dem Wahn stunden, es sey auf die Menschen genetisch zu wirken, uns über die Gegenstände so treulich äußerten und unsre Preisaufgaben dahin richteten; dieß ist aber alles vergebens gewesen, da gerade seit der Zeit das Legenden- und Heiligenfieber um sich gegriffen und alles wahre Lebenslustige aus der bildenden Kunst verdrängt hat. Doch hierüber klage ich nur im Vorbeygehn: denn in Gefolg meiner ersten Rede wollte ich nur sagen, daß die Kunst, wie sie sich im höchsten Künstler darstellt, eine so gewaltsam lebendige Form erschafft, daß sie jeden Stoff veredelt und verwandelt.

Ja es ist daher dem vortrefflichen Künstler ein würdiges Substrat gewissermaßen im Wege, weil es ihm die Hände bindet und ihm die Freyheit verkümmert, in der er sich als Bildner und als Individuum zu ergehen Lust hat. Man hat den Musikern wiederholt vorgeworfen, daß sie schlechte Texte lieben, man erzählt zum Scherz, daß einer sich offerirt, den Thorzeddel zu componiren, und wäre der Gesang nicht von[243] dem Texte unabhängig, wie hätte denn die Charfreytags musik in der Sixtinischen Capelle mit Vitulos endigen können? und was dergleichen mehr ist. Mancher Comödienzeddel gäb eine bessere Oper als das Büchelchen selbst, wenn man es recht darauf anlegte; und so hab ich die Belebung todter Stücke, ja die Schöpfung aus nichts an Ifflanden höchlich bewundern müssen. Die Menge jedoch, welche immer stoffartig gesinnt ist, betrübte sich über den großen, nach ihrer Meynung verschwendeten Aufwand.

Merkwürdig war die Wirkung des Don Ranudo. Die Grundnichtswürdigkeit des Stücks, die unsittliche Forderung, daß der Geburtsadel auf seinen Schatz unwürdig Verzicht thun solle, trat wie ein Gespenst hervor und beynah tausend Menschen in einem kleinen Hause wurden verstimmt: denn selbst der gemeine Menschenverstand muß fühlen, daß Jemand nicht verdient, erniedrigt zu werden, der sich seiner Natur nach nicht erniedrigen kann und will; vor Mitleiden konnte kein Mensch zum Lachen kommen.

Dieses Phänomen war mir um deswegen merkwürdig, weil ich als ein Symptom ansah, daß der Sansculottism schon veraltet sey und die verschiedenen Stände gegenwärtig ganz andere Sorgen und Leidenschaften haben, als daß sie sich unter einander necken, bekriegen und aufreiben möchten.

Merkwürdig war mir es außerdem, daß Iffland, der in seinen geschriebenen Stücken die ausführlichste[244] Breite sucht, in seinem Spiel das Concise, Knappe der extemporirten Stücke wieder heranfordert. Wie anders sähe unter Theater aus, wenn er nicht diesen Umweg hätte machen müssen, wie anders sähe es mit uns allen aus, wenn die directen Wege zum Heil nicht jedem Menschen ein Geheimniß blieben!

Kaum war Iffland abgereist und Epiphanias erschienen, so machte ich Ernst, die heiligen drey Könige bey mir einkehren zu lassen, und durch deine lieben Gesänge sowohl diesen Tag zu feyern, als uns die Aussicht auf Ostern und Pfingsten heiter zu eröffnen. Es war ein schöner und vergnügter Abend, den wir dir durch öftere Wiederholung dieser und anderer deiner Dinge schuldig geworden. Ich hoffe dieser Anfang und Eingang soll gesegnete Folgen haben.

Von mir wüßte ich weiter nichts zu sagen, als daß ich in allem meinen Wesen abwechselnd fortfahre und daß manches gedeiht, obgleich mein Befinden nicht durchgängig das beste ist. Aufregend und höchst erheiternd bleibt mir die Bemühung, Gegenstände alter Kunst aus übriggebliebenen historischen Nachrichten, Trümmern, Anlässen und Ähnlichkeiten wieder herzustellen. Mit Myron's Kuh, glaub ich, ist mir's gelungen.

Herrn Pfund hab ich gern und freundlich, obgleich nur kurze Zeit gesehn. Er empfahl sich mir besonders durch seine Anhänglichkeit an dich. Seine Braut fing ich an als Kind von acht Jahren zu[245] lieben und in ihrem sechzehnten liebte ich sie mehr wie billig. Du kannst ihr auch deshalb etwas freundlicher seyn, wenn sie zu Euch kommt.

Und nun das herzlichste Lebewohl!

Weimar den 15. Januar 1813.

G.


23/6485.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

[Weimar, 15. Januar 1813.]

Da zwischen uns einmal wieder eine bewegte Epoche Statt findet, so lassen Sie mich sogleich für das Überschriebene danken!

Die Stelle, die mir einzeln so sehr zuwider war, wird durch den Zusammenhang neutralisirt. Man sieht wohl was der Verfasser will, aber man sieht es nur durch und wenn es beliebt, der kann ihn mißverstehn. Hätte er das auf die Metamorphose der Pflanzen sich beziehende Gleichniß in Conjunctiv ausgesprochen, so sähe man gleich, daß er es zu seinem Zweck nur bedingungsweise annimmt, welches jedem Redner gar wohl erlaubt ist. Allein er spricht es positiv aus, und begünstigt dadurch den leidigen Irrthum, daß wir unsern Vorfahren nichts schuldig sind, ob er gleich, wie man im Zusammenhang sieht, das Entgegengesetzte sagen will! Haben Sie vielen Dank für die Mittheilung dieser Stelle, Hegel ist bey mir entsühnt; aber die Schuld fällt auf Troxlern und[246] dieser begeht den so oft wiederholten und fast unvermeidlichen Fehler, daß man bedeutende Stellen der Dichter und Philosophen einzeln aufführt, um etwas zu sagen, woran im Zusammenhange nicht zu denken ist.

Rizzetti und das Steinsalz werden angekommen seyn, für die übrigen Desiderata werde ich auch sorgen. Dank für alle Notizen, für den wiedergefundenen Entenmann und für alles Gute, woran Sie mich Theil nehmen lassen.

Beyliegendes über die Dopelbilder rhombischen Kalkspathes ruhte lange bey mir und ist durch Ihr schönes Prisma wieder belebt und bekräftiget worden. Es soll mich freuen, wenn das darin Gesagte mit Ihren genauern und schärfern Forschungen übereintrifft. Ich bin überzeugt, daß die genauere Betrachtung der reflectirten Bilder uns über die Doppelbilder und über die prismatischen Farbensäume, welches auch nur Schattenbilder sind, den besten Aufschluß geben wird.

Der Hoffnung, den Magnetismus an die elektrisch-chemischen und folglich auch an die Farbenwirkungen anzuschließen, kann ich nicht ganz entsagen. Ich sehne mich nach einem hellen Tage um gewisse Versuche durchzuführen. Wenden Sie doch ja Ihre Aufmerksamkeit von diesem Puncte nicht weg. Nach meiner Überzeugung wär die ganze Naturforschung für immer geborgen, wenn dieß gelänge.[247]


23/6486.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Ew. Wohlgeb.

empfangen meinen freundlichen Gegengruß bey'm Anfange des neuen Jahrs. Setzen Sie Ihre Gewogenheit und thätige Freundschaft gegen mich und die Meinigen auch in dieser neuen Zeit gütig fort. Ich bitte um so mehr darum, weil es die nächste Epoche bedenklich genug zu werden droht.

Die Quittung liegt unterschrieben hier bey, mit der dankbarsten Anerkennung Ihrer treulichen und genauen Bemühungen. Haben Sie die Güte, mir zu Ostern anzuzeigen, worauf ich etwa assigniren könnte. Es hat Zeit bis dorthin.

Darf ich bitten, mich den liebwerthen Ihrigen bestens zu empfehlen und dem beyliegenden Blättchen einige Aufmerksamkeit zu schenken.

Es ist in der letzten Zeit etwas tumultuarisch um mich her zugegangen, so daß ich mich nicht einmal besinne, ob ich Ihnen den zweyten Theil meiner Biographie zugeschickt habe. Seyn Sie so gütig, mich darüber aufzuklären.

Ich wünsche Ihnen auf's beste empfohlen zu seyn.

Weimar den 15. Januar 1813.

Goethe.


Nachschrift.

Ich bin in früherer Zeit auf einen Congreß der Brüdergemeine zu Marienborn gewesen, entsinne mich[248] aber nicht genau des Jahrs. In der Brüdergeschichte von Kranz finde ich einen Congreß von 1769, diesem aber kann ich nicht wohl beygewohnt haben. Wahrscheinlich ist einige Jahre darauf noch ein zweyter gehalten worden; vielleicht nicht so solenn als jener. Daß ich den nachherigen Bischof Spangenberg dort gesehn, erinnere ich mich noch recht gut. Vielleicht sind Ew. Wohlgeb. in dem Falle, mir hierüber eine nähere Nachricht zu ertheilen.


23/6487.


An Carl Bertuch

Ew. Wohlgeb.

haben die Gefälligkeit, mir einen Probedruck von dem Umrisse der bewußten Berghöhencharte gefälligst zukommen zu lassen, ehe die Aquatinta drauf getragen wird, um noch vorher einiges bedenken zu können.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 15. Januar 1813.

Goethe.


23/6488.


An David Friedländer

Ew. Wohlgeb.

erhalten hiebey die Sendung von einem Dutzend Münzen, deren keine ohne Bedeutung ist. Es sind die vorzüglichsten von meinen Doubletten, ja einige[249] nicht einmal Doubletten, weil auf dem Exemplar, das ich zurückhalte, Abänderungen Statt gefunden. Hiezu einige Nachricht.

Von Martin V. an bis auf Pius II. besitze ich zwar die meisten Medaillen, welche Benuti angiebt, allein ich halte sie nicht für ächt; sie mögen vielmehr spätere Nachbildung seyn, wenn sie anders, wie ich zweifle, jemals Originale gehabt haben.

1) Von Pius II. lege ich einen sehr schönen Originalguß der größern Medaille bey, die wegen des Pelicans, der seine Jungen mit dem eignen Blute nährt, berühmt ist.

2) Folgt eine Medaille von Paul II. Sie ist sehr großem Sinn und Styl gearbeitet; wie denn Überhaupt dieser Pabst es nicht an Mühe und Sorgfalt fehlen lassen. Man kann glauben, daß sie von Belano gearbeitet ist.

3) Pius III., wahrscheinlich erst später zu irgend einer Suite der Päbste gearbeitet; ich besitze aber selbst keine bessere, habe auch nie eine andre gesehn.

4) Clemens VII., von Cellini. Er gedenkt derselben mit Künstlerstolz in seiner Lebensbeschreibung und sie drückt ganz der Charakter seiner Zeit und seiner Werke aus. Sie ist verguldet und ob sie gleich dadurch etwas an ihrer Schärfe verloren, so giebt sie doch noch genugsam das Verdienst des Künstlers zu erkennen.

[250] 5) Julius II., eine Nachbildung aus späterer Zeit aber vortrefflich. Sie drückt den Charakter des Originals, das ich besitze und welches um ein Drittheil kleiner ist, vollkommen aus, so daß ich mir nur, um meinen werthen Kunstfreunden einigermaßen genug zu thun, von diesem Exemplar mit einigem Widerstreben trenne.

6) Augustinus Mazantus von Verona, ein höchst naives Bildchen, voll Geschmack und Anmuth, obgleich der etwas stumpfe Guß den Werth des Kunstwerks einigermaßen verschleyert. Maffei in seiner Verona Illustrata giebt einen Umriß davon, weiß aber von dem Manne selbst nicht zu sagen, welches um so wunderbarer ist, als der Triumph auf der Rückseite und die Umschrift »Omnibus his solus« auf eine merkwürdige Person hindeutet. Außer dem Kunstwerth ist mir diese Medaille immer schätzbar gewesen, weil sie die einzige ist, die ich von allen denen, welche Maffei darstellt und beschreibt, habe erhalten können.

7) Julianus Medicis. Eins der herrlichsten Werke, welche die neuere Kunst aufzuweisen hat. Es erhält doppelten Werth weil es uns einen so bedeutendem Mann vergegenwärtigt.

8) Ludwig Ariost, ein köstliches Bild eines unschätzbaren Mannes. Die Rückseite ist durch einen Doppelschlag, weil der Stempel rückte, etwas unscheinbar geworden. Sie stellt einen Bienenkasten vor[251] unter den man Feuer angemacht hat, um sich des Honigs zu bemächtigen. Die Unterschrift Pro bono malum deutet auf das Schicksal Ariosts, mit dem er freylich nicht Ursache hatte ganz zufrieden zu seyn.

9) Hieronymus Fuchs, Domherr zu Bamberg und Würzburg, seines Alters 52 Jahr 1533. Auf der Kehrseite ist sein Wappen abgebildet.

Ich sende von dieser Medaille, welche man als eins der trefflichsten Werke deutlicher Kunst ansehen kann, einen Schwefelguß: denn Abdrücke von vorzüglichen Werken verdienen wohl als Vorläufer künstig einkommender Originale in Sammlungen verwahrt zu werden.

10) Galeazius Caracciolus, ein nicht ganz geglückter späterer Abguß. Der Mann ist bedeutend, weil er, aus einer angesehenen Familie, von der Reformation ergriffen, zu den Protestanten übergegangen ist. Der Physiognomist könnte merkwürdig finden, daß dieser Mann, der um der Religion willen seine äußere Existenz aufgegeben, dem unglücklichen Churfürst von Sachsen, Johann Friedrich, etwas ähnlich sieht.

11. Bourbon Condé (Heinrich II.) in Silber. Die Medaille ist 1632 geprägt, zur Zeit, wo dieser Fürst sich von Hofe entfernt hatte. Sie hat etwas Eignes in der Behandlung und es sieht eher aus, als wenn sie in Wachs bossirt und gegossen wäre. Von dem Künstler Papillon wüßte ich nicht sogleich[252] Nachricht zu geben, vielleicht ist es der Ahnherr jener Formschneider, die sich später beliebt und berühmt gemacht haben.

12) Wieland, eine kleine Medaille, welche die hiesige Freymäurerloge zur Ehren seines 80sten Geburtstages prägen lassen.

Mehr sage ich nicht, da ich zu Kennern dieses Fachs rede. Ich wünsche durch diese Sendung Ihnen soviel Vergnügen und Unterhaltung zu verschaffen, als die Ihrige meinem Kreise gewährt hat: denn gerade das Problematische jener Herme hat zu manchen Discussionen Anlaß gegeben und ich melde mit Vergnügen, daß eine nähere Untersuchung dem Werke nichts geschadet hat.

Ob ich beygebogenen Kupferstich schon früher gesendet, erinnere ich mich kaum; doch ist auch eine Wiederholung angenehm. Hofrath Meyer rückt mit seiner Bearbeitung immer vor, leider aber ist die jetzige Zeit keineswegs der Herausgabe solcher Schriften günstig.

Lassen Sie uns Ihnen geneigten Andenken empfohlen seyn! Sollte ich irgend etwas anzubieten haben, wovon ich glauben könnte, daß Ihnen Freude machte, so werde ich nicht verfehlen, es zu thun. Ich erbitte mir von Ihnen eines Gleiches.

Weimar den 15. Januar 1813.

ergebenstGoethe.[253]


23/6489.


An Franz Kirms

Hier sende den Uhlichischen Entwurf des kleinen mit Ballett untermischten Stücks zurück. Es ist so Übel nicht und ich könnte, gut ausgeführt, wohl gefallen. Ich habe auch gar nichts dagegen, daß dieser Mann sein Talent zeigt und die Talente seiner Kinder verbessert; allein wir haben von solchen Dingen wenig Dank: denn nicht Jedermann ist so billig, zu überlegen, daß wir unser Theater von jeher las ein Seminarium ansehen mußten.

Wollten daher Ew. Wohlgeb. sondiren, wie man von oben herein gegen solche Dinge gesinnt ist und was die bedeutenden Glieder unseres Publicums deshalb für eine Meynung hegen? Was mich betrifft, ich habe nicht gegen die Sache.

Weimar den 15. Januar 1813.

G.


23/6490.


An Johann Heinrich Meyer

Hier sende ich, mein lieber Freund, eine Seedeckische Nachricht über den Nürnberger Enten- und Gänsemann, die interessant genug ist. Sind nur erst die Apostel da, so läßt man vielleicht auch einmal einen Abguß von diesem Werke kommen, das uns die deutsche Kunst des sechzehnten Jahrhunderts gewiß auf eine erfreuliche Weise vergegenwärtigt.

Den 15. Jan. 1813.

G.[254]


23/6491.


An Friedrich Hildebrand von Einsiedel

Es thut mir sehr leid zu vernehmen, daß du dich diese Tage übel befunden; ich habe mich auch nicht sonderlich gehalten. Es scheint denn doch, daß die abwechselnde Witterung mehr Einfluß auf uns hat als billig.

Die Übersetzung der Stanzen von Gries ist in diesen trüben Tagen eine wahrhaft sonnige Erscheinung. Es wäre recht schön, wenn er bey Lesung des Stücks gereizt würde fortzufahren und deine Übersetzungsbemühungen mit rhytmischen Zierden bekrönte. Wir würden alsdann wohl hoffen können, das Stück zu produciren. Knebeln will ich deshalb auch ein freundlich Wort sagen. Die beyden Manuscripte, des wundervollen Magus und der Zenobia, folgen hierbey.

Möchten wir uns bald frisch und wohl wiedersehn!

Weimar den 18. Januar 1813.

Goethe.


23/6492.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erhalten hiebey eine ausführliche Zeichnung zu der Medaille, deren ersten Entwurf Sie Ihren Beyfall nicht versagt haben. Ich wünsche Serenissimi höchste[255] Approbation. Kränze waren immer ein angenehmes Symbol der Belohnung. Hier ist einer aus Lorbeerzweigen geflochten für das ideelle Verdienst, einer aus Eichenlaub gewunden, dem reale Verdienste gewidmet, und daß es ja Niemanden an Belohnung fehle, so ist durch einen Erndtekranz, der aus Ähren, Mohn und Kornblumen besteht, alles Nützliche und Erfreuliche angedeutet.

Die Inschrift: den Würdigen spricht das bildlich symbolisirte mit Worten aus, die Umschrift nichts unversucht, steht hier im doppeltem Sinne. Es ist dieß der ganz eigentliche Wahlsspruch unsers gnädigsten Herrn und kann auch hier als Aufmunterung und Anregung für alle gelten. Die Ameise war von je das Sinnbild des anhaltenden, rührigen Fleißes und ich dächte, der industriose Kranz, von diesen Insecten gebildet, nähme ich zwischen den übrigen Kränzen ganz artig aus.

Wird diese Medaille in Paris verfertigt, so kann sie sehr gut gerathen: denn die Franzosen machen solche Dinge ganz vortrefflich, wie ich Zeugnisse in meiner Sammlung aufzuweisen habe. Nur würde ich rathen, sie auch dort prägen zu lassen, weil darauf gewissermaßen alles ankommt und man nicht die Gefahr wegen des Stempelspringens übernimmt. Sobald der Stempel fertig ist, und gehärtet, so prägt sich der Künstler einen erhabenen Ausdruck in weichen Stahl und härtet diesen. Springt sein erster Stempel,[256] so prägt er sich den zweyten und das immer so fort. Bey dem Reichthum der Composition dieser Medaille, wäre zu wünschen, daß sie etwas größer als ein Conventionsthaler gehalten würde. Eine Medaille zu drey Loth hat schon eine hübsche Größe und ist immer ein würdiges fürstliches Präsent. Wollte man auch kleinere prägen, so würde ich rathen, einzelne Kränze zu nehmen. Auf die mittlere den Eichenkranz, auf die kleinsten den Erndtekranz; da denn die letzen gar wohl als jettons angesehn werden können. Ich erbitte mir die Zeichnung des Portraits, um auch einen Entwurf für die Hauptseite besorgen zu können.

Mich zu gewogenem Andenken empfehlend

Weimar den 20. Januar 1813.

Goethe.


23/6493.


An Carl Ludwig von Knebel

Indem ich dir, mein lieber Freund, für deine Mittheilungen schönstens danke, sende ich das Journalstück wieder, welches einen auch mir sehr bedeutenden Aufsatz enthält. Ich leugne nicht, daß die Verbindung des Erd- und Eisenmagnetismus mit den übrigen Polaritäten der physisch-chemischen Natur, welche bisher noch nicht hat glücken wollen, ein wissenschaftliches Ereigniß wäre, welches ich zu erleben wünsche, da ich an der Möglichkeit gar nicht zweifle. Am[257] allererfreulichsten müßte es für mich seyn, wenn eben jener Magnetismus unmittelbar mit der Farbe in Rapport gesetzt werden könnte. Ich habe auch auf Veranlassung der italiänischen Nachricht einige Versuche gemacht, die aber ohne Resultate geblieben sind. Da die angegebenen Versuche jedoch sehr einfach sind, so hoff ich, man wird sie an mehreren Orten wiederholen, und vielleicht ist jemand glücklich genug den wahren Punct zu treffen. Ich wünsche, daß sich Seebeck dafür interessirt, um so mehr, da er die Gebrüder Burukes in Nürnberg neben sich hat, welche in magnetischen Angelegenheiten sehr gewandt und erfahren sind.

Die Nachricht, daß unsere liebe Prinzeß nicht ganz wohl ist, betrübt mich. ich wollte ihr und uns wohl gönnen, daß sie in guter Jahrszeit ihr altes Bergland wieder beträte und die frische Luft desselben einathmete.

Prinz Bernhard wird in Paris sehr fetirt und man hört nichts als vergnügliches von ihm.

Herrn Doctor Gries danke vielmals für die außerordentlich schönen Stanzen. Es wäre ein großer Gewinn, wenn er die ganze Einsiedelsche Vorarbeit gleichmäßig beachten und sie dem herrlichen Rhythmus des Originals und jener glücklichen Diction näher führen wollte. Ich würde alsdann die theatralische Aufführung möglich zu machen suchen und ich sollte mir viel Wirkung von dem Stücke versprechen.

[258] Was Herrn Baum betrifft, so rathe ich dir im Vertrauen, auf ihn etwas acht zu haben. Ich habe Ursache, ihn nicht ganz für das zu halten, wofür er sich giebt; doch sey dieses nur zu deiner eigensten Notiz gesagt.

Die Nachricht vor dem Tode des Prinzen von Oldenburg hat sich zu dem Heer von Übeln hinzugestellt, die uns befallen haben und bedrohen.

Indessen gehn wir muthig auf vier Geburtstäge los, die wir sämmtlich innerhab vierzehn Tagen zu feyern haben. Neue Theaterstücke, Concerte, Tänze werden sich hervorthun. Ist das alles geleistet, so hoff ich gegen Ende Februar wieder einige gute Tage bei euch zuzubringen.

Wie geht es Lenzen? Ich habe nur die allgemeinsten Nachrichten von seinem Unfall und seiner Heilung.

Und so lebe denn recht wohl und laß von Zeit zu Zeit etwas von dir hören und grüße die Deinigen schönstens!

Weimar den 20. Januar 1813.

G.


23/6494.


An Gräfin Josephine O'Donell

Da sich die liebe Excellenz abermals als ernsthafte Dame Ihrem demüthigen Freunde nähert und denselben wo nicht mit bedencklichen doch mit bedeutenden[259] Worten anredet; so erfordert die Schuldigkeit daß derselbe sich ungesäumt mit gebührender Erwiederung einfinde, welches auch hiermit geziemend, und zwar vorerst eigenhändig geschieht.

Es ist nicht zu läugnen daß wir andern Poeten einigermaßen verwandt sind mit dem Cammerdiener des Königs Midas, nur unterschreiben wir uns von diesem Herrn Vetter darin gar merklich daß wenn derselbe die Mängel seines Prinzipals ohnmöglich verschweigen konnte, wir dagegen es sehr peinlich finden von den Vollkommenheiten unserer Herrinnen zu schweigen.

Sie haben daher meine scharfsichtige Freundinn, mich irgend eines Vorhabens in gegründetem Verdacht, nur muß ich zu meiner Rettung und Rechfertigung versichern, daß ich dergleichen Anmasungen niemals aus eigner, uns vom Urvater Helios verliehenem Macht und Gewalt würde gewagt haben, vielmehr sollte ein gewißer stiller Wunsch im Laufe dieses Jahrs gegen die Freundinn verlauten und in Form einer gnädig weiter zu befördernden Bitte vor derselben erscheinen.

Da aber Ihr letztes vertrauliches Schreiben, ahndungsvoll schon eine abschlägige Antwort auf ein nicht angebrachtes Gesuch enthält, so ergebe ich mich um so mehr darein und verschließe, auf diesen himmlischen Fingerzeig, meine Gesinnungen und Vorhaben in einem stillen treuergebenen Herzen, wo sie[260] auf jede Art zu wuchern nicht ermangeln werden. Bekennend oder schweigend

W. d. 22. Jan. 1813.

immer derselbeGoethe.


Zunächst aber sollen Sie, verehrteste Freundinn, höchlichst gepriesen seyn daß Sie mir über meine biographische Masquerade ein freundliches Wort haben sagen wollen. Sie bemerken sehr richtig, daß ich eigentlich nur mein späteres Leben hinter das frühere verstecken kann.

Ein aufmunternder Beyfall ist mir sehr viel werth, weil das Unternehmen viele Schwierigkeiten hat, die mit dem Fortschritt immer wachsen und in jedem Band auf eine eigne Weise überwunden seyn wollen. Ich empfehle Ihnen auch die Fortsetzung dieses Büchleins, denn es ist eigentlich, wie meine meisten Arbeiten, eine Ausgeburt des Schattens und der Kühle, denen die heiße Zone der hellen Lichtwelt nicht recht gemäß ist.

Herr Abt Bondi hat mir gegen das Sonett einen musterhaft schönen Brief geschrieben, wie er vielleicht auch nur in der italiänischen Sprache zu schreiben ist. Begegnen Sie ihm irgendwo und mögen ihm etwas Verbindliches sagen so werd ich es dankbar erkennen.

Zum neuen Jahre hätt ich Ihnen gern gegen die allerliebsten Wünsche etwas gesendet. Allein diese Art Erfindung und Ausführung gehört nur Ihrem[261] großen und heitren Wien. Es scheint, daß die Künstler nun erst recht in das Genre kommen und alle Jahre bessere Einfälle haben.

Die Hafnerischen Werke sind glücklich angekommen und haben mich unmittelbar in Ihre Nähe versetzt. Sie stellen die große, sinnliche Masse der Hauptstadt recht lebhaft dar, aber zugleich von einem solchen Wuste begleitet, daß es mir angst und bange darin wird. Dem Herausgeber muß man das verdiente Lob zollen, daß er diese seltsamen Productionen der Vergessenheit entrissen und sie als Denkmal einer bedeutenden zeit und Localität aufgestellt hat.

Darf ich nun aber auch einmal wieder nach Ihrem lieben Sohn fragen. Jenen Aufsatz des Pensionsunternehmers hab ich mit Sorgfalt gelesen und ob man gleich dadurch nur von der äußern Form des Instituts unterrichtet wird, so glaubte ich doch daraus zu sehn, daß der Mann die Sache versteht und in guter Übung hat. Sagen Sie mir doch etwas von dem lieben Kinde, das Ihnen so werth seyn muß.

Und nun will ich noch hinzufügen, daß ich jenes Blatt, an das Sie mich erinnern, mit andern kostbaren Töplitzer Documenten sorgfältig aufhebe; aber ich muß versichern, daß ich jetzto noch weniger als damals wüßte, wie ich Ihren Wünschen entgegen kommen sollte. Wem bey solchem Gefühl, Tact und Urtheil, die lebendige Welt so gut als die Bücherwelt,[262] das Gegenwärtige sowie das Historische ganz eigentlich angehört, was bedürfte es da noch einer Anleitung, einer Weisung, einer Deutung; und so kann ich Ihrem Verlangen nur einen liebenswürdigen Irrthum entdecken, der das von außen erwartet, was die Natur schon innerlich lange zugetheilt hat. Weiter hab ich mit meinen Betrachtungen über diese Angelegenheit nicht gelangen können.

Ich schließe mit der Bitte um günstige Nachricht von dem Befinden unsrer allerhöchsten Gebieterinn.

W. d. 22tn Jan. 1813.

Goethe.


23/6495.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

haben mich durch Ihr gefälliges Schreiben sehr beruhigt, indem ich daraus ersehe, daß Ihr Zustand leidlich und Ihr Muth auch bey diesem Unfalle sich immer gleich ist. An der Theilnahme eines jeden Wohldenkenden dürften sie nicht zweifeln; auch hier wünscht man zu vernehmen, daß es Ihnen täglich besser gehe. Unsere gnädigsten Herrschaften haben sich mehrmals nach Ihren erkundigt und ich ersuche Sie deshalb, wo nicht unmittelbar, doch wenigstens durch Färbern alle Botentage Nachricht geben zu lassen.

Für die ungarischen Mineralien bin ich sehr dankbar, sie haben mir viel Vergnügen gemacht und zur[263] Belehrung bedient. Die Übergänge von Hornstein in Perlstein sind vorzüglich schön. Auch habe ich bey dieser Gelegenheit bemerken können, wie großen Werth Ihre Erkenntnißlehre habe und wie sehr Sie bemüht gewesen sind, die Liebhaber in den Sand zu setzen, aller anderen Bücher dadurch entbehren zu können.

Die mitgetheilten Briefe sende zurück und freue mich auf die bevorstehenden Acquisitionen. Geben Sie doch dem Correspondenten zu Aussig die Adresse an den Herrn Hauptmann von Verlohren in Dresden und benachrichtigen Sie diesen sehr gefälligen Geschäftsmann davon. Er wird jene Sendungen gewiß sehr gern vermitteln.

Der ich baldige völlige Genesung wünsche, in der Hoffnung, Sie in der zweyten Hälfte des Februar in Jena zu besuchen.

das Beste wünschend

Weimar den 23. Januar 1813.

Goethe.


23/6496.


An Christian Gottlob Voigt

E. E. haben ja wohl die Güte, mir einen Braunschweiger Conventions-Thaler zukommen zu lassen, damit man sich bey einem Zeichnungs-Vorschlage darnach richten könne. Man thut in solchen Fällen freylich besser, wenn man etwas Bekanntes und schon Gebilligtes zum Muster nimmt, anstatt daß man mit[264] Originalität das Publicum effarouchirt. Die Menschen wollen immer etwas Neues und wenn es ihnen geboten wird, wissen sie sich nicht darein zu finden. mit der Medaille konnte man's vielleicht eben so machen. Die Römischen Medaillen haben gar schöne Rückseiten, die E. E. bekannter sind, als mir. Sollte sich nicht darunter etwas Anwendbares finden? E. E. erwähnten neulich einer Spes, der eben so liebenswürdigen, als trügerischen Göttinn. ihre Attribute nehmen sich dargestellt recht hübsch aus.

Weimar d. 24. Januar 1813.

G.


23/6497.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ihren freundlichen Brief vom 16. und 26. December will ich nicht gleich nur wenig zu sagen wüßte, so bin ich doch über die Angelegenheit jenes jungen Freundes einiges zu sagen schuldig. Ich habe solche sogleich nach Empfang Ihres werthen Briefes zur Kenntniß solcher Personen gebracht, welche auf akademische Berufungen den meisten Einfluß haben und den hohen Ernährern (Nutritoren) unserer vielfürstigen Universität überlegte Vorschläge zu thun berufen sind: denn daß gegenwärtig keine Stelle offen sey, war mir wohl bewußt; auch haben wir seit kurzer Zeit mehrere junge Männer zu diesem Fache, nach Abgang des[265] jüngeren Hufelands, berufen, welche zunächst auf Beförderung Anspruch machen.

Sonst, da die Akademie in vollem Flor war, haben es wohl junge Männer zu Dutzenden gewagt, in Jena, mit und ohne Titel, und ganz ohne Besoldung und Unterstützung sich niederzulassen und haben insofern ihre Rechnung dabey gefunden, daß sie sich ausbilden, eine Zeit lang sich einen mäßigen Lebensunterhalt verschaffen und so gar wohl erwarten konnten, entweder angestellt, oder nach außen berufen zu wer den, welches denn auch den meisten gelungen ist. Jetzt ist aber hierzu keine Zeit und würde auch einem Manne von gereister Bildung nicht einmal anstehn, versuchsweise anzutreten. Für den Augenblick also wüßt' ich keine Aussicht; ich habe jedoch die Herren, welche meine Freunde sind, gebeten, gedachten jungen Mann, der uns doch so nahe verwandt ist, nicht aus den Augen zu lassen.

Es freut mich sehr, daß auch Sie von meinem zweyten Theil Gutes gehört haben: denn ich bedarf Muth und Lust zum dritten. Jeder Theil, ja ein jedes Buch dieses Werkleins muß einen andern Charakter haben und so diesen und jenen Leser verschieden ansprechen. Ich habe dafür zu sorgen, daß ich diesen verschiedenen Eintheilungen jeder das Gehörige zutheile. Dabey schon kommt vieles auf gut Glück an; die Effecte hingegen auf den Leser sind noch zufälliger.

[266] Daß ich Boisserée etwas Freundliches erzeigen konnte, war mir sehr angenehm; ich habe es von Herzen und mit ganzer Überzeugung gethan. Sobald ich ihn und seine Bemühungen durch Ihre Vermittelung kennen lernte, hatte ich mir vorgesetzt was ich nun ausführte. Ein Enthusiasmus für einen specialen Gegenstand, wie doch auch dieser ist, findet sich sehr selten ohne Zuthat von etwas fratzenhaftem, wovor jedoch Sulpiz durch einen reinen frommen Sinn, eine wacker Weltkenntniß und überhaupt eine höhere Cultur geschützt wird. Ich erhielt in diesen Tagen einen allerliebsten Brief von ihm, der so recht von Grund aus gediegen ist.

In manchen anderen Dingen, für die Sie meine Neigung kennen, arbeite ich im Stillen fort und habe das Glück, in jedem Fache mich ebenfalls stiller Mitarbeiter zu freuen und ich hoffe noch auf manche schöne Resultate der Erfahrung wie der Theorie. Aber man muß dergleichen Dinge heimlich und heilig halten und, wenn man nicht massenhaft damit hervortreten kann, lieber davon schweigen. Es ist unglaublich was die Deutschen sich durch das Journal- und Tageblatts verzeddeln für Schaden thun: denn das Gute was dadurch gefördert wird, muß gleich vom Mittelmäßigen und Schlechten verschlungen werden. Das edelste Ganggestein das, wenn es vom Gebirge sich ablöst, gleich in Bächen und Flüssen fortgeschwemmt wird, muß wie das schlechteste abgerundet und zuletzt[267] unter Sand und Schutt vergraben werden. Ich halte mir in denen Dingen, die mich interessiren, lichte Puncte und lichte Menschenfest, das Übrige mag quirlen wie es will und kann.

Unser guter Wieland hat uns in diesen Tagen verlassen, nachdem es nur kurze Zeit sich mehr matt und schwach als krank befunden. Am dritten September ward sein achtziger Geburstag noch feyerlich begangen. Geistesruhe und Thätigkeit hielten sich bey ihm so schön das Gleichgewicht, und so hat er, mit der größten Gelassenheit und ohne das mindeste leidenschaftliche Streben, unendlich viel auf geistige Bildung der Nation gewirkt. Ich habe mir in diesen tagen sein Wesen und Thun recapitulirt; es ist höchst merkwürdig und in Deutschland einzig in seiner Art. Die Franzosen haben eher ähnliche Männer aufzuweisen.

Und nun sehn Sie mir herzlich gegrüßt unter den Lebendigen.

Weimar den 25. Januar 1813.

Goethe.


23/6498.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie, lieber Herr Professor, beyliegendem Aufsatz einen Blick gönnen und mir ihn bald wieder senden. Er soll auf die Rückseite der Affiche gedruckt werden, die die benannte Oper ankündigt.

Weimar den 26. Jan. 1813.

G.[268]


23/6499.


An Franz Kirms

Ew. Wohlgeb.

sende hierbey das Programm des Uhlichischen Balletts nebst seinen wiederholten Ansuchen. Wahrscheinlich ist hier die Russinn in eine Zigeunerinn verwandelt. ich habe nichts gegen die Aufführung und überlasse es daher Ew. Wohlgeb. völlig. Wollten Sie die Güte haben, mir von allen Opernbüchelchen welche vorräthig sind, ein Exemplar zukommen zu lassen. Ich wünschte sie einmal im Ganzen zu übersehen.

Weimar den 29 Jan. 1813.

G.


23/6500.


An Carl Friedrich von Reinhard

Nur ein Wort des Dancks für Ihr liebes Andencken, das mich noch im Bette überrascht.

In diesen Tagen ist ein Brief von Sie abgegangen der manches meldet. Der gute Loder dauert mich. Doch ist wohl in diesen Augenblicken jemand zu bedauernder hinweggehoben wird? Wielands Abscheiden ließ mich diese Betrachtung machen. Es freut mich sehr durch Ihren Diener zu hören daß Sie Sich mit den lieben Ihrigen wohl befinden. Sollte also mein Commentar der Apostelgeschichte noch eines Commentar bedürfen? Nächstens mehr, ein herzliches Lebewohl.

W. d. 29. Jan. 1813.

G.[269]


23/6501.


An Christian Gottlob Voigt

Meiner gestrigen Zusage gemäß, übersende hierbey die mitgetheilten Münzen. Ich würde es früher gethan haben, wenn ich in dieser Angelegenheit etwas Positives zu sagen wüßte. Das Braunschweigische Schild und dessen Decoration ist nicht übel erfunden, es setzt aber ein höchst reiches und mannigfaltiges Wappen voraus. Das Gothaische ist recht hübsch, nur will mir die Verbindung der Kränze mit dem Hut nicht gefallen. Vielleicht ahmte man die Chursächsischen vom Anfang des Jahrhunderts nach, wo über dem Schilde ein Feston liegt und der Fürstenhut auf diesem, die Zweige aber in einiger Entfernung das Schild accompagniren.

In der Behandlung der Münzen, so wie der Wappen, herrscht auch eine Mode, die der jedesmalige Stempelschneider und Petschirstecher am besten im Sinne und in der Hand hat. Ein Mann, wie Döll, würde sich gar leicht aus der Sache ziehen.

Wegen der Medaille bin ich eben so unschlüssig. Die Worte Virtus, Honor, auf der Familienmünze beziehen sich auf die daselbst abgebildeten Profile des Apoll und des Pallas. So ein Paar Köpfe hinter einan der machen sich freylich sehr gut, da aber das Profil Serenissimi auf die Hauptseite kommen soll,[270] so würden diese beyden Halbgesichter auf der Rückseite nicht wohl räthlich seyn.

ich befinde mich daher in der traurigen Lage, in der man sich sieht, wenn man ein Rath geben soll und zweifeln muß.

Verzeihen E. E. und setzen Ihre vorsorgliche Güte, an de ich niemals zweifeln durfte, gegen mich und die Meinigen fort.

Weimar den 2. Februar 1813.

Goethe.


23/6502.


An Carl von Pirch

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

sende mit einigen Widerstreben die mir mitgetheilten Stücke zurück; doch muß ich diese Entschließung wohl fassen, da ich nach wiederholter Überlegung, mich nicht im Stande fühle, dieselbe auf dem Weimarischen Theater aufzuführen. Die Maximen welche Ew. Hochwohlgeb. bey Verfertigung derselben geleitet, mußte ich allerdings billigen, allein mich hat die Erfahrung schon öfters gelehrt, daß die theoretische Einsicht in das, was bey einem Kunstwerke gefordert wird, uns im practischen Fall nicht immer zu Statten komme; und so scheint es mir auch hier der Fall zu seyn, daß Sie das Gute, wovon Sie innig überzeugt sind, nicht zu äußern Erscheinung bringen können. Wahrscheinlich liegt hievon die Ursache darin, daß Sie sich nicht[271] in der Nähe eines bedeutenden, rasch fortschreitenden Theaters befinden: denn da die dramatischen Dichtwerke durch Umstände, ja durch Zeit und Mode sehr bedingt werden, so bedarf vielleicht kein anderes so entschiedenen äußern Anstoß und so fortgesetzten Einfluß.

Mehr wüßte ich für dießmall nicht zu sagen, ohne mich in Betrachtungen einzulassen, welche mich allzu weit führen würden. Verzeihen Sie, wenn ich Ihren Wünschen und Hoffnungen nicht entspreche, auch mir ist es sehr unangenehm, wenn ich einer neuen Acquisition für das Theater entsagen muß.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar den 5. Februar 1813.


23/6503.


An Carl Ludwig Woltmann

[Concept.]

Damit es mir mit Ew. Hochwohlgeb. Briefe nicht ergehe wie mit so manchen werthen Zuschriften, die ich so lange wiederholt im Kopfe beantworte, bis endlich nichts von allem dem was ich sagen wollte, auf's Papier kommt; so will ich lieber gleich für das Übersendete meinen schuldigen Dank abtragen und Ihr gütiges Vertrauen aufrichtig erwidern. Zu Ihrer Monatsschrift Beyträge zu liefern bin ich leider durch mancherley gehindert, ich muß mich möglichst concentriren[272] und darf keine neuen Obliegenheiten eingehn, wenn ich dasjenige nur einigermaßen leisten will, was ich mir vorgenommen habe, wenn so manches dichterisch und wissenschaftlich Vorgearbeitete nicht unbrauchbar bleiben und verloren gehen soll. Die unausweichlichen Forderungen, die der Tag an uns macht, sind ohnehin dringend und störend genug.

Hiezu noch eins. Je älter man wird, je weniger wird es uns möglich, in Gesellschaft an's Publicum zu reden. Ich kann nicht verlangen daß ein Redacteur Aufsätze ausschließen soll, die meinem Sinn widersprechen, aber mir kommt es gar zu wunderlich vor, in Einem Heft meine Überzeugungen und das Gegentheil davon zu lesen, schließ ich mich aber in ein Bändchen ein, so laß ich jeden gern in seinen Bänden und auf seinen Blättern mir nach Belieben widersprechen, ich seh mich kaum danach um, kommt es mir aber zufällig in die Hände so übe und belehre ich mich daran so gut als es gehn will.

Da ich eben dieses einigen werthen Freunden seit etlichen Wochen habe antworten und sagen müssen, so verzeihe Sie mir gewiß dieser meiner Lage und meinen Kräften ganz angemessene Erklärung.

Nehmen Sie nur aber den besten und aufrichtigsten Dank für das, was Sie über meine biographische Arbeit haben äußern wollen. Der gründliche und freydenkende Historiker ist freylich am ersten im Fall, solche problematische Productionen zu beurtheilen und[273] zu würdigen, er stößt sich daran, daß man ihm Dichtung und Wahrheit anbietet, da er weiß, wie viele Dichtung er von bedeutenden historischen Monumenten anziehn muß, um die Wahrheit übrig zu behalten. Die deutschen haben die eigne Art, daß sie nichts annehmen können, wie man's ihnen giebt, reicht man ihnen den Stiel des Messers zu, so finde sie ihn nicht scharf, bietet man ihnen die Spitze, so schreyen sie über Verletzung. Sie haben so unendlich viel gelesen und für neue Formen fehlt ihnen die Empfänglichkeit. Erst wenn sie sich mit einer Sache befreunden, dann sind sie einsichtig, gut und wahrhaft liebenswürdig. Als Autor hab ich mich daher jederzeit isolirt gefunden, weil nur mein Vergangenes wirksam war und ich zu meinem Gegenwärtigen keine Theilnehmer finden konnte. Hieraus ersehn Sie, wie hoch ich Ihre so freundliche als einsichtsvolle Einleitung schätzen muß, die Sie meiner letzten Arbeit gönnen wollen.

Sodann bin ich für die Fortsetzung des Tacitus höchlich verbunden und werde mit der Abhandlung über Leben, Geist und Werke dieses vortrefflichen Schriftstellers mich sogleich beschäftigen und es dankbar erkennen, daß Sie mich wieder zu ihm führen. Vor zwey Jahren in Carlsbad war es das letzte Mal daß ich ihn zur Hand nahm.

Die Tragödie werd ich mit Bedacht lesen und die denen Personen mittheilen, welche bey der Aufführung neuer Stücke hauptsächlich mitwirken und das Thuliche[274] und Mögliche manchmal besser beurtheilen als ich selbst, weil ihnen die technischen Mittel und die Gesinnungen des Publicums bekannter sind.

Unsern guten Wieland haben wir nun auch verloren. Er trug die Unfälle der letzten Jahre mit Gleichmuth, wie das Glück der frühern. Er lebte nach seiner Weise thätig und gesellig bis an's Ende. Einen gleichern Lebensfaden hat die Parze kaum gesponnen.

Leben Sie recht wohl! und lassen uns, bis der unsrige abgeschnitten wird, das alte gute Verhältniß manchmal erneuern, und die Zeit so anwenden, daß jenes in früheren Jahren allenfalls Versäumte durch spätere Kraftanwendung einigermaßen nachgeholt werde.

Mich zu fernerem freundlichen Andenken bestens empfehlend

Weimar den 5. Febr. 1813.

Goethe.


23/6504.


An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

bin, seit so manchen Jahren, für mich und die meinigen soviel schuldig geworden daß mir zuletzt die Worte des Dancks ausgehen müssen. Möchten Sie überzeugt seyn daß die meinem Sohn abermals erwiesne Gnade von mir tief empfunden wird und mir zur Beschämung gereichen würde wenn nicht der Gedancke mich für Ihro Dienst verdoppelt zu sehen so[275] vergnüglich und aufheiternd wäre. Möge Ew. Durchl. Alles gelingen, wie Sie den Wünschen der Ihrigen immer zuvorzukommen geneigt sind!

W. d. 6. Febr. 1813.

Goethe.


23/6505.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

Ew. Wohlgeb.

wünschten die besprochene Rede bald zu sehn, ich theile sie daher sogleich mit, um gütige Bemerkungen bittend, von denen ich bey weiterer Ausarbeitung Gebrauch zu machen nicht verfehlen werde. Sie schenken mir wohl nächste Woche einen Mittag, wo das Weitere kann besprochen werden. Mögen Sie mir Herrn Landcammerrath Bertuch zusenden, so bespreche ich mit diesem noch einiges Äußerliche. Wegen des gestrigen augenblicklichsten Dissens um Verzeihung bittend, erkläre ich mich zu allem willig und bereit was die verehrten Brüder beschließen werden.

Hochachtungsvoll und dankbar

Weimar den 6. Februar 1813.

Goethe.


23/6506.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

Ew. Wohlgeb.

erzeigen uns die Ehre, morgen Mittag ein kleines Mahl bey uns einzunehmen, bey dem manches zu besprechen[276] seyn wird. Ich wünschte, wo möglich, meinen Aufsatz diesen Abend zurück, weil ich bey einem so reichen Thema, mich mancher Omissionen schuldig gemacht. So ist z.B. die Prachtausgabe seiner Werke nicht erwähnt, welche doch auch einem Autor, der sie erlebt, zu großen Ehren gereicht; so wie noch manches andere durch Adspersionen im Vorübergehn angedeutet werden kann.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 7. Februar 1813.

Goethe.


23/6507.


An N.N.

[Concept.]

Il existe, je ne saurois dire dans quel cabinet un camée représentant la tête de Jupiter en face, couronnée de laurier, le rélief en blanc, le fond noir ou brun. Le diamètre du rond, lequel cette tête remplit presque entièrement, est à peu près de trois pouces. Messieurs Mionnet ont tiré des copies immédiatement de l'original, et j'en ai vu une très belle dans les mains d'un ami, qui étoit une composition, par laquelle les couleurs de l'original étoient très bien imitées. Je souhaiterois d'en posséder une pareille.

Weimar ce 7. de Février 1813.[277]


23/6508.


An Wilhelm von Humboldt

Mit aufrichtigem Danke erkenn ich, daß Sie Ihre freundschaftliche Zusage so bald und so vollkommen erfüllen mögen. Ihr schöner Entwurf hat mir einen ganz neuen Anstoß zu allerley Studien gegeben. Es ist mir nicht mehr möglich Materialen zu sammeln, aber wenn sie mir so concentrirt gebracht werden, so freu ich mich gar sehr, die Lücken meines Wissens schnell zu complettiren und zu dem, was ich schon besitze, tausend Beziehungen zu finden.

Sobald ich im Monat März einige ruhige Wochen in Jena verbringen kann, so soll es an die Arbeit gehn, die nach Ihrer Vorarbeit eigentlich nur ein Spiel ist. Bertuch hat mir einige Europa's bräunlich abdrucken lassen, davon soll eins auf ein großes Reißbrett aufgezogen und die Gränzen illuminirt werden. Alsdann will ich mit kleinen aufgeklebten Zeddeln die Hauptsprachen, und insofern es möglich ist, auch die Dialecte bemerken, und Bertuch hat nicht übel Lust, alsdann eine solche Charte stechen zu lassen, welches, bey seiner großen mit allerley Künstlern versehenen Anstalt, leicht ist. Haben Sie daher ja die Güte fortzufahren und mir baldmöglichst das Weitere zu senden. Eine Charte der beyden Hemisphären liegt auch schon da und erwartet, auf gleiche Weise bespracht zu werden.

Zu Ihrer immer mehr ausgearbeiteten Übersetzung des Äschylus wünsche ich von Herzen Glück und ich[278] freue mich, daß Sie Sich durch die Drohungen des Heidelberger Cyclopen und Familie von diesem guten Werke nicht abschrecken lassen. Jenen bedräuen gegenwärtig unsern Wolf, der doch auch keine Katze ist, mit schmählicher Hinrichtung, weil er es gewagt, auf der Übersetzungsinsel, die sie vom Vater Neptun privative zu Lehn erhalten, gleichfalls zu landen und einen lesbaren Aristophanes mitzubringen. Es steht geschrieben, selig sind, die im Herrn entschlafen, aber noch seliger sind die, welche über irgend einen Dünkel toll geworden.

Selig im ersten Sinne ist nun unser Wieland, er ist in seinem Herrn entschlafen und ohne sonderliches Leiden zu seinen Götter und Heroen hinübergegangen. Was Talent und Geist, Studium, Menschenverstand, Empfänglichkeit und Beweglichkeit, verbunden mit Fleiß und Ausdauer, vermögen utile nobis proposuit exemplar. Wenn jeder seine Gaben und seine Zeit so anwenden wollte, was müßten für Wunder geschehn!

Dieser Winter ist mir, wie gewöhnlich, sehr zerstreut, aber doch, bey leidlicher Gesundheit, schnell und nicht ungenutzt vorübergegangen. Theatralische Vorbereitungen auf den lang erwarteten Iffland, welcher erst gegen Ende des Jahrs ankam, sowie auf seine Gegenwart, die mir viel Vergnügen gewährte, brachten mich November und December aus dem Geschicke. In den Januar und Februar fallen viel Geburtstäge, wo man entweder unsere Erfindung oder unsere Mitwirkung[279] anspricht, und so wird manches, zwar mit gutem Willen, aber ohne Furcht verzettelt.

Was ich mit Vergnügen und wahrem Antheil dazwischen getrieben habe, war ein erneuter Versuch, von alten Monumenten, deren Beschreibung auf uns gekommen ist, die Spur unter den vorhandenen Bildwerken zu finden. Die Philostrate waren wieder an der Tagesordnung, und was die Statuen betrifft, so glaube ich dem Olympischen Jupiter, über den schon manches vorgearbeitet ist, hernach aber der Juno von Samos, den Doryphorus des Polyclet, besonders aber der Kuh Myrons, und dem Stier, der die Europa trug, auf die Spur gekommen zu seyn. Meyer, durch dessen alte Kunstgeschichte, die nunmehr in's Reine geschrieben ist, die Hauptanregung geschehn, nimmt lebendigen Antheil, da seine Zweifel sowie seine Beystimmung immer gegründet sind.

Und so will ich denn für dießmal schließen, in Hoffnung, bald wieder etwas von Ihrer lieben Hand zu sehn.

Weimar den 8. februar 1813.

Goethe.


23/6509.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

Ew. Wohlgeb.

Beyfall den Sie meiner Rede schencken ist mir unendlich viel werth und nun erst kann ich mir eine[280] gute Wirckung von derselben versprechen. Mögen Sie mir das Mspt durch Überbringern zurücksenden, so kann ich diese Tage noch einige Sorgfalt darauf wenden, es steht alsdann wieder zu Diensten.

Dem so wohl motivirten Beschluß wegen der Schwestern trete mit Überzeugung bey, und hoffe Donnerstag Mittag Ihre liebe Gegenwart.

Mich angelegentlichst empfehlend

W. d. 8. Feb. 1813.

Goethe.


23/6510.


An Johann Heinrich Meyer

Da ich, mein lieber Freund, für das letzte Tableau etwas Philostratisches wünschte, so erhalten Sie hier einen Entwurf skizzissime, den Sie aber, als ein Wissender, gar wohl lesen werden. Gruppe 1 Flußgötter und Familie, Gruppe 2 Nymphen am blumenreichen Ufer, Gruppe 3 Faunen im Gebüsch, Gruppe 4 Apoll und die Musen in einem recht stänglichen Lorbeerhain, Nr. 5 eine große silberne Muschel mit dem Namen, herbeygezogen von ein paar Schwänen worauf Genien reiten, oder die vielleicht noch besser durch einen Genius, der in der Mitte steht, geführt werden, Nr. 6 leichte Wolken, Nr. 7 die hervorbrechende Sonne.

Da ohnedem diese Tableaux Zwitterwesen zwischen der Malerey und dem Theater sind, so schadet's gar nichts, wenn wir hier in's Theatralische übergehn und[281] unsere Gründe durch gemalte Pappenstücke hervorbringen. Auch dürften wir wohl, wie die Historienmaler immer thun, etwas steilere Perspective annehmen. Personen haben wir genug und Zeit, dieses letzte Bild vorzubereiten, würde sich ja wohl auch finden. Die Herzoginn setzte sich inzwischen zum Spiel und es wäre dieß der letzte Spaß vor Tafel. Denken Sie die Sache durch und besprechen sie mit August. Im Einzelnen der Gruppen lassen sich artige Beziehungen und Späße denken, wenn wir nur erst über die Hauptsache einig sind.

den 9. Febr. 1813.

G.


23/6511.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

Finde ich Ew. Wohlgeb. zu Hause so spreche ich gegen Ein Uhr bey Ihnen ein, um mich eines geneigten Raths zu erholen.

d. 13. Febr. 1813.

Goethe.


23/6512.


An Johann Heinrich Meyer

[14. Februar 1813?]

Möchten Sie wohl heute nach eilfen ein wenig zu mir kommen; ich hoffe den Herrn von St. Aignan bey mir zu sehn. Hier die vollendete Abschrift zu beliebiger Durchsicht.[282]


23/6513.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

Ew. Wohlgeb.

übersende hierbey das schon bekannte Concept. Es ist bey Gelegenheit des Mundirens aus einander geschnitten worden; die Zahl der Folien läßt jedoch nicht irre werden. Um halb zwölf will Herr Landcammerrath Bertuch mich besuchen, ich werde mit ihm in's Palais fahren.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 15. Febr. 1813.

Goethe.[283]


23/6513a.


An Carl Bertuch

Ew. Wohlgeb.

ist vielleicht schon gemeldet, daß ich vom Theater aus ein kleineres Piedestal ins Palais geschickt habe. Finden Sie es schicklich, so bitte, dieses zu drappiren und mir das meinige zurück schicken zu lassen.

Sind die Herrschaften avertirt, daß Almosen eingesammelt werden. Ich bemerke dieß, damit durch diesen Umstand nicht etwan Verlegenheit entstehe.

Goethe.

Weimar den 16. Febr. 1813.[38]


23/6514.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Indem ich Ihnen, mein lieber Herr Professor, für die gestrige freundliche Assistenz danke, ersuche ich Sie, auch von Ihrer Seite mit beyzutragen, daß wir die Zeichnungen wieder zusammenbrigen. Es ist ein Schatz für die Zukunft. Auf baldiges Wiedersehn!

Weimar den 17. Febr. 1813.

G.


23/6515.


An Christian Gottlob Voigt

Serenissimus brachten die Medaille neulich zur Sprache. Ich gedachte des von E. E. vorgeschlagenen[283] Honor et Virtus und erwähnte der beyden Profile des Apollo und der Pallas, welches freylich zwey sehr schöne Gegenstände sind.

Mein Bedenken, das ich nicht verschwieg, ob es nämlich schicklich sey, auf der Kehrseite ein Paar Köpfe zu setzen, wenn auf der Hauptseite schon ein Kopf, oder ein Brustbild steht, glaubten Serenissimus dadurch zu heben: es müsse nämlich, meinten Sie, in der Münzgeschichte nicht unerhört seyn, daß auf beyden Seiten der Medaillen Köpfe gewesen, wie der Fall bey fürstlichen Brüdern vorgekommen, deren Bildnisse sich hüben und drüben befänden. E. E. bitte ich die Sache nochmals durchzudenken. An Beyspielen dieser Art fehlt es freylich nicht und warum sollte man nicht auch einmal etwas Neues thun, wenn es an sich keinen Widerspruch mit sich führt?

Ich bemerke hier beyläufig, daß Ihro Kaiserl. Hoheit abermals geneigt sind, dieses Jahr eine Summe herzugeben, welche auf die Sternwarte verwendet werden soll, die dadurch in guten Stand kommt. Ich werde auch hierbey vorerst das Nöthige vorbereiten, wie es im vergangenen Jahr geschehen und sodann die Sache zu gütiger Approbation und Theilnahme vorlegen.

Mich gehorsamst empfehlend

den 17. Febr. 1813.

G.[284]


23/6516.


An Christian Gottlob Voigt

Unserm guten und thätigen Lenz ist, wie E. E. schon bekannt, das Unglück begegnet, daß er den Fuß zerbrochen und außer großen Schmerzen manchen Zeit- und Geld-Verlust empfunden.

Ich nahm gestern Gelegenheit, bey Serenissimo wegen einer kleinen Gabe ein Vorwort einzulegen. Höchstdieselben meinten jedoch, daß wir ihm etwas aus der Museums-Casse verabreichen könnten; ich sollte mich deshalb mit E. E. vernehmen.

Nun liegt schon lange bey mir beygebogenes Verzeichniß mehrerer aus de Museums-Casse interimistisch bezahlter Baubelege, die noch in der Gewährschaft stecken und von denen wir gern befreyt seyn möchten.

Könnten E. E. auf irgend eine weise diese Summe, welche sich auf 128 rh. beläuft, der Museums-Casse vergüten lassen; so würde ich dahin stimmen, Lenzen etwa 50 rh. zu verehren und das Übrige würde unserm Geschäft zu Gute kommen, welches freylich immer lebhafter wird.

Weimar 17. Febr. 1813.

G.[285]


23/6517.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

Ew. Wohlgeb.

ersuche ergebenst um Mittheilung der Liste unsrer Logen-Glieder. Sodann Frage an: ob ich meinen Wagen diesen Abend anbieten darf? Die Stunde bitte zu bestimmen.

d. 18. Febr. 1813.

G.


23/6518.


An Carl Ludwig von Knebel

Indem ich dir, mein Theurer, für dein freundliches Schreiben den schönsten Dank sage, gestehe ich gern, daß es mich höchlichst freut, wenn die malerischen und rednerischen Darstellungen dieser Tage allgemein gut aufgenommen worden. Sie haben mich ganzer sechs Wochen gekostet und die Vorbereitungen dazu sind nicht ohne Mühe, ja nicht ohne Leiden gewesen.

Die Tableaux gingen nur zu schnell vorüber, sie machten aber wirklich einen höchst bedeutenden Effect. Die Composition und Beleuchtung der Malerey, in Verbindung mit der Wirklichkeit, hat etwas Einziges und die Wirkung ist um so größer, als der Maler selbst ja nach wirklichen Modellen und nach bekleideten Gliedermännern arbeitet, um sich dieser Wirklichkeit mühsam zu nähern, die wir hier, ohne große Anstrengung, hervorbringen.

[286] Glücklicherweise ist die Rede eher überlieferbar. Du sollst davon sobald als möglich eine Copie sehn. Die Feyer selbst war sehr anständig und wohl zusammenhängend.

Zu den unschädlichen Wasserscenen wünsche ich Glück und möchte wohl einer Mondscheinnacht bey wohnen. Grüße die Deinen wie die Meinen und sey diesen freundlich.

Ich komme sobald als möglich.

Weimar den 20. Februar 1813.

Goethe.


23/6519.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Möchten Sie, mein Theuerster, beykommendes mit dem Bleystift in der Hand durchlesen, prüfen und es Morgen früh etwa um eilf Uhr zu mir bringen!

d. 20. Febr. 1813.

G.


23/6520.


An Johann Cornelius Rudolf Ridel

Ew. Wohlgeb.

vermelde, daß eine corrigirte Abschrift de Rede zum Abdruck bey mir fertig liegt. Möchten Dieselben den Herrn Landcammerrath Bertuch an mich absenden, so würde ich mit demselben die Sache näher besprechen[287] können. Herr Prof. Riemer will freundlich eine Revision übernehmen.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 24. Febr. 1813.

Goethe.


23/6521.


An Luise Seidler

Sie erhalten hierbey, meine liebe und artige Freundinn, Ihre Subscriptions-Verzeichniß zurück. Die von den Theilnehmern verlangten, oder ihnen zufällig zugetheilten Loose finden Sie an der Seite nach den Nummern notirt. Auch folgen die Bilette, und damit ja kein Irrthum entstehe, so sind die Namen auf der Rückseite bemerkt. Es sind ihrer 44. Cassieren Sie das Geld ein; das Loos zu 3 Kopfstück. Wir haben 114 bestimmt.

Das wäre nun alles recht gut, wenn ich nicht ahndete, daß in diese Loose, die ich Ihnen überschicke, der Gewinnst schon hineingezaubert sey. Dieß will ich aber nicht laut sagen, sonst discreditire ich die übrigen und wir finden keine Abnehmer. Eigentlich ist mir diese Vermuthung daher gekommen, weil man mir nicht genug erzählen kann, was die Undinen und Meerfräulein in Jena für Spuck treiben. Knebel spricht entzückt von denen tausend und abertausend Wellen, auf welchen jene wandelbaren geisterchen im Mondschein herumgaukeln und bis an seinen Gartenzaun[288] plätschern und schwätzen. Sie sollen, sagt man, alt und jung verführen und das treuloseste Geschlecht in der Zauberwelt seyn.

Leider werde ich sie in ihrer breiten Glorie nicht mehr sehen, aber wenn sie sich in ihre Gränzen zurück gezogen haben, sind sie nur desto gefährlicher und vor dem bekannten Gesang: 'In meinem Schlößchen ist's gar sein', wissen sich Wenige in Acht zunehmen. Dem sey nun wie ihm wolle, so kann ich die Ufer der Saale nicht ganz vermeiden. Bis ich Sie daselbst wieder sehe, leben Sie recht wohl! Gedenken Sie mein und grüßen Sie Minchen. Ich habe immer geglaubt, dieses Geistchen gehöre einem treueren Element an. Doch soll man sich überhaupt hüten mit der ganzen Sippschaft zu scherzen. Nochmals das schönste Lebewohl.

Weimar, d. 24. Febr. 1813.

Goethe.


23/6522.


An Christian Gottlob Voigt

Ich habe mich schon manchmal in dem Fall befunden und weiß, wie peinlich er ist, wenn man ein schon vorhandenes Kunstwerk einem neuen Gebrauch aneignen will. Die Wahl ist fast schwerer als die Erfindung: denn diese hat etwas Überredendes in sich selbst, bey jener aber ist die Entscheidung mancher Zufälligkeit unterworfen.

[289] Bleiben wir bey dem gegenwärtigen Falle stehen, so ist er in diesem Sinne merkwürdig genug. Auf jener Familienmünze bezieht sich Honos und Virtus auf die Köpfe des Apolls und der Pallas, welche griechische Gottheiten hier auf römische Weise allegorisirt sind. Die beyden Figuren auf der andern Seite sind, wie die Umschriften ausweisen, Italien und Rom. Nun befanden sich zu der Kaiser Zeiten die Stempelschneider schon in unserem Fall, daß sie sich nämlich des schon vorhandenen, Guterfundenen zu neuen Zwecken bedienen mochten. Die beyden Figuren componiren wirklich sehr schön, sie ließen sich nicht besser erfinden, die specifischen Namen Italien und Rom, so wie der Schlangenstab verschwanden, die Namen Honos und Virtus rutschten von der Gegenseite herüber, man entfernte die Weltkugel und legte dafür der gewappneten Figur einen Helm oder sonst etwas dergleichen unter die Füße, und so war wieder etwas ziemlich Passendes hervorgebracht, das auch an seinem Sinne nichts verlor, selbst wenn man sich jenes Ursprungs erinnerte. Diese beyden Figuren wieder anzuwenden würde ich kein Bedenken tragen, wenn nicht die Kluft der achtzehnhundert Jahre die Bedeutung der Figuren von uns noch weiter weggerückt hätte. Zu Vespasians Zeiten galt wohl Virtus in militärischer Gestalt und Honos mochte allenfalls ein Füllhorn tragen; in unsern kleinen Verhältnissen aber bedürfen wir anderer Tugenden und die Ehre ist selten nahrhaft.

[290] Da ich für gedachte Gruppe, wegen ihrer Schönheit, selbst portirt bin, so mach ich mir die Einwendungen, weil man doch am Ende den Fragenden Rechenschaft über die Bedeutung der Medaille geben müßte.

Ew. Excellenz sehen hieraus, daß ich, wider meine Gewohnheit, ein pater difficultatum werde. Glücklicherweise ist die Angelegenheit von der Art, daß sie noch einige Überlegung und Berdung erlaubt.

Vorstehendes zu günstiger Aufnahme empfehlend

Weimar den 27. Februar 1813.

Goethe.


23/6523.


An Luise Seidler

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, heißt die alte Lehre, und Sie haben sich dießmal, meine schlanke Freundinn, durch Ihre gutmüthige Dienstfertigkeit verführen lassen, Herrn kersting eine sache las fertig anzuzeigen, die nur noch im Werden ist. Indessen will der Himmel, daß hübsche Kinder manchmal einen fehler begehen, damit sie einsehen, wie werth man gute Freunde halten soll, welche sich alsdann zum Beystand bereit finden lassen. Senden Sie mir vor allen Dingen das Verzeichniß zurück; wir wollen sehen, daß wir die Sache wieder auf ihre Füße stellen. Es ist gut, daß ich noch hier bin, sonst[291] wäre sie wahrscheinlich unwiederbringlich verloren gewesen. Leben Sie recht wohl!

Weimar d. 2. März 1813.

G.


23/6524.


An Johann Heinrich Meyer

[4. März 1813?]

Hier sende ich, lieber Freund, da ich einmal im Aufräumen bin, alles, was mir von Ihren Papieren in die Hände kommt. Haben Sie sonst noch etwas von Büchern und Schriften an mich zu fordern, so bitte ich mir es anzuzeigen. Mögen Sie heute Mittag einen guten Truthahn mit uns verzehren, so können wir zugleich ein gutes Werk thun und über des Liebers Schicksal rathschlagen.

G.


23/6325.


An Carl Bertuch

Professor Riemer ist nicht wie ich gehofft gestern Abend zu mir gekommen. Heute werde ich mit ihm conferiren und sende bald möglichst den Bogen zurück.

Das Beste wünschend

Weimar den 6. März 1813.

G.[292]


23/6526.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Ich hoffte, mein lieber Professor, Sie gestern Abend bey mir zu sehn. Nun sende ich den ersten Druckbogen von Wielands Andenken. Haben Sie die Güte, ihn durchzusehn. Mögen Sie heute zum Mittagstisch oder sonst zu mir kommen, so werden Sie mich immer treffen.

Einiges bemerk ich vorläufig.

1)Was sagen Sie zu der veränderten Überschrift? sie dünkt mich so wenigstens besser; vielleicht entdecken Sie noch etwas Schicklicheres.

2) Wären die Namen doch wohl nur das erste Mal wenn sie vorkommen cursiv zu drucken.

3) Sollte man Namen, wie Cicero, Horaz, Aristipp nicht auch cursiv drucken?

4) Wäre das Wort Mäßigung nicht noch einige Mal durch Synonime zu ersetzen?

Mehreres mündlich!

Weimar den 6. März 1813.

G.[293]


23/6526a.


An den Herzog Carl August

Unterthänigster Vortrag.


Ew. Hochfürstl. Durchlaucht

geruhen nachstehendes in gnädigste Erwägung zu ziehn.

Carl Lieber, Sohn des Cammerdieners Ihro Durchl. der regierenden Herzoginn befand sich seit 1808 unter denen, welche täglich auf den Zeichensaal kamen, um auch außer den Tagen, an denen öffentlicher Unterricht ertheilt wurde, zu arbeiten, und that[168] sich schon damals hervor durch ungemeine Reinlichkeit und fleißige Vollendung seiner Producte. Hierauf setzte er seinen Fleiß auf andere Weise fort durch Landchartenzeichnen im hiesigen geographischen Institut und nachher im französischen topographischen Büreau zu Erfurt.

Im Jahr 1808 lieferte er zur Ausstellung eine braungetuschte Zeichnung nach Philipp Hackert, die Ansicht von Itri darstellend, welche ihm eine Preismedaille erwarb.

Das folgende Jahr erhielt er wegen vorzüglich wohlgerathenen perspectivischen Zeichnungen nach Steiner ebenfalls Preismedaille.

Zur Aufstellung 1810 gab er, nach der Natur gezeichnete und braun getuscht, die vor dem Jacobsthor um den sogenannten Goldbrunnen stehenden Pappeln mit einem dazu erfundenen Hintergrunde, ein gefälliges Werk.

1811 wurden, neben andern Sachen, von ihm ausgestellt die sehr sauber nach der Natur gezeichneten und mit Aquarell ausgemalten Ansichten des von Gorischen Begräbnisses in der Jacobskirche, welche Fräulein von Gore bestellt hatte und freygebig belohnte; wodurch Lieber zum Theil in den Stand gesetzt worden, die voriges Jahr mit Ew. Durchl. gnädigstem Urlaub unternommene Reise nach Dresden und seinen zeitherigen Aufenthalt zu bestreiten.

Diese Reise hat er nicht ohne Anregung sowohl[169] von meiner als des Hofrath Meyers Seite unternommen: denn da er sich bey der Nachahmung so wie bey der Ausführung der größten Reinlichkeit und Vollendung immer mehr befließigt, so schien er uns wohl werth, Ew. Durchl. beym Institut dereinst als Unterlehrer empfohlen zu werden, weil es auf jene Eigenschaften bey unserem Unterricht vorzüglich ankommt, indem dabey nicht sowohl vom Genialen als vom Technischen die Rede seyn kann; und obgleich die Zeichnungen nach Ruysdal, von Everdingen, Friedrich, welche Lieber seither eingesandt hat, wovon Ew. Durchl. selbst einiges bekannt geworden, zum Zeugniß seines Fleißes und seiner Fortschritte dienen; so würde ich dennoch angestanden haben, Ew. Durchl. gedachten jungen Mann zu seiner Stelle schon gegenwärtig zu empfehlen, wenn nicht zu wünschen wäre, daß er wegen äußerer Verhältnisse, bey seinem schönen Talent und schwachen Körperbau, zur Beruhigung käme.

Geruhten Ew. Durchl. daher, ihm den Character eines Unterlehrers bey dem hiesigen Institute gnädigst beyzulegen, so würde von einer ihm sogleich zu bestimmenden Besoldung nicht die Rede seyn: denn da wünschenswerth ist, daß er, insofern die Umstände es erlauben, noch länger in Dresden verweile, so kann er wohl, indem er sich dort nach großen Meistern übt, einiges verdienen, und würde selbst von Seiten des Instituts und sonst Gelegenheit finden, ihm weiter fort zu helfen.

[170] Indem ich nun Vorstehendes Ew. Durchl. höchstem Ermessen anheimgebe, so unterzeichne ich mich mit lebenswieriger Verehrung

Ew. Durchl.

unterthänigst

treu gehorsamster

Weimar den 6. März 1813.

J. W. v. Goethe.[171]


23/6527.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

wünsche Glück, daß Sie das Lager wieder haben verlassen können und hoffe, daß auch die Nachwehen sich halb gänzlich entfernen sollen. Die neuen Acquisitionen[293] sind schön und bedeutend, ich verlange sehr sie zu sehen, um mich daran zu vergnügen und zu unterrichten. Die mitgetheilten Briefe liegen bey, zugleich auch eine autorisirte Quittung auf 50 rh., welche Ew. Wohlgeb. mit Serenissimi höchster Zustimmung aus der Museumscasse zu einigem Soulagement ausgezahlt werden sollen. Unterschreiben Sie die Quittung und senden Sie an den Rentbeamten.

Der ich recht wohl zu leben wünsche

Weimar den 10. März 1813.

G.


23/6528.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Die mysteriose Andeutung, welche Ew. Wohlgeboren aus einem Briefe des Herrn Professor Schweigger an mich gelangen lassen, macht mich sehr begierig auf die Sache selbst. Die Region, in welcher unser Freund gegenwärtig versirt, ist mir wohl im Allgemeinen bekannt, aber das Besondre wüßte ich nicht zu errathen. Wenn ein solider, vorsichtiger Mann wie Dr. Seebeck sich eines Gewahrwerdens in diesem Grade freut, so muß es gewiß etwas Bedeutendes seyn, dem ich mit Verlangen entgegensehe. Bald hoff ich wieder nach Jena zu kommen und auch an Ihren schönen Entdeckungen und Fortschritten Theil zu nehmen.

Mit den aufrichtigsten Wünschen für Ihr Wohl und Ihre Zufriedenheit

Weimar den 10. März 1813.

Goethe.[294]


23/6529.


An Carl Ludwig von Knebel

Leider kann ich auch heute dasjenige noch nicht überschicken, was ich zu Wielands Andenken gesprochen habe. Der Druck geht langsam und du wirst dich diese Woche noch gedulden müssen. Mein zaudern, das mich abgehalten hat, nach Jena zu gehn, kann ich heute nicht tadeln, da der Schnee unsere Gärten wieder zudeckt. Die Jahrszeit ist noch früh genug, und ich will mich gern die nächsten Monate gedulden, wenn wir nur einen bessern Sommer haben wie vor dem Jahr.

Ein sehr merkwürdiges Werk ist mir zugekommen: die Übersetzung der Ilias von Abbate Monti und zwar die sorgfältig revidirte zweyte Auflage. Die Übersetzung ist in Hendecasyllaben, reimlos, und wenn man sie laut liest, so nöthigt sie einen zu dem Ton und Tactfall der italiänischen Recitative, dergestalt, daß wenn ein gewandter Componist, z.B. Abt Vogler, und ein wohlbegründeter genialer Sänger sich zusammenthäten, so könnten sie, mit weniger Vorbereitung, aus dem Stegreife des Rhapsoden und Sänger des Alterthums vollkommen nachahmen und den Zuhörern einen vollkommenen Genuß gewähren, besonders denen, deren Ohr an den Canto fermo und das damit verwandte Recitativ gewöhnt ist. Diese[295] Lectüre hat mich auf's neue überzeugt, daß alles was wirken soll, sich an ein Vorhandenes anschließen, sich auf irgend etwas Gewohntes gründen müsse.

Wie weit unser sonst verdienstlicher Voßischer Homer noch von der allgemeinen Faßlichkeit absteht, hab ich vor kurzem gesehn, als ich mir von einer jungen Actrice, die gar nicht ungescheidt ist, einige Gesänge der Odyssee vorlesen ließ. Diesem Kindermund wollten gar manche Stellen gar nicht kleiden und doch waren diese Dinge zuerst für Kinder und für das Volk calculirt.

Meine Biographie bedenk ich jetzt täglich und werde ich wieder zu dictiren anfangen, recht ausführliche Schemata aufsetzen und mir eine große Masse Stoff zubereiten. Alsdann geht die Ausführung leichter von Statten. Du hattest mir zugesagt, auch etwas über dein Leben aufzusetzen. Versäum' es nicht, denn ich bedarf mancherley Anregung: denn leider sind mir schon in den nächsten Epochen die Gegenstände nicht so deutlich und mit solchem Detail gegenwärtig wie in den ersten. Die stärkeren Leidenschaften, die uns beunruhigen, hindern uns an der Aufmerksamkeit auf die Außenwelt und die innere Beschäftigung stumpft gegen die äußeren Wirkungen ab; doch wollen wir sehen, wie wir sie auch hier durch allerley Hülfsmittel aufstutzen.

Ich habe diese Tage nur Shakespeare und Tacitus gelesen. Es war mir sehr unerwartet, daß diese[296] beyden Männer sich in gewissem Sinne parallelisiren lassen.

Lebe recht wohl und laß mich hoffen, daß wir die Knospen bald zusammen begrüßen werden.

Weimar den 10. März 1813.

G.[297]


23/6529a.


An Johanna Schopenhauer

Da unsere gefällige Freundinn erlauben will, daß morgen Donnerstag das Kestingsche Bild bey ihr ausgespielt werde, so würde ich wünschen, daß H. von Spiegel veranlaßt werden könnte, gegenwärtig zu seyn,[38] der sich für die Sache gar treulich interessirt hat. Sodann könnten vielleicht die Fräuleins von Pogwisch eingeladen werden, um mit der lieben Tochter und noch etwa einer guten Hausfreundinn das Ziehen und Einfädeln der Loose zu besorgen. Alles Nöthige werde ich mitbringen, das Übrige Ihrer gefälligen Anordnung überlassend.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 10. März 1813.

Goethe.[39]


23/6530.


An Luise Seidler

Wenn das Gerücht Ihnen, meine schöne und artige Freundinn, nicht schon hinterbracht hat, daß sich der elegante Leser nach Jena und zwar in Ihr Haus sehnte, so erfahren Sie es hierdurch.

Beyliegende Verzeichnisse, die ich mir wieder zurück erbitte, werden Sie näher unterrichten, daß No. 55 bey dem 98. Auszug das Bild gewonnen hat. Disponiren Sie nun darüber, und Schreiben Sie mir, ob ich es durch die Botenfrau schicken soll, ob Sie mir eine Gelegenheit angeben, oder es selbst abholen wollen? Möge mit diesem hübschen Lampenschein noch viel anderes Gute und Vergnügliche bey Ihnen einkehren! Sollten sich Liebhaber zu dem Bilde finden und Sie möchten es ablassen, so machen Sie nichts fest, bis Sie mir davon Nachricht geben.

Weimar, den 13. März 1813.

G.[297]


23/6531.


An N.N.

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

zutrauliche Eröffnung sogleich zu erwiedern halte für Schuldigkeit, um so mehr als ich keine Ursache finde Ihren Antrag abzulehnen. Es kann mir im Gegentheil sehr angenehm seyn wenn Sie Sich in der Lage sehen ein so vorzügliches Frauenzimmer glücklich zu machen. Ich überlasse daher bey den höchsten Behörden um die erforderliche Zustimmung nachzusuchen; wobey ich nur bemercke daß ich verschiedner Umstände halber zu wünschen habe das Schicksal meines Zöglings bald entschieden zu sehen.

W. d. 14. März 1813.


23/6532.


An Heinrich Mylius

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

haben mir durch die letzte Sendung sehr viel Vergnügen gemacht. Die 2. sehr verbesserte Auflage der Ilias von Monti ist höchst bedeutend in der Literatur, so wie die Samen für meinen Garten bey eintretender Frühjahrszeit äußerst erwünscht sind. Am meisten freue ich mich jedoch dabey, daß ich zugleich von Ihren gütigen Gesinnungen und Ihrem fortdauerndem freundschaftlichen Andenken überzeugt werde.[298] Erhalten Sie mir beydes und bleiben versichert, daß ich mich Ihrer Gewogenheit fortdauernd dankbar erinnere.

Weimar den 15. März. 1813.


23/6533.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten hierbey, mein vortrefflicher Freund, die schöne Brieftasche zurück. Ich habe so gut gedichtet und geschrieben, als es im Augenblicke gehn wollte. Verschaffen Sie dem Wohlgemeynten eine gnädige Aufnahme.

Ich füge das gnädigste Rescript wegen des jungen Liebers hinzu. Ich denke man überläßt ihm und dem Vater, ob er unter den gegenwärtigen Umständen noch in Dresden bleiben, oder, bey der günstigen Wendung seines Geschickes, hierher zurückkehren will.

In Hoffnung baldigen Wiedersehns

Weimar den 15. März 1813.

G.[299]


23/6533a.


An N.N.

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

habe von den ersten Zeiten unsrer Bekanntschaft an zutraulich behandelt und Ihre Wünsche und Absichten, so wohl in wissenschaftlicher als geschäftlicher Hinsicht gern befördert, um desto unangenehmer ist mirs Ihr Verlangen diesmal nicht befriedigen zu können.

Die angezeigte, mir keineswegs gleichgültige Sache habe auf das beste aufzuklären und mir zu verdeutlichen gesucht und finde folgendes, welches mit aller Aufrichtigkeit mittheile.

Ein wohldenckendes und wohlerzogenes Frauenzimmer wird die Neigung eines braven Mannes, die[143] sie nicht erwiedern kann, nicht roh und hart abweisen, sie wird vielmehr mit Bescheidenheit und Artigkeit ablehnen was sie nicht anzunehmen willens ist. Und dies war auch hier der Fall! Verzeihen Sie! Aber Sie haben das was zu Ihrer Schonung gesagt war zu Ihren Gunsten erklärt.

Dem. Ulrich wird, mit völliger Freyheit, ihre, vor einigen Jahren gethane, mit meinem Vorbewust bisher gehegte Zusage erfüllen und daran nach meiner Überzugung recht handeln, und ich müßte mich sehr an Ew. Wohlgeb geirrt haben, wenn Sie das was im innern einer respecktablen Familie beschlossen worden zu stören oder zu hindern versuchten.

Von den vielen was noch zu sagen wäre, nur folgendes: Nicht von jedem Gelehrten, aber doch von einem pracktischen Artzte kann man Welt und Hofkenntniß erwarten. Nehmen Sie dieser Sphäre einen Winck, den Sie mir in der Folge verdancken werden.

Fürstl. Personen stehen so hoch über uns, daß wir ihnen keinen sonderlichen Begriff von unsrer Klugheit geben, wenn wir sie zu Vertrauen und Schiedsrichtern unsrer Herzensangelegenheit die allenfalls vors Familiengericht gehören zu machen unvorsichtig genug sind.

Mehr sage ich nicht, weil auch ich Ihre gute Gesinnungen zu schonen wünsche. Möchten Sie mir bald wieder als der Besonnene Mann, wie ich Sie zu erst gekannt erscheinen.

W. d. 20. März 1813.[144]


23/6534.


An Charlotte von Stein

Verzeihen Sie, verehrte Freundinn, daß beyliegendes so spät erscheint, der Druck ist sehr langsam gegangen. Ich bitte die Blätter vorerst nicht aus Händen zu geben. Bald aufzuwartend hoffend

d. 23. März. 1813.

G.[299]


23/6535.


An Luise Seidler

Ihren und Ihres Herrn Vaters Wunsch, meine schöne Freundinn, habe ich zwar zu erfüllen gesucht, bin aber dießmal nicht ganz so glücklich wie die beyden ersten Male gewesen. Nur einen Liebhaber habe ich gefunden, der allenfalls sechs Friedrichsd'or dafür gäbe, welches freylich nur die Hälfte des Werthes ist. Gold ist eine seltene Waare, melden Sie mir, ob das Gebot annehmlich ist, oder ob ich das Bild noch aufheben und auf bessere Zeiten verwahren soll? Sagen Sie mir bey dieser Gelegenheit, wie Sie Sich befinden. Leider werde ich auch diesen März abgehalten, Sie in Jena zu begrüßen. Leben Sie recht wohl und bleiben der Freunde eingedenk.

Weimar, den 24. März 1813.

G.


23/6536.


An Dietrich Georg Kieser

[Concept.]

Ew. Wohlgeb.

haben sich durch die Schrift über die Faulfieberepidemieen und die Maßregeln, denselben vorzubeugen, sowohl ein augenblickliches als ein dauerndes Verdienst erworben und ich danke schönstens für die Mittheilung derselben. Erfahrung, Praxis, Theorie bieten sich[300] hier gar vertraulich die Hände und der deutliche Vortrag läßt alles in seinem rechte Werthe sehn. Ich wünsche mich sowohl über diesen Gegenstand als andere nächstens mit Ihnen zu unterhalten.

Auch Ihr Brief vom 21. März vermehrt die Achtung und das Zutrauen, mit denen ich mich aufrichtig unterzeichne.

Weimar, den 24. März 1813


23/6537.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

verfehle nicht anzuzeigen, daß ich unter dem 22. März eine Assignation auf 500 rh. Sächs. zu Gunsten des Herrn Js. J. Elkan zu Weimar an Herrn Cammerrath Frege und Comp. in Leipzig ausgestellt habe. Mögen Sie mir, wie gewöhnlich, vor Ostern eine kleine Rechnung stellen, so werden Sie mir eine Gefälligkeit erzeigen.

Der Druck des 3. Bands der Biographie ist noch nicht, wie ich mir vorsetzte, angefangen, worüber mündlich das Nähere: denn ich kann nach Lage der Umstände noch immer hoffen, Sie zu Jubilate bey uns zu sehn. Haben Sie die Güte, mir hierüber einige Nachricht zu geben, Sie finden mich auf alle Fälle bis zur Hälfte des May hier oder in Jena.

[301] Daß sechs Exemplare meiner Gedichte angekommen sind erwähne ich dankbar. Könnten Sie mir einen Wilhelm Meister Ihrer Ausgabe d.h. also den 2., 3. und 4. Band derselben verschaffen, so würde mir's sehr angenehm seyn.

Das Beste wünschend

Weimar den 24. März 1813.

Goethe.


23/6538.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Ew. Wohlgeb.

habe hierdurch die Ehre zu vermelden, daß mit dem heutigen Postwagen ein Packet an Dieselben abgegangen, in welchem sich der zweyte Theil meiner Biographie befindet. Ich hätte denselben schon längst gesendet, wenn ich nicht eine Beylage hinzufügen wollen, welche bisher verzögert worden. Sie finden nämlich zugleich Wielands Todtenfeyer in der Loge Amalia zu Weimar und meine bey dieser Gelegenheit gehaltene Rede noch besonders. Diese Hefte sind zwar eigentlich kein Geheimniß aber doch nur für einen engeren Kreis bestimmt, deswegen ich bitte, dieselben nur vertrauten Freunden mitzutheilen.

Für die genauen Nachrichten , den Marienborner Congreß betreffend bin ich sehr dankbar. Könnten Sie mir vielleicht den Todestag des Fräulein von[302] Klettenberg anzeigen? Auch wünschte ich folgende Fragen beantwortet. – Wann ist Georg Schlosser zuerst nach Carlsruhe gegangen? Wann hat er sich mit meiner Schwester verlobt, wann verheiratet?

Dürfte ich Sie ersuchen mir zu melden, auf wie viel ich zu Ostern allenfalls assigniren könnte.

Mit fortdauernder treuer Anhänglichkeit mich Ihnen und den Ihrigen empfehlend

Weimar den 26. März. 1813.

Goethe.


23/6539.


An Luise Seidler

Hier schicke ich Ihnen, schöne Freundinn, drey Doppellouisd'or, die, wie ich hoffe Ihrem Herrn Vater gefallen werden. Mir selbst, ob ich gleich ein Kunstliebhaber bin, leuchten sie fast so schön, als die argandische Lampe des Bildes. Ihnen wünsche ich, daß Sie immer in so liebenswürdiger Gesellschaft seyn mögen, als die ist, die Sie mir zugewiesen haben. Ich bin den Herren auf's freundlichste begegnet, in Hoffnung, daß Sie auch mir, wenn ich das Vergnügen habe, Sie wieder zu sehen, ein desto freundlicheres Gesicht machen sollen. Die Einlagen bitte bestellen zu lassen; ich habe sie hinzugefügt, um dem Golde einige Umgebung zu verschaffen.

[303] Leben Sie recht wohl, empfehlen mich den lieben Ihrigen und gelegentlich auch in Drakendorf zum allerschönsten.

Weimar, den 27. März 1813.

Goethe.


23/6540.


An Carl Ludwig von Knebel

Hier kommt denn endlich, mein werther Freund, was ich zu Wielands Andenken in der Loge gesprochen. Die Beschreibung der Feyer selbst mit ihren Beylagen sollst du nun auch bald haben. Ich wünsche daß dir alles zur angenehmen Unterhaltung dienen und deinen Beyfall erhalten möge; doch bitte ich vorsichtig mit diesen Heftchen umzugehn. Sie sind zwar kein Geheimniß, aber das Geschlecht der Tags- und Wochenblätter ist gar zu gierig und die Noth zwingt sie, alles gleich vor's Publicum zu schleppen.

Das schöne Wetter möchte ich wohl in eurem Thal mitgenießen, allein es sind gar mancherley Ursachen, die mir anrathen das Haus zu hüten; auch ist mir mein Hausgarten, den ich mehrere Jahre nicht keimen und blühen gesehn, jetzt sehr angenehm, weil ich einen guten und sorgfältigen Gärtner habe, so daß alles viel früher reinlich und ordentlich ist. Daß du nicht gerade Lust hast, deine Gedanken in's ehemalige Leben zurückzuwenden, kann ich dir keineswegs verargen; ich fühle selbst, wie wunderlich die Aufgabe ist, aber doch[304] um eins wollte ich dich recht schön ersuchen, um eine detaillirte Nachricht von unserm ersten Zusammentreffen und was damals in Weimar und Maynz vorgefallen. Über diese so wie einige andere Epochen hat der Fluß Lethe so ziemlich keine Gewalt ausgeübt. Ich bin eben an der Stelle und möchte nicht gern stocken bleiben.

Meine Frau dankt schönstens für die übersendeten Fische. Wir wollen sie auf deine Gesundheit verzehren. So habe ich dir auch noch für geistige Mittheilung zu danken, womit du deine Briefe zu schmücken freundlich beliebt hast.

Die Apostel und Propheten vom Grabe Sebaldi in Nürnberg im Abguß, die mir Dr. Seebeck sendet, sind angekommen, aber noch nicht ausgepackt. Eine Wallfahrt zu diesen müßte wohl erbaulich seyn. Weiter wüßte ich für dießmal nichts zu melden. Laß mich von Zeit zu Zeit erfahren, daß es dir wohlgeht.

Weimar den 27. März 1813.

G.


23/6541.


An Carl Bertuch

Ew. Wohlgeb.

hätten ja wohl die Gefälligkeit, mich morgen früh um eilfe, begleitet von Herrn Starke zu besuchen und das Original jenes Höhenbildes mitzubringen. Da[305] könnte alles auf einmal durchgesprochen und abgethan werden.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 30. März 1813.

Goethe.


23/6542.


An Baron Etienne de Saint-Aignan

[Concept.]

[Weimar, 3. April 1813?]

Si Votre Excellence avoit eté temoin de la joie que m'ìnspira Son Retour, Elle sentiroit combien je dois etre triste de Ses Adieux. Je conserverai religieusement les temoignages precieux de Sa bienveillance, je les regarderai toujours comme des gages surs de Son Souvenir que je prie instament de me conserver.


23/6543.


An Friedrich Justin Bertuch

Hiebey sende ich eine von mir corrigirte und beschriebene Charte und wünschte nur, daß auf der Platte nichts weiter geändert oder hinzugeschrieben würde, als was ich selbst mit rother Dinte angegeben habe, außer daß noch die beyden Schneelinien punctirt, auch Quito und Micuipampa verrückt werden. Übrigens bleiben die kleineren vorgeschlagenen Veränderungen weg. So habe ich auch mehrere beygeschriebene Namen weggelassen, da es nur eine allgemeine Übersicht[306] und heitere Recapitulation seyn soll. Dagegen habe ich die Namen der beyden Bergbesteiger und die Gränze den Pflanzenabstufungen hinzugefügt. Wie es sich mit den beyden Schneelinien verhalte, will ich in meinem Aufsatze angeben, damit nicht zuviel Schrift an die Ränder komme. Die Namen auf der Seite der alten Welt sind wohl alle an den Bleystiftstrich zu rücken, den ich vorgezeichnet habe; drüben giebt sich's von selbst. Auch wünschte ich, daß man noch Baumstämme hie und da durchblicken ließe, wie ich sie gleichfalls mit rother Dinte vorgezeichnet habe, damit Wälder und nicht bloße Gebüsche vorgestellt würden. Um allen Zweifel über den Felsen im Vordergrunde zu benehmen, habe ich den Namen des Herrn von Humboldt als eine Art von Dedication daraufgesetzt. Nach vollbrachter Abänderung erbitte mir noch eine Revision, bis dahin wollen wir auch wegen der Illumination völlig in's Reine seyn.

Mich ergebenst empfehlend

Weimar den 7. April 1813.

Goethe.


23/6544.


An Johann Heinrich Meyer

[7. April 1813?]

Auch bedarf ich einiger Pinsel von mittlerer Stärke, um auf Landcharten Gränzen zu illuminiren. Sie verschaffen mir ja wohl dieselben.

G.[307]


23/6545.


An Friedrich Justin Bertuch

Ew. Wohlgeb. haben aus meinen Skizzen neulich hervorgesucht, die schon mehrere Jahre verfertigt ist. Sie gedenken solche dem Publicum vorzulegen, und ob ich gleich durch Ihre Wahl schon überzeugt bin, daß Sie derselben eine günstige Aufnahme versprechen, so halte ich es doch für räthlich, zu Erklärung und Entschuldigung derselben Einiges zu eröffnen. Ich glaube, dieß nicht besser thun zu können, als wenn ich erzähle, wie dieser leichte, anspruchslose Entwurf entstanden ist.

Im Jahre 1807 sendete mir unser vortrefflicher Alexander von Humboldt seine Ideen zu einer Geographie der Pflanzen, nebst einem Naturgemälde der Tropenländer. Die schmeichelhafte Zuneigung, womit er mir diesen kostbaren Band widmete, erfüllte mich mit Vergnügen und Dankbarkeit. Ich verschlang das Werk und wünschte es mir und andern sogleich völlig genießbar und nützlich zu machen, woran ich dadurch einigermaßen gehindert wurde, daß meinem Exemplar der damals noch nicht fertige Plan abging. Schnell zog ich an die beyden Seiten eines länglichen Vierecks die Scale der 4000 Toisen, und fing, nach Maaßgabe des Werks, vom Chimborasso herein die Berghöhen einzuzeichnen an, die sich unter meiner Hand wie zufällig zu einer Landschaft bildeten, Antisana,[308] Cotopaxi, die Meierey, Micuipampa, Quito, Mexiko an seinen Seen, kamen an ihrer Stelle, der höchsten Palme gab ich einen in die Augen fallenden Platz, und bezeichnete sodann von unten hinauf die Gränze der Palmen und Pisangs, der Chinchona, ingleichen der Baumarten, Phanerogamen und Kryptogamen, und um zu bedeuten, daß wir vom Flußbette, ja von der Meeresfläche zu zählen anfingen, ließ ich unten ein Krokodil herausblicken, das zu dem Übringen etwas colossal gerathen seyn mag.

Als ich mit der Tages- und Lichtseite der Tropenländer so weit fertig war, gab ich der alten Welt die subordinirte Schattenseite. Hier verfuhr ich, der Composition wegen, umgekehrt, indem ich den höchsten Berg, den Montblanc, voransetzte und das Jungfrauhorn, sodann den Pic von Teneriffa und zuletzt den Ätna folgen ließ. Die Höhe des Gotthards, das Hospiz an dem Fuße desselben, die Dole, den Brocken, die Schneekoppe anzudeuten, schien mir hinreichend, weil die dazwischen fallenden Höhen gar leicht von jedem Liebhaber angezeichnet werden können. Als dieß geschehen, zog ich die beyden Schneelinien, welche, da die höchsten Gebirge der neueren Welt in einer heißeren, die der alten hingegen in einer kälteren Himmelsgegend sich befinden, auch gar sehr an Höhe unterschieden seyn müssen.

Diejenige Männer, welche die höchsten Höhen in beyden Welttheilen erklommen, persönlich anzudeuten,[309] wagte ich kleine Figuren auf die beyden Puncte zu stellen und ließ den Luftschiffer Gay Lussac nach seiner Angabe in Regionen schweben, wohin vor wenigen Jahren nur die Einbildungskraft den Menschen zuheben wagte.

Eine leichte Illumination sollte diese landschaftliche Darstellung noch besser auseinander setzen, und so entstand das Bildchen, dem Sie einige Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Mehr wüßte ich nicht zu sagen; nur bemerke ich daß solche symbolische Darstellungen, welche eigentlich nur eine sinnliche Anschauung der tabellarischen Behandlung hinzufügen, billig mit Nachsicht aufgenommen werden. Sie machen eigentlich weder an ein künstlerisches noch wissenschaftliches Verdienst Anspruch; dem Kenntnißreichen dienen sie zur heitern Wiederholung dessen, was er schon weiß; dem Anfänger zur Ermunterung, dasjenige künstig genauer kennen zu lernen, was er hier zum ersten Male und im Allgemeinen erfahren hat.

Weimar, den 8. April 1813.

Goethe.


23/6546.


An Christian Gottlob Voigt

Diese zwar noch immer prägnanten, aber doch für uns wundersam beruhigten Augenblicke könnte ich nicht besser anwenden, als indem ich E. E. für die[310] neuliche Mittheilung aufrichtigen Dank sage. Es ist freylich ein Unterschied, ob man in unbesonnener Jugend und friedlichen Tagen, keinen Kräften mehr als billig ist vertrauend, mit unzulänglichen Mitteln Großes unternimmt und sich und Andre mit eitlen Hoffnungen hinhält, oder ob man in späteren Jahren, in bedrängter Zeit, nach aufgedrungener Einsicht, seinem eignen Wollen und Halbvollbringen zu Grabe läutet. Was ich im vorliegenden Falle E. E. schuldig geworden, bleibt mir unvergeßlich, höchst angenehm die Erinnerung des Zusammenlebens und Wirkens, wechselseitiger Aufmunterung und Ausbildung. Wenn das Äußere dabey nicht gefruchtet hat, so hat das Innere desto mehr gewonnen. Auch erkenne ich mit vollkommenem Danke, daß Sie alle das Unangenehme, was die Beendigung des Geschäfts mit sich führt, übernehmen wollen. Möchte ich nur irgend etwas Freundliches und Nützliches dagegen erweisen können. Des guten Bergraths Aufsatz erbitte ich mir noch auf kurze Zeit.

Der ich mich auf das Angelegentlichste empfehle.

W. d. 11. April 1313.

G.


23/6547.


An Thomas Johann Seebeck

[Concept.]

Ihre werthe Sendung, mein theuerster Freund, ist glücklich zu mir gelangt und ich hoffe, daß dieses[311] unverfängliche Blatt sich auch zu Ihnen finden soll. Und nun haben Sie zuerst tausend Dank für die vortrefflichen Bogen, wodurch jene An- und Aussichten, über die wir so einig sind, herrlich bestätigt und erweitert werden. Es ist ein Begriff von großer Tiefe, daß jede Form des durchsichtigen Glasmittels eine innere Farbenerscheinung bestimmt, die unter jenen Bedingungen und Trübung und Aufklärung, von Verdunkeln und Aufklären, von Schein und Gegenschein so wundersam hervortreten. Die Ähnlichkeit mit den Chladnyschen Figuren ist überraschend und die Vergleichung der Bedingungen unter welchen beyde entstehn, höchst belehrend. Ist doch dort auch Ruhe und Bewegung, Strebendes und Widerstehendes in dem Körper auf den gewirkt wird. Diese manifestirt der Sand. Wer wurde sagen, daß die Figuren im Sande stecken und durch den Fidelbogen herausgezogen werden?

Ich muß mich enthalten mehr zu sagen und will lieber gestehn, daß ich von der Entdeckung noch geblendet bin und mir die Versuche freylich nur blos durch die Einbildungskraft und durch Hülfe der schönen Tafeln und der so methodischen Erklärung eigen zu machen suche. Indessen aber kann ich mich nicht enthalten, über diese Wunder zu denken, die sich an das was wir kennen so genau anschließen und die Maximen nach denen wir urtheilen so deutlich aussprechen.

Weimar den 13 April 1813.[312]


23/6548.


An Carl Ludwig von Knebel

Hier sende ich gleich ein Exemplar für die liebe Prinzeß Caroline. Vielleicht findest du bald Gelegenheit, es zu spediren. Meine Frau hat Spargel von Jena erhalten ohne Brief; sie schreibt dir dieses freundliche zu und dankt zum schönsten. Wielands letzter Aufsatz ist wirklich allerliebst; so ganz mit ihm aus einem Stücke. Diese animula vagula blandula nimmt sehr artig Abschied. Ich weiß nicht, ob dir schon zu Ohren gekommen ist, daß seine letzten Worte waren:

To be or not to be, that is the question.

Das heißt doch seinen Skepticismus bis an's Ende bewähren.

Lebe wohl und gedenke meiner!

Weimar den 14. April 1813.

G.


23/6549.


An Christian Gottlob Voigt

Nach vielfältiger Betrachtung meiner körperlichen und geistigen zustände habe ich mich entschlossen, morgen die Reise nach Töplitz anzutreten, zuletzt mehr auf Anregung der Meinigen, als auf persönlichen Antrieb. Ew. Excell. verzeihen, wenn ich nicht persönlich aufwarte, aber ein Abschied in dieser Zeit[313] ist schon peinigend im Begriff, geschweige in der Gegenwart.

Mein Sohn wird meine wiederholten Abschiedsgrüße bringen. Mit welchen Wünschen und Hoffnungen ich scheide, bedarf keine Worte!

Weimar d. 16. April 1813.

G.


23/6550.


An Christian Gottlob Voigt

E. E. erhalten hierbey, mit nochmaligem herzlichsten Abschied, einige kleine Actenhefte, bey denen ich nur Folgendes äußere:

1) Bibliotheks-Sachen. Mein Gedanke war in Sache jetzt ruhen zu lassen, weil in dieser prägnanten Zeit eine neue, mit Geldabgabe verbundene Einrichtung auffallend seyn möchte. Zu Johannis oder Michael würde sie vielleicht einzuführen seyn.

2) Die Museums-Acten geben von dem Nothwendigsten Bericht. Ihro Hoheit haben zugesagt, die 800 Thaler für die beyden Instrumente uns zu gewähren.

3) Folgen des guten Bergraths Hoffnungen, der sehr zu loben ist, daß er auch da noch sperirt, wo nicht mehr zu speriren ist.

4) Der Catalog mit schuldigstem Dank. Möchte uns doch bald die Freude werden, diese Schätze wieder gemeinsam zu betrachten.

[314] Wünschend und hoffend empfehle ich mich aber- und abermals zu freundschaftlichem Andenken.

W. d. 16. April 1813.

G.[315]


23/6550a.


An Thomas Johann Seebeck

Auf Ihre schöne Entdeckung komme ich in Gedanken immer wieder zurück, sie eröffnet das weiteste Feld der Betrachtung, denn es kann wohl nichts überraschender seyn, als daß durch eine gewisse mäßige Lichtanregung in durchsichtigen Körpern Farbenbilder zum Vorschein kommen, die, ein Gesetz zum Grunde habend, sich nach er verschiedenen Gestaltung jener Körper bedingt und abwechselnd erzeigen. Die Analogie mit den Chladnischen Figuren ist gleichfalls höchst wichtig. Wären es ruhigere Zeiten, so machte ich den Plan, Sie zu besuchen, denn ich bedürfte wohl wieder einer solchen Anregung und Belehrung, wie Sie nur geben können.

Teplitz, den 16. Mai 1813.[433]


23/6551.


An Friedrich Justin Bertuch

Ew. Wohlgeb.

vor meiner Abreise noch ein freundliches Wort zu vermelden, erkenne als eine angenehme Pflicht. Ich wünsche, daß meine Reise nach Töplitz dem Vorsatze nicht schaden möge, den Sie haben, die Höhencharte herauszugeben. Es ist aber alles so gut eingeleitet, daß es nicht fehlen kann. Möchte Herr Starke wegen der Illumination sich mit Herrn Hofrath Meyer noch einen Augenblick besprechen, so würde das der Sache günstig seyn.

ich empfehle mich zu freundschaftlichem Andenken und wünsche von meiner Reise etwas zurückzubringen, das auch Ihnen angenehm und nützlich seyn möge.

Weimar den 16. April 1813.

Goethe.


23/6552.


An Carl Dietrich von Münchow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

sende hierbey kurz vor meiner Abreise nach Töplitz, die beyden von dem mathematischen Büreau der Comission[315] mitgetheilten Verzeichnisse sowohl der Instrumente als der Bücher welche der Sternwarte gehören, mit dem Ersuchen, dieselben nach und nach in Empfang und Ihr Inventarium aufzunehmen. Der Hofmechanicus Körner wird was die ersten betrifft, die ihm zukommenden Dienste eifrig leisten.

Das parallactische Rohr so wie den Bordaischen Vollkreis werden Dieselben unter Ihrer Anleitung, wie es Zeit und Gelegenheit giebt, verfertigen lassen. Die 800 rh. welche sie kosten möchten, wird die Museums Casse zahlen.

Mehr sage ich nicht, sondern lege lieber eine Abschrift der Beredung bey, wie sie mit Körnern vor einigen Monaten gehalten worden.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 16. April 1813.


23/6553.


An Sara von Grotthuß

Werden Sie mir verzeihen, theuerste Freundinn, wenn ich mich für heute entschuldige? Ein unerwarteter Anlaß ruft mich nach Tharand. Morgen also genieße ich die Freude Sie wieder zu sehen.

Dresden 23. Ap. 1813.

Goethe.[316]


23/6554.


An Christiane von Goethe

[Naumburg, 17. April 1813.]

Denen lieben Personen, die uns von Weimar weggetrieben haben, sind wir schon einen sehr angenehmen Morgen schuldig geworden. Vor Seebachsburg begegnete uns ein Regiment Husaren, ihre Hütten und Zelte fanden wir leer; es sah aus, als wenn der Krieg für immer von uns Abschied nehmen wollte. Die Jenaischen Boten brachten Blumen und Packete vor wie nach und als wir nach Roßla zu einlenkten fanden wir alles im tiefsten Frieden; freylich stiller als im Frieden, denn wir vermißten die Fuhrleute die sonst um diese Zeit auf die Leipziger Messe zogen. Das Wetter bewölkte und entwölkte sich, zum Regen konnte es nicht kommen. Die Luft war warm und angenehm. Mein Begleiter erzählte mir eine alte Geisterlegende, die ich sogleich als wir in Eckartsberge still hielten rhytmisch ausbildete. Sie wird Herrn Riemer gesendet werden mit der Bitte, solche vorzulesen, aber nicht aus Handen zu geben. Auf immer gleich ruhigem Wege kamen wir vor der Mittagsstunde im Scheffel an, wo uns ein alter Keller mit großer Gemüthsruhe in den bekannten alten Zimmern empfing, uns jedoch nachher mit Gemüthlichkeit, als er merkte daß wir gemüthlich seyen, die neuesten Kriegsereignisse erzählte. Die Pässe wollten ihm gar nicht[317] ernsthaft vorkommen, doch versprach er, wenn wir es verlangten, sie vidiren zu lassen.

Da es Morgens früh gar zu sehr gestaubt hatte, gingen wir nach dem Dom, um Regen zu erbitten; allein der Himmel erhörte uns zu früh, und wir wären beynach tüchtig durchgenetzt worden. Wir gelangten jedoch glücklich in das altheilige, nunmehr vermodernde Gebäude, woraus wir gern einiges durch Kauf, Tausch oder Plünderung an uns gebracht hätte. Unter den Schnitzwerken der Chorstühle sind sehr hübsche Gedanken. Ein ganz dürrer, rebenartiger Stab schlängelt sich und wird durch mitumschlungene Acanthartige Blätter belebt. Noch sehr schöne gemalte Fensterscheiben sind übrig, ein Teppich, von dem die Theile der Figuren und des Grundes einzeln verfertigt, und hernach mehr zusammengestrickt als genäht sind. Manches Größere und Kleinere von Bronze. das Bild einer heiligen Schustertochter, die zum Wahrzeichen den Schuh nach von der Hand trägt. Ein Graf hatte sie wegen ihrer großen Schönheit geehelicht. Er starb früh und sie nahm den Schleyer. Sie muß sehr hübsch gewesen seyn, da sie, nicht zum besten gemalt, etwas aufgefrischt und noch ein wenig lackirt, doch immer noch reizend genug aussieht. Was aber besonders Freund Meyern zu erzählen bitte, ist folgendes. Das steinerne Bild eines Bischofs, Gerhard von Goch, hat mich in Erstaunen gesetzt; das heißt das Gesicht. Er ward 1414 installirt,[318] zog auf's Concilium zu Costnitz 1416 und ist derjenige, dem die Naumburger ihre Angst und wir das vortreffliche Schauspiel, die Hussiten, verdanken. Er starb 1422. Nun aber kommt die Hauptsache. Das Gesicht nämlich ist so individuell, charakteristisch, in allen seinen Theilen übereinstimmend, bedeutend und ganz vortrefflich. Die übrige Figur ist stumpf und deutet auf keinen sonderlichen Künstler. Nun erkläre ich mir dieses Wunder daraus, daß man sein Gesicht nach dem Tode abgegossen und ein nachahmungsfähiger Künstler diesen Abguß genau wiedergegeben habe. Dieses wird mir um so wahrscheinlicher, weil in den Augen eine Art von falscher Bewegung erscheint, und auch die Züge des untern Gesichts, bey sehr großer Natürlichkeit, doch nicht lebendig sind. Uralte Hautreliefs, gleichzeitig mit dem Kirchenbau. Sie stellen in einem Fries die Passion vor, sind höchst merkwürdig. Ich erinnere mich keiner ähnlichen. Doch konnte ich sie nicht scharf genug sehn und wüßte nichts weiter darüber zu sagen: denn wir eilten freylich wieder aus dem Heiligthume, wo es aus mehr als eine Ursache feucht, kalt und unfreundlich war. Solche Räume, wenn sie nicht durch Meßopfer erwärmt werden, sind höchst unerfreulich. An sehr schönen und eleganten, zwischen die catholischen Pfeiler eingeschobenen protestantischen Glasstühlen ist ein Mangel, so daß die Honoratioren sich nicht zu beschweren haben. Auf mein Befragen[319] versicherte mir der Künstler, der Prediger habe sich in diesem weiten und wunderlich durchbrochenen Raum gar nicht anzugreifen, wenn er nur deutlich articulire und das letzte Wort so genau ausspreche wie das erste. Das ist also ohngefähr, wie auf den Weimarischen Theater und wie überall, und hieraus kann man sehen was Reisen für einen großen Nutzen bringt. Übrigens sind die Merkwürdigkeiten unerschöpflich. Das Wichtigste, ein sonst höchst bewallfahrtetes wunderthätiges Marienbild steht nur in einer protestantischen Ecke und der Küster versicherte, der Kopf sey hohl, mit Wasser gefüllt hätten muthwillige Fischlein im Gehirn schwimmend, zu gelegener und ungelegener Zeit, Thränen auspreßt. Ich habe Sünder gekannt mit hohlen Köpfen, denen auch solche Fischlein im Gehirn schwimmend, zu gelegener und ungelegener Zeit, Thränen auspreßten. Ich übergehe einige andre Hauptnebenpuncte, als die Bestien am Gesims, welche Wasser spieen, wenn's regnete, zur Ergetzung der Christenheit, und was dem sonst mehr seyn mag.


Dresden den 21. April.

Vorstehendes war gleich den 17. Abends in Naumburg geschrieben und sollte, zum Beweis meines Wohlbefindens, sogleich abgehn; allein de Postcurs war gehemmt und wir mußten das Blättchen mit uns nehmen. Am Ostertage hatten wir auf dem Wege nach Leipzig trübes und stürmisches Wetter, fortdauernd,[320] vortrefflichen Weg, aber so menschenleer, daß man in der Wüste fahren zu glaubte. Der Himmel heiterte sich auf und schon um 12 Uhr zogen wir in Leipzig im Hôtel de Saxe ein. In Markranstädt hatten wir einige Russen gesehn, die sich mit irgend einer Art von Spiel divertirten. Ein sehr gutes Essen stellte uns wieder her, wir durchzogen die Stadt, die gerade wegen des schneidenden Winters nicht erfreulich war. Abends gingen wir in's Declamatorium des Herrn Solbrig. Hohler, geist- und geschmackloser ist mir nicht leicht etwas vorgekommen; das Publicum aber hat mir gefallen. Es mochten gewiß an 300 rh. eingekommen seyn, sie applaudirten aber nur ein einzig Mal, als er den Kaiser Alexander hoch leben ließ. Hätte der arme Schlucker sein Handwerk verstanden, so hätte er gleich Wohl auf Cameraden! auf's Pferd, auf's Pferd! angestimmt, und hätte gewiß große Sensation erregt. Dagegen fing er mit jämmerlichen Ton das elendeste jammervollen deutschen Lieder zu recitiren an: Ich habe geliebet, nun lieb ich nicht mehr. Er rührte sich aber hierauf, so wie nach andern ähnlichen Dingen keine Hand weiter und wir machten uns in Zeiten davon. Dagegen schrieben wir zu unserer Lust die von August erzählte Todtentanzlegende in paßlichen Reimen auf. Sie soll dem Prinzen Bernhard dedicirt und übersendet werden. An Spargel und an sonstigem Guten hat es auch nicht gefehlt.

[321] Montag den 19. fuhren wir ohne irgend ein Ereigniß, bey guten und leeren Straßen auf Wurzen, wo wir neben der Fähre eine ganz neue Militärbrücke fanden. In Oschatz fanden wir einen leidlichen Gasthof zum Löwen und schrieben daselbst eine Parodie des Solbrigschen Lieds, sie beginnt: Ich habe geliebt, nun lieb ich erst recht! und so geht es denn weiter. Von Leipzig heraus war die Gegend beschneyt und bereist, das thauete aber weg und verlor sich; von einer gar freundlichen Abendsonne beleuchtet sahen wir das schöne Elbthal vor uns und gelangten zu rechter Zeit nach Meißen in den Ring. Ein großes Fourage Magazin gegenüber versorgten unzählige Fuhren, weshalb die Wagen den ganzen Platz einnahmen. Eine Wittwe mit zwey Töchtern versorgte den Gasthof in dieser schweren Zeit, die jüngste erinnerte mich an euere glückliche Art zu seyn. Sie erzählte die Verbrennung der Brücke mit großer Gemüthruhr und wie die Flamme in der Nacht sehr schön ausgesehn habe. Die zusammenstürzende Brücke schwamm brennend fort und landete am Holzhof, weil aber nichts das mindeste Lüftchen wehte, so erlosch alles nach und nach. In anderthalb Stunden war das ganze Feuerwerk vorbey. Ferner erzählte sie von den Kranken und Gefangenen, die sie gespeiset hätte, von der Einquartierung in den letzten Zeiten, wie die Cosacken ihre Pferde abgesattelt, sich in Kähne gesetzt und die Pferde nachschwimmen lassen. Das war alles[322] vorübergegangen und Meißen befand sich vor wie nach. Dieß ist's was am meisten aufheitert, wenn man am Orte kommt, wo der Krieg wirklich getobt hat, und doch noch alles auf den Füßen findet.

Dienstag der 20. war ein sehr angenehmer und unterrichtender Tag. Vor allen Dingen bestiegen wir das Schloß und besahen uns zuerst die Porcellanfabrik. Die Vorrathssäle nämlich. Es ist eigen und beynach unglaublich, daß man wenig darin findet, was man in seiner Haushaltung besitzen möchte. Das Übel liegt nämlich darin. Weil man zuviel Arbeiter hatte (es waren vor 20 Jahren über 700) so wollte man sie beschäftigen und ließ immer von allem was gerade Mode war, sehr viel in Vorrath arbeiten. Die Mode veränderte sich, der Vorrath blieb stehn. Man wagte nicht, diese Dinge zu verauctioniren oder in weite Weltgegenden um ein Geringes zu versenden und so blieb alles beysammen. Es ist die tollste Ausstellung von allem was nicht mehr gefällt und nicht mehr gefallen kann, und das nicht etwa eins, sondern in ganzen Massen zu hunderten ja zu tausenden. Jetzt sind der Arbeiter etwa über 300. Hauptmann von Wedel, ein Bruder unsers guten Oberforstmeisters, hat die Direction, freute sich einen Weimaraner zu sehn und war äußerst gefällig. Hinter den wohlgeputzten Scheiben einer Wohnung auf dem Schloßplatze sahen wir eine von den lieblichsten Erscheinungen. Ein schönes Mädchen, von etwa 4 Jahren,[323] wurde eben zum 3. Feyertage von der Mutter angezogen und stand auf dem dunkeln Grunde wie ein Porträtchen, das van Dyk und Rubens nicht schöner hätten malen können. Die Schönheit des Kindes, die günstige Beleuchtung, der dunkle Grund, der Firnis des Glases, alles trug dazu bey, daß man sich nicht satt sehen konnte, und als ihr nun die Mutter das Halskräuschen umlegte, war das Bildchen völlig fertig. Während der ganzen Zeit sah sie uns an und schien beynah zu empfinden, daß es was artiges sey, so aufmerksam angesehen zu werden. Der Dom, der auf demselben Platze steht, hat aus mehreren Ursachen äußerlich nichts Anziehendes, inwendig aber ist es das schlankste schönste aller Gebäude jener Zeit, die ich kenne, durch keine Monumente verdüstert, durch keine Emporkirchen verderbt, gelblich angestrichen, durch weiße Glasscheiben erhellt, nur das einzige Mittelfenster des Chors hat sich bunt erhalten. In eben dem Chor waren wir auffallend und neu die aus Stein gehauenen Baldachine über den Sitzen der Domherrn. Es sind Capellen und Burgen die in der Luft schweben und das Geistliche mit dem Ritterlichen wechselt immer ab. Eine höchst schickliche Verzierung, wenn man denkt, daß die Domherren altritterlichen Geschlechts waren und die Capellen ihren Thürmen verdankten. Ich habe mir gleich eine Zeichnung davon gemacht, die den ganzen Begriff giebt, den man durch Beschreibung niemandem geben kann.

[324] Zum Frühmahl ward ein Karpfen mit pohlnischer Sauce genossen, wie er uns den Abend vorher schon trefflich geschmeckt hatte. Ich besah noch die Pfeiler der abgebrannten Brücke und fuhr um halb 1 ab. Bey halb gedecktem Himmel war die Luft kühl und doch Sonnenblicke so reichlich, daß wir die vergnüglichste Fahrt hatten. Wir zogen über die neugeschlafene Schiffbrücke und dann an dem rechten Ufer der Elbe hin, das über alle Begriffe cultivirt und mit Häusern bebaut ist, die erst einzeln, dann mehrere Stunden lang zusammenhängend, eine unendliche Vorstadt bilden. In der Neustadt fanden wir alles auf dem alten Fleck, der metallne König galoppirte nach wie vor auf derselben Stelle unversehrt. In Weimar hätten Sie ihm schon durch die Explosion der Brückenbogen einen Arm weggeschlagen. Schon 1/2 Stunde von der Stadt begegneten uns reichliche Spaziergänger, sogar eine lesende Dame; auf der Brücke aber erschien der 3. Feyertag in seinem völligen Glanze, unzählige Herren und Damen spazierten hin und wieder. Die beyden gesprengten Bogen sind durch Holzgerippe wieder hergestellt, aber nicht bis zur Höhe der steinernen Brücke, weswegen man hinunter und wieder hinauf fahren muß. Was diesen Mißstand veranlaßt, erfuhren wir nicht. Auch die Stadt war sehr belebt. In der Moritzstraße hielten Russen, erwartend eine selige Bequartierung. Uns aber ging's wunderlich; denn als ich an der Wohnung des Prinzen Bernhard[325] anfuhr, begegnete mir Hauptmann Verlohren und erzählte, daß er eben das Haus geräumt und für die Hoheit eingerichtet habe. Ich bewunderte die gute Austheilung und anständige Einrichtung, fand auch Körners und andere Damen daselbst, welche diese Anstalten beurtheilen wollten und billigten. Hauptmann Verlohren verschaffte uns sogleich ein ander Quartier in der 1. Etage seiner Wohnung, bey Herrn Hofrath von Burgsdorf. Wir sind auf das allerbequemste eingerichtet, finden gute Bedienung, herrliches und nicht zu theures Essen in einem nahen traiteuerhause, unser Wein hat bis heute gehalten, der Rack natürlich auch. Herrn von Ende besuchte ich heute früh, sodann Körners, wo ich Herrn Arndt antraf, der sich als Patriot durch Schriften bekannt gemacht. Und so weit wären wir gekommen, bis zu halb 3 nach Tische den 21. April. Leider ist nun der Wein ausgegangen und der doppelt so theure schmeckt nicht. Nun wünscht man recht wohl zu leben und hofft auf die Fortsetzung.

G.


[Dresden, 25. April 1813.]

Mittwoch den 21. Nachmittag gingen wir zu den Mengsischen Gypfen, waren mehrere Stunden vollkommen vergnügt und belehrten uns auf's beste. Viele Russen gingen auf und ab und ließen sich von dem Inspector was vorerzählen. Ein junger hübscher Officier hielt sich in der Gegend wo ich war und als ich es bemerkte redete ich ihn an. Er nannte sich einen[326] Herrn von Nolten, der Name war mir bekannt. Einer seiner Verwandten hat eine Zeitlang in Jena, Weimar und Rudolfstadt gelebt. Vielleicht erinnert ihr euch dessen. Ich sagte, wenn er nach Weimar käm, sollte er mein Haus besuchen, es ist gar nicht unmöglich und wer weiß, was so eine Bekanntschaft für Nutzen bringen kann.

Regierungsrath Graff von Königsberg, dessen sich August erinnern wird, ist hier bey der Verwaltungscomission angestellt. Er hatte sehr große Freude mich zu sehn. Abends gingen wir in's Schauspiel. Cosi fan tutte, italiänisch, war angekündigt. Nein! so ein Schreckniß ist mir niemals angekommen. Alte vermagerte, ja lahme Frauen, statt der lustigen Dirnen, Liebhaber, steif und stockig über alle Begriffe, der Buffo nicht der Rede werth; der Gesang gerade nicht schlecht, aber unerfreulich. Mir ward so angst, daß ich mich flüchtete wie die Officiere in's Schiff stiegen. Auf dem Rückwege begegnete mir ein großer Volksauflauf über den weg ein schöner Postzug hervorragte, eine treffliche Reisechaise mit Bache und auf dem Bocke der Hofmockel. Der Wagen hielt vor einem Hause, ich drängte mich durch's Volk und sah Schwebeln ausstiegen, den 4. April hatte er in Weimar von mir Abschied genommen. Herr von Ende und Verlohren haben sich seiner angenommen, er hat einen Arzt und gute Wartung.

[327] Des Nachts gegen 11 weckte mich eine fürchterliche Erscheinung. Die Straße war von Fackellicht erhellt, und ein wildes Kriegsgetöse hatte mich aus dem Schlafe geschreckt. Eine Collone hatte in der Straße Halt gemacht. Es war eine unangesagte Einquartierung. Ganz verwünscht sah es aus, wenn sich die Thore der großen Häuser auftheten und 10. 20. 30 bey Fäckelschein in ein Gebäude einstürzten. Doch sind die Wirthe das nun schon gewohnt, sie haben Stuben und Lager wie sie konnten eingerichtet, Essen halten sie schon gekocht parat und wärmen es nur. Dicke Grütze, Rindfleisch und Sauerkraut, Kartoffelsalat mit viel Zwiebeln und Knoblauch, Branntewein sind die Hauptingredienzien des Gastmahls. Donnerstag den 22. gingen wir nach dem Kupferstichkabinett, wo wir uns an großen Bänden nach Raphael gar trefflich ergetzten, alte Bekanntschaften erneuerten und neue ganz unvermuthet machten. Nach Tisch auf die Gallerie. Die besten Sachen sind auf Königstein geflüchtet, aber an dem was zurück blieb hätte man ein Jahr zu sehn; doch war das erste was uns der Inspector Demiany verkündigte, daß Director Riedel auf dem Königstein sey, um alles wieder herbeyzuholen. Das wollen wir denn auch abwarten und als ein Glückszeichen ansehn.

Dresden ist freylich jetzt sehr lebhaft; wenn man denkt, daß er schon für sich im Gewissen 40000 Einwohner hat, was dieses schon in Friedenszeiten für[328] eine Bewegung giebt, und was für Bedürfnisse für eine solche Menge müssen zusammengeschafft werden. Nächstens soll eine Übersicht des Wochenmarkts folgen insofern es möglich ist.

Auffallend war folgende Erscheinung: Chorschüler, aber nicht etwa in langen Mänteln wie sonst, sondern in knappen schwarzen Fracks und überhaupt schwarz gekleidet, etwa 30 an der Zahl, gingen, 4 Mann hoch, Arm in Arm, mit großen Stürmern auf den Köpfen, der Präfect voraus durch die Straßen. Sie marschirten nach der Melodie eines Gassenhauers, der ohngefähr so heißen mag:


So gehen wir gessaten

Wir lustigen Cameraden

Und ziehen frank und frey


Und was man uns genommen

Das haben wir nicht bekommen,

Und wenn uns nun der Teufel holt,

So sind wir auch dabey.


Vor den ansehnlichsten Häusern und auch vor dem unsern machten sie Fronte, sangen einen Vers desselben Lieds oder auch eines etwas ernsteren und dann zogen sie weiter. Der militärische Geist war auch schon völlig in diese Schwarzröcke gefahren.

Daß die Cosacken, die auf dem Markte halten, von allen Menschen umgeben und angestaunt werden, ohne sich in ihrer Gemüthsruhe im mindesten stören zu lassen, darf ich kaum sagen; aber wie lief jung[329] und alt zusammen als sie ein Cameel mitbrachten, zum ächten asiatischen Wahrzeichen.

Ich sah mehrere dieser seltsamen Fremdlinge vor einem Laden stehn, wo Nürnberger Tand feil war. Sie kauften Nadelbüchsen und hatten große Freude an den Pferdchen, besonders an den bespannten Kutschen. Sie unterhielten sich darüber, deuteten auf alles ganz nah mit einer gewissen naiven Anmuth hin, berührten aber nichts.

Auf demselben Spaziergang kaufte ich einen Fündling. Ihr müßt aber nicht erschrecken, als wenn die Familie vermehrt werden sollte, vielmehr dient Herrn Riemer zur Nachricht, daß es ein seltsames Gestein sey, dem man keinen Namen geben kann und das sich vielleicht nur einmal findet. Daß Truppen, besonders aber Officiere zu Pferd und zu Fuß in Wagen und aufwagen hin und her zeihen, läßt sich denken. An Fourage Fuhren fehlt es nicht, vom Lande kommen viele Menschen herein und es ist ein großes Treiben den ganzen Tag. Dazwischen fehlt es nicht an Orgelmännern, seltsam gekleideten Kinder die Kunststücke machen, und sonst an Buden und Läden, wo, wie an der Messe allerley Wunderliches zu sehn ist.

Ich habe mir einen Plan von Dresden angeschafft und mache mir nach demselben mit der Stadt und den Vorstädten bekannt. Bewegung und Zerstreuung thun mir gar wohl. Ich fange nun erst an, mich wieder zu erkennen. Geht es auch euch gut, so bleibt[330] mir nichts weiter zu wünschen. Ich habe noch nicht viel Personen gesehn und ist auch nicht viel Freude dabey. Man hört nichts, als was man leider schon mit sich selbst hat abthun müssen. Das Vergangene zu hören ist ekelhaft, und wer wüßte von der Zukunft was zu sagen. Proclamationen, Befehle, Gedichte und Flugschriften giebt's unzählige. Für August wird eine vollständige Sammlung gemacht.


Wenn es dir, mein liebes Kind so gut geht als du es um mich sonst und jetzt verdienst; so kannst du zufrieden seyn. Die Bewegung und Zerstreuung hat mich bald wieder hergestellt. Lebe recht wohl und liebe mich.

[Dresden] d. 25. Apr. 1813.

G.


Beyliegende Blätter giebst du nicht aus der Hand vorlesen könnt ihr daraus nach Belieben und Schicklichkeit. Gedichte kommen nächstens.


23/6555.


An Sara von Grotthuß

Gestern Abend habe ich zwar nicht feyerlichen, aber doch herzlichen Abschied genommen, da ich voraus sah, daß mich meine Pflicht nach Töplitz rufen würde. Haben Sie tausend dank für alles Freundliche[331] und Gute. Gedenken Sie meiner und lassen Sie uns auf ein frohes Wiedersehn hoffen. Dresden den 26. April 1813.

Goethe.


23/6556.


An Josephine O'Donell

Als ich einst den freylich etwas wunderlichen Gedanken äußerte, daß es doch ein Unterschied seyn möchte, ob correspondirende Freunde zusammen in den Kaiserl. Erbstaaten lebten, oder ob ein Brief erst über die Grenze gehen müsse, kam dieses einer trefflichen Freundinn sehr seltsam vor und sie behauptete, es sey ganz einerley, welcher Ort auf der Adresse stehe, weil denn doch der Brief, früher oder später, in die rechten Hände kommen werde. Aber leider soll ich dießmal, wie es scheint, wider Willen recht behalten: denn wenn ein gewisser Brief, den ich vorlängst abgesendet und in welchem ich mich, nach meiner Weise, treu und freundlich dargestellt, nicht verloren gegangen, sondern wirklich in die Hände der edlen Freundinn gekommen, so muß es mich sehr betrüben, daß bisher von derselben gar nichts weiter zu vernehmen gewesen, und dieses um so mehr, als die äußeren Umstände von der Art sind daß einem jeden Gutdenkenden eine innere Erquickung wohl zu gönnen wäre.

Gewissermaßen als Flüchtling aus dem sehr ruhigen Thüringen in dem friedlichen Böhmen angelangt,[332] ist mein Erstes, die Augen oftwärts zu wenden und zu hoffen, daß mir von dorther einige gnädige und freundliche Blicke möchten entgegen kommen. Ich bedarf deren um so mehr, da ich gleich den ersten Tag meiner Abreise von aller Communication mit dem was ich zu Hause liebe und verehre, abgeschnitten worden, jetzt wenig mehr von dorther weiß, als was der Ruf mir sagt, der, wenn er auch, wie immer, vergrößert, doch nicht das Beste meldet.

Unserer Erbprinzeß Hoheit befindet sich hier in demselben Falle, und wir Kleinen bescheiden uns um so eher, wenn uns ein ungünstiges Schicksal trifft, da wir es mit den Großen theilen, die nicht allein durch ihren Stand, sondern auch durch ihre herrlichen Eigenschaften über solches Unbild der Zeit erhoben seyn wollten. Heute ward sie durch den Besuch ihres kaiserlichen Bruders erquickt und beglückt. Sie erheitert zu sehen ist jedem der sie liebt und verehrt die größte Wonne.

Sollten Sie nun fragen, verehrte Freundinn, wo ich denn eigentlich wohne? so liegt jetzt die Aussicht aus meinem Fenster bey, die Sie hoffentlich nicht verkennen werden. Sie ersehn daraus, daß ich in dem kleinen Gartenhaus wohne, das goldne Schiff rechts habe, mich aber vergebens nach den Eckzimmern und ihrer vormaligen Bewohnerinn umsehe.

Das Fürstenhaus ist sehr hübsch neu eingerichtet und freundlich decorirt. Dieß berechtigt zu den schönsten[333] Hoffnungen. Wo und wie ich für ewig empfohlen seyn möchte, dieß nehmen Sie mir aus dem Munde. Das schöne Album, in welchem freylich der Herzog nur noch allein sich eingeschrieben hat, ist wieder mit hier. Ich hoffe, es soll Glück haben und mir Glück bringen. Wie viel kommt nun zusammen um die Hoffnung zu nähren daß die Freundinn mir nicht weiter schweigen wird. Wie unveränderlich ich Ihnen ergeben bin fühle ich erst jetzt an dem Orte den Ihre Gegenwart verschönte. leben Sie tausendmal wohl und lassen mich nicht lange auf ein Paar Zeilen warten!

Töplitz den 27. April 1813.

abgegangen d. 30ten.

Goethe.


Noch ein Blättchen lieg ich bey um zu sagen daß ich eben von Weimar ganz gute Nachrichten erhalte. Der Herzog hat sich von einem Übel am Fuße wieder hergestellt. Im ganzen genommen haben sie von dorther weniger von Unglück als von Angst, Sorge und Unbequemlichkeit zu sagen. Wer findet jetzt nicht immer einen dem es noch schlimmer geht als ihm.

Leider ist Töplitz jetzt so eine Art von Fegefeuer wo sich halbverdammte Seelen unter einander peinigen indem sie sich zu unterhalten gedenken.

Alle Gute Geister mit Ihnen!

G.[334]


23/6557.


An Carl Friedrich Zelter

Beykommendes, mein theuerster Freund, war dir schon lange bestimmt, ich zauderte es abzusenden: denn man wußte kaum zuletzt mehr, mit wem man in der Welt noch zusammenhinge, oder nicht; jetzt finde ich eine gute Gelegenheit es nach Berlin zu bringen. Nachdem ich erst um deinetwillen besorgt gewesen, konnte ich mich bald beruhigen, nun bin ich für mich und das Meinige besorgt, und vielleicht sobald nicht beruhigt. Am 17. April ging ich, mehr durch Zureden der Nächsten und Freunde, als aus eignem Entschluß von Weimar ab. Ich war noch mit einem preußischen Passe durch die Chaine gekommen, als am 18. die Franzosen nicht ohne Gewalt wieder in Weimar einrückten. Davon weiß ich aber selbst nicht mehr, als was der allgemeine Ruf verkündet; denn ich habe seit der Zeit weder etwas von dorther vernommen, noch hat ein Brief von mir von mir dorthin gelangen können.

In Dresden sagte mir Dr. Sibbern, daß er dich gesehn, daß du ihm etwas an mich habest mitgeben wollen, daß du aber deshalb abgestanden, weil er wahrscheinlich nicht nach Weimar kommen würde. Dahin wird er freylich nicht gelangen, aber in Dresden wäre es mir erfreulich gewesen, etwas von dir zu vernehmen. Ich lege eine kleines Liedchen bey, eine Parodie auf das elendeste aller deutschen Lieder: Ich habe [335] geliebt, nun lieb ich nicht mehr. Wäre das Dichten nicht eine innere und nothwendige Operation, die von keinen äußeren Umständen abhängig ist, so hätten dies Strophen freylich nicht in der jetzigen Zeit entstehen können, und da ich denke, daß ihr immer einmal wieder tafeln und singen werdet, so sey euch dieser außerzeitige Scherz gewidmet.

Lebe recht wohl und laß mich bald etwas von dir erfahren.

Töplitz den 3. May 1813.

Goethe.


[Beilage.]

Ich habe geliebet, nun lieb ich erst recht,...


23/6558.


An Leopold Edlen von Lämel

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben das vorige Jahr mich so zuvorkommend und freundschaftlich behandelt, daß ich mich nicht lange in Töplitz aufhalten kann, ohne Denenselben von meiner Ankunft Nachricht zu geben. Ich wünsche zu vernehmen, daß Sie sich mit den verehrten Ihrigen im besten Wohlseyn befinden. Hier, an dem friedlichen Orte erlebe ich freylich einen großen Unterschied gegen die Unruhen in Thüringen und in Sachsen, durch die ich hierhergelangt bin. Ich denke die Cur zeitig anzufangen, sowohl weil sie mir im Frühjahr angerathen ist, als auch weil ich Raum zu gewinnen[336] hoffe, in Prag meinen Dank wiederholt mündlich abzustatten, und diese uralte Stadt mit einiger Muße zu betrachten.

Auch meinen kleinen Cassebedarf nehme ich mir die Freyheit abermals zu empfehlen mit der Bitte, mir, wenn Sie es im Augenblick für räthlich halten, für 200 fl. Sächs. Einlösungsscheine gefälligst zu übersenden. Keine Eil hat es damit: denn ich habe schon hier von Freunden das anfänglich Nöthige erhalten; doch bitte ich darüber um einige gefällige Nachricht. Es wird von Denenselben abhängen, ob ich den Betrag hier in loco baar oder durch eine Assignation an die Herren Frege und Comp. in Leipzig zu erstatten habe.

So viel für dießmal mit der Versicherung der aufrichtigsten Hochachtung mit der ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Töplitz, im goldnen Schiff. d. 3. May. 1813.


23/6559.


An Christiane von Goethe

Töplitz den 10. May 1813.

Seit meiner Abreise habe ich manche Blätter dictirt, die, wie ich hoffe, nach und nach in euere Hände kommen werden. Gestern erhielt ich das Schreiben vom 30. April , wofür Wolffen der schönste Dank gesagt seyn soll, so wie für alles Gute, was er euch in diesen[337] unruhigen Zeiten geleistet hat. Mir ist es durchaus wohl gegangen und nichts als Angenehmes und Unterrichtendes ist mir begegnet. Ich recapitulire kurz die Geschichte der vergangenen drey Wochen. Den 17. übernachteten wir in Naumburg, den 18. in Leipzig, den 19. in Meißen, den 20. besahen wir uns früh in Meißen und langten Abends in Dresden an. Die Wege waren durchaus vortrefflich und das Wetter meist sehr schön. Den 21. sahen wir uns in Dresden um, betrachteten besonders die Mengsischen Gypsabgüsse, den 22. das Kupferstichkabinett und auf der Gallerie. Ich sah mich in den Vorstädten um. Den 23. fuhren wir nach Tharand und hatten eine lehrreiche Unterhaltung mit Forstrath Cotta, auch fand ich O'Carolls daselbst. Den 24. kam der russische Kaiser und der König von Preußen nach Dresden. Sonntag den 25. reisten wir um Mittag ab und nach Pirna. Den 26., nach einer Fahrt von 9 Stunden kamen wir nach Töplitz, den 27. kam der Kaiser von Rußland, die Hoheit zu besuchen. Mittwoch den 28. fing ich an zu baden, Abends fuhren wir gegen Bilin. Den 29. nach Graupen, die Zinnwerke zu besuchen. Den 30. Mittags und Abends bey der Hoheit. Meine Arbeiten waren seit meiner Ankunft gut von Statten gegangen. Vom 1. May bis den 8. gebadet, gearbeitet, und in der Gegend umhergefahren. Den 9. fuhr die Hoheit mit ihrer Schwester Catharina, welche den 7. Abends angenommen war, nach Prag.

[338] Das Baden bekommt mir ganz außerordentlich wohl, ich wüßte nicht, mich jemals besser befunden zu haben. Die Zahl der Curgäste vermehrt sich täglich durch Blessirte und Pesonen von Dresden. Die Einlösungsscheine haben seit unserm Hierseyn zwischen 142 und 160 geschwankt. Der Aufwand ist dem Carlsbader vom vorigen Jahre ohngefähr gleich. Kutsch und Pferde machen die größte Annehmlichkeit des Aufenthalts. Der Kutscher versieht allen Dienst hinlänglich; wir wohnen in einem kleinen Gartenhause und haben die schönsten Blüthen vor uns. Da ich wegen eurer im ganzen beruhigt bin, so wüßte ich mir weiter nichts zu wünschen. Schreibt mir manchmal auf dem einschlagenen Wege, ich werde das Gleiche thun. Lebet recht wohl! in Hoffnung eines fröhlichen Wiedersehns. Grüßet alle Freunde.


23/6560.


An Christiane von Goethe

Ob du, mein liebes Kind, die Geschichte unserer ersten Reisetage, die ich bey Herrn von Verlohren in Dresden zurückließ, erhalten hast, ist freylich sehr ungewiß. Auch ist erst gestern über Eger ein Brief an dich abgegangen. Weil dieser aber wahrscheinlich geschwinder zu dir kommt, so will ich dir dessen Inhalt kürzlich wiederholen, vorher aber sagen daß mich der Brief vom 30. Apr. höchlich vergnügt hat,[339] für den so wie für alles andre Gute Wolffen der beste Dank werden soll.

Sonnabend den 17. kamen wir zeitig nach Naumburg und besahn uns noch in der Stadt. Den 18. waren wir in Leipzig und konnten uns umsehn. Abends gingen wir in ein Declamatorium. Den 19. kamen wir Abends nach Meißen, bey dem herrlichsten Weg und dem besten Wetter. Uns begegneten fast keine Truppen. Den 20. befanden wir uns im Dom und sonst, und fuhren Abends nach Dresden. Den 21. und 22. besahen wir die Merkwürdigkeiten von Dresden, den 23. fuhren wir nach Tharand wo wir den Forstrath Cotta besuchten. Den 24. kamen Kaiser und König. es war ein unendliches Treiben und Wesen. Den 25. fuhren wir nach Pirna und hatten daselbst einen sehr schönen Abend. Den 26. um 3 Uhr waren wir in Töplitz, ich fing gleich an zu baden, spazieren zu fahren und zu arbeiten. Die umliegende Gegend besuche ich fleißig. So ging es fort bis Sonntag den 9., da erhielt ich euren Brief, der mich sehr beruhigte. Die Hoheit ging nach Tafel ab und seit der Zeit hab ich im Stillen mein einfaches Leben fortgetrieben. Das Bad bekommt mir wieder ganz vortrefflich und es fehlt mir nichts als öftere und ausführlichere Nachricht von euch.

Ein herzliches Lebewohl.

Töplitz den 14. May 1813.

G.[340]


23/6561.


An Simon Edlen von Lämel

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben durch einen gefälligen Brief vom 7. May mir eine Sendung von Einlösungsscheinen zugesagt. In Erwartung derselben statte ich vorläufig meine Schuld um so mehr ab, als ich Dieselben mit einer neuen Bemühung zu beschweren habe. Ich wollte nämlich bitten, an Herrn Rath Völkel, den Geschäftsträger Ihro K. Hoheit der Frau Erbprinzeß von Weimar, 200 fl. Einlös. Scheine unschwer anzahlen zu lassen, wogegen eine Assignation auf 400rh. Sächs. an die Herren Frege und Comp. in Leipzig, nebst Avisbrieg beyliegt. Das Übrige, was mir sodann noch zukommt, würde von Ihrer Gefälligkeit erwarten.

Mich unter manchen angenehmen Hoffnungen auf das angelegentlichste empfehlend.

Töplitz den 17. May 13.


[Beilage.]

Assignation.

Die Herren Geh. Cammerrath Frege und Comp. in Leipzig belieben an Herrn Simon, Edlen von Lämel in Prag oder dessen Ordre, gegen diese meine Anweisung, für Rechnung des Herrn Dr. Cotta in Stuttgart die Summe von 400 Thalern Sächsl. gefällig auszahlen zu lassen.

Töplitz den 18. May 1813.[341]


23/6562.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtster Herr!

Ew. Wohlgeb. haben die Gefälligkeit, gegen eine von mir zu Gunsten Herrn Simon Edlen von Lämel in Prag ausgestellte Assignation, die Summe von 400 Thaler Sächs. für Rechnung des Herrn Doctor Cotta in Stuttgart auszahlen zu lassen. Ich werde diese Bemühung, wie immer, dankbar erkennen, mit der Versicherung, daß ich bisher, zu einer Zeit, wo man für sich und seine Freunde soviel zu soregen hat, mich fortwährend nach Ihrem befinden angelegentlichst erkundigt mich jeder guten Nachricht aufrichtist erfreut habe.

Der ich das Beste wünschend mich zu fernerem Wohlwollen und geneigtem Andenken empfehle.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Töplitz den 18. May 1813.

J. W. v. Goethe.[342]


23/6562a.


An Julius Adolph Völkel

Wohlgeborner,

insonders hochgeehrtester Herr!

Ew. Wohlgeb. danke ergebenst für die mitgetheilten guten Nachrichten sowohl, als auch für die übersendeten Briefe, die mich über der Zustand der Meinen völlig beruhigen. Sollte Herr von Spiegel noch in Prag seyn, oder [wenn] Sie sonst an ihn Gelegenheit hätten, so bitte, demselben schönstens dafür zu danken. Können Sie höchsten und hohen Orts meiner gedenken, so werde ich deshalb sehr verbunden seyn. Sich von Teplitz entfernt zu haben, ist ein wahrer Gewinn: denn die Unruhe aller Art nimmt hier täglich zu und man sieht derselben gar kein Ende. Möge es Ihnen in den alten Prag recht wohl gehn! An Unterhaltung kann es nicht fehlen.

Mit der heutigen Post schreibe ich an H. Simon Edlen von Lämel, Banquier in Prag, daß er Denenselben 200 fl. Einlösungsschein wiedererstatte, für deren bisherigen Creditirung ich zum schönsten danke.

Mich unter den besten Wünschen zu geneigtem Andenken empfehlend.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Teplitz den 18. May 1813.

J. W. v. Goethe.[145]


23/6563.


An Christiane von Goethe

[Töplitz, 21. Mai 1813.]

Freytag den 23. fuhren wir nach Tharand. Der Weg dahin durch ein Thal an der Weisseriz hinauf, das sich bald sehr verengt, bald wieder erweitert, und[342] zu schönem Feldbau Gelegenheit giebt, ist höchst angenehm. Die Lage des Badeörtchens selbst ist wirklich gefällig. An dem Puncte, wo zwey Thäler zusammen kommen, steht die Ruine eines großen und weitläuftigen Schlosses auf einer isolirten Anhöhe. Um dieselbe und in die beyden Thäler hinauf ist der Ort gebaut, das Badehaus groß und geräumig und auch zum Logiren eingerichtet. Ich erneuerte die Bekanntschaft mit Herrn Forstrath Cotta, dessen Anstalt junge Leute zum Forstwesen zu bilden sehr gut gedeiht. Andere Erziehungsinstitute schließen sich an und greifen in einander. Auch besuchte ich Herrn von O'Caroll, der mit Tochter und Enkel sich in jenes friedliche Eckchen der Welt geflüchtet hat. Wir speisten und tranken gut und waren Abends zur rechten Zeit wieder zu Hause. Ich besuchte noch Frau von Grotthuß.

Sonnabends früh war alles auf den Beinen, weil man die Ankunft der Potentaten erwartete. Ich ging über die Brücke und besuchte Kügelgen in der Neustadt. Cosacken, Uhlanen, andere Reuterey, Fuhrwerke aller Art, von den schechtesten Kibitken bis zu den kostbarsten Reisewagen bewegten sich hereinwärts. Die wohlmontirte und sich gut präsentirende Dresdner Bürgergarde hinauswärts. Die Ankunft der hohen Häupter verzog sich. Ich ging wieder zurück nach Hause, sodann mit meiner Wirthinn Frau von Burgsdorf in die Canzley des Finanzcollegiums, deren[343] Fenster gerade auf die Brücke gingen. Doch als mir's da zu warm und zu eng ward, ging ich mit Forst. Cotta wieder in die Neustadt, nach dem schwarzen Thor, wo man ein paar bekränzte Säulen aufgerichtet hatte, an deren Fuß die Bewillkommnung vor sich gehn und hübsche weißgekleidete Kinder wie gewöhnlich Blumen streuen sollten. Hier erfuhr ich den Unfall welcher Weimar betroffen hatte auf eine Weise, die mich mehr verdroß als erschreckte. Meine eigne so wunderbare und unvorsetzliche Entfernung gab mir die Hoffnung, daß auch von euch das Übel werde entfernt geblieben seyn. Kaiser und König ritten endlich ein, es war 1/2 1 Uhr. Die Garden, wundersam schön, männlich und militarisch, folgten, bey 8000 Mann Infanterie. Mit Muth kamen wir zurück in die Stadt. Auf dem Neumarkte hielten Kaiser und König. Hier sah ich noch den Rest der Infanterie, alsdann Cavallerie und starke Artillerie vorbey defiliren. Nachts war Illumination, fast durchaus mit Lichtern hinter den Fenstern. Ein einziges Haus hatte einen transparenten Tempel, daneben Inschriften mit ziemlich kleinen Buchstaben, an welchen die Zuschauer die Schärfe ihrer Augen übten, ohne daß sie solche ganz hätten lesen können. Überhaupt scheint man, was diese Dinge betrifft, in Dresden nicht stark zu seyn. So waren die Festone, womit die beyden Empfangssäulen oben verbunden waren, dergestalt dünn und mager, daß man sie den Mädchen auf die Kleider[344] hätte garniren können. Ein starker Wind trieb sie nach der Stadt zu, so daß die hereintretenden Fürsten wenig davon gesehn haben.

Sonntag Quasimodog. den 25. Da entschieden war, daß die Hoheit nicht herüber kommen, sondern der Kaiser sie in Töplitz besuchen würde, so machten wir die Vorbereitungen zur Abreise. Ich dankte Herrn und Frau Hofrath von Burgsdorf, meinen freundlichen Wirthen, für gute Aufnahme, ingleichen Herrn Hauptm. Verlohren für seine Vorsorge. Wir wurden aus der Ressource, deren Vorsteher er ist, trefflich, reichlich und wohlfeil gespeist und getränkt.

Um 1 Uhr fuhren wir auf vortrefflichem Weg und bey herrlichem Wetter nach Pirna. Es liegt gar anmuthig an der Elbe. Wir kehrten im Rößchen ein. Nach Tische besuchen wir den Dom, der ein merkwürdiges Gebäude ist. Nicht so alt wie der Meißner, aber doch auch sehr lobenswürdig. Die hier und da eingeschriebenen Jahrszahlen deuten auf die Mitte des 16. Jahrhunderts. Außen ist zwar ein Basrelief von 1404 das aber bey einem neuen Bau nur eingemauert scheint. Das Merkwürdigste war uns der Taufstein. Um den runden Fuß desselben, auf dem viereckten Sockel sind zusammenhängende Gruppen von Kindern angebracht, wie folgt.


[345] Erste Seite


Drey schlafende,ein Erwachteszwey die sich

betendesmit den Haaren

eines kleinern

beschäftigen.


Zweyte Seite, gegen den Altar gekehrt


Ein VerbindendesEin Verbindendes

EinEinEin

SchildhaltendesTafelhaltendesSchildhaltendes

1561.


Dritte Seite, Fortsetzung der ersten


Zwey spielen mitZwey sichEin Trinkendes

einem Hunde, einliebkostende

drittes will Theil

nehmen


Vierte Seite, gegen die Kirche gekehrt


DreyEin drittes durchZwey

MusverzehrendeTheilnahmeObstverzehrende.

verbindendes[346]


Dieß sind die Vorstellungen der vier Seiten, wobey zu bemerken ist, daß immer die letzte Figur der einen Seite, perspectivisch mit in die folgende Seite componirt. Man sieht leicht, daß der Gedanke sehr naiv ist: denn was konnte man artiger thun, als die Kindheit um den Taufstein versammeln. Die Compositionen sind durchaus kunstgerecht, die einzelnen Stellungen allerliebst, die Figürchen ohngefähr 6 Zoll hoch. Ich will suchen, eine Zeichnung davon zu erhalten.

Wir gingen nach dem Flusse, der die Gegend belebt, sahen mehrere auf und abfahrende Schiffe. Diese sind sehr lang, vielleicht 90-100 Fuß. Ein solches Schiff trägt 1800-2000 Scheffel (Dresnder) Getraide. Die Pirnaische Steine werden auch darauf nach Dresden transportirt. Ein dergl. mit Steinen beladenes Schiff strandete Sonnabends an einem Pfeiler der Dresdner Brücke. Die Schiffer waren sonst gewohnt, durch die jetzt gesprengten Bogen zu fahren, und sind noch nicht genug unterrichtet, wie sie durch die andern durchkommen sollen, besonders da wegen der verschütteten 2 Bogen der Strom durch die übrigen gewaltsamer durchzieht. An dem Elbufer der Stadt Pirna fanden wir dergl. Steine, die oberwärts herabkommen, mehr jedoch große aufgesetzte Haufen Kalksteine, 2 bis 3 Stunden von Pirna bey Nensdorf und Borne gebrochen. Er muß mit dem Thonschiefer verwandt seyn, denn er hat eine[347] ganz schiefrige Lage. Auch Mühlsteine fanden wir von Kotta eine Stunde von Pirna. Wir unterhielten uns mit einem entlassenen Sächsischen Artilleristen, der uns allerley Notizen gab, uns auf die Höhe hinter den Sonnenstein führte. Der Sonnenuntergang war unendlich schön, höherauchig, die Scheibe feuerroth und noch röther der Wierderschein im Wasser. Die Aussicht nach dem Königstein und Lilienstein sehr interessant. Seitdem Torgau zur Festung bestimmt ist, so hat man den Sonnenstein, ein weltläufiges Schloß gleich über Pirna, zum Irren-, Kranken- und Besserungshaus mit großen Kosten eingerichtet, ansehnliche Gärten ummauert pp. Die Anstalt soll vortrefflich seyn und von einem geschickten Arzte Biniz besorgt.

Montag den 26. fuhren wir um 6 Uhr von Pirna ab, kamen um halb 11 in Peterswalde an, verweilten eine Stunde. Bey der Capelle war die Aussicht ganz wunderbar. Durch starken Höhenrauch waren die hinter einander stehenden Bergreihen vortrefflich abgestuft. Um 3 Uhr in Töplitz im Schiff eingekehrt und zwar in Gartenhause. Es ward ausgepackt. Nach Tische kam Herr von Ende. Abends ging ich zur Hoheit. Es regnete indessen sehr stark.


Töplitz den 21. May 1813.

Ich hoffe, du wirst die sechs ersten Blätter meines Reisetagebuchs, die ich bey Herrn von Verlohren zurückließ, jetzto wohl erhalten haben. Auch schrieb ich ein[348] Zeddelchen durch einen Weimarischen Kutscher (Knecht bey Herrn Sorge) am 9. May, ferner den 10. über Carlsbad und den 14. durch Graf Edling. Die beyden letzten waren ziemlich gleichlautend, es ist also genug, wenn du nur einen erhalten hast. Von mir kann ich nur sagen, daß ich mich recht wohl befinde. Das Bad thut seine alten Dienste. Wir sind fleißig und fahren sodann in der Gegend umher. Ohne die Equipage wäre hier nicht zu leben: denn da man so nah am Kriegsschauplatz ist, daß man Nachts sogar manchmal die Feuerzeichen am Himmel sieht, wenn irgend ein unglücklicher Ort brennt, da man von lauter Flüchtigen, Blessirten, Geängstigten umgeben ist, so sucht man gern in die Weite zu kommen, wenn man zu Hause sein bischen Geschäft abgethan hat. Der Frühling ist hier unendlich schön, besonders blühn die Kastanien jetzt in Park und an allen Wegen auf das allervollkommenste. Das Leben ist ohngefähr so theuer hier, wie vor dem Jahre in Carlsbad. Es wird wenig Unterschied seyn.

Hiernächst muß ich den Kutscher loben, der nicht allein Pferde und Geschirr, wie immer, sehr gut hält, sondern auch seinen übrigen Dienst dergestalt versieht, daß man es nicht besser wünschen kann. Schon durch seine Ehrlichkeit wird mehr erspart als zu berechnen ist.

Euere durch Herrn von Spiegel gesendete Briefe sind mir von Prag zugekommen. Sie haben mir sehr viel[349] Vergnügen gemacht. In der jetzigen zeit kann man nur Gott danken, wenn man auf seinen Füßen stehen bleibt. Das Unglück was jetzt Dresden und die Gegend aussteht, darf man sich gar nicht vergegenwärtigen. Ich habe jetzt bis 17 Mal gebadet, und will so fortfahren. Alles kommt darauf an, wie meine Arbeit von Statten geht. Bis jetzt läßt sie sich gut an. Der künftige Monat muß ausweisen, was weiter zu thun ist. Grüße Prof. Riemer zum schönsten und theil ihm das Gegenwärtige mit. Ich danke ihm für seine Zuschrift. Ich habe mir die griechische und römische Technologie in Dresden angeschafft und studire sie fleißig. Sobald ein paar Bücher der Biographie im Reinen sind, sende ich sie ab. Auch Hofr. Meyer grüße zum schönsten und laß ihm besonders die Stelle von Taufstein zu Pirna lesen; diese ist ihm zugedacht. August soll gleichfalls Dank für sein Briefchen haben. Könnt ihr mir auf irgend eine Weisewieder etwas zubringen, so thut es. Frau von Stein alles Liebe und Gute, wie allen Freunden und Nachbarn, nicht weniger Wolffs und sämmtlichen Schauspielgenossen. So viel für dießmal, mit dem herzlichsten Lebewohl! welches auch dem kleinen Mandarinen gelten soll.

G.


[Töplitz, 24. Mai 1813.]

Da es mir nun, wie du siehst, so wohl als möglich geht; so danke ich dir herzlich für den Antrieb[350] mich hierher zu begeben. Einige Tage später wäre es unmöglich gewesen. Was du erduldet hast möge eine möglich Folgezeit vergelten. Bis jetzt steht alles noch schwankend, so daß man keinen Plan machen, noch sich etwas vornehmen kann, sobald dies möglich ist hörest du mehr von mir. Indessen schreibe ich von Zeit zu Zeit, laßt mich auch etwas vernehmen.

August soll mich dem Erbprinzen so wie dem Prinzen Bernhard bestens empfehlen. Letzterem sende ich das Mährchen vom Todtentanze, in einer Ballade verwandelt, mit gegenwärtiger Gelegenheit und hoffe es wird Spas machen.

Von Carl kann ich euch so viel sagen, daß derselbe, obgleich von seiner Geliebten und Schwiegermutter begünstigt, noch nicht zu seinem Ziele gelangen können. Weil aber doch zuletzt durch Beharrlichkeit alles möglich wird, so wird sich das auch machen. Er ist gegenwärtig hier, um gewisser Negoziationen willen, zu deren Beförderung ich ihm ein zweytes Attestat ohngefähr im Sinn des ersten nicht versage. Die Beharrlichkeit, wie gesagt, von Mutter und Tochter, scheint immer die gleiche und sie wird es denn doch noch zuerst dahin bringen, daß wir Carln als Hausbesitzer in Carlsbad, wozu ihm sein Name schon berechtigt, dereinst begrüßen werden.[351]


23/6564.


An August von Goethe

Inliegendes war schon geschlossen, als das folgende entstand und ich will nicht versäumen es mit abzuschicken: denn ich hoffe, du sollst dich deiner Erfindung in diesem Gewande freuen. In demselben Packet sende ich an Prinz Bernhard dem famosen Todtentanz als Ballade. Du kannst ihn dir gegen die wackelnde Glocke allenfalls austauschen. Dabey liegt auch ein blaues Landschäftchen, daß dir wohl ein guter Freund auf Papier wieder glatt zieht. Diese Späße sollen nebenbey noch zu dem wichtigen Zwecke dienen, euch zu sagen, daß ihr in eurem jetzigen täglichen Zustand, er sey wie er will, froh und fröhlich seyn sollt: denn das Unheil, da in unserer Nähe vorgeht, und dem wir wie einer vom Felsen dem Schiffbruch ganzer Flotten, sicher, aber mit Angst zusehn, ist ohne Gränzen. Lebe wohl! Grüße Riemer auf dessen Beyfall ich bey der wackelden Glocke, so wie bey dem Todtentanz gerechnet habe. Noch einiges wird nachkommen. Lebe recht wohl und genieße jeder leidlichen Stunde.

Töplitz den 22. May 1813.

G.


Besonders meynt John, wer Abends in's Weimarische Theater gehn könne, sey ein glücklicher Mensch; da es hier in Töplitz gar nicht auszuhalten wäre,[352] wenn nicht die Sonne länger als billig am Himmel stünde. Wobey man immer aber noch Langeweile genug hat.


[Beilage.]

Es war ein Kind, das wollte nie...


23/6565.


An Christiane von Goethe

Töplitz den 1. Juni 1813.

Gestern langte dein Brief vom 24. glücklich an, ist also nicht länger wie billig unterwegs gewesen. Überhaupt sendet nur alles durch Vogeln an Verlohren, da erhalte ich es am sichersten und geschwindesten. Es freut mich sehr, daß ihr die bisherigen Unbilden mit gutem Muthe ertragen habt. Fahret ja so fort und, in der Lage in der ihr seyd, beklagt euch ja über nichts: denn wie es in denen Gegenden aussieht, wo die Armeen wirklich zusammentreffen, das darf man sich gar nicht vergegenwärtigen. Wir befinden uns wohl und sind fleißig. In kurzer Zeit wird das Manuscript an Riemer abgehn, dem ich alsdann schreibe. Ich habe jetzt nur zwei Briefe von dir; der mittlere, durch Frau von Berg, scheint noch unterwegs zu seyn. meine Sendung durch Stallmeister Sievers wird nun auch in euren Händen seyn. Und so wäre nun alles wieder zwischen uns im Gange. Ich schreibe deshalb auch gleich wieder ob ich schon[353] nicht viel zu melden habe. Der gute Voigt thut mir sehr leid. August soll mich ja gelegentlich dem Herrn Geh. Rath empfehlen und ihm meine Theilnahme bezeigen. Auch möchte ich etwas von Meyer und Knebel hören, wie es denen gegangen ist und wie sie sich befinden. Körners sind noch hier, in einer sehr unangenehmer Lage. Ihr Sohn ist bey den Preußen und sie mögen überhaupt bey'm Einrücken der nordischen Alliirten etwas laut gewesen seyn, deswegen, scheint es, mögen sie nicht gern nach Dresden zurück. Ich fahre sie einen Tag um den anderen spazieren; es ist dieß noch Unterhaltung und Zeitvertreib. Dr. Schütz ist auch von Carlsbad hier angekommen, wird aber bald nach Dresden gehn. Sonst ist von alten Bekannten niemand hier außer Dr. Kapp und die Gräfinn Brühl. Auch diese seh ich selten und sonst gar niemand. Die Gegend ist jetzt unendlich schön und das Wetter herrlich, recht für ein warmes Bad geeignet. Ich wünsche dir auch warmes Wetter und reichliche Gartenfrüchte. Wegen 20 kleiner Flaschen Egerbrunnen geht heute ein Brief an den Inspector ab. Die Pferde befinden sich sehr wohl, es wird ihnen nicht viel zugemuthet. Der Kutscher macht seine Sachen vor wie nach höchst lobenswürdig, und läßt mir manchmal merken, daß er auch gegen dich belobt seyn möchte. Das Essen ist hier nicht sonderlich und theuer, der Wein auch nicht wohlfeil, indessen läßt es sich ertragen. Ich habe schon 28 Bäder genommen und[354] werde in Juni so fortfahren. Vielleicht läßt sich in 4 Wochen eher entscheiden was man thun will. Schreibt mir von Zeit zu Zeit dasselbige. Grüße Augusten zum schönsten. Er soll ja mit seinem Weimarischen Zustande zufrieden seyn, wenn er auch manchmal lästig ist. Was die jungen Geschäftsleute hier ausstehn, die für Freund und Feind die Bedürfnisse herbeyschaffen sollen und deshalb immer mit im Felde liegen müssen, geht über alle Begriffe. Grüßet alles. Hierneben steht das verlangte Liedchen, dem man freylich Tag und Stunde nicht ansieht, wo es entstanden ist. Es findet sich leicht eine Melodie dazu. Wenn ich zurückkomme, soll mich die Engels damit empfangen.

G.


[Beilage.]

Ich habe geliebet, nun lieb ich erst recht,...


Entsprungen Leipzig den 18. April 1813 in Solbrigs Declamatorium, geschrieben Oschatz den 19. April, bey einem sehr friedlichen Mittagessen.


Ich lege noch ein Blättchen bey, um dir zu sagen, daß ich von Wien sehr erfreuliche Nachrichten habe, die mich überzeugen, daß Ihro Maj. fortfahren, in Gnade und Huld meiner zu gedenken. Über die Rede zu Wielands Andenken hat sie mir das Freundlichste sagen lassen. In so trüben Zeiten, wo man kaum[355] mehr weiß, wohin man die Augen richten soll, thut ein solcher Augenblick gar zu wohl.

Wolffs Brief, den du mir ankündigst, will ich abwarten und ihm sodann selbst schreiben und ihm für seinen treuen Beystand vorläufigen Dank sagen. Grüße das Ehepaar unterdessen zum allerschönsten. Wie es unserer Schoppenhauer ergangen, möchte ich doch auch wissen. Grüße sie von mir und versichere sie meiner Theilnahme.


23/6566.


An Josephine O'Donell

Teplitz d. 1. Juni

1813.

Wenn Sie wißen könnten, verehrte Freundinn, welch ein entsetzlicher Druck die letzte Zeit hier auf mir gelegen und was ich mir dabey für hypochondrische Noth über das Außenbleiben eines lieben Briefes gemacht; so würden Sie die Freude mit empfinden die mir durch Ihren letzten geworden ist. Ich will aber auch niemals mehr zweifeln und verzweifeln, sondern mich immer an den Sonntag Exaudi erinnern, an deßen heitrem Morgen ich meinen schönsten, heißesten Wunsch erfüllt sahe. Es ist völlig wahr wenn es auch räthselhaft und übertrieben klingt: Sie haben mich mir selbst wiedergegeben, Sie haben mir mit Töplitz, mit Böhmen ein Geschenk gemacht,[356] ich sehe nun erst die Natur wieder und fange an mich derselben wieder von vorne zu freuen.

So sey denn aber auch von nun an alles verbannt was irgend verdrieslich seyn könnte, ich will des bescheerten Guten mit reiner Freude genießen.

Wenn Sie, Beste, fragen, was ich hier beginne, so glaube ich darauf nicht besser, ja vielleicht umständlicher als nötig zu antworten, wenn ich eine Relation, die ich an unsern theuren Herzog sendete, in Abschrift überschicke. Sie ersehen daraus daß wenn Sie mich mit einem freundschaftlichen Gedancken-Besuche beglücken wollen, ich gewöhnlich in Berg-Städten und Örtern zu finden wäre.

Denn nach dem was man vorm Jahre zu erleben das Glück hatte, jetzo in Töplitz umherzuschleichen hat freylich was unschickliches. Der gute Ort sieht völlig aus wie ein Theater bey einer Vorprobe, man begreift nicht das ein solches Local jemals etwas war noch seyn wird, und damit mein Gleichniß ja recht paße, so stehen über all Dekorateurs, Tüncher und Mahler auf Gerüsten und Arbeiten rasch drauf los. Alles das kann auch recht hübsch werden was hilft es aber wenn zuletzt die Beleuchtung fehlt.

Wie sehr muß ich nun in dieser Entfernung und Abgeschiedenheit entzückt seyn über die Versicherung daß allerhöchsten Ortes mein flüchtiger Aufsatz zu Wielands Andencken huldreichst aufgenommen worden. Was kann wohl mehr ermuntern als da nicht zu[357] mißfallen wo alles zusammengetrifft um ein entscheidendes Urtheil zu sichern. Möge dieses allwirckende Licht auch mir beständig scheinen und frommen.

Unsere liebe und würdige Erbprinzeß, der ich wohl mehr als je ein erquickendes und stärkendes Zusammentreffen wünschte, habe ich nur wenige tage hier verehren können. Sie verschwand mir auf einmal und ließ mich doppelt fühlen was das heiße sich mit dem theuren Teplitz von Angesicht zu Angesicht allein zu finden.

Die Lecktüre des Wercks der Fr. v. Stahl hätte ich gerne mit Ihnen getheilt, das wenige was ich davon kenne ist höchst aufregend und es ist sehr unterrichtend das deutsche Litterarwesen einmal aus einem fremden und so haben Standpunckt anzusehen.

Mein schreibender Begleiter ist kranck, die oben versprochene Relation soll bald möglichst nachfolgen. Ich befinde mich sehr wohl und bin mit meinen Gedancken immer in Süd-Ost.

Gedencken Sie mein Dorther!

G.

Abgesendet d. 4t. Jun. 1813.


23/6567.


An Simon Edlen von Lämel

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben das kleine Geld-Geschäft abermals zu meinem Vortheil geneigt zu leiten gewußt, welches ich dankbarlichst[358] erkenne. Die übersendeten 450 fl. W. W. sind seiner Zeit richtig bey mir eingetroffen, auch hat Herr Rath Völkel mir den Empfang der 200 fl. angezeigt. Das was mir noch zu Gute kommt, bitte mir gelegentlich anher zu senden, nach Abzug desjenigen was nachstehende kleine Anschaffung betragen möchte.

Möchten Dieselben anordnen, daß ein Grundriß von Prag auf Leinwand gezogen, dergleichen wahrscheinlich in den dortigen Kunsthandlungen zu haben seyn wird, beygelegt werde, ingleichen etwa eine kurze Beschreibung der Merkwürdigkeiten dieser Haupt-Stadt, so würde ich mich einstweilen zur Ansicht derselben vorbereiten können. Denn ob es gleich gegenwärtig Zeiten sind, wo man nicht lange voraus sagen kann was man zu thun wünscht, so gehört doch dieser Plan unter meine angenehmsten Hoffnungen.

Daß Einquartierung jeder Art immer eine Beschwerde sey, davon habe ich zu viel Erfahrung, als daß ich Dero freundliches Anerbieten sogleich anzunehmen wagen sollte; doch werde ich nicht verfehlen, sobald ich selbst zu einiger Gewißheit gelange, von meiner Ankunft vorläufige Nachricht zu geben. Mich Denenselben und den werthesten Ihrigen zu geneigtem Andenken empfehlend.

Töplitz den 2. Jun. 1813.[359]


23/6568


An Christiane von Goethe

[Töplitz, 6. Juni 1831.]

Pfingsten, das liebste, lieblichste Fest bringt mir einen Brief von dir, bis auf einen sind alle angekommen; da du aber sie gleichlautend ausstelltest; so weis ich wie es ohngefähr bey euch aussieht, und wiederhohle: dancket Gott daß ihr so davon gekommen seyd, ich habe ganz anderes gesehen.

Ein Brief an Wolf wird angekommen seyn. Ich sprach von Johns Kranckheit, er ist wieder besser. Das Übel hat er sich durch einen temperleinischen Eigensinn zugezogen, es ward aber sehr ernsthaft. Nun ist er besser, ich habe mich der Lage gemäß eingerichtet und an meiner Arbeit schadets mir nicht. Ich hatte so sehr viel vorgearbeitet daß ich einige Wochen zur Revision brauche. Ich komme mit allem was ich mir vorgenommen sehr gut zu Stande. Am goldenen Ey solls nicht fehlen. Daß du das Mögliche thust weiß ich und erkenn es, fahre so fort und vergnüge dich dazwischen, biß wir uns wieder in der Gegenwart einer treuen Liebe erfreuen können.

Zur Communication brauchst nun weiter keine Umstände. Schreibt mir nur direckt nach Töplitz durch Dresden so habe ich den Brief bald genug. Ohngefähr am 10ten Tag.

[360] Gesellschaft seh ich fast gar nicht, sie sind alle im Augenblick ersoffen und quälen sich von Morgen zu Abend mit widersprechenden Neuigkeiten; Aber mit meiner Hauptsache geht es gut und muß immer noch besser gehn, da mir das Bad sehr wohl bekommt, und ich Zeit habe alles wohl zu überlegen.

Wenn du meinen Brief nicht lesen kannst, so wird Uli aushelfen, ich gewöhne mir fast ihre Hand an, es sieht fast aus als wenn ich in sie verliebt wäre.

Kannst du mir ohne große Beschwerlichkeit etwas von unsern Jenaischen Freunden sagen und wie diese durch die Zeit durchgekommen sind? Vom guten Knebel möcht ich gern etwas wissen. Sie haben es vielleicht leidlicher gehabt als Ihr.

Seit dem 27. May, dem Datum deines letzten Briefes, wirst du erhalten haben:

1.) Ein Paquet durch Stallmstr Sievers unterm 24ten.

2.) Einen Brief. Antwort auf deinen vom 24ten. Mit Liedchen und Nachricht des besorgten Brunnens unterm 1. Juni.

NB. am 5ten ging ein Brief an Wolf ab.

Soweit war ich gestern gekommen. Heute noch einiges. Ich freue mich sehr daß alles bey Euch wieder im alten Gleise geht, die Besorgung der Gärten, das Theater und das liebe Belvedere. Fahret so fort das Nötige zu thun und Euch zu vergnügen.

[361] Melde mir doch auch etwas von Geh. Reg. R. von Müller und grüße ihn schönstens. Ingl. von Falck, auch diesem sage ein freundlich Wort, lorzings nicht weniger.

Ich wünschte nur du könntest ein Paar Tage mit mir in meinem Gartenhause gehn. Das Gärtchen ist klein liegt aber frey und hat die schönste Aussicht. Das Baden bekommt mir sehr gut, auch habe ich einen guten Wein gefunden und kann alle Tage Krebse haben, so siehst du also daß mir nichts abgeht. John hat gut geschlafen und es steht viel besser mit ihm. Madam Schopenhauer viel Grüße! wie ist es ihr dadrausen ergangen? Meldet mir so nach und nach was sich sagen läßt und behaltet mich lieb.

Teplitz d. 7. Jun. 1813

G.

als am 2ten Pfingstage.

Fr. v. Heygendorf die schönsten Grüße auch Herrn Hof. K. Rath und Genast.


23/6569.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Nach so langer Zeit Ihre Hand, mein wethester, einmal wiederzusehen machte mir den angenehmsten Eindruck, verzeihen Sie wenn wir alle bisher geschwiegen haben. Ihre drey freundlichen Schreiben sind nach in Weimar nun aber auch bey mir angekommen und ich eile davon Nachricht zu geben.[362] Von mir vorerst soviel! Ich hatte mich zu meiner gewöhnlichen Badereise völlig verbreitet, zauderte jedoch wegen der Zeitumstände von einem Tag zum andern, bis mich eine Vorahndung meiner Frau d. 17ten Apr. aus Weimar trieb. D. 24ten sah ich die beyden Majestäten in Dresden einreiten und vernahm zugleich höchstbeunruhigende Berichte was sich den 18ten sollte zugetragen haben. D. 26ten war ich in Teplitz d. 6. May wegen Weimar beunruhigt. Nun zog sich der Krieg in die Nähe. Einige wollten Kanonendonner gehört haben, alle sahen aber Nachts die Feuerzeichen in den Wolcken. Russische und Preußische Blessirte bestätigten das Vorgegangne. Dencken Sie Sich die Bewegung die unter einer Masse von Leipziger und Dresdner Emigrirten, besonders aber den vielen Russen entstand, die hier einen ruhigen Wohnort für längere Zeit gehofft hatten. Ankommende neue Flüchtlinge setzten alles in Bewegung, viele der früheren entfernten sich tiefer ins Land und zu aller dieser äusseren Noth noch die innere des Partheysinns! Es war eine peinliche Lage. Und dazu noch die stündliche Furcht es könne sich der Krieg über die Gränze von Böhmen herüberspielen, wenigstens könnten die Massenweis ankommenden Deserteurs Unfug treiben und was sonst noch von allen Seiten her Wahres und Falsches zudrang. Vergleichen Sie nun dieses mit dem was Ihnen die öffentlichen Blätter brachten und so werden Sie Sich die Lage Ihres Freundes vergegenwärtigen können.

[363] Glücklicherweise eröffnete sich die Communication nach Hause gar bald und ich erfuhr daß alles wohl sey, und keine andre Beschwerde als was Truppen-Märsche mit sich führen sich eingefunden habe, welches ich denn danckbarlich anerkenne und, durch den Stillstand einigermaßen beruhigt, hier noch einige Zeitlang auszuhalten gedencke.

Für die mitgetheilten Notizen dancke zum allerschönsten. Man sieht daraus wie schwer es fällt von der nächstvergangenen Zeit bestimmte Data zu erhalten. Der Tathsachen erinnere ich mich recht gut, aber es hält schwer sie chronologisch zu rangiren. Im Leben greift so vieles übereinander, was in der Geschichte sich nur hintereinander darstellen läßt und da wills nicht immer recht passen.

Das Contributionsblat habe mit der vorjährigen Summe ausgefüllt, jedoch Ihrem Wincke gemäß ein Blättchen beygelegt, ob Sie vielleicht davon Gebrauch machen wollen, damit man in der Zukunft mehrere Schonung erlebte.

Eine Assignation auf 300 f. habe an Weinhändler Raman in Erfurt ausgestellt.

Den lieben Rheinstrom, besonders die Bergstraße möchte ich wohl einmal wiedersehen, ein wildes Ereigniß nach dem andern verbietet uns aber solche Genüsse. Gedencken Sie meiner in den vaterländischen Gegenden und grüßen Boisseree gelegentl. Ihrem Herrn Bruder, den gesammten lieben Ihrigen empfehle ich[364] mich zum Besten, und freue mich Ihres Wohlseyns. Auch mir schlägt das Bad gut an. Mögen Sie mich mit einem brieflichen Wort erfreuen, so bitte es nach Weimar zu adressieren. Das herzlichste Lebewohl!

Tepliz d. 11. Juni 1813.

Goethe.


N.S.

Auf dem zurückkehrenden Blat habe meinen Contr. Beytrag mit 56 f. 15 Kr. notirt, gewissenhaft gegen die Schulden-Tilgungs-Caffe nicht gegen meine eigne. Ew. Wohlgeb. ist am besten bewußt daß gleich Anfangs 20/m. f. nur der Nahmenwerth meines Vermögens waren und daß die Zeitumstände es um ein Gutes vermindert haben. Es dürfte also wohl nicht auffallen, wenn man künftig auch einen verminderten Beytrag einzeichnete.

Tepliz d. 11. Juni 1813.

Goethe.


23/6570


An Christiane von Goethe

Wie Euch der Sonntag immer etwas gefährliches gebracht hat, so war es bey mir umgekehrt, jederzeit begegnete mir etwas erwünschtes an diesem Tage, und zwar nach Maasgabe seines Nahmens, als Jubilate, Fraudi u.s.w.

Durch die mehreren Briefe die nun alle bey mir angekommen sind seh ich nun wie es bey Euch steht,[365] wir müssen eben wie alle Welt abwarten was es geben kann. Der Stillstand läßt uns Frieden hoffen. Indessen wird der Besuch wenn ihr welchen habt desto eher bey Euch bleiben.

Ich habe nun schon 36 mal gebadet und befinde mich dabey sehr wohl und thätig, auch wohne ich so hübsch und bin sogut eingerichtet daß ich mich nicht wegsehne. Nirgends könnte ich meine Arbeit auf den Grad fördern wie hier, ich dencke sie soll gelingen.


d. 14. Jun. 1813.

Vorstehendes war geschrieben als sich ein Reitknecht meldet der nach Weimar geht. Ich will dieß Blätchen gleich mitgeben. Er wird Euch sagen daß mich ganz wohl in meinem Gärtchen angetroffen hat.

John ruckt sich auch wieder zu rechte. Deine und Augustens Briefe biß zum 6ten Juni habe alle erhalten. Auch einen sehr werthen Brief vom Herzog.

Schloßern habe direckt über Eger geschrieben. Eine Anweisung für Raman lege ich bey. Sclosser ist avertirt.

Das andre für August. Es sind keine Neuigkeiten aber Originalpapiere.

So eben fällt mir ein die Rolle hinzuzufügen. Adieu.

G.


Dem Überbringer erzeigst du was angenehmes.[366]


23/6571.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Ew. Wohlgeb.

werden die Gefäligkeit haben, eine zu Gunsten Herrn Simon von Lämel in Prag für Rechnung Herrn Dr. Cotta in Stuttgart auf 200 rh. Sächs. ausgestellte Anweisung zu honorieren und mich zu neuem Danck zu verpflichten.

Mit dem Wunsche daß die augenblickliche Beruhigung für für uns alle und besonders auch für Ihre Lage dauernd seyn möge, empfehle mich zugeeignetem Andencken.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Tepliz d. 14. Juni 1813.

J. W. v. Goethe


23/6572


An Friedrich Wilhelm Riemer

Töplitz, den 20. Juni 1813

Sie erhalten hierbey, mein lieber Riemer, das eilfte und zwölfte Buch; an dem letzten fehlt der Schluß, der mit den beyden folgenden Büchern bald möglichst nachkommen soll. Ich bin auf allerley Weise retardirt worden; aber es ist schon so viel gethan, daß ich weiter keine Sorge habe.

Eigentlich ist es ein allzukühnes Unternehmen, ein solches Volumen in bestimmter Zeit zu schreiben; doch[367] bestimmte man sie nicht, so würde man gar nicht fertig. Wenn Sie die verschieden abwechselnden Gegenstände dieses Bandes ansehen und bedenken, was es für eine Aufgabe gewesen wäre, jeden nach seiner Art in Styl und Darstellung zu behandeln, so könnte einen das Grauen ankommen. Ja man würde gar nicht zu Ende gelangen und vielleicht thät' es dem Ganzen nicht einmal gut.

Genug, hier ist's so weit ich's bringen konnte. Einiges habe ich noch mit Bleystift notirt, denn das Manuskript steht gerade auf dem Punct, wo ich meine Sachen zu verderben anfange.

Es sey also. mein Werthester , Ihnen die völlige Gewalt übertragen, nach grammatischen, syntaktischen und rethorischen Überzeugungen zu verfahren.

Ohnvorgreiflich einige Bemerkungen.

Die Enthymeme scheinen sich zu häufen. Phrasen wiederholen sich, weil man doch in dem engen Kreise von ähnlichen Gesinnungen und Beschäftigungen, vorzüglich auch in einem subjectiven Wesen verweilt. Z.B. Es zog mich an. Es heilt mich fest. Um so mehr. Um so weniger.

Rediten, Wiederholungen derselben Sache, habe ich zu tilgen gesucht; doch kommt eine Sache öfters, einigemal mit Fleiß, von verschiedenen Seiten vor.

Wendungen wiederholen sich. Besonders verdrießen mich die unglücklichen Auxiliaren aller Art. Vielleicht gelingt Ihnen hie und da die Umwandlung[368] in die Participial-Construction , die ich scheue, weil sie mir nicht gerathen will.

Euphonische Zwischenwörter, wie gerade, eben, können auch wohl hie und da gelöscht werden.

Ausländische Worte zu verdeutschen sey Ihnen ganz überlassen u.s.w.


Ich befinde mich sehr wohl und im Ganzen gefördert. Die Gegend habe ich schon durchgeologisirt und werde es noch mehr thun unter dem Beystand der Doctoren Reuß zu Bilin und Stolz zu Aussig. Die Mannigfaltigkeit der Producte ist sehr groß.


Mich freut sehr, daß meine Kleinen Gedichte Ihren Beyfall haben, an dem mir sehr viel gelegen ist; denn Sie sehen diesen kurz gebundenen ästhetischen Organisationen auf den Grund, wenn Andere sich allenfalls am Effect ergötzen.

Dagegen habe ich mich auch an dem Ohnesorgigen Schatz gar sehr erfreut. Es ist eine sehr glückliche Production und dem Wortfreunde läuft nicht leicht ein so fetter Hase in die Küche.

Ich wünschte mir und Ihnen Glück, daß Sie sich in das Unvermeidliche zu finden wissen. Auch die Meinigen trösten mich durch ihre Briefe. Sie nehmen das reale Übel so leicht als möglich auf. Wie fürchterlich es sey, dasselbe noch durch ideale Schöpfungen zu verschlimmern, sehe ich hier alle Tage.


[369] Übrigens weiß ich hier in der Nähe eben so wenig als ihr entfernteren von der Zukunft; selbst von der nächsten auch nicht das mindeste. Jede Conjectur, jede Vermuthung wird gleich zu Schanden. Nur der Parteigeist bildet sich seine Träume zu augenblicklichen Gewißheiten, und es wird werden woran Niemand denkt.

Tausend Lebewohl!

G.


N. B. Das dreyzehnte und vierzehnte Buch ist fertig und wird sachte abgeschrieben; ich hoffe, sie sollen in vier Wochen auch in Ihren Händen seyn. Die zweyte Hälfte des funfzehnten Buches steht auch schon auf dem Papier. Sie sehen also, daß wir dem Ziele nahe sind.


[Beilage]

Räthsel

Da sind sie wieder...


23/6573


An August von Goethe

Eben finde ich eine schnelle Gelegenheit, beykommendes Packet nach Dresden zu bringen. ich ersuche dich daher nur, solches ohneröffnet an Herrn Prof. Riemer mit meiner schönsten Empfehlung abzugeben. Deine drey Briefe sind Glücklich angekommen. Ich danke dir für die darin enthaltenen Nachrichten und[370] werde ehesten umständlicher schreiben. Die Rolle durch den Reitknecht wird bey euch angekommen seyn. Ich hoffe auch zu deiner Zufriedenheit.

Lebe recht wohl und grüße alles!

Töplitz den 23. Juni 1813.

G.


23/6574


An Carl Friedrich Zelter

Da sich eine Gelegenheit findet dir, mein Theuerster, einige Worte zu sagen so will ich sie nicht versäumen, da man in dieser jetzt zerrissenen Welt nicht mehr weis wem man angehört. Schon 8 Wochen bin ich hier, lebe einsam, friedlich, bearbeite meinen dritten Band und hoffe ihn zu Michael zu liefern. Der Himmel gebe Frieden um tausend und aber tausend Ursachen willen und dann auch damit wir Leser finden. Am 3 May sendete ich dir durch Herrn von Lützow Nachricht von mir, mit Beylage. Wie sehr habe ich an dich gedacht und wo man hindenckt sieht man bedrohte Freunde. Die Meinigen sind wohl und helfen sich entschloßen durch. Ich bin gesund und kann arbeiten. Was verlang ich mehr; möge es dir leidlich gehen und ich es bald vernehmen.

Teplitz d. 23. Jun. 1813.[371]


23/6575.


An Johann Anton Stolz

Ew. Wohlgeb.

hatte in diesen Tagen hier zu sehen gehofft, um von einigen kleinen Excursionen mich noch ausführlicher mit Denenselben zu besprechen, auch wegen der mir gefällig verehrten Mineralien die ausgesparten nöthigen Bemerkungen nachzubringen. Da Sie aber verhindert worden, mir dieses Vergnügen zu verschaffen, so sende hiemit, da ich eben vernehme, daß der Aussiger Bote abgeht, einiges was ich persönlich zu übergeben gedachte. Es ist nämlich die als Stronthianith mir angekündigte Gangart in einem hiesigen Basalt. Sie hat sich bey Verwitterung des Gesteins, auf eine merkwürdige Weise völlig abgelöst. Nur ein kleines Stück liegt bey, wo sie noch mit dem Basalt verbunden ist. Ich wünsche dieses Phänomen an Ort und Stelle mit Ew. Wohlgeb. zu betrachten.

Zugleich liegen einige Bücher bey, welche meinen kleinen lieben Freunden zur Unterhaltung dienen mögen.

Der ich mich unter den schönsten Empfehlungen an Ihre werthe Gattin, so wie mit der Bitte, des instructiven Catalogs zu gedenken und in Hoffnung baldigen Wiedersehens auf das beste empfohlen sehen möchte.

Töplitz den 28. Juni 1813.

Goethe.[372]


23/6576.


An Sara von Grotthuß

Sie erhielten, meine treffliche Freundinn, auf Ihren lieben Brief keine Antwort weil der schätzbare Inhalt durch die Ereignisse vereitelt worden und ich in jenen Tagen nichts zu erwiedern wußte. Daß Sie aber bey dem allgemeinen Leiden noch mit dem besondersten und schmerzlichsten belegt seyn sollten; wie hätte ich mir das dencken dürfen. Es gehört Ihre grundgute und dauerhaffte Natur dazu um das zu überstehen, möge der Genesende sich neben und mit Ihnen bald freudig wiederherstellen. Lassen Sie mich Ihnen beyderseits empfohlen seyn. Das Bildchen Laudons ist wirklich allerliebst, es soll meine Sammlung, frisch eingefaßt, nächstens zieren. Der Brief nach Wien ist besorgt. Wir erwarten den Herzog. Wie sehr wünschte ich Sie auch hier zu sehen. Gedencke ich des 24ten Aprills so weiß ich nicht was ich dencken soll und doch denck ich gern an den erleuchteten Punsch Abend. Er bleibt mir ein lichter Punckt.

Das beste Lebewohl!

Tepliz d. 28. Jun. 1813.

Goethe.[373]


23/6577.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Bey meiner letzten Sendung, werthester Freund, habe ich Ihnen abermals völlige Macht und Gewalt gegeben, die fremden Worte aus der Handschrift zu tilgen, insofern es möglich und räthlich sey, wie wir auch schon früher getan haben. Ich bin, wie Sie wissen, in diesem Puncte weder eigensinnig noch allzuleicht gesinnt, allein das muß ich Ihnen gegenwärtig vertrauen, daß ich, im Leben und Umgang, seit ich von Ihnen entfernt bin, mehr als einmal die Erfahrung gemacht habe, daß es eigentlich geistlose Menschen sind, welche auf die Sprachreinigung mit so großen Eifer dringen: denn da sie den Werth eines Ausdrucks nicht zu schätzen wissen, so finden sie gar leicht ein Surrogat, welches ihnen eben so bedeutend scheint, und in Absicht auf Urtheil haben sie doch etwas zu erwähnen, und an den vorzüglichsten Schriftstellern etwas auszusetzen, wie es Halbkenner vor gebildeten Kunstwerken zu thun pflegen, die irgend eine Verzeichnung, einen Fehler der Perspective mit Recht oder Unrecht rügen, ob sie gleich von den Verdiensten des Werkes nicht das geringste anzugeben wissen.

Überhaupt ist hier der Fall, der öfters vorkommt, daß man über das Gute, was man durch Verneinung und Abwendung hervorzubringen sucht, dasjenige[374] vergißt, was man bejahend fördern könnte und sollte. Ich notire nur einiges zur künftigen Unterhaltung.

Eine fremde Sprache ist hauptsächlich dann zu beneiden, wenn sie mit Einem Worte auszudrucken kann, was die andere umschreiben muß, und hierin steht jede Sprache im Vortheil und Nachtheil gegen die andere, wie man alsobald sehen kann, wenn man die gegenseitigen Wörterbücher durchläuft. Mir aber kömmt vor, man könne gar manches Wort auf diesem Wege gewinnen, wenn man nachsieht, woher es in jener Sprache stammt, und alsdann versucht, ob man aus denselben etümologischen Gründen durch ähnliche Ableitung zu demselben Worte gelangen könnte.

So haben zum Beyspiel, die Franzosen das Wort perche, Stange, davon das Verbum percher. Sie bezeugen dadurch, daß die Hühner, die Vögelsich auf eine Stange, einen Zweig setzen. Im Deutschen haben wir das Wort stängeln. Man sagt: ich stängle die Bohnen, das heißt, ich gebe den Bohnen Stangen, eben so gut kann man sagen: die Bohnen stängeln, sie winden sich an den Stangen hinauf, und warum sollten wir uns nicht des Ausdrucks bedienen: die Hühner stängeln, sie setzen sich auf den Stangen.

Es wird Ihnen leicht seyn, mehrere Beyspiele dieser Art auszuführen, zu finden oder zu erfinden, mir kommt sie viel vorzüglicher vor, als wenn man entweder[375] durch Vorsetzung der kleinen Partikeln, oder durch Zusammensetzung Worte bildet. Wo aber solche Ausdrücke besonders zu finden sind, will ich noch kürzlich bemerken, da wir schon öfters, jedoch in anderm Zusammenhang, darüber gesprochen haben.

Man trifft sie häufig an in den eigenthümlichen Sprachen der Gewerbe und Handwerke, weil die natürlichen Menschen, die auf einem gewissen Grade der Cultur stehen, bey lebhaften sinnlichen Anschauen, an einem Gegenstande viele Eigenschaften auf einmal entdecken, und da sie kaum in einem Begriff zusammenzufassen sind, welches überhaupt auch dieser Menschenklasse Art nicht ist, so gewinnen sie dem ganzen etwas bildliches ab, und das Wort wird meistentheils metaphorisch und also auch fruchtbar, so daß man, mit einigem Geschick, gar wohl andere Redetheile davon ableiten kann, die sich alsdann gar wohl, besonders durch humoristische Schriften, einführen ließen. Soviel für dießmal! In der Hoffnung eines baldigen Wiedersehens und umständlicher Gespräche über diesen Gegenstand und verwandte.

Töplitz den 30. juni 1813.

G.


23/6578.


An Christiane von Goethe

Tepliz d. 26. Juni 1813.

Es ist ein sehr guter Gedanke, mein liebes Kind, daß du die Briefe von so langer Zeit her ordnest, so[376] wie es sehr artig war, daß du sie alle aufgehoben hast. Woran soll man sich mehr ergetzen in diesen, wo so vieles vergeht, als an dem Zeugniß, daß es selbst auf Erden noch etwas Unvergängliches giebt. Augusts gute Einrichtung mit den Papiertaschen hat also auf dich gewirkt. Sie kommt mir auch zu Statten: denn ich habe mir, bey meiner Ankunft dergleichen zusammengeleimt, und habe alles in besserer Ordnung als vor dem Jahre.

Deine Briefe sind alle glücklich angekommen, und wie ich daraus ersehe, auch die meinigen bey euch. Wir hätten es uns aber bequemer machen können, wenn wir sie gleich anfangs numerirt hätten. Da braucht es nicht so viele Wiederholungen, deswegen will ich auch gleich die gegenwärtigen Blätter oben in der Ecke mit a und so fort bezeichnen: denn ich werde dir doch noch von hier aus mehr als einmal schreiben.

Mit dem dritten Bande geht es seinen Gang. Das erste Buch und den größten Theil des zweyten habe ich nach Dresden geschickt, addressirt an August. Wahrscheinlich nimmt es Peucer mit nach Weimar. Ich werde mich nicht vom Platze bewegen, bis ich mit den übrigen so weit bin, daß es mir nicht mehr fehlen kann. So eine Arbeit ist viel größer ja ungeheuerer als man es sich vorstellt. Da ich aber noch drey Monate Zeit habe, so brauche ich mich nicht gerade zu ängstigen.

Da dir das kalte Bad zwischen Weimar und Belvedere[377] wohl bekommen ist, so brauchst du dich über die Whistmarken nicht zu betrüben. Wenn du sie nicht wieder erhältst, so finden sich in Dresden wohl dieselbigen oder andere.

Vor allen Dingen muß ich nun die Ankunft des Herzogs erwarten. Es ist mir sehr angenehm, daß er sich entschlossen hat; er hätte sonst sonst gewiß den traurigsten Winter verlebt. Ich wünsche nur, daß es ihm so wohl bekommt wie mir. ich habe mich sehr lange nicht so gut befunden, aber freylich auch schon fünf und vierzig Mal gebadet und mich sehr Diät gehalten, wozu die hiesige Küche freylich den besten Anlaß giebt.

Die Theurung ist freylich groß in dieser Gegend, indem unsere Wirthe selbst 1 1/2 Kopfstück für eine Mandel Eyer geben müssen. Ein gebratenes kleines Huhn wird zu 1 fl. (2 Kopfstück) angerechnet, die Flasche Melnicker 15 gr. So genau wir leben, kom men wir die Woche nur mit 50 fl. Sächs. aus, und da darf kein merkliches Extraordinarium Statt finden. Die ersten Einlösungsscheine habe ich von Prag zu 157 die letzten zu 152 erhalten.

Unsere Wohnung ist und bleibt sehr angenehm, aber die Kälte ist groß so wie die Trockne; über beydes werden große Klagen von Badegästen und Landleuten geführt.

Ich sehe fast gar niemanden mehr: denn da die Sachen überhaupt so confus und ungewiß stehn, so[378] sind die Menschen noch confuser und ungewisser. ich halte mich an meine Arbeit, wie es auch am Ende jeder thun muß, er mag ein Geschäft oder ein Handwerk haben welches er will.

Daß du dich so gut eingerichtet hast, freut mich gar sehr. Deine Gegenwart erspart uns wenigstens die Hälfte von dem was es sonst kosten würde: denn du kannst doch gar manches ableiten und das Unvermeidliche wohlfeiler einrichten; auch soll dir dafür der schönste Dank gesagt seyn, und ich hoffe, wir wollen das was uns übrig bleibt noch vergnüglich genießen.

Auch Uli grüße besonders. Sie soll gelobt seyn, daß sie mein Westchen auch zur Zeit der Noth nicht zurückgesetzt hat. Ich verlange sehr danach. Vielleicht habt ihr den glücklichen Gedanken gehabt, es des Herzogs Leuten mitzugeben. Es ist auch recht schön und glücklich daß sie sich den fatalen Verlust nicht allzusehr zu Herzen nimmt. Bleibt immer hübsch einig und vergnügt unter unserm Dache und wir wollen noch eine Zeitlang zusehn.

Heute hab ich einen merkwürdigen Besuch gehabt und zwar Herrn von Dankelmann, der sich sehr angelegentlich nach seiner Frau und Kindern ankündigt. Sein rechtes Auge war mit einer schwarzen Binde bedeckt, welcher zugleich diese ganze Seite des Kopfs verhüllte.

Er hatte bey einem der leichte Corps gestanden, welches im Eislebischen operirte, wo man sich ganz[379] wohl befunden haben mag. Von seinem Chef an den General Winzigerode beordert, wohnte er der Schlacht vom 2. May mit guter Besonnenheit bey: denn er wußte recht hübsche Rechenschaft davon zu geben. Durch einen Sturz mit dem Pferde gequetscht und sonst beschädigt, retirirte er mit den Alliirten, erhielt die Erlaubniß, in Großenhayn über der Elbe sich zu curiren und zu pflegen, mußte aber auch von da fort, und wurde, als er sein Corps wieder aussuchte, von russischen Marodeurs geplündert und mißhandelt. Endlich gelangte er nach Breslau und glaubte sich in Sicherheit; allein die Franzosen rückten unvermuthet ein und nahmen ihn nebst noch ein paar hundert Officieren gefangen. bey dieser Gelegenheit wurde er abermals ausgeplündert und erhielt eine Kopfwunde durch welche das Auge mit zu leiden scheint; und so ist er denn wieder nach Sachsen gekommen, hat sich , wie es scheint, selbst ranzionirt, sieht sich nun in Böhmen um, und will durch einen Umweg wieder nach Preußen. Dieses hat er mir erzählt, und ich schreibe es umständlich, weil man doch auch in Weimar die Schicksale dieses wunderlichen und unglücklichen Menschen nicht ungern vernehmen wird.

Dieses ist einer von den vielen Tausenden, die jetzt in der Irre herumgehen, und nicht wissen, welchem Heiligen sie sich widmen sollen. Am schlimmsten sind königlich sächsischen Landeskinder dran, besonders die, welche bey Leipzig den 18. Juni gefangen worden.[380] Man verfährt gegen sie, ihr Vermögen, ihre Ältern sehr streng und sie werden von niemand bedauert, wiel sie selbst die Wohlwollenden doch immer meynen, sie hätten es können bleiben lassen.


d. 27ten Juni.

Die Sonntage fahren fort sich immer sehr gut gegen mich zu betragen und so hab ich gestern spät endlich den Brief durch Frau v. Berg erhalten. Er machte mir viel Freude weil ich auch zurück sah daß Ihr euch, den Umständen nach leidlich und immer thätig und resolut verhalten habt. Allen tüchtigen Menschen bleibt durchaus nicht weiter zu thun und wenn der Schmied immer sein Hufeisen schmiedet und die Köchinn immer kocht; so ist das nothwendige und rechte gethan im Krieg wie im Frieden. Alles reden, schwätzen und klatschen ist vom Übel.

Durch Frau von Berg habe ich denn auch erst heute früh die recht umständlichen und eigentlichen Nachrichten von mancherley dingen, die sich dort ereignet, erhalten, und die ich nur im Allgemeinsten gewußt, daher sie mir nicht wohl begreiflich schienen. Diese Damen haben sich lange genug in jener Gegend aufgehalten und manches gehört, wodurch ihre Relationen ziemlich vollständig werden konnten.

Frau von Schiller hatte deinen Brief eingeschlossen. Empfiehl mich ihr zum allerschönsten, ich bin sehr dankbar, daß sie meiner auch in der Abwesenheit[381] freundlich gedenkt. Dagegen habe ich auch für sie fleißig gearbeitet, ich hoffe, sie soll sich dessen nächsten Winter erfreuen.

Von Wien hab ich wieder einen himmlischen Brief, und es ist sehr glücklich, daß man vom Südost etwas höchst Erfreuliches vernimmt, da von Nordwest nichts als Unheil zu erwarten steht. Niemand kann auch nur für den nächsten Tag gut sagen. Meine Lage wird durch die Ankunft des Herzogs sehr gesichert: denn es mag erfolgen was da will, so ist er davon doch immer eher unterrichtet als wir Particuliers, und es ist meine Schuldigkeit und zugleich mein Vortheil, mich an ihn anzuschließen. Haltet euch nur an eurer Stelle so gut ihr könnt, und wegen meiner seyd unbesorgt; ich will schon das Meinige thun, damit meine Abwesenheit, unserem Zusammenseyn zum Vortheil gereiche.


d. 28ten.

Was die nächste Zeit und die Zukunft betrifft so wollen wir ganz ruhig seyn. Dieß wiederhohle ich dir: thue nur jedes in jedem Augenblick das Einige.

Wegen John wird manches zu besprechen seyn, er ist gut aber kranck, durch körperliche Anlage und vielleicht durch Schuld. Diesmal übertrag ich's, es kostet mich, aber es hat mir noch nicht geschadet. Man muß jetzt alle Verhältisse respecktiren und Gott dancken wenn man leidliche Tage hat. Mein Befinden ist sehr gut und läßt mir alles zu was ich will und soll.

[382] Wir erwarten den Herzog zur Cur, die Grosfürstinn Catharine als Durchreisende. Ich will aber mein Packet schließen, damit es der nächste Bote, an dem es nicht fehlen wird, mitnimmt. Lebe wohl. Liebe mich.

Erfahrung giebt Zutrauen, Zutrauen Hoffnung und Hoffnung läßt nicht zu Schanden werden. So stehts ohngefähr geschrieben.

G.


Tepliz d. 1. Juli 1813.

Ich will immer noch ein neues Blat anfangen, da ich doch noch manches zu erzählen habe. Die Grosfürstinn Catharina war gestern hier, auf einem kleinen Umwege den sie macht nach Carlsbad zu gehen. Ich ward veranlaßt sie zu sehen und habe sie der Grosf. Marie sehr ähnlich gefunden. Sie ist um weniges größer, aber im Gesicht an Gestalt und Betragen, erkennt man das schwerlichste. Sie war sehr freundlich und mir ist es höchst angenehm ihr aufgewartet zu haben

Eine merckwürdige Bekanntschaft habe ich sodann gemacht, einen Rittmstr von Schwanefeld, der den Gesandten in Gotha überfallen, Schwebeln entführt und sonst auf dem Thüringer Wald sein Wesen getrieben hat. Es ist ein junger Mann, von starcken Körperbau, regelmäßigem Gesicht, dem Bart und straubige Haare etwas wildes geben. Im Gespräch ist er zwar kurz gebunden aber bedeutend und wenn[383] er seine Abenteuer erzählt ganz charmant ja geistreich. Da er in diesem Feldzuge so kurz er war viel gewagt gethan und gelitten hat; so ist er heimlich ergrimmt daß nichts aus allen den Anstalten geworden ist, und spricht unter Vertrauten ganz offen über die vielen Fehler und Versehen die von Anfang vorkamen. Er macht die Personen, ihre Reden und Betragen, besonders die alten Generale gar treffend nach und sagt überhaupt viel was ich ihm nicht nachsagen möchte. Er kommt Abends in den Garten herunter und wenn nicht zuviel Personen beysammen sind ist er offen und unterhaltend. er hat mich mehr als einmal bis zu Thränen lachen gemacht.

Von diesen Dingen sagt ihr nur den Vertrautesten. Meine Briefe überhaupt gebt ihr nicht aus Händen, erzählen und vorlesen daraus werdet ihr mit Vorsicht. Ich wünsche nur daß wir wieder so weit seyn mögen und reden zu dürfen wie dieser Soldat, der, als passionirter Theilnehmer, vernünftiger und mäßiger von allem spricht, als die sämmtlichen müßigen, philisterhaften Zuschauer.

Die Verlängerung des Waffenstillstandes beruhigt uns hier, die Einrichtung des Schloßes und der Stadt Gitschin zu einem Congreß giebt die besten Hoffnungen denen die den Frieden wünschen. Worunter ich denn auch im Stillen gehöre. denn laut darf man mit solchen Gesinnungen nicht seyn. Lebe recht wohl Du hörst bald wieder von mir; grüß alles.[384]


Am 3ten Juli.

Nun kann ich euch noch vermelden daß euer Brief vom 26. Juni bey mir angekommen ist und ich freue mich daraus zu ersehen daß es euch leidlich geht; nur beunruhigts mich einigermassen daß ihr einer Rolle nicht gedenckt die ich dem Weimarischen Reitknecht mit gegeben habe der am 14ten Juni von hier abging. Auf dieser rolle war, nebst andern Dingen, eine Anweisung für Raman auf 300 f. Rheinisch an Schloßer aufgewickelt. Erkundigt Euch sogleich wenn sie nicht angekommen seyn sollte Nach diesem Menschen dessen Nahmen ich leider nicht weis. Und August müßte gleich an Schlosser schreiben daß die Assignation nicht honorirt würde, wenn sie nicht durch eure Hände gegangen ist. Ich tröste mich damit daß ihr oft etwas in Briefen vergesst und auslasst was man gern wissen möchte. Lebe recht wohl. In Prag war ich noch nicht. N.B. Desport hat von Dresden ein Packet an August mitgenommen. Gebt mir bald Nachricht so wie von der Rolle.


Da die Sache wegen der übersendeten Rolle von Bedeutung ist, so lege ich deshalb noch ein besonderes Zeddelchen bey.

Den 14. Juni kam ein Weimarischer Reitknecht zu mir, dessen Namen ich leider nicht gefragt habe, und sagte, er gehe mit Pferden, die bisher krank gewesen,[385] nunmehr auch nach Weimar, und fragte, ob ich etwas zu bestellen hätte?

Ich gab ihm hierauf eine Rolle mit, auf welche folgendes gewickelt war.

1) Ein Kupfer, die Sprengung der Dresdner Brücke vorstellend.

2) Eine Anweisung für Ramann auf 300 fl. rhein.

3) ein Brief an dich.

Dieser Reitknecht hätte eigentlich den dritten Tag in Weimar seyn müssen; da aber zu jener Zeit die Freycorps noch im Vogtland schwärmten, wovon wir nicht unterrichtet waren, und ihr nichts von der Ankunft derselben meldet, so habe ich allerdings Ursache besorgt zu seyn. Zwar wird mich Herr von Seebach, welcher nächstens mit dem Herzog hier erwartet wird, hierüber schon aufklären, sollte er aber nicht angekommen seyn, wie ihr ja bey Herrn Hofcammerrath gleich Nachricht einziehn könnt, so müßte der Herr Lyceumsdirector Schlosser in Frankfurt sogleich davon benachrichtigt werden.

Töplitz den 3. Jul. 1813

G.


So eben fällt mir ein daß ihr wahrscheinlich in denen Herrn v. Seebach mitgegebnen Briefen der Rolle gedacht habt, ich will also dessen Ankunft welche in einigen Tagen erfolgen wird, ruhig abwarten.

G.[386]


23/6579.


An August von Goethe

Tepliz d. 26. Jun. 1813.

Ich danke dir, mein lieber Sohn, für die verschiedenen Briefe die du mir gesendet, und die Nachrichten die du mir gegeben hast. Du mußt mir verzeihen, wenn ich nicht sträcklich geantwortet und sonst deine Äußerungen freundlich erwidert habe; denn in der letzten Zeit ging es bey uns nicht rasch zu Werke und ich hatte alles zu thun, um meine Aufmerksamkeit auf meine Arbeit, worauf so vieles ankommt, zu concentriren.

Nun will ich dir aber auch abermals ein Gedicht schicken. Es ist die erste Frucht meiner Abreise von Weimar und zwar um 10 Uhr früh in Eckartsberge geschrieben (nb. den 17. April). Da mir mein Begleiter kurz vorher dieses Thüringerwaldsmärchen erzählt hatte. Theile es Riemern mit, es muß aber recht gut und dramatisch vorgelesen werden.

Sodann ersuche ich dich, unserm Dr. Schlosser nach Frankfurt zu schreiben, dessen Addresse jetzt nicht mehr Stadtgerichtsrath, sondern Director der Großherzogl. Lyceen heißt. Du fragst bey ihm an, ob er einen Brief von mir erhalten, worin die Contributi onsdeclaration befindlich gewesen. Zugleich war die Assignation, die ich Ramannen geben wollte, angekündigt.

[387] Diese Assignation war mit auf die Rolle gewickelt, welche ich einem Weimarischen Reitknecht Montags den 14. Juni übergeben und die nunmehr in euren Händen seyn wird. Das Kupfer, die Sprengung der Dresdner Brücke vorstellend zeigt diesen schrecklichen und traurigen Gegenstand gut aufgefaßt. Daß es an der Natur gesehn ist, beweist mir der kleine Zug, wie sich das zerrissene eiserne Geländer sperrt und dreht. Daran würde wohl niemand denken, welcher dergleichen aus der Imagination machte. Die gedruckte dir schon angekündigte Sammlung halte ich billig zurück. Wenn Ruhe und Friede wieder über der Welt kommen sollte, wird man sie greulich finden.

Kupferstecher Müller erinnert bey mir eine Unterschrift unter das von Jagemann gezeichnete Schillersche Todtenbild. die Sache verhält sich folgendermaßen:

Ich wollte dazu die beyden letzten Stanzen aus dem Epilog zu der Glocke geben; allein nicht so, wie sie gedruckt sind, sondern wie sie Madame Wolff bey Wiederholung der Vorstellung gesprochen hat. Nun findet sich aber die beliebte Veränderung, die mehr in's Allgemeine ging, und diese Rede etwas grandioser schloß, weder unter meinen Papieren noch bey'm Theater. Um den guten Müller zu befriedigen, möchte ich folgenden Vorschlag thun. Du sagtest Riemern die Sache, Er sähe die beyden Stanzen an und spräche mit Mad. Wolff. Vielleicht findet sie die Veränderung[388] noch in ihrem Gedächtniß. Wäre das nicht, so gäb Riemer dem Schlusse wohl selbst noch einen Schwung: denn, wie ihr hier steht, so bezieht er sich auf das was das Publicum für Schillers Kinder thun sollte, welches jetzt weder Zweck noch Bedeutung mehr hat.

Daß jener Brief an Schlosser glücklich angekommen sey, kann ich hoffen; denn ich habe von Seebeck, an den ich auch über Eger geschrieben, Antwort erhalten, und so wird ja auch wohl wie nach Nürnberg, So nach Frankfurt a/M. ein Schreiben glücklich angelangen können.


Tepliz 27. Jun. 1813.

So eben fällt mir der Schluss ein von jenen Stanzen zu Schillers Andencken.

denn was dem Mann das Leben

Nur halb gewährt wird/soll ganz die Nachwelt geben.

Ersuche Riemer und Mad. Wolf nun das Beste zu fernerer Ergänzung zu thun.

Ich lege dir ein Concept bey von einem früheren Bericht an den Herzog. es giebt dir einen allgemeinen Begriff von der Umgebung. Seit der Zeit habe ich auch Dr. Stozen in Aussig besucht. Ein lieber junger Mann, mit einer wohlwollenden häuslichen Frau und zwey allerliebsten Söhnchen. Er ist voller Muth, ob er gleich, wie ich von andern weiß,[389] in seiner Lage nur mühsam seine Haushaltung erhält. Merkwürdig ist es, und selten muß es seyn; er hat eben jetzt eine sehr gute Stelle abgelehnt, weil er sich ihr nicht gewachsen fühlt, und sie ihn noch überdieß hindern würde, sich auszubilden. Überhaupt sind diese Böhmen, wenn ihnen einmal das Licht aufgeht, ganz vortreffliche Menschen, und um so braver, als das Licht, was sich über Deutschland verbreitet hat, zu ihnen gedrungen ist, ohne die fratzenhaften Gaukelbilder mitzubringen, die aus unseren philosophischen Laternen so schattenhaft überall herumschwanken. Er ist ein trefflicher Geolog, hat eine genaue Kenntniß der Gegend, hat die größte Luft sich zu unterrichten und zu sammlen, und da es ihm an Vermögen fehlt, seine Liebhaberey zu befriedigen, so muß er um desto thätiger seyn, den Tauschhandel mit inländischen Mineralien durchzuführen, der nun freylich auch durch die gegenwärtige Zeit gehemmt wird.

Ich wünschte dich wohl einmal auf 14 Tage mit hier, damit du einen anschaulichen Begriff auch von einem solchen Bezirk hättest: denn selbst für Feldbau glaube ich nicht, daß es eine seltsamere Gegend giebt; er erstreckt sich nicht nur über das hügliche Land, sondern bis in die tief ausgewaschenen Thäler des Urgebirgs, wo die Menschen Milliarden von Granit- und Gneisgeschieben aus dem Acker auflesen, und in die seltsamen Dammreihen aufgeschichtet los zu[390] werden suchen, damit der dazwischen befindliche kostbare Boden zu ihrer Disposition bleibe, den sie fast gartenhaft behandeln. Und nun steigt von da aus erst die Wiesenwässerung, dann ein gleicher Feldbau bis auf die Höhe des Erzgebirges, wie du in dem Artikel von Klostergrab wirst gelesen haben. Das Gebirge welches Böhmen und Sachsen scheidet, hat hier freylich den großen Vortheil, daß es gegen Süden gewendet ist, und daß selbst der leicht verwitternde Gneis und der durch eine Unzahl Jahre von Wäldern bedeckte Boden die Cultur der Feldfrüchte sehr begünstigt. Übrigens leidet die hiesige Gegend zwischen dem Haupt- und Mittelgebirge an Trockniß, weil sich die Wolken, wie ich öfters bemerken konnte, hinüber und herüberwenden, ohne sich in dem Zwischenraum auszulösen.

Mineralien habe ich schon angefangen einzupacken und habe wirklich die allerschönsten, d.h. instuctivsten Sachen gefunden. der stängliche Thoneisenstein ist ein Mineral, das uns Bewunderung ablockt, so oft man es betrachtet. Nun ist es pseudovulkanisch. Es entsprang aus einer gewissen Wirkung der Hitze auf den Schieferthon. Nun suche ich die Folge davon zu sammeln. Die entschieden schönen Stücke, welche zu besitzen mir großes Vergnügen macht, werden aber eher gefunden, weil die Aufmerksamkeit erregen, als die Übergänge, woraus sich anschaulich ergiebt, wie das Gebildete aus dem Ungebildeten möglich ward.[391] Dazu habe ich schon Anlässe, und hoffe es noch weiter zu bringen.

Diese Untersuchungen, Betrachtungen und Sammlungen machen den schönsten Theil meines hiesigen Vergnügens, theils an und für sich, theils weil sie eine geistreiche Unterhaltung geben die Personen, die sich früher oder später, mehr oder weniger, gründlicher oder oberflächlicher mit diesen Dingen beschäftigten.

So auch treibe ich meinen alten Spaß noch immer fort, in jeder Mühle nachzufragen, wo sie ihre Mühlsteine hernehmen, und dieses giebt mir eine schnellere Übersicht der Geologie des Landes, als man denken könnte. Ihr Thüringer könnt euch noch immer glücklich preisen, daß ihr eure Mühlsteine von Grawinkel ziehn könnt.


Tepliz d. 30. Jun. 1813.

Und so lebe denn wohl. Erbaue dich aus den Blättern die ich der Mutter sende. Empfiel mich dem Herrn Gesandten schönstens, Herrn Geh. R. von Voigt gleichfalls aufs beste. Zeigt nur meine Briefe nicht, erzählen könnt ihr daraus mit Überlegung und Vorsicht.

Vale.

G.


[Töplitz, 3. Juli 1813.]

Heute Nacht hats endlich geregnet; leider sieht es hier in der nächsten Umgebung mit allen Sommerfrüchten sehr mißlich aus. Doch soll im Durchschnitt die Erndte in Böhmen gut werden.[392]


23/6580.


An Carl Friedrich von Reinhard

Magst dem Schicksal widerstehen,

Aber manchmal setzt es Schläge;

Will's nicht aus dem Wege gehen,

Ey! so geh du aus dem Wege.


Nach vorstehenden ewigen Spruche bin ich den Unruhen ausgewichen, welche unser Thüringen aufgeregten, und noch mehr bedrohten; ich kann mich aber nicht rühmen, daß meine eigene Klugheit mir dießmal zu statten gekommen sey. – Schon frühe hatte ich mich zu meiner gewöhnlichen Reise in die böhmischen Bäder vorbereitet, und alles sowohl im Hause, als was meine Reisebedürfnisse betraf, wie sonst geordnet, aber die sonderbare und ahnungsvolle Trübung des politischen und militärischen Himmels machte mich unentschlossen und ich zauderte von einem Tag zum andern, bis endlich die Meinigen, wie durch eine Inspiration, mich am 17. April von Hause wegtrieben.

Ich hatte eine über alle Begriffe ruhige und angenehme Reise, sah am 24. die beiden nordischen Potentaten in Dresden einziehen und befinde mich seit dem 26. April hier in Töplitz, zwar in der Nähe des Kriegsschauplatzes, den ich weit hinter mir zu lassen glaubte, aber doch in einer so ruhigen äußern Umgebung, als sich nur im tiefsten Frieden denken läßt.

[393] Ich habe diese Zeit benutzt, um dasjenige zu arbeiten, womit ich meinen Freunden, noch wahrscheinlich in diesem Jahre, einige Freude zu machen hoffe. Daß Sie unter die Ersten gehören, an welche auch dieser dritte Band gerichtet ist, davon sind Sie überzeugt, ich habe in demselben fünf Jahre zusammengedrängt, und bin dabey, wie bey den vorigen, meiner Einsicht und meinem Gefühl gefolgt, das übrige wird sich ja auch wohl geben. Durch den Waffenstillstand, durch dessen Verlängerung, durch die Anstalten zu einem Congreß in Gitschin, sind wenigstens die friedliebenden Gemüther beruhigt, ich hoffe Sie gehören auch dazu, weil dieser Krieg den Diplomaten selbst nicht günstig zu seyn scheint.

Nach Herrn Lefebvre habe ich auf Erkundigung ausgestellt, sobald ich irgend etwas vernehme sollen Sie es erfahren.

Von Schwebeln ist es mir nicht gelungen Nachricht zu erziehen. Noch füge ich hinzu, daß es den Meinigen am 18. April und die folgenden Zeiten, den Umständen nach, sehr leidlich gegangen.

Den Herzog erwarten wir in einigen Tagen hier, dieser sein Entschluß ist mir sehr angenehm, weil er neuerlich abermals an gichtischen Übeln viel gelitten hat, und ihm die hiesigen Bäder sehr wohl bekommen. Durch seine Gegenwart werde ich veranlaßt, wohl noch diesen ganzen Monat hier zu bleiben. Ich hatte Zeit fünfzig Bäder zu nehmen, die mir sehr wohl[394] zugesagt haben; nun denk ich, nach einer kleinen Pause, wieder von vorn anzufangen.

Die Großfürstinnen Catharina und Marie werden einige Zeit in Carlsbad, vielleicht in Eger verweilen.

Soviel für dießmal mit dem herzlichsten Lebewohl.

Nachschriftlich vermelde noch daß Gestern das Glück hatte der Grosfürstinn Katharina aufzuwarten. Sie machte von Prag, um nach Carlsbad zu gehen, einen Umweg, um den Strich von Böhmen, die Gärten von Waldrus und Schönhof zu sehen und hielt sich einen Tag hier auf. Sie ist unsrer Grosf. Marie sehr ähnlich, etwas größer. Im Gesicht in der Gestalt, dem Betragen verleugnet sich das schwesterliche nicht. Nun nochmal ein herzliches Lebe Wohl.

Teplitz den 1. Juli 1813.

Goethe.


23/6581.


An Christiane von Goethe

Tepliz d. 1. Juli 1813.

Damit ich nicht irre werde will ich gleich dieses Blat fortsetzen.


d. 6ten.

Gestern Abend sind Durchl. der Herzog angekommen. Es ist mir sehr lieb für ihn daß er dieser Bäder sich in einiger Ruhe bedienen kann und wünsche nur daß sie ihm so wohl thun als mir.

[395] Die Sorge wegen der Rolle ist mir nunmehr ganz benommen und ob ihr gleich der Assignation für Raman nicht erwähnt so hoffe ich doch ihr habt sie ihm zugestellt und die Sache ist in Richtigkeit.

Auf meine Anfrage ob ein Brief an Wolf der am 5ten Juni von hier abgegangen und zwar über Eger, angekommen sey hat mir auch niemand geantwortet. Ihr seyd recht liebe Kinder, aber ich bitte wenn ihr schreibt; so steht die letzten Briefe an und meldet das Gewünschte.

Ich werde diesem Briefe eine Anweisung an Frege auf 300 rh. beylegen, damit haltet Haus und besorgt die Zwangs Anleihe so gut es gehen will. Zwar ist es freylich hart daß man das was man so eben mühselig verdient hat gleich wieder hergeben soll, indessen muß man schon zufrieden seyn daß man es verdienen konnte. Von Hptm. v. Böhme und nun von Durchl. dem Herzog habe ich so viel von euren Schicksalen gehört, daß ich gerne zahlen will ohne gelitten zu haben, da ich doch, wenn ich mitgelitten hätte, noch darüber zahlen müßte.


[Töplitz, 9. Juli 1813.]

Es geht eine Gelegenheit nach Weimar also schnell Adieu.

Ich erwarte nun Nachricht daß das Mspt für Riemer und ein kleines Packet unterm 3. Juli bey Euch angekommen sey. Lebet recht wohl. Wir haben jetzt hier herrlich Wetter.[396]


23/6582.


An Johann Christian Friedrich Körner

Ich habe nicht gezweifelt, daß Sie, mein werthester Hofmechanicus, nach Möglichkeit die Sternwarte fördern würden, damit der vortreffliche Vorsteher derselben in den Stand gesetzt werde, sie nach Einsichten zu benutzen. Daß solches alles nunmehr geschehe, dafür sollen Sie das beste Lob haben, wie ich denn auch Serenissimo für gnädigste Beyhülfe den unterthänigsten Dank entrichtet.

Wegen des Vorschusses habe meinem Sohn Antrag gegeben. Es wird derselbe Herrn Geh. Rath von Voigt Excellenz die Sache vorlegen und wahrscheinlich auch dessen Beystimmung erhalten. Wenden Sie sich deshalb an gedachten meinen Sohn, damit Sie in den Stand gesetzt werden das Geschäft anzutreten.

Ihren Gedanken und Wunsch wegen des Gymnasiums will ich der Behörde vortragen und empfehlen.

wegen des Brennspiegels möchte ich mich nicht ohne Vorschlag in die Bestellung einlassen; gerade solche Dinge sind am schwersten zu schätzen, weil sie dem Handwerksmann nur einmal vorkommen. Bestimmen Sie mit Herrn Prof. Döbereiner die Form und die Größe, alsdann kann ja auch wohl der Tischer seine Forderung angeben. Nicht weniger läßt sich die Größe und die Anzahl der Spiegel bestimmen, auch[397] die Art solche zu befestigen, wornach der Glaser denn auch wohl seine Forderungen angeben kann.

Wäre wie bey andern Anschlägen der Fall, daß er auch um etwas überschritten würde, so hätte man denn doch ein erstes Unterhalten und könnte die Sache besser beurtheilen. Denen Herren von Münchow und Döbereiner empfehlen Sie mich bestens. Zu den neuen Maschinen wünsche ich alles Glück.

Töplitz den 10. Jul. 1813.

Goethe.


Was die Caution betrifft, zu der Sie sich erbieten, so sprechen Sie deshalb mit meinem Sohn, dem Kammerassessor, ehe er dem Herrn Geh. R. von Voigt von der Sache spricht.


23/6583.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

freundliches Schreiben bestimmt mich auch wieder einmal die Feder zu ergreifen; denn bisher mochte man sich kaum in die Nähe, geschweige in die Ferne mitteilen. Wir haben abermals viel erlebt; der verlängerte Waffenstillstand, der Congreß zu Prag geben uns Ruhe für den Augenblick, für die Zukunft Hoffnung. Persönlich habe ich nicht zu beklagen, seit dem 26ten April befinde ich mich hier und konnte mir selbst leben. Dadurch ward es möglich, daß der[398] dritte Band zu Michael erscheinen kann, gebe der Himmel Frieden; so werden wir auch Leser finden. Ich war um so fleißiger und aufmerksamer als ich selbst in diesen wilden Zeiten viele Theilnehmende, aufmunternde Personen antraf.

Wenn das für einen kleinen Kreis zunächst bestimmte Andenken Wielands, durch Ihre Vermittlung, auch in einem größeren sich einigen Beyfall erwerben kann, soll es mir sehr angenehm seyn. Ohne die ganz besondere Veranlassung hätte ich diese, zu sehr sorgenvoller Zeit, mir einigermaßen abgenötigte Arbeit nicht unternommen. Für den Damenkalender habe ich leider nichts bey mir. Was man Ihnen unter dem Titel Rechenschaft mitgetheilt, wüßte ich nicht was es seyn könnte. Halten Sie es jedoch für Ihre Zwecke dienlich so willige auch ohne bestimmte Kenntniß in den Abdruck.

Schon dieses Frühjahr waren meine Gedanken nach Ihren Gegenden gerichtet, in Überzeugung einer freundschaftlichen Aufnahme, auch bin ich diesmal gewissermassen hierher verschlagen worden; doch fesseln mich gar viele Bande der schönsten Verhältnisse an Böhmen und die Kaiserlichen Lande. Durchl. der Herzog sind seit acht Tagen hier, die Großfürstinnen Marie und Catharine in Carlsbad. Wo ich den Überrest des Sommers zubringe weis ich selbst noch nicht. Aus untengezogener kleiner Rechnung ersehen Ew. Wohlgeb. daß mein älteres Guthaben erschöpft und ein neues[399] in Anspruch gekommen sey. Für den mir gegönnten Credit habe ich in diesen Zeiten, mehr als jemals zu danken. Mich zu wohlwollenden Andenken bestens empfehlend

Teplitz d. 13. Juli 1813.

J. W. v. Goethe.


d.26. Apr. Dresden an Hauptm. Verlohren rh.100

19. May Töpliz an Edl. v. Lämel in Prag 400

15. Juni Töpliz an denselben 200

10. Juli Töpl. an Cammer Ass. v. Goethe300

rh.1000

Guthaben592:10

Aufs Neue rh.407:14


23/6584.


An Christiane von Goethe

Teplitz d. 16. Jul. 1813.

So eben erhalte ich euren Brief mit der Nachricht von Augusts Kranckheit und ziemlicher Genesung, dagegen habe auch nur Klagen zu schreiben; denn John hat einen Rückfall gehabt und die Ärzte wollen er soll nach Carlsbad gehen. Ich habe mich möglichst zusammengenommen daß ich in der Hauptsache nicht gehindert ward; aber Unannehmliches und Kosten genug hat es mir verursacht. Ich will ihn bald nach Carlsbad schicken und ihm das Michaels Quartal[400] vorschießen, mehr kann ich nicht thun. Es wird daher nothwendig daß man seinen Eltern die Sache zwar schonend aber deutlich vorstellt, damit sie für seinen ferneren Aufenthalt und seine Rückreise sorgen. Er wird seine Zustände selbst geschrieben haben, sie waren und sind sehr schlimm. Überlegt also die Sache und sprich mit der Mutter schonend aber vernehmlich und meldet mir das Weitere gelegentlich.

Daß August von einer solchen Kranckheit überfallen worden ist sonderbar genug, er soll sich nur bey der Genesung schonen; denn das ist gerade die gefährlichste Zeit. Ich habe diese Tage viel an ihn gedacht und ihn zu mir gewünscht, indem ich die Zinnwercke von Zinnwalde und Altenberg besah. Ich bringe schöne Suiten mit. Grüße ihn schönstens. Das ist ein leidiges Jahr!

Riemer dancke für seinen Brief er hat mir viel Freude gemacht. Die Folge des Mspts kommt auch bald.

Die Hoheit ist hier mit dem Erbprinzen, sie hat mir ein Paar sehr artige Bronze-Leuchter mitgebracht und ist wie immer allerliebst, aber auch von der Zeit unendlich gedruckt. Der Herzog ist wohl und munter und mit mir ist es immer im Gleichen.

August soll sich nur in acht nehmen, denn diese Kranckheiten, wenn sie glücklich vorüber gehen bringen eher Nutzen als Schaden.

Für John fürchte ich sehr wir wollen sehen was das Carlsb. leistet. Dr. Starcke ist hier[401] und hat sich seiner freundlich angenommen. Nun lebet wohl. Habt Danck für alles Gute und Sorgfältige, es wird ja wohl bessere Jahre geben. Alle Briefe sind mir richtig geworden. Nun lebe wohl und gedencke mein! D. 12. Juli habe ich bey einem grosen Gastmal im Stillen gefeyert.

G.[402]


23/6584a.


An Julius Adolph Völkel

Euer Wohlgebohren!

Verzeihen gewiß, daß ich auf Ihre freundlichen und interessanten Briefe bisher noch nicht geantwortet, die Krankheit des guten John hat meine kleine Hauskanzley in Stocken gebracht, und meine Briefschulden haben sich sehr vermehrt.

Mit vielem Dank habe ich jedoch stillschweigend anerkannt, daß Sie mir so sehr gewünschte Nachrichten geben wollen, ob ich gleich leider den Brief aus Opatschna nicht erhalten; ich hoffe nun von Ihrer Güte daß Sie mir gelegentlich, besonders wenn eine Ortsveränderung vorgehen sollte, einige gefällige Nachricht gegeben werden.

Gegenwärtiges überbringt Ihnen leider John selbst, ich wünsche daß Karlsbad ihm heilsam seyn möge, wie es die Aerzte behaupten, ich vermisse ihn ungern besonders da ich einige kleine Reisen nunmehr allein machen muß.

Ich brauche Ihnen denselben nicht zu empfehlen, da Sie ihn schon näher kennen, und gewiß das möglichste thun werden, ihm in seiner Lage beizustehen.

Darf ich jedoch für mich noch eine Bitte hinzufügen, so ist es folgende: den Brunnenmeister Mißil in Franzensbrunn zu veranlassen, daß er ein Kästchen mit 20 kleinen Flaschen an meine Frau nach Weimar[146] absende. Ich habe ihn zwar vor geraumer Zeit von hieraus darum ersucht, es ist aber in Weimar noch nichts angekommen.

Das schlimmste bey der Sache ist das, daß man nicht wagen darf die Zahlung voraus zu thun, wie ich selbst schon einmal bey der Durchreise gethan, aber auch kein Wasser erhalten. Eine so kleine Bestellung mag jene sonst beschäftigte Personen zu wenig interessiren, als daß sie, wenn es Gelegenheit giebt, daran denken sollten.

Könnten daher Euer Wohlgebohren auf irgend eine Weise diese kleine Sendung bewirken, so würden Sie meiner Frau, welche dies Jahr schwerlich sich vom Hause entfernen können, einen großen Gefallen erzeigen.

Ihro kaiserl. Hoheit hier zu verehren, hat mir sehr große Freude gemacht, und es scheint, als ob Höchstdieselben ihre Tage ganz vergnüglich zubringen.

Durchlaucht der Herzog befinden sich wohl und sind ganz munter, da sie wieder so viele alte Bekannte und Freunde antreffen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich zum geneigten Andenken auf das beste empfehle.

Teplitz den 17. Juli 1813.


Ew. Wohlgeb.

werden die hie und da böhmische Orthographie meiner Interims-Secretaire zu entschuldigen die Güte haben[147] und mich der Gräfinn Fritsch Gnaden, dem lieben Prinzesschen und Dlle Martin bestens empfehlen.

Goethe.[148]


23/6585.


An Franz Ambros Reuß

Ew. Wohlgeb.

erwiedre danckbarlichst die gefällige Sendung; so wie ich des gestrigen belehrenden Tages niemals vergessen werde. Ich hoffe auf die Fortsetzung einer solchen Unterhaltung und bitte meiner Liebhaberey in einem Fache das Ihnen soviel schuldig ist, gelegentlich eingedenck zu seyn.

Teplitz d. 19. Jul. 1813.

ergebenstGoethe.


23/6586.


An Friedrich August Schmid

[Concept]

Ew. Wohlgeb.

haben durch die gefällige reiche Sendung, so wie durch das neuliche belehrende Abend-Gespräch meinen nur allzu eiligen Besuch in Altenberg erst interessant und nützlich gemacht. Wenn Sie mir eine wahre Neigung[402] zu diesen Natur-Gegenständen zutrauen, so werden Sie sich selbst sagen, wie sehr ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit dankbar bin. Ich wünschte nichts mehr als gegenwärtig so gut vorbereitet eine Reise dorthin wiederholen zu können. Die mir übersendete Schrift werde mit vielem Vergnügen lesen, denn alles was uns über die wundersame Zerstreuung jenes kostbaren Metalls über die Welt mehrere Kenntniß giebt, muß höchstwillkommen seyn. Der ich mich mit wiederholtem Dank Ihrem geneigten Andenken empfehle.

Töplitz den 20. Jul. 1813.


23/6587.


An Johann Heinrich Meyer

Sie sollen, mein verehrter Freund, gelobt und gepriesen seyn, wegen des Entschlusses den Sie gefaßt haben, Ihr Vaterland zu besuchen. Wer es jetzt möglich machen kann, soll sich ja aus der Gegenwart retten, weil es unmöglich ist, in der Nähe von so manchen Ereignissen nur leidend zu leben, ohne zuletzt aus Sorge, Verwirrung und Verbitterung wahnsinnig zu werden. Mir ist es, seitdem ich Sie verlassen, ob mir gleich der Kriegsschauplatz immer zur Seite gewesen, ganz wohl ergangen. Die Wasser thun ihre gute Wirkung und man kann hier wenigstens immer äußere Ruhe genießen, die innere muß man sich dann selbst zu erhalten suchen. Ich habe, wie ich es[403] immer zu thun pflege, ganz zu Anfang meines hiesigen Aufenthalts rasch gearbeitet und hoffe den 3. Band zu Michaelis herauszugeben. John wurde mir krank, und ich mußte mich sehr zusammen nehmen, daß mir daraus keine völlige Störung erwuchs. Es ist auch noch so ziemlich gegangen, freilich wäre ich ohne diesen Vorfall jetzt schon völlig fertig und sehe ein paar freye Monate vor mir, die ich aber nur theilweise genießen kann. In Dresden habe ich außer den Mengsischen Gypsen und einigen bänden Kupferstiche wenig kunstreiches gasehen, doch aber auch auf der Gallerie, da die besten Stücke auf Königstein gesendet waren, unter den mindern, die man sonst anzusehen nicht Zeit hat, sehr schöne Sachen gefunden, besonders was den Gedanken betrifft, z.B. eine Bauern-Hochzeit, der Name des Künstlers ist mir entfallen, wo alle möglich Motive eines solchen Festes versammelt sind. Ich wünschte wohl die Münchner Schätze mit Ihnen betrachte zu können; indessen will ich mich gern an den einsichtigen Relationen begnügen durch die uns bey Ihrer glücklichen Wiederkunft entschädigen werden. Inwiefern die so nöthige verbesserte Einrichtung unserer Zeichenschule ausführbar sey, wollen wir alsdann auch bedenken. Es ist ganz eigen, daß die Menschen sich in Mißbräuchen so sehr gefallen, und daß man nicht leicht ein Mittel gelten läßt, wodurch das Übel von Grund aus gehoben würde. In der Gegend von Töplitz habe ich mich[404] viel umgesehen und mich gar oft in das Unorganische Reich geflüchtet. In Zinnwalde war ich zum erstenmal seit langer Zeit wieder unter der Erde, und habe mich daselbst an den glücklich entblößten uralten Naturwirkungen gar sehr ergötzt, auch schon einige Centner Steine und Mineralien zusammengebracht. Mehrere Männer die sich in dieser Gegend mit solchen Dingen beschäftigen, habe ich kennen gelernt. Nur ist das Wundersame in Böhmen, daß unter Personen, die sich mit einerley Wissenschaft abgeben, kein Zusammenhang, ja nicht einmal eine Bekanntschaft statt findet. Dieses Land, als wahrhaft mittelländisch, von Bergen umgeben in sich abgeschlossen, führt durchaus den Charakter der Unmittheilung, in sich selbst und nach außen; so wohl wegen der Censur als wegen des hohen Preises sind die Buchläden des nahen Sachsens für die wissenschaftlichen Bewohner weit abgelegen, und der gute Wille so wie ein redliches Streben sieht sich überall gehindert, sie bleiben hinter dem Ziel zurück, wie wir in dem protestantischen Deutschland darüber hinweg sind. Und nun leben Sie recht wohl und gedenken mein wenn der Zürcher See recht leibliche Wellen schlägt. Ich hoffe, Sie werden, indem ich dieses absende, schon die gute Wirkung der vaterländischen Luft erfahren haben.

Töplitz den 21. Jul. 1813.

G.[405]


Können Sie mir Breitingers Handschrift und anderer Matadors der Schweiz verschaffen: so verbinden Sie mich.


23/6588.


An Christiane von Goethe

Hierbey, mein liebstes Kind, findest du ein Blat das du Johns Eltern mittheilen magst, die Sache muß ein Ende nehmen, wie du Heinrichen zuletzt auch entlassen mußtest. Diese Menschen wie es ihnen wohl geht wollen sich und nicht der Herrschaft leben und so ist es besser man scheidet. Wenn du zu Johns übrigen Untugenden noch eine schwere Kranckheit denckst, der man alles verzeihen muß; so stellst du dir vor was ich gelitten habe. Er ist pretentiös, speisewählerisch, genäschig, trunckliebend, dämperisch und arbeitet nie zur rechten Zeit. Überhaupt war es Riemer eine andere Sache. John schreibt nur reinlich und gut, weiter leistet er auch nichts und das kann man wohlfeiler haben. Mein Gedancke wäre niemanden wieder in's Haus zu nehmen; sondern einen jungen Menschen zu dingen der die Morgenstunden für mich schriebe und nachher an seine Geschäfte ginge, was so dann bey mir vorfiele da könnte mir August beystehn, ich hülfe mir auch selber, wie ich ja auch jetzt thun muß. Überlege die Sache und wir werden ja wohl auch darüber hinaus kommen.[406] Grüße die genesenden Kinder. Das sind ja seltsame Ereignisse! Es ist nicht genug daß man von aussen gedrängt und verletzt wird, man hat auch noch mit innerlichen Zufällen zu kämpfen. Behalte gute Muth! Mir will er oft ausgehen: denn in der totalen Einsamkeit in der ich lebe wird es doch zuletzt ganz schrecklich. Ich habe nun auch gar niemand dem ich sagen könnte wie mir zu Muthe sey. daß ich mich so wohl als möglich befinde ist das größte Glück. Auch meine Arbeit habe ich trotz aller Hindernisse weit genug gebracht. Doch steht mir noch ein schweres Stück bevor. Lebe recht wohl. Liebe mich und grüße alles.

Tepliz d. 23. Juli 1813.

Goethe.


Dinemann beträgt sich musterhaft in allem.


23/6589.


An Josephine O'Donell

Schon seit drey Wochen sind Durchl. Herzog hier, eben so lange, verehrteste Freundinn, besitze ich Ihre älteren aber nicht veralteten kleinen Blättchen vom 27. April und kurz vorher war Ihr letztes theueres Schreiben eingetroffen. Warum ich bisher nicht dazu gelangen können Ihnen dagegen auch wieder einmal ein Wort zu sagen würde sich nicht erklären lassen, ohne daß ich weitläufige Klaglieder anstimmte, die in der Nähe Niemanden Vergnügen machen und in[407] der Ferne um so unangenehmer sind, als man seinem Freunde nicht gleich ein Wort des Trostes und der Theilname erwidern kann. Die Krankheit meines Reisegefährten hat sich verschlimmert, so daß ich ihn zuletzt nach Carlsbad schicken mußte, dadurch bin ich in allen meinen Vorsätzen, welche schwarz auf weiß ausgeführt werden sollten, dergestalt gehindert worden, daß ich nur mit Verdruß auf die schöne Jahreszeit zurücksehe, die mir so ruhig verfloß und die ich nicht nach meinen Wünschen und Kräften habe nützen können, und so giebt mir mein Wohlbefinden selbst, dessen ich bis jetzt genossen, Anlaß zur Betrübniß, die ich denn durch Thätigkeit wieder aufzuheben suchen muß.

Von unserm theuern Herzog werden Sie unmittelbar gehört haben, das Bad thut seine alte gute Wirkung und der Umgang mit so viel Personen die er liebt und schätzt, macht ihn froh, und so ist zu hoffen, daß die Cur gut anschlagen werde.

Zu Ihrer Neigung, welche Sie der englischen Sprache schenken, wünsch' ich viel Glück. Diese Literatur bietet uns ungeheure Schätze und man findet sich kaum in den Reichthum, der sich uns zudrängt, wenn man ihr nahe tritt. Über Ihre1 ernste ja melancholische Seite finden Sie im dritten Theil meines biographischen[408] Versuchs einige Blätter. Wahrscheinlich kennen Sie schon das Deserted village von Goldsmith, sonst will ich es dringend empfohlen haben. Es ist seit langer Zeit eine meiner entschiedensten Passionen.

Ich beneide Sie um die Kenntisse des Werks der Frau v. Staël, die Bruchstücke die ich davon gesehen, haben mir sehr viel Vergnügen gemacht; Es ist sehr belehrend, seine Nation einmal aus einem fremden Gesichtspuncte billig und wohlwollend geschildert zu sehen. Die deutschen sind gewöhnlich unter einander ungerecht genug und die Fremden haben auch nicht immer Lust Ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Es gehörte dazu, daß eine so geistreiche Frau uns in dem Grade achtete, um sich die Mühe mit und für uns zu geben. Ich hoffe denn doch, dieses Werk soll endlich zu der allgemeinen Erbauung noch öffentlich erscheinen.

Ihre Nachricht von so vielen Regen, kann ich erwidern, daß nach langer Trockniß endlich der Regen zur unrechten Zeit in die Erndte fällt, Grummt und Klee mögen sich daran erfreuen, aber die Schwaden keineswegs.

Die Hand welche bisher schrieb ist diejenige welche vor soviel Jahren meine Iphigenie zuerst abschrieb. Dieses will ich als eine kleine Merkwürdigkeit hier anführen.

Aber zum Schluß noch eigenhändig sagen, was mir seit dem Anfange im Sinne schwebt: wie glücklich[409] es mich macht daß unsere allerhöchste Gebieterinn auch meiner so gnädig eingedenck seyn will. Solange hätte ich Töplitz schon verlassen sollen; aber ich zaudre noch immer in Hoffnungen die zu nähren ich gar keinen Anlaß finde, und immer noch begreiff ich nicht wie Töpliz nur da seyn kann ohne durch Jene Gegenwart eigentlich aufgebaut zu werden.

Und nun leben Sie schönstens wohl und meiner eingedenck. Verzeihen Sie diesem Blate das regnerische Aussehn und beglücken mich bald wieder mit einem heiteren öftlichen Lichte.

Tepliz d. 24 Juli 1813.

Goethe.


1 sollte mit einem kleinen i geschrieben sein: denn es ist, Gott sei Dank, nicht die Freundinn sondern die Sprache zu verstehen.


23/6590.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie erhalten, mein bester, hierbey abermals eine ziemliche Partie der vorgenommenen Arbeit, ich wünsche nur daß man nicht sagen möge: in doloribus pictam esse tabulam. Leider habe ich mich nie in einer so ungünstigen Lage befunden als diese letzten Monate, wo die Kranckheit Johns, durch das innere Mißverhältniß, das jetzt unvermeidliche Gegenstreben gegen das Äussere höchst schwer machte.

Alles, was wir schon früher beredet haben gilt auch von diesen Blättern. Einiges will ich noch bemercken.

1) In den vorigen Bänden haben wir lange Abschätze beliebt. Hier finden sich kürzere, mehr durch die[410] Gewohnheit des Schreibers als auch Absicht. Ich habe schon mit Bleystift das Zeichen des Aneinanderschließens gemacht, es soll nunmehr von Ihnen abhängen was Sie verbinden und ablösen wollen.

2) Ich übersende den Schluß des 12ten das ganze 13te und den größten Theil des 14ten Buchs. Diese beyden letzten werden die längsten unter allen und was wird nicht alles darin hinter einander zum Vorschein kommen.

3) der Titel und das Vorwort liegen bey. Sie heben solche bis zuletzt auf. Aus diesen Blättern ersehen Sie daß ich gewissermassen abschließe und ich hoffe Sie geben mir recht. Bey der Ausgabe meiner Wercke kann man in Einzelnen Aufsätzen gar manches Hierhergehörige schicklichen liefern und zuletzt wird ein Resumé, wenn man es belieben sollte, leichter.

4) Eben aus diesem Abschluß folgte natürlich, daß hie und da Prolepsen vorkommen, die vielleicht nicht übel thun. Wegen einer jedoch, Jakobi betreffend, bin ich zweifelhaft. Sie steht auf dem 43 Blat des 14ten Buches. Ich habe sie mit Bleystift eingeklammert und überlasse Ihnen sie abzudrucken oder auszustreichen.

5) Eben so hängt es von Ihnen ab die von mir eingezeichneten Correckturen, sie seyen mit Bleystift oder Dinte geschrieben aufzunehmen oder das Alte wieder herzustellen, vielleicht auch ein andres zu belieben.

[411] 6) Was der Conformität halber zu beobachten ist werden Sie gütig besorgen. Ich dancke zum allerschönsten daß Sie eine Revision übernehmen wollen; man kann sich auf die Meister und Gesellen gar nicht verlassen.

7) Sollte übrigens eine Wiederholung einer Maxime vorkommen, die nicht eine Amplification oder veränderte Ansicht enthielte; So würden Sie solche wo nicht auslöschen sondern zweckmäßig variiren. Denn ich kann bemercken daß gewisse Hauptbetrachtungen mich leiten. Das ist auch ganz gut, nur muß man es nicht zu oft aussprechen.

Das schönste Lebewohl.

Teplitz d. 24. Juli 1813.

G.


23/6591.


An Christian Gottlob Voigt

Wie oft hab ich mich nicht schon hingesetzt um Ihnen, verehrtester Freund, ein Wort der aufrichtigsten Theilnahme zu zu rufen, und immer habe ich mich wie gelähmt gefühlt, es war mir nicht möglich nur den mindesten Ausdruck meiner Gesinnungen zu finden. Jetzt erst da Herr von Wolfskeel mich versichert Sie sehen rs nicht ungern wenn Freunde theilnehmend Ihres Verlustes gedencken; So gewinne ich es über mich die traurige Pflicht, nach langem Zögern zu erfüllen.

[412] Im Augenblick als die beyden Monarchen am schwarzen Thor zu Dresden von der Menge erwartet wurden, gelangte zu mir ein dunckles Gerücht was in Weimar am 18ten Apr. vorgefallen und nach den unbestimmten Nachrichten mußte ich befürchten daß Ew. Exell. Person gefährdet sey und wie mußte dies die Sorge vermehren die in mir aufstieg als ich eine ungeheure wilde Volcksmasse in Sachsen und Thüringen vordringen sah, ich dachte mir unsre Fürsten und das Land von Ihrer Vorsorge, Ihrem Beystand entblöst und sah alles so schwarz daß ich mich kaum freuen konnte, persönlich so großen Übeln entgangen zu seyn. In diesem Irrthum blieb ich mehrere Tage, bis mir die Aufklärung neuen Schmerz bereitete, indem der Nachricht von der Befreyung Ihres Herrn Sohns, die Nachricht von seinem Ableben auf dem Fuße folgte.

Und hier befinde ich mich wieder in dem Falle dessen ich zuerst erwähnte. Was kann man hinzufügen wenn die Sache ausgesprochen ist.

Als ich über den Sturz, wodurch Wieland und seine Tochter so sehr beschädigt wurden, äusserst betroffen und aufgeregt, mich kaum zu fassen wußte, ward mir zuerst wieder einige Ruhe und Gleichmuth wieder hergestellt als ich den leidenden Freund selbst, seine Heiterkeit seine Geduld vor mir sah die meinen ungebärdigen Verdruß über diesen ungeschickten Schicksalsstreich augenblicklich beschämte. Und so nahe ich mich auch gegenwärtig Ihnen verehrtester, seitdem ich[413] von unsern besuchenden Freunden vernommen daß Sie Sich ununterbrochen und glücklich beschäftigen, Theilnehmen und jenes traurige Andencken nicht entschieden ablehnen, ja selbst an Erinnerung früher und hoffnungsvoller Zeiten Freude und Erquickung finden. So bewahrheitet sich denn abermals der paradox aufgestellte Satz: daß der eigentliche Trost nur von dem Leidenden, die Fassung nur von dem Beschädigten ausgehen könne.

Lassen Sie mich für diesmal schließen und nur so viel von mir hinzufügen: daß äussere Ruhe und körperliches Wohlseyn mich diesmal hier sehr glücklich machen könnten, wenn nicht die Verdüsterung des politischen und militarischen Himmels und die Nähe sovieler unaussprechlich unglücklichen jedes Behagen verscheuchte, dergestalt daß wir es uns zum Vorwurf machen, in dem Moment wo jedermann leidet und fürchtet, einige vergnügte Stunden zu geniessen, wie mir denn doch manche in den hiesigen Gebirgen gönnt waren. Der ich mich dringend empfehle

Teplitz d. 26. Juli 1813.

Goethe.


23/6592.


An Christiane von Goethe

Geheime Secretair Vogel schreibt schon einige Tage für mich, nun rückt die Arbeit wieder und ich bin wieder zufrieden. Verzeihe mir nur wenn meine[414] letzten Briefe allzuverdrieslich waren, es stürmte gar so mancherley auf mich los, nun geht es aber schon wieder besser. Ich wiederholte nicht was in dem Brief an Riemer steht laß dir ihn vorweisen.

Hauptmann Böhme, der diese Depesche überbringt, wird dir sagen daß ich mich recht wohl befinde. Der Herzog ist auch wohl und munter, wie ihm denn Tepliz immer bekommt und behagt. Herr v. Wolfskeel und Peucer waren hier, sie konnten nicht Guts genug von der Französischen Kömödie und nicht trauriges genug von dem Zustand von Dresden erzählen. Auch dies verleidet mir die Lust dorthin zu gehen und des trefflichen Theaters zu geniessen. Ich dencke jetzt nur meine Arbeit zu vollenden und zu Euch zurückzukehren, ich habe es recht satt, wie Schillers Taucher, allein in der gräßlichen Einsamkeit und wohl gar unter den Ungeheuerrn der traurigen Öde zu leben. Die Teplizer Wasser aber versöhnen freylich mit allem. Nun lebe wohl, liebe mich und grüße alles. [Töplitz] d. 27. Jul. 1813.

G.


Mit John wollen wir es sachte gehen lassen, was gut und recht ist wird sich geben.


23/6593.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sie werden, mein lieber Professor, kurz vor oder nach diesem Blatte, abermals eine starke Sendung[415] Manuscript erhalten, die ich Ihnen zu freundlicher und genauer Prüfung empfehle. Ich hatte das Ganze so gut durchgedacht und fand hier so viel Ruhe, daß ich jetzt fertig wäre, hätte mir Johns Krankheit nicht ein so großes Hinderniß in den Weg gelegt. Durch die daraus entsprungenen Verdrießlichkeiten, hatte ich wirklich selbst zuletzt über das Geschriebene kein Urtheil mehr, und weiß nicht ob durch diese unangenehme Lage die Heiterkeit, die ich beabsichtigte, hie und da getrübt worden; besonders bitte ich Sie auf dasjenige zu merken, was von noch lebenden Personen gesagt ist. Wegen Jacobi habe ich schon in meinen dem Manuscript beygefügten Noten das Nöthige gesagt, nehmen Sie doch auch das, was von Klingern geschrieben ist, wohl in Betrachtung. Zu solchen Dingen gehört der heiterste und bereiteste Humor, denn wenn man verdrießlich ist, so fühlt man nicht was andere verdrießen könnte. Lavater und Basedow sind, dünkt mich, gut gerathen, aus kleinen Zügen bildet sich die Imagination die Individualitäten gern zusammen. Lavater kommt in diesem Theil noch einmal und bedeutender vor, auch habe ich, wie Sie aus der Hanschrift dieses Briefes sehen, wieder neue Beyhülfe erhalten, so daß der Schluß des vierzehnten Buches beynahe zu Stande ist. Das Ende des funfzehnten ist auch schon geschrieben und also wären nur noch zwey Drittel desselben auszuarbeiten, welches bey dem sehr reichen Stoff nicht schwer werden wird.[416] Indessen muß ich alle Vorsätze, die ich zu meiner Belehrung und Erheiterung gefaßt hatte, aufgeben und weder in Dresden die französischen Schauspieler, noch die Merkwürdigkeiten von Prag sehen, und will zufrieden genug seyn, wenn ich Ihnen die letzten Blätter schicke oder bringe. Ich glaube, Sie werden die Wendung billigen, durch die ich im Vorwort einen Abschnitt andeute und eine Pause vorbereite, und somit leben Sie wohl und lassen mich nicht ohne Nachricht.

Töplitz den 27. Jul. 1813.

G.


23/6594.


An Carl Friedrich Zelter

Es gehen wieder von hier einige Berliner ab und ich will durch diese dir wenigstens ein Wort des Grußes und Andenkens zuschicken. Ich habe dieses Frühjahr, so wie den Sommer in äußerer Ruhe und gutem Wohlbefinden zugebracht, das Gemüth aber über das Allgemeine was die Welt drückt und bedroht zu beruhigen, hält schwer, und da ich kein anderes Vergnügen habe, als wenn ich meine Arbeit gefördert sehe, so war es mir äußerst unangenehm und lästig, daß meine Reisegefährte, meine adoptive rechte Hand, krank ward und ich mit größerer Anstrengung und mancherley Unbilden doch noch nicht zu meinem Zwecke gelangen konnte. Indessen lasse[417] ich ihn nicht aus den Augen, und hoffe dir zu Michael den dritten Band meines biographischen Versuchs zu übersenden, woran du wie ich wünschte erkennen wirst, daß ich auch viel an dich gedacht und in Hoffnung eines freunlichen Erwiderns manches Wort an dich gerichtet habe. Laß mich auch, wenn es möglich ist, bald wieder etwas von dir vernehmen.

Töplitz den 27. Jul. 1813.

G.


23/6595.


An Constanze von Fritsch

Eigentlich sollte man nicht gelegentlich schreiben und doch will ich es thun und meine liebe Freundinn mit wenig Worten ersuchen meiner zu gedenken. Meinen Dank für die schönen Nachrichten aus Prag bin ich noch schuldig, der um so größer seyn muß als ich wahrscheinlich nicht hinkomme. Daß ich mich wohl befinde, davon habe ich mich zu loben; daß unser Fürst wohl und froh ist, giebt das doppelt und dreyfache. Sonst aber geht es mir sehr confus, und wenn ich irgend etwas tauge, so ist's nicht in der Cofusion.

Lassen Sie sich hierdurch mir etwas von Sich zu sagen und von denen Hohen und Lieben die ich leider nur mit Geistesaugen sehe. Tausend Adieu.[418] Nach einer feuchten Gartensitzung, am unlustigen Luftort.

Teplitz d. 27. Juli 1813.

Goethe.


23/6596.


An Christian Gottfried Körner

Nur mit einem einzigen Worte des Danckes kann ich den Sachsenspiegel begleiten. Möge der Tag bald erscheinen, an dem ich Sie wieder sehen und mich Ihrer freundschaftlichen Unterhaltung erfreuen kann.

Teplitz d. 28. Juli 1813.

G.


23/6597.


An Simon Edlen von Lämel

[Concept]

Ew. Hochwohlgeb.

zeige sehr ungern und nach einigem Zaudern hiedurch an, daß die Krankheit meines Reise-Gefährten für mich manche unangenehme Folge gehabt, worunter jedoch die darüber abermals versäumte Reise nach Prag mich am meisten schmerzt. Indem ich nun wahrscheinlich Töplitz balde verlasse um nach Hause zurück zu kehren, so habe ich mir die Freyheit genommen, wegen der kleinen noch bey Ihnen zurückstehenden Summe von 348 f. Wiener Währung, eine Anweisung an den Herzogl. Sachsen Weimarischen Herrn Geh. Secretär Vogel oder dessen Ordre auszustellen, welche ich gefälligst zu honorieren bitte, nicht weniger[419] hoffe, daß Sie mir die bisherigen freundschaftlichen Gesinnungen erhalten und die Erlaubniß ertheilen werden, mich bey meinem jedesmaligen Wiedereintreffen in Böhmen zu melden und an Ihre gütige Assistenz Anspruch zu machen.

Töplitz den 31. Jul. 1813.


23/6598.


An Franz Joseph Ritter von Gerstner

[Concept.]

[Töplitz, 31. Juli 1813.]

Ew. Hochwohlgeb.

haben mir durch die Übersendung des vortrefflichen Werkes sehr viel Vergnügen gemacht, und ob ich gleich die Arbeit selbst nicht zu beurtheilen vermag, so kann ich mir doch die schönen Resultate derselben zueignen, die uns über eine so wichtige und viel besprochene Materie die beste Belehrung geben. Herr Graf Bucquoi, dem ich die schätzbare Schrift mitgetheilt, hat sie, da ihm der Inhalt schon bekannt, mit erneutem Antheil durchgelesen, und so ist mir auch mit diesem würdigen Mann hierüber eine höchst interessante Unterhaltung geworden. Wie sehr wünscht ich, daß es mir vegönnt seyn möge, Ihnen in Prag aufzuwarten um doch endlich einmal jene bedeutende alte Stadt, die darinn wohnenden vortrefflichen Männer und so manche Merkwürdigkeiten zu sehen, worauf durch die Zufriedenheit Ihro Kaiserlichen Hoheit und Höchst Ihro Umgebung ich auf's neue begierig gemacht worden,[420] doch fürcht ich daß es mir auch dieses Jahr nicht so wohl werden wird.


23/6599.


An Christiane von Goethe

Es sind zwar seit einiger Zeit allerley Packete und Briefe an euch gelegentlich abgegangen, welche auch nach und nach wohl ankommen werden. Jetzt will ich nur durch eine abermalige Gelegenheit melden, daß ich mich ganz wohl befinde. John ist in Carlsbad und bessert sich. Ich werde für seinen dortigen Unterhalt so wie für seine Nachhausereise Sorge tragen, vielleicht kann er mit Dr. Starke, der im Gefolg Durchl. Herzogs dieser Tage nach Franzenbrunn geht, zur Rückreise Gesellschaft machen. Was an mich gelangen soll, wird an Herrn Haptmann Verlohren in Dresden geschickt. In kurzer Zeit sollt ihr erfahren wohin ich mich wende. In vierzehn Tagen wird Töplitz eine völlige Einöde seyn. Mehr wüßte ich für jetzt nichts mehr zu sagen, als daß ich euch Allen recht wohl zu leben wünsche.

Töplitz den 1. Aug. 1813.

G.


23/6600.


An Franz Ambros Reuß

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey mit Dank den Betrag für die Meronitzer Granaten-Muster, könnten Sie mir auch den[421] Preis-Courant der geschliffenen schicken, so würde mir alsdann nichts weiter zu wünschen übrig seyn.

Durchl. Herzog haben mir ferner aufgetragen, das gleichfalls beyliegende zu übersenden, zu gefälliger Erinnerung daß Höchstdenenselben die überlassene merkwürdige Stufe besonders angenehm gewesen ist.

Ungewiß ob ich noch das Vergnügen habe, E. Wohlgeb. dieses Jahr wieder zu sehen, empfehle ich mich zu geneigtem Andenken und zur freundlichen Aufnahme künftiger Zeiten

ergebenst

Töplitz den 1. Aug. 1813.

J. W. v. Goethe


23/6601.


An Christiane von Goethe

Ich kann dir, mein allerliebstes Kind, nicht genug dancken daß du dich so ruhig, gefaßt und zugleich thätig erhältst, alles gut einrichtest und August und Uli wieder aufquäkelst. Wir wollen hoffe ich gesund wieder zusammentreffen. Der Herzog geht nächsten Freytag ab, sodann werde ich noch einige Tage zusehen mich einrichten und auf Dresden wandern. Von da sollst du gleich Nachricht haben, ich dencke mich nicht lange dort zu verweilen. Daß du die Whistmarcken wiederbekommen hast ist sehr artig und ein gutes Zeichen. Des Herzogs Küchkalesche bringt vier Steinkasten mit, die werden nicht eröffnet biß ich komme. Wegen John habe ich aus vielen[422] Ursachen, die ich nicht anführen will, mit Geh. Sekr. Vogel verabredet daß der für seine Cur in Carlsbad und für dessen Rückkehr sorgt. Gieb Johns Eltern hievon Nachricht. In der Entfernung wäre hierüber zu handeln nicht möglich. Jetzt lebe wohl gedencke mein und liebe mich.

T. d. 3. August 1813.

G.


An Riemer die schönsten Grüsse. Er wird nun längst abermals eine Sendung Mspt erhalten haben. Grüse alles. Besonders auch Herrn Hofkammerrath.

Noch will ich hinzufügen daß mich dein Blat auf den ganzen Tag vernügt gemacht hat.


23/6602.


An Georg Franz August von Longueval,Graf von Bucquoi

[Concept]

Ew. Hochgeboren

erstatte mit vielem Dank den übersendeten Aufsatz aus dem ich mir Ihren gefälligen mündlichen Vortrag sehr gerne wieder erneuert habe. Ich wüßte dabey nichts zu erinnern, als was ich damals schon erwähnte und gegenwärtig in Bezug auf Fig. 1 kurz wiederhole.

Wenn (um nach meiner Art zu sprechen) das Bild der Öffnung E. F. durch das Prisma c. durchgegangen, nach h. und m. hin gebrochen wird, so erscheint es nicht rund und farblos, sondern verlängt und gefärbt und[423] vielleicht würde dieses bey so zarten Versuchen einige Störung machen. Ich würde allenfalls rathen, das refrangirte Bild gegen h. zu wo es gelbroth ist, und nicht gegen m. wo es blauroth ist, zu observieren. Dort erstreckt sich die Farbe in das Bild hinein und man ist gewiß, daß die Gränze des gelbrothen auch die Gränze des Bildes ist. Das blaurothe hingegen geht über das Bild hinaus und verliert sich zuletzt im unbestimmten, so daß einer scharfen Messung entflieht.

Wollte man ein achromatisches Prisma gebrauchen, so wäre zwar diesem Übel geholfen, allein es würden wahrscheinlich andere eintreten, das Bild würde sehr matt und wegen der vielen an einander liegenden Flächen, die es passieren muß, vielleicht doppelt werden.

Der Versuch mit zwischengeschobenen farbigen Scheibenstücken wäre, wenn das Instrument einmal verfertigt ist, gar wohl zu machen; wahrscheinlich würde auch da ein violettes Bild länglicht, ein gelbrothes aber rund erscheinen, woraus die Newtonianer die diverse Refrangibilität der Strahlen zu beweisen glauben, welches ich aber auf andere Weise erkläre, jedoch hier auszuführen unterlasse, weil es zu umständlich und dem vorliegenden Gegenstande nicht einmal förderlich seyn würde.

Der ich für die übersendeten Hefte, womit ich meinen mathematischen Freunden in Jena angenehm zu dienen denke, verbunden, die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Töplitz, den 4. Aug. 1813.[424]


23/6603.


An Josephine O'Donell

Wie ich immer gefunden habe, verehrte Freundinn, so läßt sich eine Badezeit mit dem Leben überhaupt vergleichen. Man kommt, als Neuling, mit allerley Hoffnungen und Forderungen an, manches bleibt unerfüllt, anderes erfüllt sich über alle Erwartung, manches unerwartete Gute und Böse ereignet sich und zuletzt tritt man ungern ab, ohne gerade wieder von vorn anfangen zu wollen.

Diese allgemeinen immer wiederkehrenden Betrachtungen hatte ich auch Ursach dieses Jahr anzustellen. Mein erster Wunsch war Ruhe, die ich denn auch hier gefunden habe, dann hätt' ich gern im Stillen thätig seyn mögen, meinen Freunden und mir selbst zu Liebe. Dieses ist mir auch bis auf einen gewissen Grad gelungen, aber ein kranker Gefährte und lahmes Fuhrwerk haben mich mehrere Wochen gestört, gehindert und aufgehalten.

Durchl. Herzogs Ankunft gab meinem stockenden Zustande eine neue Bewegung und es ist mir durch diese erfreuende und aufregende Gegenwart abermals viel Gutes geworden, ohne daß ich von meiner Seite sonderliches hätte erwidern können.

Die Nähe des Fürstlich Lichtensteinischen Paares in Bilin war mir nicht weniger höchsterfreundlich, ich verlebte dort manche gute Stunde und veranlaßt auch[425] einmal wieder durch Vorlesung gewisse verklungene herzlich poetische Scenen zu erneuern, ja mir selbst zur Verwunderung hervorzurufen, ward ich diesem verehrten Paare doppelt Dank schuldig; denn seit vorigem Jahr war dieser und ähnlicher Klang verstummt und verschwunden.

Durchl. Herzog sind im Begriff nach Franzenbrunn abzureisen. Ich werde diesen Beyspiel aber nicht auf demselben Wege folgen; denn ich gedenke nach Dresden zu gehen und von da wieder nach Hause zurückzukehren, nachdem ich meinen diesjährigen Sommer-Lebens Curs von Freud und Leid mit manchem Unterricht und neuem Erwerb und Verlust durchzogen habe.

Kann ich hoffen, daß das knädige und allergnädigste Andenken mir eben so beharrlich zu Theil wird, als die Sonne, die noch alle Morgen, wenn sie aufgeht, mir in's Zimmer scheint, so habe ich weiter nichts zu wünschen. Im Glauben halt' ich mich daran, doch würde ein sichtbares Zeichen, das mich balde zu Hause aufsuchte, sehr wohlthätig seyn. Und so wünschte ich mich für immer empfohlen zu wissen. Und so endigend wie ich angefangen habe bekenne ich mich als den aufrichtigst angehörigen

Töplitz den 5. August 1813.

J. W. v. Goethe.


Und so kommt es endlich doch auch wieder dazu daß ich, nach sechszehn Wochen, mancher guten und[426] bösen Tage Genoß von hier abziehe, ungewiß ob ich zu Hause mit verehrten und geliebten Personen zusammentreffe. Lasse Sie uns und das Beste hoffen und erhalten mir ein freundliches Andenken in Ihrem seinen Herzen, und ein gnädiges, da wo ich immer empfohlen bleiben mögte. Tepliz d. 6. Aug. 1813.

G.


23/6604.


An Christiane von Goethe

In Dresden bin ich am 10ten, Nachmittags um 3 Uhr, beym schönsten Wetter, glücklich angelangt, noch zeitig genug um einen Theil des Napol. Festes, das auf diesen Tag verlegt war, mit anzusehen.

Nachts Feuerwerk und Illumination. Nun will ich einige Tage zusehen und dann zu euch zurückzukehren. Wie sehr freue ich mich darauf.

Riemern sage der Postmeister von Peterswalde habe mir seinen lieben Brief überreicht; überall würde er mich gefreut haben, aber an der jetzt so bedeutenden Gränze am meisten. Alles was R. am Mspt beliebt billige im Voraus.

Nun lebet recht wohl. Ich schreibe nun nicht wieder.

[Dresden] d. 11. Aug. 1813.

G.


Für John in Carlsbad und Franzenbrunn gesorgt.

Die Pferde bringe ich nicht in Natura aber in Kopfstücken mit. Ich habe sie da das eine lahm geworden, noch glücklich genug in Tepliz verlauft.[427]


23/6605.


An Christiane von Goethe

Da eben eine Staffete abgeht so melde ich dir, mein liebstes Kind, daß ich bald möglichst von hier abgehe und bald bey Euch zu sehn hoffe. Worauf ich mich sehr freue. Ein paar höchst vergnügte Tage habe ich zugebracht. Grüße alles. Dresden 14. Aug. 1813.

Goethe.


23/6606.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Weimar, 22. August 1813?]

Ist das 13. Buch noch in Ihren Händen, so erbitt' ich mir's. An der Stelle die Freuden des jungen Wethers betr. muß etwas geändert werden. Allenfalls könnte es noch bey der Revision geschehen.

G.


23/6607.


An Christian Gottlob Voigt

Für das Mitgetheilte gehorsamst dackend bitte beyliegendes mit abgehen zu lassen. Serenissimi Winck zu folgen, werde durch gar mancherley gehindert. Zunächst durch das Wetter welches zur Reise und, wenn es anhalten sollte, zu einem Gebirgs Aufenthalt höchst traurig wäre. In Hoffnung baldiger persönlicher Besprechung an einem heitern Tage. Meine geologica[428] ordnen sich gar hübsch und unterrichtend. Empfohlen zu seyn wünscht angelegentlichst

[Weimar] d. 23. Aug. 1813.

G.


23/6608.


An Christiane von Goethe

[Ilmenau] Am 28ten Aug. 13.

Ich machte zeitig auf ohne mich des Tags zu erinnern. Ein Kranz mit Glück auf! von Bergr. Voigt, den mir Dienemann ans Bette brachte, erinnerte mich erst. (f. No 1.) ich war noch nicht angezogen, als ich Durchl. den Herzog, den Prinzen und Gefolge herankommen sah und eilte auf der Straße entgegen. Da gab es freundliche Begrüßungen, und kaum waren sie auf meinem Zimmer als drey kleine Mädchen mit Sträußen und Goldpapier Bogen auf Tellern hereintraten. Das Gedicht (No 2.) von Serenissimo entdeckt ich zuletzt. (No 3.) vom Grafen Etling. (No 4) noch unbekannt. (No 5) von Fritsch. Kaum hatte man sich damit bekannt gemacht so traten drey Mädchen herein, jede einen Krug haltend; sie rezitirten ihre Gedichte, (No 6. 7. 8.) gar hübsch und als die letzte mir den Kranz aufsetzte, küßte ich sie gar behaglich, und hohlte es bey den andern nach.

Bald hierauf kamen die Mütter und Grosmütter mit den Enckeln und kleinsten Kindern und brachten eine bekränzte Cartoffel Torte. Welche so heiß sie[429] war dem Prinzen Bernh. fürtefflich schmeckte. Und so war unerwartet ein sehr artiges, mannigfaltiges, wohlgemeyntes ja rührendes Fest entstanden, wo ich im Sürtout und ohne Halsbinde figurirte. Soviel für diesmal. Ich siegle damit es bey nächster Gelegenheit abgehe. Das war also auch wieder ein guter Rath der mich nach Illmenau hinwies. Daß ich unterwegs heiter war saht ihr aus den Verslein. Gestern war ich sechs Stunden zu Pferde, welches mir sehr wohl bekam. Meine überraschende Ankunft machte viel Spas. Möget ihr dergleichen genießen!

G.


23/6609.


An Christiane von Goethe

Vogel hat mir so schöne Federn geschnitten daß dadurch die Lust zu schreiben bey mir erregt wird. Vom 28ten wißt Ihr das meiste, nur muß ich noch melden daß Abends der Stadtrath mir ein Ständchen brachte und durch die Vorsteher etwas freundliches sagen ließ.

Am 27. war ich sechs Stunden zu Pferde und sah bey dieser Gelegenheit einen großen und schönen Theil der Gegend. Am 29. ward wieder ausgeritten, in die Gebirge. Abend Ball auf dem sehr wohlgebauten Felsenkeller Saal wo ich Euch auch wohl hätte mögen herumspringen sehen. Das alles ist mir wohl bekommen und ich habe auch schon gute Gedancken[430] gehabt. Heute d. 30ten bin ich zu Hause geblieben um auszuruhen und mit Bergrath Voigt allerley mineralogisches zu treiben. Für August habe ich wieder sehr hübsche Versteinerungen ausgesucht. Er soll die sämmtlichen Pseudo-vulkanischen Produckte, die auf dem runden Tischchen in dem Garten Zimmer liegen, in eine Schachtel packen und mit nächster Gelegenheit herauf schicken. Ich suche dagegen Euch etwas von dem wahrhaften Angelröder Schaafkäse zu verschaffen.

Der Gedancke war höchst glücklich mich hierher zu dirigiren. Es gefällt mir so wohl und ich dencke hier zu bleiben; denn in dieser Ruhe und Abgeschiedenheit gelingt mir gewiß manche Arbeit. Grüße Riemern! Erfreut Euch jedes beruhigten Tages.


Schönsten Danck für den Brief. Hier das neuste vom Tage. Ihr könnt Eure Nahmen in schönster Glorie lesen.

Was ich thun will bin noch nicht entschieden lebet recht wohl.

[Ilmenau] d. 30. Aug. 1813.

G.


24/6610.


An Heinrich Ludwig Verlohren

[Concept.]

[Weimar, Anfang September 1813.]

Je mehr ich Ew. Hochwohlgeb. bey meinem Dresdner Aufenthalt Dank schuldig geworden, und je vergnügtere Tage ich daselbst erlebt, desto größer war die Beunruhigung die ich um die gute Stadt und die daselbst wohnende Freunde in der letzten Zeit empfinden mußte, und ich schätze mich sehr glücklich Sie wenigstens für den Augenblick ohne Sorgen zu wissen.

Für das sehr schön gerathene Band danke ich zum allerbesten. Haben Sie die Güte mir von dem grünen Uniformtuch womöglich von demselben Stück so viel als zu einer Uniform nöthig ist als anher zu senden, es hat hier Beyfall gefunden.

Der ich mich zu geneigtem Andenken gehorsamst empfehle.


24/6611.


An Franz Kirms

Inliegende Beschwerde des Herrn General Metsch qualificirt sich wohl für Fürstliche Regierung; ich[1] nehme aber davon Gelegenheit auf Anzelmanns Betragen abermals aufmercksam zu machen. Wer sich gegen seinen neunvierteljährigen Wirth, einen Mann von Stande so benehmen kann, wird es auch wohl gegen die Direcktion versuchen.

Ein Pröbchen dieser Art sah ich in seiner Protestation gegen die Austheilung des neuen Don Juan. Es hat niemand in die Italiänische Oper einzureden, am wenigstens er. So mißfiel mir auch die Prätention Blondel zu singen. Ich überging die Sache stillschweigend weil ich, erst angekommen, nicht gleich unzufrieden erscheinen wollte.

Ich wünsche nicht daß mit der Regie der Oper eine Veränderung vorgehe; aber wir wollen auch keine Ursache zu gerechten Klagen geben. Wer wird Anzelmann hören wollen, wenn er Stromeyern hören kann.

Meine Sorge die ich schon einmal entdeckt: daß die Heyrath quaest. zu manchen Einmischungen werde Gelegenheit geben, ist noch nicht ganz beseitigt, ich bitte aufmercksam zu seyn. Denn ich habe mir fest vorgenommen alles zu desavouiren was etwa erschlichen werden sollte, da ich nicht im Stande bin die einzelnen Schritte zu beobachten. Doch können alle Extreme durch Beobachtung der Anmaßung in Zeiten gar wohl prävenirt werden.

W. d. 5. Sept. 1813.

sm.

G.[2]


24/6612.


An Carl Ludwig von Knebel

Zum allerschönsten danke ich dir, mein theuerster Freund, für den herrlichen Beweis deiner Liebe und Sorgfalt, womit du mich in Ilmenau aufgesucht hast. Die Murrische Correspondenz war der bedeutende Zuwachs zu meiner handschriftlichen Sammlung, der mir dieses Jahr geworden ist. Merkwürdig sind die Männer welche schreiben, und merkwürdig der Mann den seine meisten Correspondenten heruntermachen, und ihm seine Zudringlichkeit, seinen Eigennutz, seine Prellereyen deutlich genug zu verstehen geben; wie man dieses mit höflichen Wendungen thut, kann man wirklich aus gedachten Briefen lernen. Meinen dießjährigen Gewinn habe ich nunmehr alphabetisch geordnet und werde ihn sogleich einrangiren.

In Ilmenau habe ich sieben sehr vergnügte Tage zugebracht und die Erinnerungen alter Zeiten waren mir gar wohltäthig; sie ist lange genug vorbey, so daß nur das, was eigentlich fruchtbar in ihr lebte, für die Einbildungskraft übrig geblieben ist. Das Gute, was man beabsichtigte und leistete, ist in allen Hauptpuncten wohl erhalten und fortgesetzt worden.

Doch du warst ja selbst vor kurzem Zeuge, wie leidlich es sich dort lebt, und dein Andenken blüht ja auch daselbst, und man spricht noch von manchen guten Tagen und Stunden.

[3] Sonnenschmidt habe ich auch besucht und vortreffliche Sachen bey ihm gesehen. Sein wunderliches Wesen, über welches sich manche beklagen, hat er wenigstens nicht gegen mich ausgeübt.

Mit Bergrath Voigt habe ich die alten Geologica wieder aufgesucht und zugleich den 3. Band von des Meinunger Heims Schriften aus diesem Tasche gelesen. Es ist immer merkwürdig genug, wie sich ein klarer Verstand anhaltend treuer Beobachtungen zu bemächtigen sucht; aber es ist auch eben so auffallend, daß er ohne eine gewisse höhere Bildung nicht durchkommt. Das Heimische Buch ist Epochenweise vortrefflich, und wieder Epochenweise sehr schwach, und das blos deswegen, weil er im ersten Falle die Gegenstände meistert, und sich im andern von ihnen meistern läßt. Hierüber mündlich das mehrere.

Sonst habe ich meinen Tag zu Pferde, auf der Troschke und auch wohl spazierengehend zugebracht; der Herzog war guten Humors, meinen Geburtstag feierten sie auf eine heitere Weise, das Wetter war in den letzten Tagen sehr schön, so daß wir sämmtlich ungern wegzogen, und so habe ich nun weiter nichts zu wünschen, als noch einige gute Wochen in Jena, wo ich dich und die lieben Deinigen wohl und gesund zu finden hoffe.

Weimar, den [5.] Sept. 1813.

Goethe.[4]


Ist das Werk sur le Suicide noch in deinen Händen, so erbitt' ich mirs. Marie des Königs von Holland hat mir viel Vergnügen gemacht.


24/6613.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Gar sehr hat mich Ihr werthes Schreiben erfreut, das mir dir Nachricht bringt wie Sie diesem Sommer einige frohe Wochen abgewonnen haben, wozu ich Glück wünsche. Auch ich habe mich nicht zu beklagen.

Bis den 10. August verlebte ich ganz ruhige Tage in Töplitz, dann sehr lebhafte und stürmische in Dresden, und befinde mich seit dem 19. hier, bey gutem Wetter mich durch verschiedene Landparthieen für den Winter zu stärken und vorzubereiten.

Für meine abwesende Freunde habe ich mich indessen dergestalt beschäftiget, daß zu Michael der 3. Band meines biographischen Versuchs erscheinen kann, dessen gute Aufnahme ich mir vorläufig auch von Ihnen erbitte. –

Die gütige Vorsorge für meine Vermögensgeschäfte sondert meinen immerwährenden Dank. Auf den gemeldeten Caffevorrath werde ich nicht assigniren. Einiges worum meine Frau Ihre Frau Mutter ersuchen wird, läßt sich wohl ohnschwer davon bestreiten.

Das beste wünschend empfehle mich Ihnen und den Ihrigen aufs herzlichste.

Weimar d. 5. Sept. 1813.

Goethe.[5]


24/6614.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Exzell.

nehme mir die Freyheit auf einen Vortrag des Herrn Rath Kruse vorzubereiten, welcher für die Theater Casse einigen Beystand erbitten wird.

Das ganze finanzielle Geheimniß wodurch wir bisher unser Institut erhielten war daß wir Sommers auswärts mehr einnahmen als wir brauchten und damit den hiesigen Herbst, wohl auch einen Theil unseres Sommeraufenthaltes in Halle bestritten, aber der Überschuß fehlt, wie Rath Kruse umständlicher vortragen wird.

Mögen Ew. Exzell. die Gefälligkeit haben einzuleiten daß dieses dem Hof und Publicum zu guten und bösen Zeiten unentbehrliche Institut für den Augenblick soulagirt werde, so können wir hoffen uns diesen Winter nothdürftig hinzuhalten, in Erwartung daß der künftige Sommer bessre Früchte bringe, und ich werde persönlich, zu so manchem Dancke, auch noch den für diese Gunst hinzuzufügen haben.

Mich gehorsamst empfehlend

W. d. 5. Sept. 1813.

Goethe.[6]


24/6615.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erlauben, daß ich nur mit Wenigem meinen aufrichtigen Dank abstatte für die baldige Mittheilung des fürtrefflichen Programms. Wollte ich das, was daran zu loben ist, umständlich berühren, so würde ich doch nur schwach andeuten, was Ew. Excellenz am stärksten unter allen Lesern empfinden müssen; es war mir ein bittersüßer Genuß, unserem abgeschiedenen Freunde ein so würdiges und dauerndes Monument errichtet zu sehen. Es dürfte wohl unmöglich scheinen, einen so zarten und von einigen Seiten bedenklichen Gegenstand mit mehr Sinn, Klugheit und Geschmack zu behandeln, und ihn ohne Überladung so reichlich auszuschmücken.

Doch ich werde ins Besondere hingerissen; ich breche ab, das Weitere auf mündliche Unterhaltung aufsparend. Eine gute Übersetzung wird sich wohl nöthig machen, welche freylich in gewissem Sinne Original seyn müßte, weil vielleicht die Eleganz des Originals, aber wohl schwerlich dessen römische Würde zu erreichen seyn möchte.

Mich gehorsamst und angelegentlichst empfehlend

Weimar den 18. Septemb. 1813.

Goethe.[7]


24/6616.


An Christian Heinrich Schlosser

[Concept.]

[26. September 1813.]

Ihr Brief, mein Werthester, mit Einschluß und Beylagen, ist mir zu einer bewegten Zeit gekommen und hat mir viel Freude und Beruhigung gebracht. Inliegendes bitte nebst vielen Empfehlungen an Herrn Doctor Bröndsted zu befördern.

So sehr ich Ihren Aufsatz zu sehen gewünscht, um zu erfahren auf welchem Weg Sie bisher gegangen und wie Sie dazu gelangt, sich so manches Herrliche zuzueignen, so kann ich doch Ihr Zaudern nicht mißbilligen. Die Forderungen der Deutschen, besonders in allem was speculativ ist, steigen immer höher, und es ist wohlgethan sich mit der Zeit und ihren Früchten bekannt zu machen, ehe man von dem Seinigen etwas anbietet.

Es freut mich gar sehr, daß Sie meine Farbenlehre hauptsächlich um der Methode willen, studiren; denn ich leugne nicht, daß mich diese Arbeit zuletzt mehr wegen der Form als wegen des Gehalts interessirte. Um zu erfahren inwiefern ich dabey recht gehandelt, habe ich mehrere Fächer der Naturwissenschaft durch gedacht und auf ähnliche Weise geordnet, da mir denn auf's neue anschaulich geworden, daß man ein solches Schema zwar weit und briet anwenden kann, daß man es aber lebendig erhalten[8] muß, um die mannigfaltigsten Gegenstände darin aufnehmen zu können.

Deshalb wünschte ich auch, daß Sie sich fest an jenem Besondern hielten, was Sie sich vorzüglich erwählt. Bey Sammlung und Sichtung des von uns Gewahrgewordenen, bey Ordnung des Erfahrenen, bey Belebung des Wirklichen, zeigt sich am besten, ob das Allgemeine, zu dem wir uns heran gebildet haben, echt und wahrhaft sey, denn wir mögen es anfangen wie wir wollen, so können wir doch zuletzt nur praktisch zeigen wie weit es mit uns gediehen ist. Die schönen bestimmten Ausdrücke Ihres Schreibens überzeugen mich daß dieses auch Ihr innigstes Gefühl sey.

Die Zeichnungen erregen Bewunderung ja Erstaunen. Man hat in der Kunstgeschichte wohl das Beispiel, daß frühere Werke in späteren Zeiten nachgeahmt worden, aber ich wüßte nicht, daß Künstler sich, mit Gemüth, Geist und Sinn, in eine frühere Epoche dergestalt versetzt, daß sie ihre eigenen Productionen an Erfindung, Styl und Behandlung denen ihrer Vorgänger hätten gleich machen wollen. Den Deutschen war es vorbehalten, eine so wundersame, freylich durch viel zuusammentreffende Umstände hervorgerufne bedeutende Epoche zu gründen. Jene Künstler sind wirklich anzusehen als die, in Mutterleib zurückgekehrt, noch einmal geboren zu werden hoffen. Die Eigenthümlichkeit beyder überzeugt mich, daß jeder in seiner Art verharren werde, ja mir wäre es[9] ganz recht, wenn sie sich durch die allgemeineren Forderungen der Kunst nicht aus ihrem Kreise herauslocken ließen: denn ich sehe nicht ein warum jeder Künstler den ganzen Decurs der Kunst in seiner Person darstellen soll. Mögen doch diese und ihre guten Gesellen das deutsche sechzehnte Jahrhundert repräsentiren, die Wahrheit und Naivität der Conception, so wie den Fleiß und die Bestimmtheit der Ausführungen ihren Schülern überliefern; dann könnte hieraus wohl auch ein sechzehntes italiänisches Jahrhundert unter günstigen Umständen für unser Vaterland entspringen. Ich beobachte aufmerksam diesen neuen Kunstfrühling, und werde dankbar seyn, wenn Sie mir von Zeit zu Zeit etwas von dessen Erzeugnissen berichten und mittheilen. Dabey betrübt es mich gar sehr, daß wir in einer Zeit leben, welche uns verbietet den öconomischen Zuständen so wackerer Leute, wie sonst wohl geschehen ist, zu Hülfe zu kommen.

Was hingegen Wernern betrifft, so könnte ich nicht sagen: dieß ist auch ein Sohn an dem ich Wohlgefallen habe; ein böser Genius hat sein herrliches Talent über die Grenzen hinaus geführt, innerhalb deren das Echte und Wahre ruht, er irret in dem Schattenreiche aus dem keine Rückkehr zu hoffen ist.

Möge Sie ein günstiger Augenblick in unsere Nähe bringen! Ja ich würde Sie dringender hierzu einladen, wenn ich mir nicht allzusehr bewußt wäre,[10] daß wir in dem Herbst und Winter des Lebens starrer und schroffer werden als billig ist; die Wirkung dieser Eigenschaften wird durch guten Willen, am besten aber durch Entfernung gemildert. Warum sollte ich mir nicht sagen, daß ich immer mehr zu den Menschen gehöre in denen es aber nicht erfreulich ist.

Möge es Ihnen und den Ihrigen recht wohl gehen! Die Meinigen grüßen zum schönsten.

Die Zeichnungen habe ich gleich, zu ihrer Erhaltung, unter Glas und Rahmen gebracht. Haben sie die hiesigen Freunde durchgenossen, so sende ich sie gelegentlich wieder zurück.

Weimar, den 21. Septbr. 1813.


Den überbliebenen Raum will ich noch benutzen um Sie zu bitten daß Sie mir die Künstler nennen und schildern die Sie in Rom kennen gelernt, es läßt sich doch auch wohl manchmal etwas durch Empfehlung thun. So will ich gleich bemerken daß ein Herr Graf Schulenburg nach Rom kommen wird; wenn sich Ihre Freunde mit ihren Werken präsentiren so werden sie gut aufgenommen werden. halten Sie es für nöthig und nützlich, so können sie es auch sagen daß es auf meine Veranlassung geschieht.[11]


24/6617.


An Peter Oluf Bröndsted

[Concept.]

[26. September 1813.]

Wenn ich Ihnen mein Werthester den Augenblick schildern könnte, in welchem der köstliche Stab zu mir gekommen ist; so würden Sie, die glückliche Wirkung dieses bedeutenden Symbols auf mich mitempfindend, gerne zugestehen daß Sie, anstatt mir eine Schuld abzutragen, mich doppelt zu Ihrem Schuldner gemacht haben. Mehr sage ich nicht um gleich zu sagen daß ich Ihnen höchlich verbunden bin und mich auf die Früchte Ihrer Reise, die mir ein so würdiger Zweig ankündigt, von ganzem Herzen freue.


24/6618.


An Carl Ludwig von Knebel

Ich habe dir, mein Theurer, lange nicht geschrieben; es ist aber freylich jetzt die Zeit nicht seine Freunde heimzusuchen, weder in Person, noch brieflich. Gestern erhielt ich aber ein liebes Schreiben von der Prinzeß von Mecklenburg, die deiner in allem Guten gedenkt, und so will ich dich auch heute mit wenigen Worten begrüßen.

Das Werklein der Frau von Stael ist immer merkwürdig, man unterhält sich nicht oft mit einer so bedeutenden Person. Die Sache selbst ist freylich[12] wenig gefördert; alle diese Argumente gelten für diejenigen, welche ohnehin gern leben mögen, und deren ist, Gott sey Dank, immer eine große Zahl.

Solche problematische Fragen beantworten sich schwer durch Beweise und Lehren, am besten aber durch Exempel, und so ist auch der Brief von Johanne Gray sehr gut gelungen, und jedermann findet sich für den Augenblick überzeugt, dankt aber Gott, daß er nicht in dem fall ist. – Marie des Königs von Holland habe ich mit viel Antheil gelesen; seine schöne Seele verbreitet sich durch das Ganze und über das Ganze.

Nun von diesen zarteren Dingen zu etwas schrofferen überzugehen, will ich dir vermelden, daß ich mich die Zeit viel mit geognostischen Betrachtungen abgegeben habe. Ich habe meine Sammlungen, die Zinnformation betreffend, sauber geordnet, altes und neues zusammenrangirt, da sich denn das Ganze recht schön überstehen läßt. Das amerikanische Tropfzinn, das ich deiner Güte verdanke, ziert dieses Fach gar sehr. Gegen mich war Herr Sonnenschmidt zwar sehr freundlich, aber nicht genros.

So viel für dießmal! Gieb mir bald Nachricht von dir und den Deinigen, besonders von dem Wachsthum der neusten Progenituren.

Weimar den 30. Sept. 1813.

G.[13]


24/6619.


An Maria Henriette von Wedel

[Concept.]

[Ende September 1813.]

Mein Sohn der Assessor hat eine Ansicht und einen Wunsch wobey ich ihn weder leiten noch fördern kann, da er mir aber ein unbedingtes Vertrauen zu Ihnen verehrte Freundin an den Tag giebt und ich diese Empfindung vollkommen mit ihm theile, so kann ich ihm nicht abschlagen wenn er zu einer geneigten Aufnahme einen dieser tage und zu gütigem Gehör empfohlen zu seyn wünscht. Lassen Sie hier wie immer Wohlwollen und Klugheit walten, nur daß nicht die mindeste Unbequemlichkeit für Sie daraus entspringe. So bedarf auch dieses Blat keiner Erwiederung, Freunde wissen sich ja wohl stillschweigend zu antworten.


24/6620.


An Franz Kirms

[Anfang October 1813.]

Nach dieser Erklärung glaube ich wohl daß man über die Sache hingehen, und ihm die abgezogne halbe Gage auszahlen könne. Wenn dieses den nächsten Zahltag geschähe möchte es wohl am schicklichsten seyn.

G.[14]


24/6621.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Bleiben Sie, mein theuerster, ja wo Sie sind! Ich befinde mich körperlich wohl und wünsche Sie zu ruhiger Zeit glücklich wieder zu sehen.

W. d. 8. Octbr. 1813.

G.


24/6622.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Fast möchte ich wünschen, daß Sie, mein Theuerster, um wegen unseres Bergrath Voigt nähere Erkundigung einzuziehen sich an jemand anderes gewendet hätten; denn ich muß voraus bemerken daß mein Zeugniß über ihn nur parteiisch seyn kann. Als ich ihn vor mehreren Jahren kennen lernte mußte ich sowohl seinem Studiren, als seiner Lebensweise meinen Beyfall geben, und habe daher gern zu allem was ihn fördern konnte beytragen. Die Obsorge für unser Botanisches Institut in Jena, seine Reise nach Frankreich, eine neue Einrichtung für die Naturforschende Gesellschaft, deren beständiger Secretär er ist, und manches andere ist ihm nicht ohne meinen Einfluß ertheilt worden, und ich habe durchaus mit Vergnügen gesehen wie schön er diese Stellen und Gelegenheiten zu seinem und dem Vortheil anderer genutzt hat. Er ist niemals stille gestanden, und hat[15] seine Kenntnisse sowohl als Wirksamkeit immer thätig ausgebreitet. ja es wäre nicht zu viel gesagt, wenn man behauptete, daß er die Verdienste seines Vaters und Oheims, begünstigt durch sein eigen Naturell und durch die hohe Cultur des Jahrhunderts, in sich vereinige. Durchlaucht der Herzog schätzen ihn sehr und haben ihn motu proprio auf mancherley Weise begünstigt und ausgezeichnet. Was dieses alles außer den wissenschaftlichen auch noch für sittliche Eigenschaften voraussetze werden Sie selbst ermessen.

Sollte hierauf die beabsichtigte Verbindung zu Stande kommen, so würde blos der Wunsch übrig bleiben, daß das Glück das junge Paar begünstigen und Ihnen eine lange Dauer eines zufriedenen Zusammenseyns gewähren möge. Jena und Weimar sind so nahe beysammen daß wir uns wohl als Stadtnachbarn betrachten können, und so werde ich, mit den Meinigen, sehr gern beytragen, damit das Frauenzimmer sich nicht von den ihrigen entfernt, sondern fortwährend in dem Schoß ihrer Familie zu wohnen glaube. Mehr sage ich nicht und schließe mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

Die Unbilden der Zeit haben uns diesen Herbst äußerlich so ziemlich verschont, freylich kann ich in solcher Lage das Gemüth schwer beruhigen.

Erlauben Sie noch folgendes zu erwähnen. Meine Frau hat Ihre Frau Mutter um ein Paar Stücke Lavantin gebeten und sie ersucht solche mit dem Postwagen[16] zu senden. Da sie nun nicht angekommen, auch mit dem Postwagen einige Unordnung vorgefallen; so war man einige Augenblicke in Sorge die Waren möchten verloren seyn; wahrscheinlicher Weise aber sind gedachte Seidenstücke nicht von Frankfurth abgegangen, und möchte nun auch wohl deren Absendung bis zu völlig sicherer Gelegenheit zu verspäten seyn.

Mich zu geneigtem Andenken und freundschaftlichem Wohlwollen aber und abermals empfehlend.

Weimar d. 15. Octobr. 1813.

Goethe.


24/6623.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

nehmen nach Ihrer gewohnten Gefälligkeit beykommende Wünsche in geneigte Betrachtung.

Die beyden Hamannischen Schriften sind:

1. Socratische Denkwürdigkeiten für die Langeweile des Publicums, Amsterdam (Königsberg) 1759. 8.

2. Wolken, ein Nachspiel Socratischer Denkwürdigkeiten, Altona 1761. 8.

Könnte ich zum Besitz derselben gelangen, so würde mir es angenehm seyn, doch sollte mir auch schon eine Mittheilung auf kurze Zeit genügen.

Von der beyliegenden Schrift des vortrefflichen Professors von Gerstner in Paris wird ein Kenner wahrscheinlich günstig urtheilen; ich wünschte wohl[17] eine Recension derselben in der allgemeinen Litteraturzeitung zu sehen.

Wären die beyden kleinen Schriften, deren Verfasser ein sehr braver und thätiger Liebhaber der Wissenschaft ist, gleichfalls geeignet, daß man Gutes davon sagen könnte, so dürfte zu Freude und Aufmunterung desselben ja wohl auch einige Erwähnung geschehen.

Ferner lege ich ein Verzeichniß bey, der Instrumente, wie solche der Hofmechanikus Körner dem Publico anbietet. Er wünscht dasselbe als Beylage zum Intelligenzblatt der Litteraturzeitung gedruckt; es käme noch ein Kupfer dazu, die von ihm für das Jenaische Museum gefertigte Luftpumpe betreffend. Wollten Ew. Wohlgeboren sie drüben abdrucken lassen, so sendete ich die Platte. Die Kosten, sowohl für den Druck des Verzeichnisses, als den Abdruck des Kupfers erstatte mit geziemendem Dank.

Ferner liegt in einer Pappe ein Blättchen aus einem arabischen Codex bey, welches mir unsere Krieger aus Spanien mitgebracht haben; Herr Doctor Lorsbach, dem ich mich ergebenst empfehle, hat ja wohl die Gefälligkeit mir dieses Räthsel zu entziffern.

Diese Bemühungen entschuldigend und mich bestens empfehlend, habe ich die Ehre mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Wohlgebohrnen

Weimar d. 20. Octob.

ergebenster Diener

1813.

J. W. v. Goethe.[18]


24/6624.


An den Fürsten Moriz Josephvon Liechtenstein

[Concept.]

[24. October 1813.]

Was könnte mir wünschenswerther seyn als in diesen Stunden mich an Ew. Durchl. tröstlicher Gegenwart und Ihren theilnehmenden Gesinnungen zu erquicken. Sie sind davon überzeugt, und verzeihen mir daher gewiß, wenn ich nur schriftlich aufwarte, indem ich mich von meinem Hause, bey fortdauernder Unruhe nicht wohl entfernen darf, um den Meinigen in mancherley Verlegenheiten beyzustehen, von deren Lage Sie Augenzeuge gewesen sind. Wir alle werden uns durch so manche trübe Tage jener Augenblicke mit der höchsten Zufriedenheit erinnern, in welcher Ew. Durchl. uns Ihrer fortdauernden Gnade und Freundschaft versichern wollen. Wir werden es immer dankbarlichst erkennen, daß wir in diesen unruhigen und unzubändigenden Zeiten durch Ihre Vermittlung bedeutend erleichtert worden. Möchten wir so glücklich seyn in ruhigen Stunden alles was umständlich ausdrücken zu können, was wir jetzt im ganzen für Sie empfinden.

Verzeihen Sie die nicht eigene Hand, es ist die des Sohnes.[19]


24/6625.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

[24. October 1813.]

Ew. Durchl. verzeihen eine späte Anfrage. Ziegesar sagt mir Ew. Durchl. befehlen, daß man morgen früh um 9 Uhr bei Höchstdenenselben erscheine um Sr. Majestät dem Kaiser von Östreich vorgestellt zu werden, ich bitte unterthänigst mir über diese Aufwartung eine nähere Bestimmung ertheilen zu lassen. Heute Abend befinde ich mich leider so übel daß ich einer Einladung des Erbprinzen nicht Folge leisten konnte.


24/6626.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

vernehmen gewiß mit Theilnahme daß das Ungeheure an mir und den meinigen dergestalt vorübergegangen ist daß wir uns nicht zu beklagen haben. Zu überlegen gebe ich ob Sie nicht Herrmann und Dorothea in Taschenformat abdrucken und um wohlfeilen Preis ausstreuen mögen.

Ich bin aufgefordert einen zweyten Theil zu schreiben, weiß aber kaum ob ich ihn zu Stande bringe. Auf alle Fälle würde jenes Werkchen jetzt von guter Wirkung seyn.

[20] Mich bestens empfehlend. Der Druck der Biographie geht seinen Gang.

W. d. 29. Octbr. 1813.

Goethe.


Könnte Beyliegendes durch Einschluß nach Zürch zu sicherer Bestellung befördert werden, geschähe mir ein großer Gefalle.


24/6627.


An Thomas Johann Seebeck

Sie vernehmen gewiß mit Antheil, daß das Ungeheure an mir und den Meinigen vorübergegangen, dergestalt, daß wir uns nicht zu beklagen haben. Mögen Sie unserer in Liebe.

W. den 29. October 1813.

Goethe.


24/6628.


An Carl Friedrich Zelter

Dieses Blat soll bald in deine Hände gelangen, verspricht mir Herr Prof. Kiesewetter. Es wird dir sagen wie es bey uns aussieht und wie das Ungeheure, mit ganz leidlichem Schritt bey uns vorbeygegangen. Ich bin den Meinigen wir haben uns nicht zu beklagen; ja unser Schicksal gegen das so vieler andern höchlich zu loben. Sage mir etwas erfreuliches[21] von deinem Zustande. In so vielem Unheil ist es schon großer Trost von seinen Lieben nicht ganz abgeschnitten zu seyn. Alles Gute mit dir! innerlich, wenn nicht äußerlich.

W. d. 29. Octbr. 1813.

G.


24/6629.


An Josephine O'Donell

Die seit geraumer Zeit zwischen meiner verehrten Freundin und mir unterbrochene Communication thut sich endlich wieder auf und ich versäume nicht mit wenigem von meinem Zustande Nachricht zu geben.

Nachdem uns ein zwar gehofftes aber doch immer schweres Geschick lange gedroht, so brach es endlich am 21. und 22. October über uns herein, und wir hatten von den rohen losgelassenen Gewalt alles zu fürchten und vieles zu ertragen. Wenn Sie sich vorstellen daß wir in acht und vierzig Stunden die ganze Stufenleiter vom Schreckbarsten bis zum Gemeinsten durchgeduldet haben, so werden Sie gewiß Ihres Freundes mit Antheil gedenken. Das erste liebreiche was mir alsdann entgegenklang war der Name O'Donell, der allein schon hinreichend gewesen wäre mich in eine andere Welt zu versetzen. Da aber der Mann der ihn trägt unter die vorzüglichsten gehört die ich in meinem Leben gekannt habe, so war die Unterhaltung mit ihm Erquickung ja Wiederherstellung, und[22] ich freue mich nur daß mein Sohn gegenwärtig gewesen, um einen Begriff von so hoher Bildung zu fassen, und sich darüber mit mir jetzt und in der Folgezeit fruchtbar zu unterhalten. Eben so engelartig erschien mir Fürst Moriz Liechtenstein welcher mehr als er selbst wissen kann mir hülfreich gewesen. Die edle Theilnahme des Fürsten Louis der mit eigener und der Seinigen Gefahr die Verwüstungen, womit uns wilde Horden überzogen, abzulehnen trachtete mußte rühren und unsere Hoffnungen beleben. Erfreulich war die ritterlich angenehme Gegenwart des Fürsten von Windisch Grätz, wozu sich ein Graf Clam, ein von Pfeil und andere junge so brave als wohldenkende Männer gesellten. Von mehreren ist mir der Name entfallen, aber ihre Gestalt sowohl als ihr Gespräch bleibt mir unvergeßlich.

So lebten wir bedrängt und getröstet, aufgeregt und beruhigt unsere Tage, bis endlich die Gegenwart und besondere Gunst des Herrn Grafen Metternich mich völlig aufrichtete und mir einen frohen Eindruck hinterließ: denn es ist freilich geist- und herzerhebend an den Ansichten solcher Männer Theil zu nehmen, die das ungeheure Ganze leiten von dessen kleinstem Theil wir andern uns gedrückt, ja erdrückt fühlen.

Und so sey denn der erste freye Athemzug der mir vergönnt ist meiner geliebten Freundin gewidmet. Übernehme Sie wie sonst die schöne Pflicht mich und mein Geschick allerhöchsten Orts zum angelegentlichsten[23] zu empfehlen. Die hoch und heilig gehaltenen Namenszüge blicken mich in diesen Stunden der Verwirrung, wie glückbringende Sterne, freundlich an, als ich sie statt aller übrigen Schätze zu flüchten und zu retten suchte. Leben Sie tausendmal wohl und lassen Sie mich in Hoffnung eines fröhlichen Wiedersehens bald den theuren Namen erblicken, der mir nun doppelt werth geworden.

Weimar d. 30. October

ewig verbunden

1813.

Goethe.


24/6630.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Zu einiger Unterhaltung in die ferne lege ich Beykommendes zurecht, um es Ihnen, mein Verehrtester, nachzusenden; es entstand ganz zufällig. Unsere Schauspielerin übernahm das alte, zwar interessante, aber schlecht geschriebene Stück Essex zu spielen; die Rolle der Königin ist nicht die glücklichste, besonders aber hat sie das Stück auf eine sehr schwache und elende Weise zu schließen. Die Schauspielerin bat mich um einen bedeutenderen Schluß, und indem ich mir das Stück und die Geschichte der Königin Elisabeth vergegenwärtigte, begegnete es mir, daß ich, statt eines kurzen Monologs, einen langen Epilog schrieb, der, wie Sie sehen, ricochetweise einen großen Raum durchläuft, bis er endlich wirklich ans Ende gelangt.

[24] Die Engländer lieben solche Epiloge, die Deutschen aber wollen gerührt und nicht verständiget nach Hause gehen; mögten diese Reime die doppelte Wirkung thun!

Vielleicht hätte ich aber doch Ihnen diese Arbeit nicht gesendet, wenn sie nicht auch deswegen merk würdig wäre, weil das Stück Sonnabend den 23. Octbr. gegeben werden sollte und ich den Epilog den 17. Abends angefangen und den 20. in der Nacht geendigt habe. Die ominosen Stellen darin haben mich nachher selbst in Verwunderung gesetzt. Ich war im Begriff, als ich das Stück hatte, Sie bey mir zu sehen, Ihnen diese und andere neue Productionen vorzulesen, unser interessanteres Gespräch brachte sie mir aber aus dem Sinn.

Ich schließe mich tausendmal empfehlend.

W. d. 4. Nov. 1813.


24/6631.


An Carl Ludwig von Knebel

Es war mir sehr angenehm deinem hübschen Soldaten ein freundliches Wort zu sagen und eine köstliche Vorstellung von Don Juan vorsetzen zu können; es wird mir immer lieb seyn irgend jemand zu sprechen, den du mir addressiren magst.

Wie wir seit vierzehn Tagen leben, brauchen wir einander nicht zu articuliren, denn jeder hat sein Theil[25] geduldet. Ich habe viel interessante Bekanntschaften gemacht, die ich wirklich als reichlichen Ersatz des Übels, das mir widerfahren, betrachten kann; ich freue mich darauf dir, bey unserer nächsten Zusammenkunft, mehrere Schilderungen mitzutheilen.

Was mich aber am eigentlichsten über diese Tage tröstet, sind ein paar Arbeiten, die mir seit dem siebzehnten October, ich darf wohl sagen gelungen sind. Unsere Schauspieler lernen den Essex ein, Madame Wolff, welcher die Rolle der Elisabeth übertragen ist, bat mich um eine Schlußrede statt der ganz erbärmlichen, wie sie der Text enthält; dazu mußte ich die Lage der Personen übersehen, erinnerte mich des Lebens der Königin und so entstand ein großer Monolog, eine Art Epilog, wie sie die Engländer haben, der ricochetweise einen großen Raum durchläuft. Das andere ist eine Ballade, deren Gegenstand ich schon lange gehegt, aber nicht zur Erscheinung bringen können; es scheint, daß das Fieber dieser Tage solchen Productionen günstig ist. Ich hoffe, dir beide nächstens vorzulesen: denn ich wünsche nichts mehr als einige Wochen in Jena zuzubringen.

So will ich denn auch vermelden, daß wir mit der Biographie bis zum achtzehnten Druckbogen gelangt sind. Riemer steht mir gar löblich bey, sonst möchte das Werklein in diesen unsaubern Zeiten wohl schwerlich zur erwünschten Reinlichkeit gelangen.

[26] Nun grüße ich deine älteren und jüngeren Lieben, in Hoffnung eines glücklichen Zusammentreffens; die meinigen haben sich auch ganz wacker gehalten.

Weimar den 4. Novbr. 1813.

G.


24/6632.


An Ernst Wilhelm Ackermann

[Concept.]

[4. November 1813.]

Mögen die zu sehr unruhiger Zeit geflochtenen Kränze in guter Stunde bey Ew. Wohlgeboren ankommen und an den schönen Tag erinnern der mir in Ilmenau bereitet ward. Möge sich Gefahr und Sorge von Ihnen wenden, damit Sie sowohl Ihre Amtspflichten mit Freuden erfüllen, als auch die angenehmen Talente die Ihnen gegönnt sind zu Ihrem und der Freunde Vergnügen ungestört ausüben können. Mich denenselben sowie allen Ilmenauer Wohlwollenden angelegentlichst empfehlend.


24/6633.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Weimar, den 8. Nov. 1813.

Sehen Sie, mein Werthester, jenen Vorschlag als einen Wunsch an, Ihnen in dieser unfreundlichen Zeit etwas Liebes zu erzeigen und als einen intendirten Versuch, Ihnen in der Folge noch nützlicher und förderlicher zu seyn. Da aber bey den von Ihnen[27] herausgesetzten Schwierigkeiten jene häusliche Wiedervereinigung nicht Statt haben kann, so lassen Sie uns den geistigen Verein desto fester schließen und freie Stunden zu wechselseitiger Erbauung zutraulich anwenden.

G.


24/6634.


An Carl Ludwig von Knebel

Bis ich das erwünschte Vergnügen habe dich wiederzusehen, wollen wir es an schriftlicher Unterhaltung nicht fehlen lassen. Bergrath Voigt wird dir manches bedeutende erzählt und vorgewiesen haben. Er hat manches gute und vortheilhafte bemerkt und gesammelt und sich wacker genug gehalten. Den armen Hanauern, von denen er so viel gutes zu sagen weiß, ist es indeß übel genug ergangen.

Ich habe die Zeit, mehr um mich zu zerstreuen, als um etwas zu thun, gar mancherley vorgenommen, besonders habe ich China und was dazu gehört fleißig durchstudirt. Ich hatte mir dieses wichtige Land gleichsam aufgehoben und abgesondert, um mich in Fall der Noth, wie es auch jetzt geschehen, dahin zu flüchten. Sich in einem ganz neuen Zustande auch nur in Gedanken zu befinden ist sehr heilsam. Die Ankunft des Hofrath Klaproth, dessen du dich wohl aus früheren Zeiten erinnerst, und der ein eingefleischter Chinese ist, hat mich sehr gefördert, indem er mir gar manches suppliren und bestätigen konnte. Nur[28] eins will ich bemerken, manches andere zu mündlicher Unterhaltung aussetzend. Sowohl aus den ältesten Nachrichten der Missionarien, als aus den neusten Reisebeschreibungen konnte ich mir eine Art Geologie dieses großen Landes zusammensetzen. Merkwürdig war mir, daß das Ur- und Grundgebirg sich durchaus, ja bis an die Meeresküste, obgleich in geringerer Höhe, als es bey uns zu geschehen pflegt, aus dem Boden erhebt, deswegen auch Granit, Talk- und Thongebirgsarten häufig vorkommen, nicht weniger der Urkalk. Sich hiervon durch das Anschauen zu überzeugen gab es eine artige Gelegenheit. Schon vor einigen Jahren hatte ich aus Kopenhagen ein chinesisches Mahlerkästchen erhalten, worin mir besonders einige Tafeln von Parischem Marmor, von großem salinischen Korne merkwürdig waren; ich glaubte, sie seyen in Europa hinzugefügt worden. Nun versichert mir aber Klaproth, sie seyen, eben so gut als die übrigen Geräthschaften, von Lydischem und Bildstein, echt chinesisch, indem er von solchem salinischen Urkalk in Petersburg kleine Schirme gesehen, die auf solchen dünngesägten Platten an der einen Seite ein Bild, an der anderen einen Sittenspruch enthielten. Die große Übereinstimmung der Erdbildung, auf noch so entfernten Puncten, deutet auch hier auf die Einfachheit der Naturwirkungen, deren Mannigfaltigkeit wie erst recht fassen und begreifen, jemehr wir das Eine, wo alles herstammt,[29] schauen und verehren lernen. So viel für dießmal. Die Ankunft der Hoheiten hat uns zu guter Stunde Hoffnung besserer Tage gebracht.

d. 10. Nov. 1813.

G.


24/6635.


An Carl Cäsar von Leonhard

Kaum hatte mir Bergrath Voigt, nach einer zwar gefahrvollen, aber doch glücklichen Rückkehr, die schätzbaren Sammlungen und Anstalten geschildert, womit Ew. Hochwohlgeboren und Ihre Freunde die Stadt Hanau bereichert und verschönt haben; kaum hatte er mir die gute Aufnahme gerühmt und reelle Zeugnisse einer liberalen Mittheilung vorgewiesen, und mich dadurch allerseits näher gebracht, als ich zu meiner Bekümmerniß das Schicksal erfahren mußte, welches diese gute Stadt und ihre Einwohner betroffen. Ew. Hochwohlgeb. werden mir deshalb die größte Beruhigung geben, wenn Sie mir anzeigen können, daß das was Sie und Ihre Freunde zunächst berührt, verschont geblieben, wozu mir eigene Erfahrung in diesen drangvollen Zeiten die Hoffnung giebt. Mit den aufrichtigsten Wünschen und in der sehnlichsten Erwartung habe die Ehre mich zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

Weimar d. 10. Novbr.

gehorsamster Diener

1813.

J. W. v. Goethe.[30]


24/6636.


An Carl Ludwig von Knebel

Das übersendete Programm, welches mir Riemer, um mich nicht zu betrüben, verheimlicht hatte, konnte mir freylich wenig Freude machen. Wie schade ist es, daß ein Mann von solchen Gaben wie Schulze in solche Fratzen verfällt, und nun als Lehrer manchen Jüngling wo nicht fürs ganze Leben, doch auf mehrere Jahre irre führt. Ich glaube nicht, daß irgend eine Nation eine solche Lust am Krebsgang hat, als die Deutsche. Kaum schreiben unsere Mädchen und Jünglinge, unsere Hausfrauen und Geschäftsmänner einen natürlichen Styl und wissen sich allgemein verständlich und angenehm auszudrücken, so treten junge Männer auf, um etwas ganz fremdes, ungehöriges, unverständliches und abgeschmacktes geltend zu machen. Und hinter allem diesen steckt doch eigentlich nur die falsche Sucht, Original seyn zu wollen. Wir können nur bedauern, was wir so deutlich einsehen.

Daß man in Jena an ein neues Zeitungsblatt denkt, kann ich nicht mißbilligen, besonders wenn ein so vorzüglicher Mann wie Luden die Redaction übernehmen will. Mag man mir die Intentionen näher bekannt machen, so will ich gern darüber auch meine Gedan ken sagen; vorzüglich aber würd ich rathen, ehe man hervortritt, sich mit den höhern Behörden, den[31] preußischen und östreichischen, in Rapport zu setzen: denn von nun an sollte kein Deutscher etwas auf eigene Hand unternehmen. Von allem diesem zu seiner Zeit ein mehreres.

Der Erbprinzeß Kaiserl. Hoheit hat sehr hübsche und nützliche Sachen, sowohl für hier als für Jena, mitgebracht. Sie verdient ganz eigentlich eine Friedensfürstin zu seyn, ob sie sich auch gleich im Kriege recht gut ausnimmt und seit ihrem Hierseyn manches zu vermitteln gewußt hat.

Voigts glückliche Rückkehr freut mich für ihn und uns; ich habe diese tage an Geheimerath Leonhard nach Hanau geschrieben, um zu vernehmen, wie es diesen Freunden in der letzten Zeit gegangen ist; es wäre zu bedauern, wenn ihre wissenschaftliche Sorgfalt dem ungeheuern Übel nicht entgangen wäre.

In dieser confusen Zeit wußte ich mich nicht besser zu zerstreuen, als daß ich meine Kunstsachen, besonders die Kupferstiche, in Ordnung brachte. Ich fange an sie nach den Schulen zu legen und die verschiedenen Sammlungen zu vereinigen; im Zusammenhang wird jedes Blatt instructiv, und man besitzt mehr als man geglaubt hat. Jetzt lebe schönstens wohl und laß bald wieder von dir hören.

Weimar den 13. November 1813.

G.[32]


24/6637.


An die Prinzessin Friederike Carolinevon Solms-Braunfels, geb. Prinzessin

von Mecklenburg-Strelitz

Durchlauchtigste Fürstinn, gnädigste Frau!

Die Härte der Zeit, die mir so lange jede Annäherung an Ew. Hoheit untersagte, habe ich nie schwerer gefühlt, als da ich verhindert war, beykommendes Werck, welches schon geraume Zeit bey mir liegt, schuldigst zu übersenden. Nunmehr zaudre ich nicht es zu thun, damit in einer so ersehnten Epoche, durch Erinnerung an frühere Zeit, Ew. Hoheit etwas angenehmes entgegen komme. Denn gewiß macht es Höchstdenselben ein reines Vergnügen des würdigen Mannes zu gedencken, der die beyden Bände verfaßt hat, sein edler Sinn drückt sich darin vollkommen aus, und man versetzt sich dabey so gern in jene Tage, da man persönlich ein Zeuge so vieler sittlichen Vollkommenheiten seyn durfte.

An diese Erinnerungen schließt sich bey mir nothwendig die lebhafte Vorstellung an, wie Ew. Hoheit mich durch Ihro Gunst und Gnade beglücken wollen und rege wird der Wunsch daß es mir bald wieder so wohl werden möge Ew. Hoheit irgendwo zu begegnen, um mich Ihrer theilnehmenden belebenden Güte abermals zu erfreuen.

[33] Der ich, unter den angelegentlichsten Empfehlungen an Ihres Herren Bruders hochfürstl. Durchl. mich mit der gefühltesten Verehrung unterzeichne

Ew. königl. Hoheit

unterthänigster

Weimar d. 16. Nov. 1813.

J. W. v. Goethe.


24/6638.


An Carl Cäsar von Leonhard

Indem ich noch zweifle ob mein Schreiben vom 10. d. M. bey Denenselben angelangt, und ob ich bald Nachricht von Ihrem Befinden erhalten werde, so erreignet sich eine sehr glückliche Gelegenheit, Gegenwärtiges an Sie gelangen zu lassen.

Wenn in der jetzigen Zeit eine den allgemeinen Wünschen so sehr gemäße Umwälzung uns bedrängt und theilweise vernichtet, so daß der Verstand sich vergebens anstrengt um auszusinnen wie hieraus eine neue Gestaltung der Dinge sich ergeben möchte; so kann nichts tröstender seyn als die Gegenwart solcher Personen, die auf den obersten Stufen des irdischen Daseyns, der höchsten Bildung theilhaft geworden, deren Eigenschaften uns die tröstliche Versicherung einflößen, daß Vernunft und Menschlichkeit die Oberhand behalten und ein klarer Sinn das vorübergehende Chaos bald wieder regeln werde.

Der Frau Herzogin von Oldenburg Kaiserl. Hoheit haben, als ich von meinen Verhältnissen in der Mayngegend[34] sprach, und wegen der Verbundenen in Hanau einige Besorgniß äußerte, gnädigst geruht dieses Blatt übernehmen zu wollen, um es Ihnen einhändigen zu lassen, und, wenn es die Umstände erlauben, Sie selbst zu sprechen. Da ich in diesem Fall gar wohl von mir auf Ew. Hochwohlgeboren schließen kann; so wüßte ich nichts zu Ihrer Beruhigung und Aufrichtung in dem gegenwärtigen Augenblicke Wirksameres das Ihnen das Glück zuwenden könnte, als sich persönlich von den Vorzügen einer Dame zu überzeugen, die durch Worte und Beschreibung nicht zu schildern sind; ich erbitte mir dagegen Ihre wohlwollende Theilnahme und Mittheilung.

Unter besten Wünschen

Goethe.

Weimar, den 16. Novber. 1813.


24/6639.


An Carl Ludwig von Knebel

Auf deine vertrauliche Anfrage antworte vorläufig mit wenigem. Daß man unserm Herzog gleichfalls ansinne, nach schon vorhandenen Vorgängen, ein ansehnlich Contingent nicht allein zu stellen, sondern auch eine Landwehr und einen Landsturm zu organisiren, ist ganz natürlich. Je mehr Leute nun Lust haben die militärische Carriere auf eine oder die andre Weise zu ergreifen, desto besser ist es, räthlich jedoch, daß man sich nicht übereile. Man warte des[35] Herzogs Aufruf ab, mache sich mit den alsdann ausgesprochnen Bedingungen bekannt und suche sein Bestes, entweder durch Verdienst oder Gunst oder beydes. Und in solchem Falle stehe ich zu guter Einleitung zu Diensten. Indessen will ich an schicklichem Orte deine Kriegslustigen erwähnen und wo nicht das Nützliche doch das Unschädliche vorbereiten und sobald es Zeit ist das Weitere melden. Zu wühlen wird nicht viel seyn; an Cavallerie ist gar nicht zu denken. Hiemit lebe wohl und beschwichtige die strebenden Gemüther noch kurze Zeit.

Weimar d. 17. Nov. 1813.

Goethe.


24/6640.


An Ernst Christian August von Gersdorff

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

wünschte über eine Angelegenheit zu sprechen, wovon niemand besser als Dieselben unterrichtet seyn kann. Wollten Ew. Hochwohlgeboren morgen oder übermorgen unseren Familientisch mit Ihrer Gegenwart beehren, so würde uns dieß zur vorzüglichen Freude gereichen. Halten Ihre Geschäfte Sie ab, so mögen Sie vielleicht Sonntag früh um 11 Uhr eine kleine ausgesuchte Gesellschaft durch gefällige Gegenwart vermehren, und an frohen musikalischen Unterhaltungen Antheil nehmen, so würde mir auch dieses höchst erwünscht seyn. Mich angelegentlichst empfehlend.

Weimar, den 18. Novbr. 1813.[36]


24/6641.


An Carl Ludwig von Knebel

Du erhältst durch eine bekannte vertraute Hand eine bestimmtere Antwort auf deine Anfrage. Handle daher nach meinem gegenwärtigen Rathe.

Du bietest deinen Carl in einem geziemenden Schreiben, welches dir nicht sauer werden wird, dem Herzog an, und spricht im Allgemeinen deine und seine Wünsche aus, d.h. daß er auf jeden wahrscheinlichen Fall bereit sey. Vermuthlich antwortet dir der Herzog kurz und ohne etwas zu entscheiden, aber dein Brief wird an die Behörde gegeben und der junge Streitlustige notirt und in der Folge wegen seiner Bereitwilligkeit wohl gut angesehen.

Weller reicht ein ähnliches Schreiben ein, in seinem eigenen Namen, und beruft sich allenfalls auf dein Zeugniß seines Wohlverhaltens und seiner Tüchtigkeit. Auch dieser wird notirt, und ich will suchen bey der Behörde ihr Bestes zu befördern.

Von Tümpling hat sich schon gemeldet, ist schon notirt und wegen dessen vor der Hand nichts weiter zu thun. In der folge will ich gern für die, die du empfiehlst, nicht müßig seyn. Carln kannst du zu seinem Trost und Vergnügen sagen, daß wohl allenfalls noch von Hott Hottchen die Rede seyn könnte, einem Organ, das seinen Patriotismus gewiß auf's schönste fördern wird, und somit Adieu.

Weimar den 18. November 1813.

G.[37]


24/6642.


An Charlotte von Stein

Sie sind, verehrte Freundinn, auf Morgen Sonntag früh um eilf Uhr, zu einer geselligen Unterhaltung schönstens eingeladen. Mancherley Gebrechen haben mich gehindert diese Tage aufzuwarten.

d. 20. Nov. 1813.

G.


24/6643.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren erhalten hierbey mit vielen Dank die autorisirten Quittungen, welche der Rentbeamtete Kühn sogleich bezahlen wird. Eine Platte, die Luftpumpe vorstellend, nebst Beschreibung folgt nächstens, womit es sowohl was den Druck, als die Kosten betrifft, auf gleiche Weise zu halten wäre.

Leider kann ich, was neuere Flugschriften betrifft, nichts Gefälliges erwidern; man scheint mehr mit dem Schwert, als mit Worten fechten zu wollen.

In Hoffnung baldigen Wiedersehens

Weimar den 21. November 1813.

Goethe.


Wenn ich nicht irre, gehört beykommendes Buch Ew. Wohlgeboren.[38]


24/6644.


An Carl Ludwig von Knebel

Neulich sagte ich dir was wegen des Kriegslustigen im Allgemeinen zu thun wäre; willst du aber für Carls Equippirung eine besondere Gunst erlangen, so rathe ich bey Zeiten allenfalls durch die Damen eine Einleitung zu machen, da bey dem vielfachen Zudrang eine nicht wohl unterstützte Empfehlung fruchtlos bleiben möchte. Soviel für diesmal. Vielleicht bald ein Näheres.

d. 21. Nov. 1813.

G.


24/6645.


An Charlotte von Stein

Es that mir sehr leid daß Sie gestern den kurzen Traum, den ich meinen Freunden bereitete, nicht ganz austräumen konnten. Das Erwachen ist jetzt immer schreckhaft. Unsere liebe Erbprinzess habe noch vor ihrer Abreise gesprochen, sie war so gnädig mir noch ganz spät eine Audienz zu gewähren. Auf baldiges Wiedersehen! W. d. 22. Nov. 1813.

Goethe.


24/6646.


An Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

[Concept.]

Warum ich dir mein verehrter Freund gerade heute dieses Blatt ausfertige, da ich doch viel früher hätte[39] schreiben sollen, und auch noch immer hätte zaudern können, das muß ich dir mit wenigem erklären. Ich kam gerade gestern Abend über das Büchlein: Mineralienkabinett gesammlet und beschreiben von dem Verfasser der Erfahrungen vom Innren der Gebirge, und fühlte mich so wohl die längst bekannte Stimme durch das gegenwärtig betäubende Geräusch zu vernehmen. Ich bewundere wie du so manches lange voraus gesagt, welches zu bestätigen viele Jahre und die größten Entdeckungen der Physik und Chemie nicht weniger die Einleitung einer tiefern Theorie gehörten, ich will nur die Stelle von der Auflöslichkeit der Kieselerde erwähnen; diesen sonst so unantastbar scheinenden Körper sehen wir nun als Säure in unsern Compendien aufgeführt.

Jede Seide des lieben Büchleins führte mich auf die Anschauung der Natur, und auf die Würdigung meiner eigenen Sammlung hin worunter ich mich so vieler trefflicher Stücke erfreue, die ich deiner Vorsorge und deiner Nachsicht schuldig bin.

Vorigen Sommer war ich lange in deiner Nähe, aber die bedenklichen Zeitläufte ließen mich nur einen Kreis um dich her ziehen, ohne mich in den Mittelpunct zu wagen. Sehr gefreut hat es mich zu hören daß du bey so vielfach drohenden Ereignissen dich noch ziemlich leidlich befunden hast, die letzten Nachrichten erhielt ich durch Hofrath Klaproth. In jenem Sommertagen war mein Leibsteckenpferd, um mich dieses oft[40] gebrauchten aber immer vortrefflichen Worts zu bedienen, die Zinnformationen. Die Bergstädte Graupen, Zinnwalde, Altenberg habe ich zwar nur auf kurze Zeit aber emsig besucht und mich von der Gleichheit, der Ähnlichkeit und Verschiedenheit des Vorkommens jenes Urmetalles möglichst unterrichtet, auch was ich von Berg- und Gang-Arten zusammenbringen, und von schönen Crystallisationen der vorkommenden Mineralien anschaffen konnte mit mir geschleppt. Unter der letzten befinden sich vortreffliche Wolfram- und Tungstein-Crystalle, von diesen ist mir eine Pièce besonders lieb, weil sie das Gegenstück ist von einer die du Seite 136 lin. 8 beschreibst.

Als ich nach Hause kam ordnete und katalogirte ich dieß alles auf's sauberste indem ich auch die vor Jahren zusammengebrachte Schlackenwalder Sammlung hinzufügte, wodurch denn mit einiger Aufmerksamkeit und Sorgfalt eine gar lehrreiche Folge zusammenkommen kann.

Könntest du mir nun aus den Schätzen deiner Erkenntniß hierhin einen Beytrag geben, so würdest du mich sehr verbinden; es sey nun an aufklärenden Druckschriften, geschriebenen Notizen, merkwürdigen Stufen; wie ich denn von Marienberg, und überhaupt dem ganzen Strich von Altenberg bis an den Fichtelberg, als bis dahin sich die Zinnformation erstrecken soll, nichts besitze; auch habe ich einmal eine Karte gesehen worauf die Vertheilung des Zinns über die[41] Welt dargestellt war, eine Copie derselben würde mir sehr angenehm seyn. Du wirst vielleicht lächeln aber doch nicht unvernünftig finden, daß ich mich aus der Zeit in die Umwelt flüchte, wo zwar die Elemente, aber noch nicht die Menschen mit einander kämpften. Also muß man des Krieges Bitterkeit vertreiben. Du kennst gewiß den wackern Geheimrath Leonhard in Hanau und es macht dir Vergnügen zu hören, daß er und seine Freunde nur an den allgemeinen Drangsalen dieser Tage gelitten, aber keine besondern Leiden erfahren haben; das öffentliche Museum sowohl als die Sammlungen der einzelnen Naturforscher blieben verschont.

Sage mir bald wie du dich mit den lieben Deinigen befindest, gedenke meiner Zinnlust, dagegen soll auch um Weihnachten abermals ein Band der Tausend und einen Nacht meines wunderlichen Lebens aufwarten, und dich auf einige Stunden der Gegenwart entrücken.

W. d. 24. Nov. 1813.


24/6647.


An Carl Ludwig von Knebel

Beyliegender Brief war schon vor einigen Tagen gesiegelt, ich sende ihn und füge hinzu, daß der Herzog nach Frankfurt ist. In einigen Tagen wird der Aufruf an die Freywilligwn erscheinen; wer sich schon[42] gemeldet hat, kann alsdann wohl warten, bis der Fürst zurückkommt, wo wir mehr vernehmen werden.

Sage Bergrath Voigt, daß mich ein Brief vom Geheimerath Leonhard aus Hanau benachrichtigt, daß er und seine Freunde nur an den allgemeinen Drangsalen gelitten, aber keine besonderen Leiden erfahren haben; das allgemeine Museum sowohl als die besonderen sind unberührt geblieben. Ich legte gern den umständlichen interessanten Brief bey, aber es stehen Dinge darin, die der vierte nicht wissen sollte.

Ich gehe in meinem Wesen so fort und suche zu erhalten, zu ordnen und zu begründen, im Gegensatz mit dem Lauf der Welt, und so suche ich auch noch außer dir Freunde der Wissenschaft und Kunst, die zu Hause bleiben, aufzufordern, daß sie das heilige Feuer, welches die nächste Generation so nöthig haben wird, und wäre es auch nur unter der Asche, er halten mögen.

Sage mir doch etwas Näheres von der Euklidischen Gemeinde! Sich von einander abzusondern ist die Eigenschaft der Deutschen; ich habe sie noch verbunden gesehen als im Haß gegen Napoleon. Ich will nur sehen was sie anfangen werden, wenn dieser über den Rhein gebannt ist.

Griesens Übersetzung der Zenobia ist in jedem Sinn vortrefflich. Wenn er fortfährt sich an den Calderon zu halten, so wird er uns eine große Wohlthat[43] erzeigen, sich selbst für mehrere Jahre Beschäftigung geben, und einen noch von niemand errreichten Ruhm erwerben, ich meine den, die beyden Übersetzungsweisen dem Original ganz treu und seiner Nation verständlich und behaglich zu seyn. Ich negoziire jetzt mit mir selbst wegen der Aufführung; ich kann niemand deshalb weder um Rath fragen, noch ein Zu- oder Abstimmen vernehmen; denn zuletzt, wenn es zur Ausführung kommt, trete ich doch die Kelter allein.

Der junge Schopenhauer hat sich mir als einen merkwürdiger und interessanter jungen Mann dargestellt; du wirst weniger Berührungspuncte mit ihm finden als ich, mußt ihn aber doch kennen lernen. Er ist mit einem gewissen scharfsinnigen Eigensinn beschäftigt ein Paroli und Sixleva in das Kartenspiel unserer neuen Philosophie zu bringen. Man muß abwarten, ob ihn die Herren vom Metier in ihrer Gilde passiren lassen; ich finde ihn geistreich und das Übrige lasse ich dahin gestellt.

In unserem nächsten Cirkel ist alles wohl, außer Riemer, der an einem bösen Hals und Brustbeschwerden leidet. Es ist mir sehr unangenehm ihn an der Marktecke so isolirt zu wissen, in einer Zeit, wo jedermann so bedrängt und beschäftigt ist, daß er im Innern zu thun hat.

Ziegesar bessert sich, hat aber unglaublich ausgestanden.

[44] Auf deine Frage wegen der beyden didaktischen Gedichte muß ich antworten, daß ich sie nicht gesehen habe. Dieses Genre ist Legion, besonders in England. Letzten Sommer habe ich mich daran in Töplitz müde und matt gelesen. Man bewundert den Verstand und die Tüchtigkeit, aber man vermißt die Poesie, von der nur das Sylbenmaaß, und die Tiefe der Betrachtung, von der nur das allgemein faßliche übrig bleibt. Und hiemit Gott befohlen! Wie sehr wünschte ich bald in Jena mein altes akademisches Leben wieder anzutreten.

W. d. 24. Nov. 1813.

G.


24/6648.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeb.

Werden mich sehr verbinden wenn Sie mir alles was die Zinnformation betrifft, es sey gedruckt, geschrieben oder Ihnen sonst bekannt, übersenden und anzeigen. Erfahre ich dabey wie Sie sich befinden und wie es der Angelegenheit unsrer Societät, nicht weniger des Museums ergeht; so wird es mir um so größere Vergnügen machen.

Das Beste wünschend

W. d. 25. Nov. 1813.

Goethe.[45]


24/6649.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

haben, durch die Sorge für meine häusliche Ruhe, abermals die schon längst erprobte Freundschaft, an der ich gewiß niemals zweifeln werde, bethätigt. Ehe ich jedoch jene Vergünstigung dankbar anerkenne, bitte ich mir gefälligst zu erklären, was unter dem Ausdruck, gegen Bezahlung, zu verstehen sey?

Taxirt mich das Büreau, und habe ich den Betrag an dasselbe zu bezahlen?

Ist der Betrag immer derselbe, oder kann er sich nach Umständen vermehren?

Leiste ich die Zahlung in jedem einzelnen Falle, oder macht man mir nach einer gewissen Zeit die Berechnung?

Da jedoch, in allen diesen gedachten Fällen, andere Personen hiesiger Stadt meine Einquartirung zu übernehmen haben, so könnte der Sinn jener Worte gleichfalls seyn, daß von Seiten des löblichen Büreaus mit solchen eine Übereinkunft getroffen, sie aber jedesmal wegen der Zahlung an mich gewiesen würden. Ferner könnte es heißen: daß ich mit dergleichen Personen contrahiren, selbige dem Büreau anzeigen und sie der gestalt an meiner statt eintreten ließe.

Vielleicht hat aber jene Einrichtung noch einen anderen Sinn, den ich nicht gleich entwickeln kann,[46] hierüber erbitte mir gefällige Auskunft und in jedem Fall Ew. Hochwohlgeboren fortgesetzte Wirkung zum Besten und zur Beruhigung eines freundschaftlichen Hauses.

Weimar. D. 26. Novbr. 1813.

Goethe.


24/6650.


An Anton Dittrich

[Concept.]

[27. November 1813.]

Ew. Wohlgeboren danke zum allerverbindlichsten daß Sie durch Herrn Hofmedikus Schwabe sowohl mündliche als schriftliche Nachricht an mich gelangen lassen. Während des ganzen Feldzuges, durch welchen das liebe Böhmen beschädigt und bedroht wurde, habe ich mich immer fleißig nach Komotau erkundigt und mit Vergnügen gehört, daß die so nahen Kriegsübel sich nicht bis zu Ihnen erstreckt und hierzu wünsche ich um so mehr Glück als ich überzeugt bin, daß Sie die Ihnen nunmehr gegönnte Ruhe zur Bildung einer hoffnungsvollen Jugend mit gewohntem Eifer verwenden werden. Die Äußerungen Ihres Briefes, sowohl über unsere Gespräche als über die Wieland gewidmete Denkschrift bestätigen bey mir die Überzeugung, daß eine jede Anregung von Ihnen mit Empfänglichkeit aufgenommen und mit Geist und Sinn weiter gefördert werde. Wie sehr sollte es mich freuen Sie in Ihrem Wirkungskreise, zu würdigen[47] Collegen gesellt und von aufmerksamen Jünglingen umgeben, im nächsten Jahre begrüßen zu können. Bis dahin empfehle ich mich Ihrem freundlichen Andenken, indem ich mit den besten Wünschen Ew. Wohlgeb. Einer aufrichtigen Hochachtung versichernd schließe.

Weimar den 15. Novbr. 1813.


24/6651.


An Johann Friedrich John

[Concept.]

[27. November 1813.]

Ew. Wohlgeboren gefällige und ehrenhafte Sendung vom 28. Juli dieses Jahres, habe ich erst in diesen Tagen erhalten, und eile meinen aufrichtigen Dank dafür abzustatten. Haben Ew. Wohlgeboren seit jener Zeit, sich mit mehreren Ruhe den sorgfältigen Prüfungen der Natur widmen können, erlauben es Ihnen Pflicht und Umstände in diesen stürmischen Zeiten noch immer thätig zu seyn; so wünsche ich dazu Glück, und fordere Sie auf nur immer emsiger Ihr wichtiges Geschäft zu betreiben: denn indeß, bey dem gegenwärtigen wichtigen Kampfe, ein großer Theil unserer hoffnungsvollen deutschen Jugend aufgeopfert wird, so haben diejenigen welchen Verhältnisse erlauben in ihrer stillen Werkstatt zu verharren eine doppelte Pflicht das heilige Feuer der Wissenschaft und Kunst, und wäre es auch nur als Funken unter der Asche, sorgfältig zu bewahren, damit nach vorübergegangener[48] Kriegesnacht bey einbrechenden Friedenstagen es an dem unentbehrlichen Prometheischen Feuer nicht fehle, dessen die nächste Generation um so mehr bedürfen wird, als sich schon jetzt im Praktischen der Mangel theoretischer Vorübungen so hart empfinden macht. Wie ängstlich sieht man sich im Felde sowohl als in Städten nach Ärzten und Wundärzten um, und Ew. Wohlgeboren wissen am besten, was es heiße dergleichen gründlich zu bilden, damit sie in außerordentlichen Fällen sich tüchtig beweisen mögen. Möge Ihnen daher alles Gute werden, und Sie von Ihrer Seite nicht verhindert seyn die Naturwissenschaft wie bisher aufzuklären, für die auch ich mit leidenschaftlichem Interesse lebe und die Verdienste der Zeitgenossen aufmerksam betrachte, welche dieses herrliche Fach mit Eifer und Glück bearbeiten. Daß ich Ew. Wohlgeboren schon seit mehreren Jahren hierunter mit freudiger Anerkennung zähle, brauche ich nicht zu betheuern.

N. S. Mit der nächsten Gelegenheit sende Ew. Wohlgeboren einige natürliche Körper zu gefälliger Zerlegung. Sollten Sie des Herrn Hofrath von Fischer in Moskau Prodromus Craniologiae comparatae besitzen, oder mir sonst verschaffen können, so würden Sie mir durch Mittheilung derselben auf kurze Zeit eine besondere Gefälligkeit erweisen; ich beschäftige mich mit Redaction meiner älteren Arbeiten in diesem Fache, die, wenn sie gleich durch[49] neuere Bemühungen längst überflügelt sind, vielleicht noch wenigstens historisch zu eigenem Nutzen dienen können. Der ich mit vorzüglicher Hochachtung die Ehre habe mich zu unterzeichnen.


24/6652.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Da es uns schon längst, wenn wir nach einiger Zeit an Freunde schreiben oder sie wiedersehen, ergeht wie es nach dem jüngsten Gericht einst werden soll, daß man nähmlich nicht weiß ob man auferstanden oder nur verwandelt ist; so ereignet sich es auch dießmal, man erstaunt, ja erschrickt, daß man nach so ungeheueren Ereignissen, nach so vielem was man rings um sich her fallen und untergehen sieht, doch noch selbst in dem Seinigen und mit dem Seinigen existirt, und weil man noch lebt, so bescheidet man sich auch wohl daß man dieß alles erlebt habe. Da nun ferner der Mensch von einer wunderlichen aber glücklichen Art ist, daß er das Verlorene wieder zu erlangen, das zerstörte wieder aufzubauen sogleich trachtet (wie ich denn bekennen will, daß mich, mitten in einer brennenden Stadt, der Gedanke eines künftigen schönen Aufbauens mehr als die Rettungs-Anstalt selbst beschäftigte) so wollen wir uns auch[50] in diesen Augenblicken einstweilen fröhlich begrüßen, uns zum Wirken ermahnen und deshalb eine lebhaftere Communication eröffnen.

Grüßen Sie Ihren lieben Bruder, und ersuchen ihn mir von den deutschen Kunstjüngers in Rom Notizen jeder Art mitzutheilen, damit man nicht säume sie immer mehr bekannt zu machen, und ihre Verdienste ins Licht zu setzen. Ich habe schon die mir überstanden Zeichnungen zu diesem Zweck genutzt, indem ich niemand einigermaßen Empfängliches vorbeygehn ließ, ohne daß er diesen schätzbaren Productionen gehuldigt hätte. Ich glaube hierdurch bey Vornehmen und Wohlhabenden einen solchen Samen ausgestreut zu haben, daß ich, sobald nur die ersten Nothbedürfnisse befriedigt sind, auf eine wo nicht reichliche doch mäßige Erndte für unsere Freunde hoffen kann. Grüßen Sie Boisserée zum schönsten, er soll mir auch einmal wieder sagen wie weit sein Unternehmen in diesen Zeiten vorgerückt ist. Ich verdiene überhaupt wohl daß meine auswärtigen Freunde mir von Zeit zu Zeit einige Nachricht von sich geben, da ich den ganzen Sommer darauf verwendet habe mich mit ihnen in Rapport zu setzen, welches hoffentlich Weihnachten durch die Ausgabe meines dritten Bandes geschehen soll.

Das ausgefüllte unterzeichnete Blatt lege ich bey, höchlich dankbar für fortgesetzte freundliche Besorgung meiner Angelegenheiten.

[51] Den liebwerthen Ihrigen mich zugleich bestens empfehlend

Weimar d. 29. Novbr. 1813.

Goethe.


24/6653.


An Franz Kirms

[30. November 1813.]

Mir scheint nicht wohl gethan wenn wir jetzt diese Sache zur Sprache bringen.

1) Können wir ohne Serenissimi ausdrückliche Authorisation niemand verabschieden.

2) Haben wir niemals was ausser dem Theater geschah beachtet, am wenigsten die Liebschaften der Schauspieler uns Schauspielerinnen.

3) Müssten wir, wenn von solchen Dingen die Rede seyn sollte, die Proscription auch auf andere ausdehnen.

4) Sind ja privat Relationen und Untersuchungen nicht hinreichend zu solchen Schritten.

5) – – – –

Doch ich glaube schon genug gesagt zuhaben.

G.


24/6654.


An Caroline von Woltmann

[Concept.]

[Ende November 1813.]

Als ein gutes Wahrzeichen muß ich es ansehen daß Ihr freundlicher Brief zu eben Zeit unterwegs[52] war, als Ihr Herr Gemahl den wir lieber noch zurückgehalten hätten zurück zu den Seinigen eilte. Ich hoffe er ist glücklich angekommen und genießt nun der Früchte seines Anstrengens und Aufopfers in einem getrosten Bewußtseyn und froher Mittheilung.

Die Heilung so vieler dem Vaterland geschlagner Wunden kann nicht sicherer von Statten gehen und aus so manchem Verderben ein frisches Leben nicht schneller hervordringen als wenn die Deutschen sich nicht nur im Stillen und Einzelnen anerkennen und schätzen, sondern wenn sie es sich auch liebevoll uns vertraulich bekennen und aussprechen; denn fürwahr der Unglaube und der Unwille der Volksglieder unter einander, die Mißhelligkeiten, welche aufzuregen und zu schärfen gar viele sich zum Geschäft machen, weil es ein leichtes ist, wogegen sich aber wenige fanden, welche Mäßigkeit und Billigkeit zu bewirken suchten, weil es schwer ist; der aus gleichgültigen Dingen hervortretende Conflict zwischen Personen und Untersuchungen, welche gar wohl unter einander bestehen können, und was sonst noch alles die traurige Litaney unserer deutschen Literatur enthalten mochte, dieses zusammen hat mehr geschadet als der fremde Einfluß, denn es hat den wechselseitigen Glauben zerstört und so viele vertrauliche Bande gelöst.

Kann die gegenwärtige große Epoche die deutschen Geister zu wechselseitiger Anerkennung stimmen so[53] bedarf die Nation kaum etwas weiter um sowohl sich aus der Gegenwart heraus zu reißen als der Zukunft getrost zu gehen.

Diese vielleicht etwas sonderbar scheinenden Bemerkungen werden Sie hier gar wohl an ihrem Platze finden, wenn Sie bedenken daß ich eigentlich dadurch ausdrucken wollte, mit wie viel Vergnügen ich die Annäherung Ihres Herrn Gemahls und nun auch die Ihrige erfahren. Mögen Sie beyde den großen und wichtigen Gehalt der letzten Jahre in Ihre schätzbaren Productionen ferner aufnehmen und ihn unter liebenswürdiger Form zum Genuß und zur Bildung Ihrer Landsleute glücklich verbreiten. Bleiben Sie meiner aufmerksamen Theilnahme überzeugt und lassen mich manchmal von Ihrem Wohlbefinden und Ihrer Thätigkeit vernehmen.


24/6655.


An Georg August Griesinger

[Concept.]

[Ende November 1813.]

Ew. Wohlgeboren gefälliges Schreiben erinnerte mich lebhaft an die vertraulichen Stunden welche ich mit des Herrn General v. Watzdorf Ex. Und Ew. Wohlgeboren zu sehr bedenklicher Zeit vergnügt genossen, und ich bereitete mich sogleich für das freundliche Andenken zu danken. Ein angefangener Brief blieb jedoch liegen weil immer wieder neue Sorgen[54] und Bedenklichkeiten eintraten und das gute Dresden zum zweitenmal auf eine so unerwartete als schreckliche Weise bedroht schien; nun aber da der Himmel sich immer mehr erheitert und man wenigstens Raum zu Hoffnungen gewinnt so will ich nicht säumen durch Gegenwärtiges mein Andenken bey Ew. Wohlgeboren und durch dieselben bey meinen Dresdner Freunden zu erneuern. Giebt es Gelegenheit so bitte ich überall wo man meiner gedenkt meinen aufrichtigen Antheil zu versichern; besonders wünschte ich gegrüßt Herrn und Frau Baron von Grotthuß, die werthe Körnerische Familie so wie die Kappische, Herrn Gallerieinspector Riedel und den braven Hofgärtner Reichert und seinen Sohn, letztere sind wie mir Graf Edling zu meinem großen Vergnügen erzählt von der bösen Zeit noch ziemlich leidlich behandelt worden. Haben Sie Gelegenheit mich des Herrn Grafen von Watzdorf Ex. zu empfehlen so bitte solches auf das Angelegentliche zu thun. Fällt Ihnen etwas handschriftlich Bedeutendes vor, so bitte meiner zu gedenken.


24/6656.


An Sara von Grotthuß

Was ich für Sie seit mehreren Monaten gefürchtet, was ich bey vielfachen Erkundigungen theilweise vernommen, davon giebt mir nun Ihr lieber Brief leider eine vollständige Gewißheit. Wären Sie nicht,[55] verehrte Freundin, mit dieser seltsamen Mischung von Stärke und Zartheit, von Übersicht und Gefühl begabt, so würden Sie so große Übel nicht ertragen können. Möge, wie sich die Dresdner Luft wieder reinigt, auch um Sie der Himmel heiterer werden und in besseren Tagen die Gesundheit Ihres werthen Gatten sich glücklich herstellen.

Die ungeheueren Schicksale sind, verhältnißmäßig, gelind an uns vorübergegangen, und ich war, mit allen denen mir zunächst Verbundenen, durch diese unruhigen Wochen wenigstens gesund, und man half sich wechselsweise selbst die schlimmsten Stunden ertragen.

Wo man hinsieht und hört, woher auch Briefe zu uns gelangen, alles klingt wieder von Jammer und Noth, und nur die Hoffnung, daß aus diesem Chaos eine neue Ordnung der Dinge hervortreten werde und müsse, erhält noch die Jüngeren aufrecht, indem die Älteren es wahrscheinlich finden daß sie erst aus glücklicheren Regionen auf dieses neue Glück herabsehen werden.

Sagen Sie mir von Zeit zu Zeit wie Sie sich mit Ihrem theuren Gemahl, dem ich mich bestens empfehle, befinden.

Möchte ich, wie ich von dem lieben Dresden, so auch von Ihnen beyden eine wachsende Wiederherstellung vernehmen.

Weimar d. 1. Decbr. 1813.

G.[56]


Und nun noch eine aufrichtige Versicherung wahrhafter Anhänglichkeit. Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft, das sind die einzigen Schätze, an denen wir uns erfreuen dürfen, da alles andere ein ungünstiger Augenblick zu verschlingen droht. Von Dr. Weigel hörte ich er sey in Erfurt aber in der Stadt. Man habe ihn diesseits verlangt, der Commandant ihn aber verweigert, jedoch zugesagt daß er selbst im äussersten Falle ihn nicht mit in die Citadelle nehmen wolle. Möge auch er gerettet werden!


24/6657.


An Franz Kirms

Der gestern an mich gebrachten Sache habe weiter nachgedacht und gebe zu überlegen ob man die Lefebre nicht wenigstens suspendiren und ihr verbieten solle weder aufs Theater noch in die Theater Loge, bis auf weiteres zu kommen, auch könnte eine Commination des Verabschiedens hinzugefügt werden. Den Modum würde man ja wohl finden. Leider ist die Trübler in demselben Falle, von der Jung sagt man das Gleiche. Was ist mit diesen zu thun?

d. 1. Dec. 1813.

G.[57]


24/6658.


An Charlotte von Stein

[1. December 1813.]

Sehr glücklich wird es mich machen morgen Abend aufwarten zu dürfen. Es ist mir wohl erlaubt der Halb Poesie meines biographischen Versuches einige rein Poetica anknüpfen zu dürfen.

G.


24/6659.


An Johann Jacob von Willemer

An dem fünften Heft Ihrer Selbstgespräche, mein würdiger Freund, wie an den vorhergehenden, habe ich mich sehr erfreut, indem ich mich dadurch innig mit einem alten Freunde unterhalten konnte. Jeder muß versuchen wie er die sittlichen Bezüge, die auf uns alle losdringen, wenn er sie nicht beseitigen kann und mag, mit sich möglichst in Harmonie setze; dieses haben Sie recht ernstlich und freundlich gethan, so daß man Ihnen aufrichtig dazu Glück wünschen kann. Nehmen Sie meinen herzlichen Dank für den Theil, den Sie mir an Ihrer heiteren und frommen Stimmung gönnen, möge sie Ihre Begleiterin durch's ganze Leben seyn.

Der Ihrige

Weimar, den 1. Decbr. 1813.

Goethe.[58]


24/6660.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

wollte schuldigst vermelden daß ich Ihre beyden Briefe richtig erhalten und daraus mit Vergnügen ersehen habe, daß es Ihnen, wenigstens nach dem Verhältnisse der Zeit, leidlich ergangen. Möge das was folgt gleichfalls zu ertragen seyn, und die Hoffnung, erwünschte Zustände daraus entspringen zu sehen, sich immer mehr beleben und begründen.

Haben Sie die Güte mir den Aufsatz welchen Sie ankündigen baldigst zu senden, er betrifft einen sehr interessanten Punct, über welchen eine gründliche und geistreiche Belehrung höchst wünschenswerth ist.

Ich habe mich in diesen letzten so trüben als zerstreuten tagen, auch wieder mit Geognosie beschäftiget, besonders aber was ich seit mehreren Jahren, in Böhmen und Sachsen, die Zinnformation betreffend zusammengebracht, endlich geordnet und eine Darstellung dieser so wichtigen Urepoche versucht.

Aus obgedachten zwey Ländern habe ich so ziemlich alles beysammen, aus England dagegen sehr wenig. Irre ich nicht, so liegt bey Ihrer Societät manchmal ein Vorrath von Stufen zu Tausch und Verkauf; wäre darunter etwas das für mich unterrichtend[59] seyn könnte, so wollte gebeten haben mir davon einige Nachricht zu ertheilen.

Stehen Sie schon mit dem Doctor Stolz in Aussig in Verhältniß? Es ist ein vorzüglicher Mann auch im Geologischen und Mineralogischen. Die Zeit ist jetzo zwar allzu unruhig um sich dorthin in Rapport zu setzen, und doch ist man jetzt am ersten geneigt sich mit braven Männern zu verbinden.

So viel für dießmal mit der Versicherung der aufrichtigsten Hochachtung.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar d. 3. Decbr. 1813.

J. W. v. Goethe.


24/6661.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

sende hierbey die mitgetheilten Briefe zurück und wünsche daß die Sendung nicht länger durch die Kriegsläufte mehr ausgehalten werde. Ingleichen danke für die merkwürdigen antiken Steine. Haben Sie die Güte mir von Herrn Dodwell etwas Näheres zu berichten. Haben Sie nicht eine gute Beschreibung von dem Schlackenwalder Zinnbergwerke wie sie uns Herr Charpentier von den sächsischen geliefert hat? Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar d. 3. Decbr. 1813.

Goethe.[60]


24/6662.


An Johann Friedrich Rochlitz

Mögen Sie, theuerster Mann, Morgen, mit den werthen Ihrigen, an meinem Familientische Theil nehmen! So sind Sie herzlich willkommen.

Wollten Sie Sich um zwölf Uhr einfinden; so hätten wir noch Zeit einige Kunstwerke zu betrachten. Ich sende den Wagen. Mich bestens empfehlend

W. Dienstag d. 7. Dec. 1813.

Goethe.


24/6663.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

Habe gestern die Anregung des herzoglichen Polizeykollegiums, die Zwangsanleihe betreffend vorläufig zugesendet, Dieselben haben ja wohl die Gefälligkeit einzuleiten daß unsre guten Männer sich darüber erklären. Da ich aber ein gleiches Blatt erhalten, insofern ich der Zeichenschule vorstehe; so habe ich, um nicht ganz ins Dunckle zu greifen, bey Ew. Excell. Vertraulich anfragen wollen: was man, bey diesen beyden Anleihen, von den Dienern, verhältnißmäsig zu ihren Besoldungen allenfalls erwarte? Weil denn doch wohl im Ganzen ein Überschlag gemacht worden. Bin ich hievon unterrichtet, so kann ich die Erklärungen[61] in meinem kleinen Kreise desto eher leiten, auch mich persönlich darnach richten, ohne daß die Abgabe zu schwer und doch nicht allzuweit hinter der Erwartung, welche hier wohl eine Forderung genannt werden kann, zurückbleibe.

Gehorsamst

J. W. v. Goethe.

W. d. 8. Dec. 1813.[62]


24/6663a.


An die herzogliche Bibliothek in Weimar

Herrn Hauptmann von Rappel aus dem Gefolge der Herzogin von Oldenburg Kayserl Hoheit wären Bücher von der Bibliotheck zu verleihen. Herr Krumbholz wird für deren Abholung und Zurückerstattung sorgen.

W. d. 9. Dec. 1813.[148]


24/6664.


An Carl Ludwig von Knebel

Weimar den 11. Dec. 1813.

Wir haben uns die Zeit her sehr fleißig erkundiget, wie es dir und den Deinen ergehe, und die Nachrichten haben uns immer gute Hoffnungen gegeben. Es freut mich, daß sie nun erfüllt sind und den guten Eltern ihre Sorge und Sorgfalt durch die Wiederherstellung belohnt ist. Dieses Gefühl ist um so lebhafter, als von allen Seiten mir die Nachrichten von dem Tode trefflicher Menschen einlaufen. Voigt hat sich gewiß über den Tod des verdienstvollen Leisler betrübt.

Den Epilog zu Essex sende ich hier mit dem Wunsch, daß er nicht abgeschrieben werde und nicht aus deiner Hand komme, wenn du ihn auch vorlesen magst; darin will ich deinen guten Humor nicht beschränken. Und hiermit lebe recht wohl. Grüße Carl und wünsche ihm Glück, daß er wieder zur[62] Einheit gekommen ist. Sage mir doch etwas über Ludens Vornehmen; ich müßte mich sehr irren oder die Karre ist schon verfahren; darüber ließen sich allerley Betrachtungen anstellen. Jetzt halte dich aufrecht, so gut es gehen will, ich will das Gleiche zu thun suchen.

G.


24/6665.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

letztes Schreiben hat mich wahrhaft betrübt, denn ich hatte durch Bergrath Voigt vor kurzem eine sehr günstige Schilderung jenes Mannes vernommen, von dem ich bisher nur aus der Ferne und beynahe nur dem Namen nach unterrichtet war. Kaum sind mir seine Verdienste anschaulich, kaum nähre ich die Hoffnung einer belehrenden Bekanntschaft, so muß ich vernehmen daß er auch in diesen wilden Tagen von ins gerissen worden. Fast keinen Brief eröffne ich gegenwärtig ohne daß ich darin Klagen einer verwaisten Familie, eines gestörten freundschaftlichen Cirkels vernehme, und zu gleicher Zeit rathen uns die Ärzte Heiterkeit des Gemüths, Frohsinn und Gleichmuth an, als das einzige Mittel uns vor gleichem Schicksal zu bewahren; und wer fände sich leicht in solche Widersprüche. Mögen Ew. Hochwohlgeboren mir etwas von Ihren Vorsätzen, Hoffnungen[63] und Wünschen mittheilen, so werde ich gewiß den reinsten Gebrauch davon machen. Durchl. der Herzog kommen nächstens zurück, aber auch da wird es so viele Betrachtungen in's ganze geben, daß man schwerlich, wie sonst wohl geschehen, auf das Wohl des Einzelnen förderliche Rücksicht nehmen kann. Da jedoch so viel Zufälliges in der Welt ist, so soll man nicht unterlassen hie und da anzuklopfen, und auf die Gunst des Tages zu vertrauen, von dessen Ungunst, in Hoffnung einer glücklicheren Nationalzukunft, man so vieles erduldet.

Sollte dieser Brief nicht zu spät ankommen und es sollte Ihnen noch möglich seyn sich Durchlaucht dem Herzog, blos in Beziehung auf Ihr naturfreundliches Verhältniß zu unseren Jenaischen Instituten, darzustellen, so würde dieses wenigstens eine gute Einleitung seyn.

Mich zu geneigtem Andenken mit der Versicherung gefühlter Hochachtung bestens empfehlend

gehorsamst

Weimar, den 12. Decb. 1813.

J. W. v. Goethe.


24/6666.


An Heinrich Luden

Ew. Wohlgeboren

sind überzeugt daß ich Ihrer neulichen Eröffnung mit allem Interesse nachgedacht habe; das Außenbleiben[64] der versprochenen Sendung jedoch machte mich dasjenige fürchten was Sie mir nun selbst melden; ich sehe ungern ein so wichtiges und folgenreiches Unternehmen mit Eile und Disharmonie beginnen.

Vergönnen Sie mir daher die Erscheinung der Anzeige abzuwarten, damit wir sowohl die Absicht als der Gang der Sache deutlicher werde; denn jetzt muß ich beynah schon fürchten daß wegen Redaction und Direction der unternommenen Zeitschrift unausgleichbare Differenzen entstehen werden, und ich leugne nicht daß ich alles Gedeihen einer solchen Anstalt blos in der Unabhängigkeit, ja in Despotie des Redacteurs zu finden glaube. Ich wünsche nichts mehr als daß der Gang dieses Geschäfts mir erlaubt daran Theil zu nehmen, um Ew. Wohlgeboren einen Beweis meiner vorzüglichen Hochachtung und Neigung geben zu können.

Ergebenst

Weimar, den 12. Dec. 1813.

J. W. v. Goethe.


24/6667.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Möge ich bald das Vergnügen haben Sie persönlich wieder zu sehen. Es sind wunderbare Dinge angekommen. Acht winzige Musterstücke des heiligsten Ortes in Griechenland. Wahre Reliquien auch dem Format nach!

G.[65]

Hier das Verzeichniß.


Alle vorgeschlagenen Veränderungen billige vorkommen, wo zwei Vorschläge standen habe ich den einen unterstrichen. Ich wünsche gar sehr daß Sie sich aus Ihrem Zimmer losreißen möchten, gefällt es Ihnen so werde ich heute Abend den Wagen schicken, und wir bringen die Comödien-Zeit mit einander zu, ich habe manches mitzutheilen.

Weimar d. 13. Dec. 1813.

G.


24/6668.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

Obgleich dem Inhalt nach unerfreuliche Mittheilung, haben mir doch Ihren standhaften Sinn und heiteres Gemüth dergestalt nahe gebracht daß ich mich davon gestärckt und aufgerichtet fühlte. Herzlichen Danck mit der dringenden Bitte um ein Wörtchen von Zeit zu Zeit.

Hierbey folgt die unterzeichnete Quittung. So wäre denn auch diese Sammlung, ein Document früherer Thätigkeit, ohne Unstatten unser geworden. Leider ist sie noch nicht aufgestellt. Nächstens thue ich Vorschläge wie auch dieses geschehen könne. Unser akademisches Wesen ist denn doch ein heiliges Feuer, das man, und wäre es nur unter der Asche, bewahren muß.

Mich angelegentlichst empfehlend

W. d. 14. Dec. 1813.

Goethe.[66]


24/6669.


An Christian Gottlob Voigt

[14. December 1813?]

Ich habe dem Herzog Eugen von Würtenberg der sich in Schlesien aufhält zu antworten. Irre ich nicht; so wird ihm der Titel königl. Hoheit gegeben.

G.


24/6670.


An den Herzog Eugen von Württemberg

[Concept.]

[14. December 1813.]

Ew. Königlichen Hoheit und höchst Ihro Frau Gemahlin gnädigstes Andenken welches mich in jeder Zeit beglückt hätte, ist mir in der gegenwärtigen ganz unschätzbar und um so mehr da es mit einem unzweydeutigen Zeugniß höchsten Vertrauens begleitet ist. Gerührt von demselben habe sogleich nach dem gedachten Poser mich auf alle Weise umgethan, bin aber nicht so glücklich gewesen denselben zu erforschen, wie ich denn die Relation eines jungen thätigen Mannes deshalb unterthänigst beylege.

Sollte auf diesem Wege gedachter Poser zu entdecken seyn, so würde nicht verfehlen Ew. Königlichen Hoheit davon ungesäumt Nachricht zu geben und mit erneutem Dancke die Versicherung meiner unbegränzten Verehrung und die Bitte um ferneres gnädiges Wohlwollen angelegentlichst wiederholen.

Weimar, den 12. December 1813.[67]


24/6671.


An Josephine O'Donell

Hier, meine verehrteste, zum Weyhnachtsfeste den besten Grus und das neuste deutsch und Französch zum neuen Jahr. Möge Sie diese Epoche freundlich anlachen! Nächstens etwas älteres und noch etwas neueres. So viel eiligst, da die Gelegenheit eilt. Wünsche und Bitten wie immer.

W. d. 20 Dec. 1813.

Goethe.


24/6672.


An Silvie von Ziegesar

Wie sehr mich der unerwartete traurige Fall erschreckt hat, und nunmehr in Hundert Betrachtungen schmerzt darf ich nicht sagen. Eine Zeile von Ihrer Hand, liebste Freundinn, wird mich trösten, wenn sie mir versichert daß Sie diesem harten Schlag nicht unterliegen.

Ewig theilnehmend

W. d. 20. Dec. 1813.

Goethe.


24/6673.


An Silvie von Ziegesar

Auf einer Spazierfahrt begegne ich so eben den lieben rückkehrenden Leidtragenden. Möge unser[68] lieber Vater und Freund, an der selbstbereiteten Stätte, sanft ruhen und mir das ernste Glück werden, in schöner Jahreszeit, an dem geheiligten Orte, Sie meiner unauflöslichen Anhänglichkeit zu versichern.

W. d. 22. Dez. 1813.

Goethe.


24/6674.


An Carl Ludwig von Knebel

Du hast mich, mein theuerster Freund, durch die reine und ernstliche Theilnahme an meinem Epilog sehr erfreut. Die selbstständige Poesie muß in diesem Augenblick verzweifeln, da nichts als stoffartige Wirkungen verlangt werden und dieser Zustand noch lange genug dauern mag. Es wird lange werden, bis man wieder einmal die Kunstwerk an sich betrachtet.

Wegen deines Sohnes sage ich nur so viel: seine Krankheit kam recht zur ungelegenen Zeit. Der Herzog ist jetzt so obruirt, daß ihn nur das augenblicklich Gegenwärtige beschäftigen kann. Wenn er zurückkehrt, muß sich Carl sogleich präsentiren, oder sich vielmehr präsentiren lassen, durch Herrn von Gersdorff, an welchen in der Zwischenzeit das Gesuch zu wiederholen wäre. Aber nun ist die Frage, worum man nachsuchen will? Ich würde rathen, um eine Stelle bey dem Linien-Bataillon; denn das ist ein respectabler Körper, dessen Glied zu seyn man[69] sich nicht schämen darf. Aus dem beyliegenden Billet des Herrn von Gersdorff siehst du aber, daß man übercomplett ist. Doch benimmt er als ein wohlwollender Mann nicht alle Hoffnung.

Vor den Freywilligen habe ich allen Respect, wenn sie von Hause aus Masse machen uns der Geist, der sie vereint, eintritt, anstatt des Handwerks, das sie noch nicht verstehen. Auch unsern paar Männchen will ich ihr Glück nicht absprechen; aber sie müssen doch immer, wo nicht untergeschoben, doch angeschlossen werden. Was daraus entspringen kann, muß die Zeit lehren; ich wünsche, daß mein Mißtrauen möge beschämt werden. Überdenke die Sache und entschließe dich, ich will darüber nochmals mit Herrn von Gersdorff verhandeln, denn am Ende kommt doch das Meiste auf den Departements-Chef an. Das Billet zeigst du niemanden, es enthält zwar keine Geheimnisse, aber es ist doch besser, daß nicht jedermann das Detail wisse.

Mein August geht mit Kammerrath Rühlmann nach Frankfurt am Main, um ein sehr leidiges Geschäft zu besorgen; die Jugend hat aber jetzt keine andere Aussicht als auf Gefahr und Quälerey, und darin mag sie sich denn finden. Lebe wohl und gedenke mein unter den Deinigen und Freunden.

Weimar d. 23. Dec. 1813.

Goethe.[70]


24/6675.


An N.N.

[Concept.]

Monsieur

N'ayant pas l'honneur de connoitre Monsieur le Lieutenant Général de Kollner, je n'oserois pas lui addresser une lettre de recommendation ce que d'ailleurs j'aurois fait avec plaisir, pour Vous être utile.

Mais je n'ai pas manqué de parler a Madame la Grande Duchesse sur Votre Situation, comme sur Vos souhaits, et son Altesse Impériale veut bien gratieusement seconder par son entrecession, la réuisitte de Vos dessins et l'accomplissement de Vos espérances. Soyez persuadé Monsieur que je prends une part bien vive à Votre sort, et que je souhaite ardemment, qu'il puisse s'améliorer bientôt.

Weimar ce 24. Dec. 1813.


24/6676.


An Johann Friedrich Rochlitz

Wenn ich bey Ihrem Besuche, mein werthester, etwas zu erinnern habe, so ist es daß er nicht lange genug dauerte. Auch das Zusammenseyn hat seine Jahreszeiten, deren eine sich aus den andern entwickelt. Lassen Sie diese schönen kurzen Tage auch in der Entfernung Frucht tragen.

[71] Mögen Sie aus dem Duzzend Entwürfen Sich viere herauslesen; so soll mirs angenehm seyn sie in Ihren Händen zu wissen. Mir geben diese Blätter eine bestimmte Erinnerung eines vergangenen Augenblicks und ihre Mängel dürfen mir daher so werth seyn, als wenn es Vorzüge wären. Mag ein Freund dies mit empfinden so muß es mich freuen.

Erhalte Sie Ihr guter Geist über der Woge des Augenblicks gedencken Sie meiner in Liebe und bleiben überzeugt daß ich Ihre schöne Persönlichkeit rein zu schätzen weiß. Die Meinigen wünschen Ihnen und den Ihrigen bestens empfohlen zu seyn.

W. d. 28. Dez. 1813.

Goethe.


24/6677.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Ew. Kayserlichen Hoheit

Heute Abend um fünf Uhr, so wie zu irgend einer Tages- und Lebens-Stunde, aufwarten zu dürfen wird mich höchst glücklich machen.

Weimar

Unterthänigst

d. 28. Dezember 1813.

J. W. v. Goethe.


24/6678.


An Carl Friedrich Zelter

Endlich einmal, mein Alter, seh' ich deine liebe Hand wieder! Du kündigst mir die Erdgewächse[72] freundlich an, zum großen Troste, da ich hieraus ersehe daß das ungeheuerste Schicksal nicht einmal den Rüben Cyklus stören kann. Laß es mit unserm Übrigen auch so seyn.

Vorerst also wirst du mich höchlich verbinden wenn du mir den Text: In te Domine speravi, et non confundar in aeternum, vierstimmig setzest, aufs liebenswürdigste wie du nur kannst. Dabey soll dein Name hoch gefeyert werden.

Hast du mich hiedurch erquickt; so sende ich eine Partie Erheiterungen für die Lieder Tafel, an der Ihr doch auch wohl wieder Teltower Produckte genießen werdet.

Gegen Weynachten folgt dann wohl der dritte Band der tausend und einen Nacht meines thörigen Lebens welches doch in der Darstellung fast noch unkluger aussieht als es an sich war.

Erlustigen wird es dich wenn du findest daß ich an dir ein Plagium begangen habe. Wäre dein Metier nicht ganz verschieden von dem meinigen, so geschäh es öfter.

Dieses Blat liegt schon lange, die Rübchen sind noch nicht gekommen, sie jeden Tag erwartend wollt ich nicht siegeln. Nun wünscht Hr. Lieutenant Mendelssohn dir ein Wort von mir zu bringen. Hier also das Wenige mit den besten Wünschen und Hoffnungen. Nächstens eine Sendung und Bitte. Das Nervenfieber hat auch unsre Druckereyen wo nicht[73] entvölkert doch sehr gelähmt, sonst hättest du schon den dritten Theil.

Sage mir bald etwas. Ich habe einige lustige Lieder im Vorrath. Auch haben wir diese Tage deine 3 Könige gesungen. Also muß man des Todes Bitterkeit vertreiben.

W. d. 26. Dez. 1813.

Goethe.


Kaum hatte ich Herrn Lieutenant Mendelssohn das lange geschriebene Blat mit der Klage übergeben daß die Rübchen noch nicht angekommen, so treffen sie wircklich ganz wohlbehalten ein und machen durch ihre Kleinheit zwar den Köchinnen Mühe beym Putzen, schmecken aber den Gästen desto besser.

Habe tausend Danck und nimm nachstehendes freundlich auf. Das Datum wird dir sagen wie ich mich mit solchen Späßen in der bedencklichsten Zeit hingeholfen. Bald ein Mehreres.

G.

W. d. 29. Dez. 1813.


[Beilage.]

Die wackelnde Glocke.


24/6679.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

große Thätigkeit bewundere ich immer wieder auf's neue und freue mich daß Sie solche auch in gegenwärtiger[74] Zeit fortsetzen und die neu entstehenden Verhältnisse zum Vortheil der Wissenschaft zu benutzen denken.

Mögen Sie bey einer Absendung nach England meiner Wünsche gedenken und mir eine, das geognostische Seyn des Zinnsteines belegende Suite verschaffen; so werde ich e dankbar erkennen; es hat aber keine Eile damit: denn ich pflege diese Studien als eine Unterlage meiner übrigen Zustände und als einen Zufluchtswinckel in böser Zeit zu betrachten.

Die Übersicht welche Sie mir über das schöne Reich der Edelsteine gegeben, ist mir höchst interessant und die vierte Abtheilung, über die aufgeschwemmten Gebirge läßt uns die mannigfaltigsten Aufschlüsse hoffen: denn freylich sind alle Seitenwerke sowie die Flußbetten nur Hinweisungen auf nähere oder fernere Fundgruben, welche auszuforschen dem scharfsinnigen Beobachter empfohlen ist.

Mögen Ew. Hochwohlgeboren mir den benannten französischen Catalog auf einige Zeit mittheilen, so werde ich Ihnen auch dadurch Belehrung und Vergnügen schuldig. Mein Sohn welcher das Glück hat Ihnen Gegenwärtiges zu überreichen, und den ich zu geneigter Aufnahme bestens empfehle, könnte auf seiner Rückreise das Packet mitnehmen. Die aufrichtigsten Wünsche für Ihr Wohl hinzufügend

gehorsamst

Weimar d. 30. Dec. 1813.

Goethe.[75]


24/6680.


An den Herzog Carl August

[Concept.]

Ew. Durchlaucht haben geruht meinen Sohn, den Hofjunker und Cammer-Assessor, dem Cammerrath Rühlmann auf seiner Reise nach Frankfurt zur Begleiten zu geben und ihm dadurch die höchste Gnade erzeigt, weil er sowohl glückliche Gelegenheit findet sich zu Welt- und Staatsgeschäften mehr zu qualificiren als auch sich nach den Resten meines Vermögens umzusehen. Alle meine Wünsche wären daher erfüllt, wenn es in Ew. Durchlaucht Plan läge ihn in der angetretenen, seiner Natur und Eigenschaft ganz angemessen Carriere fernerhin zu belassen, damit er sich früher oder später unter diejenigen Ärzte zählen könne, die berufen sind, Wunden, welche der Krieg geschlagen hat, zu heilen. Zu gleicher Zeit würde er mir in meinem kleinen Geschäfts- und Hauskreise behülflich seyn können, wo man eines angebornen vertrauten Beystandes bedarf da es mit denen die man sich anzueignen gedenkt, nicht immer gelingen will, und man unversehens wieder verlassen dasteht. Meine bürgerliche und öconomische Lage, welche Ew. Durchlaucht geschaffen, würde dadurch erhalten, gesichert, und ich von allen Seiten in einer so stürmischen Periode beruhigt seyn. Dieses hätte ich alles Höchstdero Ermessen[76] stillschweigend anheim gegeben, wenn nicht mein Sohn, nach dem letzten Aufrufe, der Pflicht und Ehre es gemäß gehalten hätte sich gleichfalls zu melden, nicht ohne Muth und Lust, wie es Jüngeren wohl geziemt, die mehr vorwärts als zurück und nach der Seite sehen sollen. Zu diesem Schritte hätte ich widerstrebender meine Einwilligung gegeben, wenn Ew. Durchlaucht Höchste Erklärung nicht zum Voraus bezeugte daß Ihro oberste Übersicht jeden an seinen Platz zu stellen sich vorbehalte.

W. d. 30. Dez. 1813.


24/6681.


An Christian Gottlob Voigt

Nach der gnädigen Aufnahme und Zusicherung welche Ew. Excell. Meinem Sohne gegönnt hätte ich mich wohl ganz ruhig verhalten und Ihrer freundschaftlichen Vorsorge den gegenwärtigen Augenblick anheim geben können. Allein es geschieht wohl nicht ohne Ew. Excell. Billigung wenn ich Serenissimum, wie die Beylage ausweist, unterthänig angehe, damit ich dasjenige was Höchstdieselben wohl motu proprio verfügt hätten, als eine Erfüllung des dringendsten Wunsches verdancke.

Bestünde mein Verhältniß zu Riemern noch, oder wäre mir das zu John gerathen; so möchte sich mein Sohn, wie so viele andere, auch einmal versuchen. Aber in dieser Zeit (die pecuniarischen Unstatten gar[77] nicht gerechnet) einen Fremden in das innerste meiner Correspondenz, meiner Arbeiten, meiner Verhältnisse einzulassen, würde meine Lage unerträglich, ja, ich darf wohl sagen, mein Daseyn unmöglich machen. Dieses jedoch sey blos zu Ihrer freundschaftlichen Theilnahme vertraulich gesprochen.

d. 30. Dez. 1813.

G.


24/6682.


An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[31. December 1813.]

Wenn man beynahe dieses ganze Jahr durch von wirklichen Schrecknissen umgeben, so hat Körper und Geist eine gewisse besorgende Stimmung angenommen, so daß man unversehens in den ruhigsten Augenblicken sich von panischen Schrecken überrascht und ohne äußeren Anlaß sich innerlich erschüttert fühlt. Man wagt kaum einen Brief zu erbrechen, weil man hinter jedem Siegel die Nachricht von dem Tode eines Freundes oder den Untergang einer geliebten Familie erwartet.

Wie erfreulich mir daher im Gegensatz Ew. Excellenz verehrliches Schreiben gewesen pp.[78]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 24, S. 62-79.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Knigge, Adolph Freiherr von

Die Reise nach Braunschweig

Die Reise nach Braunschweig

Eine Reisegruppe von vier sehr unterschiedlichen Charakteren auf dem Wege nach Braunschweig, wo der Luftschiffer Blanchard einen spektakulären Ballonflug vorführen wird. Dem schwatzhaften Pfarrer, dem trotteligen Förster, dem zahlenverliebten Amtmann und dessen langsamen Sohn widerfahren allerlei Missgeschicke, die dieser »comische Roman« facettenreich nachzeichnet.

94 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon