1830

[201] 46/190.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Könnten die aufrichtigst ergebenen Verehrer Ew. Königlichen Hoheit sich nicht der Hoffnung getrösten, daß eine harte Verletzung, welche Höchstdieselben betroffen hat, auf dem Wege einer entschiedenen Besserung sich befinde, so würden sie dieses Jahr höchst traurig beginnen; so aber belebt uns alle die schöne Hoffnung Höchstdieselben in einem glücklichen Natur-Verlauf bald wieder hergestellt zu sehen.

Möge beykommende kleine Gabe, in diesen schwerzuüberstehenden Tagen, einige Unterhaltung gewähren und gerade der Inhalt dieser Bändchen das Zeugniß geben einer Epoche wo ich auf Gunst, Gnade und Vertrauen Ew. Königlichen Hoheit mich zu stützen die eigentlichste Ursache hatte.

Daß eine gleiche Wohlthat mir in der Folge-Zeit und bis auf den heutigen Tag geblieben das ist die schätzbarste Mitgift eines langen Lebens; und das gründlichste Gefühl von dem Werthe derselben beseelt mich auch jetzt in dem Augenblick in welchem ich, alles Gute wünschend, mich zu unterzeichnen das Glück habe.

Weimar den 2. Januar 1830.[201]


46/191.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Unterthänigster Vortrag.


Ew. Kaiserlichen Hoheit

halte mich schuldig unterthänigst anzuzeigen, daß ich das mir gnädigst übergebene Programm des Maskenzugs sogleich mit Ober-Baudirector Coudray und Professor Riemer besprochen, meine Gedanken zu einiger Abänderung mittheilend. Letzterer wird nunmehr den Entwurf nach diesen Ansichten redigiren, welches um so nöthiger ist da er sich anheischig macht die dazu erforderlichen Gedichte zu liefern; wobey es Höchstdenenselben anheim gestellt bleibt das Weitere zu bestimmen und anzuordnen.

Zugleich nehme mir die Freyheit ein Schreiben des guten Hofrath v. Quandt in Dresden beyzulegen. Höchstdieselben werden daraus geneigtest ersehen wie man es dort mit dem eingeleiteten Kunstverein ernstlich genug meint, und, was dabey weiter zu thun sey, unter Einwirkung von oben her sorgfältig bespricht und überlegt.

Auch wird es nicht unangenehm erscheinen daß zwey Gewinne auf Ew. Kayserlichen Hoheit Loose gefallen. Wären die Bilder auch nicht von dem höchsten Kunstwerth, so bleibt es doch immer erfreulich wenn ein neues Jahr auch nur mit kleinen Glücksereignissen[202] anfängt. Der Hauptzweck wird gewiß erreicht und ich habe schon unsere im Süden verweilenden Künstler Preller und Kaiser angeregt, um sich auf nächste Sommerausstellung bereit zu halten.

Gegenwärtige Zudringlichkeit möglichst entschuldigend, mich Höchstderoselben vertrauenden Gnade angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 2. Januar 1830.


46/192.


An W. J. Sintenis

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe zu vermelden daß ich das mir anvertraute Manuscript am [3. Januar] mit der fahrenden Post leider zurückzusenden genöthigt war. Meine hohen Jahre und unvermeidlichen Geschäfte hindern mich eine so bedeutende Obliegenheit zu übernehmen, als die Vergleichung einer Übersetzung mit einem höchst schätzbaren Original genannt werden muß.

Mich zugleich fernerem geneigten Andenken empfehlend.

Weimar den 6. Januar 1830.


46/193.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Sie überzeugen sich, mein Theurer, daß Ihr Andenken bey diesem Jahreswandel mich besonders erfreut[203] hat; lassen Sie uns in den unternommenen Geschäften, so lange es gegeben seyn kann, treulich und übereinstimmend fortfahren. Wobey ich wünsche, daß das was zu Ihrer Beruhigung nöthig ist, sich zunächst bestätigen möge. Inwiefern ich dazu beyzutragen vermag, werde gern die nächste Gelegenheit ergreifen.

Mit den lieben Ihrigen Ihnen alles Gute wünschend.

Weimar den 6. Januar 1830.


46/194.


An Carl Ludwig von Knebel

Es ist zwar nicht recht und billig, mein theuerster Freund, daß man nach einem so lange, mit und neben einander geführten bedeutenden Lebenswandel zuletzt so ganz ohne Wechselwort und Wirkung verbleibe. Da ich aber von dir vernehme und weiß, daß du auf deinem Gange redlich vorschreitest, dich zu unterhalten und zu belehren treulich fortfährst, du auch von mir manches mehr oder weniger Eingreifende von Zeit zu Zeit vernimmst; wie ich mich denn, indem ich dieses oder jenes ausfertige, auch deiner stillen Theilnahme getrösten darf: so wollen wir in unsern bisherigen Zuständen freundlich verweilen, bis uns eine günstigere Jahrszeit wohl wieder, wenn auch nur auf Augenblicke, zusammenbringt.

An dem vergangenen Winter ist wenigstens die Gleichförmigkeit zu loben. Bey einer wohlerwärmten[204] Stube gibt uns eine weiße Außenwelt ein früheres und längeres Licht, also daß die nächsten Wochen leichter zu überstehen seyn werden. Möge dir und den lieben Deinigen das mögliche Gute zukommen, wenn auch unsern Wünschen und Hoffnungen immer noch etwas zurück bleiben dürfte.

und so fort an!

Der Deine

Weimar den 6. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.[205]


46/194a.


An Friedrich Theodor Kräuter

[7. Januar 1830?]

Gemarke, ein Fabrikort in den Preussischen Rheinprovinzen, von dem ich einige nähere Nachricht wünschte.

G.[58]


46/195.


An Friedrich Preller

[Concept.]

[9. Januar 1830.]

Sie verschaffen mir, mein werthester Herr Preller, ein wahrhaftes Vergnügen, wenn Sie mir Ihre Verehrung für die beiden Poussins im Landschaftsfache so treulich ausdrücken. Wer, von der Großheit dieser Männer durchdrungen, sich an die Natur wendet, und, im Geiste befreyt und erhöht, das Bedeutende zu schätzen, das Mindere abzulehnen fähig geworden, er ist dadurch im Falle einen wahrhaft großen, würdigen Gegenstand in den engen Raum einer Tafel zusammenzufassen, wobey er sich denn des Beyfalls aller ächten Kunstfreunde versichert halten kann. Vorzügliche Künstler, denen dieses gelang, von denen ich nur Grimaldi, Glauber und Millet nennen will, erfreuen und durchaus durch Talente, die jenen höhern Sinn im Allgemeinen anzuerkennen wußten.

[205] Da Sie, mein Werthester, ein schönes entschiedenes Talent von der Natur empfangen haben, so werden die Schritte, die Sie in dieser Richtung thun, auf alle Fälle gleichfalls gelingen, und es soll mich freuen wenn ich Sie unter diejenigen zählen kann die durch das Verdienst ihrer Werke meine alten Tage verjüngen und verschönen.

Können Sie es einrichten daß wir im nächsten Juni zu einer Sendung nach Dresden bereit sind, so wird ein löblicher Zweck erreicht seyn; nichts ist nothwendiger in der neueren Zeit als den Kreis zu erweitern, in welchem der Künstler Anerkennung seiner Bestrebungen und Verdienste hoffen darf.


46/196.


An den Großherzog Carl Friedrich

Unterthänigster Vortrag.

Ew. Königlichen Hoheit

gnädigste Veranlassung hat mich abermals über eine Charaktermaske zum Nachdenken aufgefordert. Wie es aber zu geschehen pflegt daß man von einer vorgefaßten Idee, insofern man sie anwendbar gefunden, nicht leicht abgehen wird, so konnte ich auch von dem schon vorgeschlagenen König von Ungarn nicht loskommen.

Deshalb besprach ich mich mit Ober-Baudirector Coudray, welcher, insofern Ew. Königliche Hoheit dem[206] Gedanken Beyfall geben, eine sehr stattliche und nach Belieben kostbare Kleidung vorlegen könnte. Und sollten auch Höchstdieselben ein anderes Kostüm wünschen, so würde dieser, mit Geschmack und Kenntniß begabte Diener abwechselnde Vorschläge darzulegen im Stande seyn.

Was mich betrifft, so sehe, im gegenwärtigen Falle: wie ich, leider, von dem heitern Felde personificirter Fictionen abgekommen bin, worin ich, wie bey jeder andern gefälligen Aufforderung, gar zu gerne bewiesen hätte daß es mir zur hohen und innigen Freude gereicht mich lebenswierig unterzeichnen zu dürfen

Ew. Königlichen Hoheit

unterthänigst

treu gehorsamster

Weimar den 11. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.[207]


46/196a.


An den König Ludwig I. von Bayern

[Concept.]

[11. Januar 1830.]

Allerdurchlauchtigster pp.

pp.

Indem ich nunmehro hoffen darf daß Allerhöchstdieselben dem 29. Theil meiner Werke allergnädigste Aufmerksamkeit gewidmet haben, darf ich mich wohl überzeugen, es werde in dem darin enthaltenen Bericht von meinem zweyten längeren Aufenthalt in Rom Allerhöchstdenselben genügende Antwort auf die mit unschätzbare Theilnahme an mich erlassenen Fragen geworden seyn.

Ja ich wage mir zu schmeicheln Ew. Königl. Majestät werde die beschränkte Mühseligkeit bey ernstem Wollen, welches sich in diesen Bogen überall ausspricht, mit einiger Rührung betrachtet haben, und fasse die Überzeugung daß Allerhöchstdieselben einem Zeitgenossen Leben und Bildung auf eine bedeutende Weise großmüthig erleichtert hätten.

Wie dem auch sey, so darf ich hoffen daß Allerhöchstdieselben nach Durchlesung dieses Bändchens mir nicht weniger als vorher ein unschätzbares Wohlwollen werde angedeihen lassen.

Gleichermaßen hoff ich Verzeihung daß ich dieselbe Gunst in einer Zuschrift in Anspruch genommen, welche ich dem Briefwechsel zwischen mir und meinem so[59] theuren Freunde anzufügen mich erdreistete. Wem konnte ich wohl diese offenbare Geheimschriften am gehörigsten und nothwendigsten darbringen als demjenigen der die großen Verdienste jenes Mannes um Bildung seiner Nation so gründlich zu schätzen wußte.

Alsdann vernehme ich, Ew. Majestät verlange zu wissen warum ich einigen meiner älteren Lieder die Bezeichnung Cophtische gegeben; dieses zu erklären nehme mir die Freyheit zu eröffnen daß das große ausführliche Lustspiel, welches den Titel der Groß-Cophta führt, nach der ersten Intention als Oper erscheinen sollte, welche in Arien und Gesammtstücken schon so weit vorgerückt war daß Capellmeister Reichardt eine Composition derselben unternehmen konnte.

Die wenigen, unter der Rubrik Cophtische Lieder aufbewahren Gedichte sind die Trümmer jener Arbeit, welche bey abgeändertem Vorsatz übrig geblieben, wie denn auch ihr Inhalt zeugt daß sie nicht von dem sittlichsten Sterblichen ihren eigentlichen Ursprung herleiten.

Was den freylich einigermaßen paradoxen Titel der Vertraulichkeiten aus meinem Leben Wahrheit und Dichtung betrifft, so ward derselbige durch die Erfahrung veranlaßt, daß das Publicum immer an der Wahrhaftigkeit solcher biographischen Versuche einigen Zweifel hege. Diesem zu begegnen, bekannte ich mich zu einer Art von Fiction, gewissermaßen[60] ohne Noth, durch einen gewissen Widerspruchs-Geist getrieben, denn es war mein erstestes Bestreben das eigentliches Grundwahre, das, insofern ich es einsah, in meinem Leben obgewaltet hatte, möglichst darzustellen und auszudrücken. Wenn aber ein solches in späteren Jahren nicht möglich ist, ohne die Rückerinnerung und also die Einbildungskraft wirken zu lassen, und man also immer in den Fall kommt gewissermaßen das dichterische Vermögen auszuüben, so ist es klar daß man mehr die Resultate und, wie wir uns das Vergangene jetzt denken, als die Einzelnheiten, wie sie sich damals ereigneten, aufstellen und hervorheben werde. Bringt ja selbst die gemeinste Chronik nothwendig etwas von dem Geiste der Zeit mit, in der sie geschrieben wurde. Wird das vierzehnte Jahrhundert einen Kometen nicht ahnungsvoller überliefern als das neunzehnte? Ja ein bedeutendes Ereigniß wird man, in derselben Stadt, Abends anders als des Morgens erzählen hören.

Dieses alles, was dem Erzählenden und der Erzählung angehört, habe ich hier unter dem Worte: Dichtung, begriffen, um mich des Wahren, dessen ich mir bewußt war, zu meinem Zweck bedienen zu können. Ob ich ihn erreicht habe überlass' ich dem günstigen Leser zu entscheiden, da denn die Frage sich hervorthut: ob das Vorgetragene congruent sey? ob man durchaus den Begriff stufenweiser Ausbildung einer, durch ihre Arbeiten schon bekannten Persönlichkeit sich zu bilden vermöge.

[61] In jeder Geschichte, selbst einer diplomatisch vorgetragenen, sieht man immer die Nation, die Parthey durchscheinen wozu der Schreibende gehörte. Wie anders klingen die Mittheilungen der Franzosen über englische Geschichte als die Engländer.

So ist mir auch in der letzten Zeit höchst merkwürdig geworden der Herzog von St. Simon in seinen Memorien; diese ausführlichen Berichte eines durchaus unterrichteten, Wahrheit liebenden Mannes sind nicht völlig genießbar, wenn man nicht zugiebt es sey ein Duc & Pair der das niederschreibt. Es ist jene Zeit die sich in einem Vornehmen abspiegelt, der weniger zu gewinnen findet als er zu verlieren befürchten muß.

Möge mir diese Ausführlichkeit verziehen seyn; hätte ich das Glück von Ew. Majestät in Gegenwart gehört zu werden, so würde ich gleichmäßig Geist und Herz aufzuschließen gnädigste Genehmigung hoffen.

Mit gleichem Gefühl hab' ich es gewagt Allerhöchstdenenselben den nunmehr abgeschlossenen Briefwechsel mit meinem edlen Freunde zutraulich darzubringen; denn ich darf wohl betheuren daß ich, gerade mit diesen schätzbaren Reliquien beschäftigt, Ew. Majestät immer im Sinn und Auge behalten habe. Eben so ging es mir bey schließlicher Redaction meines zweyten Aufenthaltes in Rom. Hier schildern freylich die Briefauszüge ein mühsameres Benehmen, für Künstler und Kunstfreunde gewissermaßen bänglich, welche durch Höchstderoselben Theilnahme in der neueren Zeit, auf[62] eine so grandiose Weise in Freyheit gesetzt worden, und ein wohlwollendes Lächeln werden Allerhöchstdieselben dem Bekenntniß gönnen: daß jener Schmerz, die schätzenswerthe Statue der Tänzerin damals zurückgelassen zu haben, sich doppelt und dreyfach erneute, wenn ich mir nunmehro vorstellen konnte, daß sie einen würdigen Platz unter den übrigen versammelten Schätzen in der wichtigen Pinakothek hätte finden sollen. Und so ergiebt sich denn, wenn wir das Hin- und Widerwogen des Vergangenen und Gegenwärtigen vergleichen, doch immer zuletzt das tröstliche Resultat: es sey, wenn das was wir gewünscht sich endlich ergeben gesucht, mit gefördert worden, und zwar in einem Sinn daß uns die erwartete Erscheinung noch immer blendend entgegen tritt.

Ew. Königlichen Majestät gnädigsten Beyfall darf ich sodann auch hoffen, wenn ich vertrauensvoll bekenne: wie ich fortfahre die Absichten und Einleitungen meines verewigten gnädigsten Herrn immerfort im Auge zu haben und dahin zu trachten, das Bestehende zu erhalten, das Fortschreitende zu verfolgen und immerfort so zu handeln als wenn man ihm davon Rechenschaft zu geben hätte.

In diesem guten Vorsatz und treuem Handeln begünstigt mich der höhere Sinn und das fortgesetzte Vertrauen unsres jetzt obwaltenden Fürstlichen Paares von welchem ich gleiche Nachsicht und gleiche Förderniß zu rühmen habe.

[63] Unmöglich ist es mir daher an dieser Stelle zu übergehen, welche dankbare Beruhigung auch ich persönlich empfinde wenn Allerhöchstdieselben eine Familie, die dem Unvergeßlichen so nahe verwandt war, und sich nunmehr aus den bisherigen Fugen gerückt sah, in den großen herrlichen sichern Kreis mit aufnehmen wollen, und ihnen nicht nur Schutz und Ruhe, sondern auch unter den gegebenen Umständen das möglichste Behagen gewähren und eine längst erprobte Theilnahme fortsetzen mögen.

So wie Allerhöchstdieselben an der hohen Stelle gewiß nichts Gutes ohne die heilsamsten Wirkungen verfügen und ausführen, so ist auch dieses gnädigst Gewährte in manchen Sinne von den schönsten Folgen; denn es ist kein Verehrer des immer zu früh Abgeschiedenen, der nicht hier eine Fortsetzung von Gunst und Gnade, an der man sonst sogar im Leben zu zweifeln pflegt, auch über das Grab hinaus durch anerkennende Theilnahme so liebenswürdig erstreckt sieht.

Auch dieses Geäußerte wird gnädigst aufgenommen und verziehen seyn, denn ich fühle in meinem Innersten daß ich eben dieses, im gegenwärtigen Augenblick, mündlich mit aller schuldigen Bescheidenheit zu äußern das unbeschränkte Vertrauen würde gehabt haben.

Weimar d. 17. Decbr. 1829.


[64] In eben diesen Sinne und Gefühl darf ich nun wohl fortfahren schuldigst zu vermelden, daß unser guter Geh. Rath und Canzler von Müller, Ew. Königlichen Majestät anhänglichster Verehrer, von seiner zwar flüchtigen aber doch wohlgenutzten Reise zurückkommend sich's zur ersten Angelegenheit machte, den höchst schätzbaren Abguß, der eigentlich durch seine Vermittelung an mich gelangen sollte, zu schauen und in Betrachtung zu ziehen; da wir denn beyde und auf's neue darüber entzückend, dankbarlichst aussprachen, welche Gnadengabe dadurch nicht nur mir und meinem Hause, sondern auch der Stadt, den Bewohnern der Umgegend und den Besuchenden geworden. Wodurch sich denn abermals bethätigt, daß, da Vortreffliches immer neu bleibt, auch die Dankbarkeit gegen den Verleihenden bey jedem Genuß sich erneuern wird.

Leider hab' ich nunmehr am Schlusse einer Angelegenheit zu erwähnen die mir schwer auf dem Herzen liegt; es ist das Befinden Ew. Majestät von dem uns nur ungewisse Nachrichten zugehen. Unser Glück gemeinsam mit soviel Tausend Angehörigen muß es seyn Allerhöchstdieselben nicht nur erhalten, sondern auch in wie großer und behaglicher Thätigkeit zu wissen. Möchte uns doch bald eine Geist und Herzerhebende Nachricht zu Theilen werden.

Und so darf ich wohl, die unverbrüchlichste Anhänglichkeit betheuernd, Vorstehendes wiederholt entschuldigen und mich verehrungsvoll unterzeichnen.

Weimar d. 27. Decbr. 1829.[65]


46/197.


An T. Ch. Feilner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende die mir anvertrauten Zeichnungen, in Anerkennung der hiemit bewiesenen Gefälligkeit, dankbar zurück, mit dem Vermelden daß die Strenge der Jahreszeit mich verhindert gegenwärtig Gebrauch von Ihren sehr schönen Fabrikaten zu machen, indem ich mich mit einer Interimsheizung einzurichten nöthig fand.

[207] Mir zu weiteren Entschlüssen das nächste Frühjahr vorbehaltend, empfehle mich zu geneigtem Andenken allerbestens, hochachtungsvoll.

Weimar den 12. Januar 1830.


46/198.


An Carl Friedrich Zelter

Und so ist es denn recht und wahr, jeder hat zu schaffen und zu thun, es sey in die Breite oder Tiefe, wenn man auch nicht gerade in die Höhe will. Es freut mich dich immer, nach alter Art, resolut und wacker zu sehen, auch in dem Welttreiben rührig theilnehmend, worauf ich denn freylich längst verzichtete.

Deine guten Potsdamer Egoisten sind freylich nicht die einzigen die sich abschließen um etwas zu gelten. Genau besehen ist es wirklich ein Rettungsmittel gegen das ungeheuere Treiben der Welt, und man mag es ein Glück heißen wenn junge Leute nicht einsehn daß jetzt eigentlich niemand geboren werden kann, der dem Tag und der Stunde gewachsen wäre. Jedermann mag also se defendendo und offendendo sehen wie er sich durchhilft.

Deine Briefe von den Jahren 1828 und 1829 liegen nunmehr sehr ordentlich geheftet vor mir; sende nun deshalb die meinigen der beiden Jahre damit die älteren Codices, die so wohl ausgefertiget worden, nicht[208] unvollständig bleiben. Der Abschreiber wird ohnehin damit ein Vierteljahr zu thun haben. Dagegen sehn wir aber auch an der Schillerischen Correspondenz, daß ernsten Freunden der Tag immer das Beste bringt, wodurch denn zuletzt das summirte Jahr einen incalculablen Vortheil gewährt. Die Einzelnheiten sind eigentlich das Leben, die Resultate mögen schätzbar seyn, aber sie setzen mehr in Erstaunen als sie nutzen.


Unter diesem kommt nun dein werther Brief vom 9. Januar an, worauf freundlich erwidere: wie mir sehr wohl erinnerlich ist daß du dem Schalk von Thimnath von jeher einige Neigung zugewendet hast, wobey ich deinen Muth bewunderte daß du dich für Samsons Rival zu erklären nicht Anstand nahmst.

Bey Milton durfte, dem antiken Sinne gemäß, nach der haß-kräftigen Scene die Dame nicht wieder auftreten; daß der Musikus sie weiter nöthig hat begreife ich, nicht weniger daß man neuerer Zeit eine vollständige Auflösung, es sey zum Glück oder Unglück, fordert. Ich will nachfragen ob vielleicht die Partitur, von alten Zeiten her, noch auf dem Hofamte liegt und mich an fernerer Vergleichung ergötzen.

Die allgemeine Schneelast ruht auch auf uns. Ich komme kaum aus meiner Stube und sehe den Garten wie mit einem großen Teppich überdeckt, weder Beete noch Rabatten sichtbar, kaum die Wege zu unterscheiden. Die Streifen Buchsbaum erscheinen kaum[209] als geringe Wülstchen und zu allem diesem sind die atmosphärischen Erscheinungen aus aller Regel getreten. Barometer- und Thermometerstand, Windfahne und Wolkenzüge, nichts trifft mehr zusammen. Die Fuhrleute bleiben unterwegs liegen, die Eilposten werden ausgeschaufelt, und so wird es denn vollkommen bey Euch dasselbe seyn. Glücklicherweise stört es mich nicht in meinem Thun und Betreiben, wovon dir denn doch zuletzt wohl einiges Vernügliche zugehen wird.

Herr Canzler v. Müller hat uns, aus Italien zurückkehrend, viel Gutes zu erzählen; er drang eilig nach Rom vor und schlug sich durch diese Hauptstadt der Welt in fünf Tagen durch. Mit seiner Art zu sehen und aufzufassen hat er wirklich Wunder geleistet.

Hiemit nun das freundlichste Lebewohl!

Weimar den 12. Januar 1830.

G.


46/199.


An Eugen Napoleon Neureuther

Es ist wohl eine eigne Aufgabe: in dem Augenblick da sich der Enkel seiner Weihnachtsgeschenke erfreut, dem Großvater ein ähnliches Vergnügen zu verschaffen. Sie aber, mein Theuerster, haben sie vollkommen gelöst, und es hätte mir nichts Angenehmeres zum heiligen Christ gebracht werden können als Ihre beiden Hefte.

[210] Ich wünsche über die neue Kunstart, die Sie so geistreich entschieden behandeln, ein fortschreitendes Gedicht nämlich mit einem bewegten Bilde, als mit einer Melodie, zu begleiten, das Weitere zu sagen und besonders auszusprechen wie vollkommen sie Ihnen gelungen sey.

Gegenwärtiges aber soll Sie auch noch vor den eigentlichen Feyertagen schönstens begrüßen und Sie versichern daß ich, mit den Weimarischen Kunstfreunden, Ihre Arbeiten mit innigem Vergnügen, das sich bis zur Bewunderung erhebt, wiederholt anschaue.

Möge Ihnen alles nach Wunsch gelingen.

Aufrichtige theilnehmend

ergebenst

Weimar den 12. December 1829.

J. W. v. Goethe.


Vorstehendes sollte Sie schon längst, wie Sie aus dem Datum sehen, begrüßen; es blieb, wie es bey'm Expediren wohl einmal vorkommt, jener Zeit liegen, wird aber, da indessen die Gesinnungen nicht veralten konnten, auch gegenwärtig bey'm Empfang nicht unangenehm seyn. Erhalten Sie mir ein freundliches Andenken und lassen mir von Zeit zu Zeit die Früchte Ihrer Thätigkeit gewahr werden.

Weimar den 13. Januar 1830.

G.[211]


46/200.


An Adele Schopenhauer

Das Medusenhaupt ist glücklich angekommen, alles Dankes werth, deshalb, vor allen Dingen, das Verbindlichste dem Zeichner und der Vermittlerin.

Nun aber zuvörderst sey von Ihrem lieben Schreiben die Rede, auf welches ich erwidern möchte: Wenn Sie, meine Gute, auch eine Zeit lang nichts unmittelbar von mir erhalten, so denken Sie nur immer, ich sey beschäftigt mit etwas das Ihnen zunächst Freude machen werde. Meine Wirkung in die Ferne ging in der letzten Zeit manchmal nicht hinauf in die Mansarde; ich mußte mich mit dem Blick in einen beschneiten Garten, aus einer warmen Stube begnügen, wenn ich mir selbst leben und mein Geschäft einigermaßen vorwärts schieben wollte.

In obigem Sinne nun möcht ich Sie gern an den 29. Band meiner Werke anweisen, wovon ich mit der entschiedensten Wahrheit sagen kann: Daß ich an alle meine Freunde der Reihe nach, auch an Sie und Ihre liebe Frau Mutter gedacht, als zu denjenigen gehörend denen man einen Antheil an allem Guten und Edlen, auch an jedem sinnigen Streben mit Sicherheit zutrauen darf.

Wenn Sie mir nun freundlich melden von den günstigen Wirkungen des, nicht ohne Bedenklichkeit herausgegebenen Briefwechsels, ist es mir höchst willkommen,[212] denn es bestärkt mich im Glauben: gerade diese Mittheilung werde einem freyen, wohldenkenden Geist, wenn er sie mit anderen gleichzeitigen Vertraulichkeiten, wie Freunde sich einander offenbarten, vergleicht, ganz gewiß einen schönen Aufschluß über die inneren ethischen Verhältnisse unseres Literar-Wesens, aus welchem so manches Löbliche hervorgegangen, sich zu gewinnen in den Stand setzen.

Daß etwas für unsern Freund v. Schlegel Bedenkliches darin möchte enthalten seyn, wüßte ich mich nicht zu erinnern. Seit dem Druck habe ich die Briefe nicht wieder angesehn, ja, seit der, vor Jahren durchgeführten Redaction, niemals ganz durchaus gelesen. So viel aber weiß ich recht gut: daß ich Schillern oft zu beschwichtigen hatte, wenn von den talentvollen Brüdern die Rede war; er wollte leben und wirken, deshalb nahm er es vielleicht zu empfindlich wenn ihm etwas in den Weg gelegt wurde, woran es denn die geistreichen jungen Männer mitunter nicht fehlen ließen.

Ich kehre nun zu meinem Anfange zurück und wiederhole den lebhaftesten Dank für die Zeichnung der Maske. Unser Künstler hat sich als einen solchen bewährt, der Charakter und Styl des Alterthums zu empfinden und wiederzugeben weiß. Die Vergleichung mir der Medusa Rondanini ist höchst wichtig, der Mund, auf den soviel ankommt, höchst übereinstimmend und so wie diese Nachbildung vor mir liegt, kann sie uns völlig den Begriff des Originals überliefern.

[213] Sollte es jedoch ohne dortige große Unstatten und diesseitige bedeutende Kosten geschehen können, daß ein Abguß besorgt und hierher gesendet würde; so sollte er mir und den Kunstfreunden des mittlern Deutschlands höchst angenehm seyn. Sie schreiben ja wohl etwas Näheres drüber und empfehlen mich den dort Mitwirkenden zum allerschönsten. Auch Ihrer Frau Mutter Glück und Heiterkeit zu anmuthigen Productionen!

Den noch übrig gebliebenen Raum will ich benutzen um meine Verwunderung auszudrücken über den Jugendstreich unsres Herrn Präsidenten. Alter schützt vor Thorheit nicht und die Wissenschaften also auch nicht. Wir anderen, die in Ausübung mancher Thorheit alt geworden, dürfen freylich den ersten Stein nicht aufheben und uns nicht vermessen, wenn wir das Glück hatten wohlfeiler davon zu kommen. Doch ist dieser Fall ein bischen gar zu arg, und man wüßte nicht was da herauskommen sollte, wenn nicht in dieser leichtfertigen Welt das Allerbedeutendste im nächsten Augenblick zu Nichts würde.

Da, wie ich höre, Professor Walther in Bonn bleibt, so ist der Akademie allerdings Glück zu wünschen, doch betrübt es mich für meinen guten König von Bayern, der eines tüchtigen und sorgsamen Arztes wirklich bedarf. Halten Sie sich gut, meine Liebe, schreiben Sie bald, damit auch ich zur Erwiderung angeregt werde.

[214] Lassen Sie uns bald die Früchte Ihrer geistreich fleißigen Stunden in unserem Kreise erblicken.

treu angehörig

Weimar den 16. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/201.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Es ist freylich eine wunderliche Sache wenn ein Hauptbedenken sich am Schlusse einer Unternehmung hervorthut: doch, glaube ich, geschieht in diesem Falle das Mögliche wenn Ihre Veränderung zum 12ten, die meine zum 14ten Vers angenommen würde. Und läßt sich wohl hiezu Höchste Beystimmung hoffen.

Nochmals zu dem schönsten Gelingen der mannichfaltigen Stanzen-Reihe Glück wünschend und von der Auf- und Ausführung das Beste hoffend.

Treu theilnehmend

ergebenst

Weimar den 17. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/202.


An Kaspar von Sternberg

Nur die wenigsten Worte, um ein treues Andenken und die dankbarsten Empfindungen auszudrücken, damit die sechste Lieferung meiner kleinen Bändchen nicht länger liegen bleibe. Noch macht mir die siebente zu schaffen, wie eine jede indem sie heranrückt. Denn wenn man auch eine Sache für fertig hält, so sieht[215] man doch im Einzelnen nicht voraus was gefordert wird. Ich wünsche nur daß jeder meiner abwesenden Freunde besonders empfände was hie und da an ihn gerichtet ist; denn ich habe sie immer gegenwärtig wenn ich mich im Stillen beschäftige.

Mehr darf ich nicht sagen denn es bleibt noch gar zu vieles übrig; den Wunsch aber füge hinzu: daß uns der nächste Sommer den Freund zuführen möge!

In der Hoffnung, nächstens ein ausführlicheres Blatt zu senden

Verehrend

treu angehörig

Weimar den 17. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/203.


An Johann Friedrich Röhr

[Concept.]

Ew. Hochwürden

Beykommendes zu übersenden, war ich, als ich es rein geschrieben sah, sehr in Zweifel; wär ich nicht überzeugt daß Sie das hier schematisch-aphoristisch Ausgesprochene vollständiger und geordneter sich ausbilden würden, so müßt ich es zurück halten. Wenigstens deutet es auf meine Bemühung mir einigermaßen Rechenschaft zu geben: wie, in unsrer Zeit, ein Mann, den man doch für vernünftig halten sollte, auf solche Verirrungen gerathen kann.

Weimar den 20. Januar 1830.[216]


46/204.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Da ich, mein werthester Herr Doctor, zu vernehmen gehabt daß Ihre Angelegenheit in ernste Betrachtung genommen worden, und zu hoffen steht daß dieselbe sich zu Ihren Gunsten entscheiden wird, so hab ich nicht verfehlen wollen zu Ihrer einsweiligen Beruhigung dieses zu vermelden und Sie zu ersuchen weder mittelbare noch unmittelbare Schritte deshalb vorerst zu thun, welche in gegenwärtiger Lage die Sache nicht fördern könnten. Ich wünsche auch in diesem Falle meine aufrichtige Theilnahme an Ihrem Schicksal bezeigen zu können.

Das Beste wünschend und hoffend

ergebenst

Weimar den 20. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/205.


An Johann Wolfgang Döbereiner

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit beykommenden silbernen Löffel zu senden, welcher in einer Blaukohlbrühe abgewaschen diesen Goldschein angenommen hat. Möchten Sie mir wohl erörtern was für ein chemisches Element in dieser Brühe obwalten mag, um eine so entschieden[217] auffallenden Erscheinung hervorzubringen; es ist gewiß etwas Allgemeines was hier im Besonderen wirkt.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 20. Januar 1830.


46/206.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Excellenz

erhalten hiebey das Concept zu dem besprochenen Berichte, welcher nach gefälliger Beurtheilung sogleich abgehen kann.

Verpflichtet für die dem vorliegenden Geschäft verliehene günstige Wendung habe die Ehre mich verehrend und vertrauend zu unterzeichnen.

Weimar den 21. Januar 1830.


46/207.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

[23. Januar 1830.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey, zu dem neulich besprochenen Zwecke, einen Bogen der Übersetzung meiner Metamorphose. Das deutsche Original ist Ihnen ja wohl zu Handen.

Wollten Sie nun den Versuch machen, wie sich beide gegen einander schicklich abdrucken ließen, so wären wir schon um einen Schritt weiter.

[218] Zum Überfluß lege ich ein Quartblättchen, in Octav gebrochen, bey, wie ich mir den Anfang des Werkleins vorstelle.

Alles Übrige weiterer einsichtigen Beurtheilung überlassend.

Mit den besten Wünschen mich angelegentlich empfehlend.

Weimar den 22. Januar 1830.


46/208.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

sende das Blättchen mit ausgefüllten Lücken zurück. Es thut mir sehr leid daß diese Unterlassungssünde auf das Geschäft einigen Einfluß gehabt hat. Sollte dergleichen wieder vorkommen, wie bey einem so vielfachen Detail wohl möglich ist, so bitte nur Strichelchen oder Sternchen in die Lücke zu setzen, da man denn am Schluß es genauer angeben kann. Auch will bey dieser Gelegenheit bemerken daß Herr v. Cotta mir, schon unter dem 27. December 29, meldet, ich werde 12 Exemplare der besondern Abdrücke von Hermann und Dorothea von Augsburg aus erhalten. Ist Ihnen hievon etwas bekannt geworden so haben Sie die Gefälligkeit die Sendung zu beschleunigen.

Das Manuscript zum 32. Bande wird nächstens bey Ihnen anlangen.

[219] Könnten Ew. Wohlgeboren mir zu dem Titelbogen zum 25. Bande verhelfen, welcher durch die Nachlässigkeit des Buchbinders verloren gegangen ist, so geschähe mir ein besonderer Gefalle.

Das Geschäft und mich selbst zu geneigter Theil nahme fernerhin empfehlend

ergebenst

Weimar den 26. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/209.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

übersende, mit immer neuem und gesteigertem Dank, den 29. und 30. Theil meiner Werke; wobey ich die Förderniß der gegenwärtigen Lieferung bestens anzuerkennen habe, da man in Augsburg mit der Octavausgabe nunmehr schneller vorzurücken gedenkt.

Sodann bemerke das alles, was mir von seiten des archäologischen Instituts zu Rom bis jetzt vorgekommen ist, meine Hochachtung für dasselbe begründen mußte, und indem ich für die gefälligen Mittheilungen danke, darf ich wohl aussprechen, wie ich mir es für eine Ehre schätze, unter ihre Verbündeten aufgenommen zu werden. Find ich einen Gegenstand, den ich der Aufmerksamkeit der vorzüglichen Archäologen würdig achte, so werde auch gern irgend einem kleinen Aufsatz übersenden, ob ich gleich[220] mir in diesem Fache wenig zutraue, in welchem die verschiedensten Ansichten recht zu Hause zu seyn scheinen, deshalb ich mich denn auch wohl nur anfragend werde verhalten können.

Würden Ew. Wohlgeboren mir nunmehr die abgeschlossenen Tagebücher des vorigen Jahrs herübersenden, so würde dadurch eine doppelte Unterhaltung finden, indem mir zugleich der regelmäßige Gang eines wohlgeordneten Geschäftes und die geistreichen Bemerkungen des würdigen Vorgesetzten zur Freude gereichten.

Möge ich nächtens dem Vergnügen Ihres werthen Besuchs entgegen sehen.

ergebenst

Weimar den 27. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/210.


An Carl Friedrich Zelter

Da mir nun bekannt geworden daß ganz Europa, eben so wie mein Klostergarten, durch den Schnee nivellirt sich behelfen muß so hab ich mich um desto eher zu bescheiden, da ich nicht aufgefordert werde den Fuß vor die Thüre zu setzen. Daher will ich nun, bey klarer nächtlicher Weile, wo Frau Venus, noch immer heiter und niedlich, am westlichen Himmel über den Hörnern des jungen Mondes glänzt, sodann auch Orion und sein Hund, blinkenden Halsbandes,[221] von Osten her, über meinen dunklen Fichten-Horizont, prächtig heraussteigt; hiedurch aufgeregt dir ein munterfreundliches Wort in deine wohlerleuchtete und bewegte Stadt hinsenden, dabey auch vor allem zu deinen letzten Blättern bemerken:

Daß Freunde, besonders in unserem Alter, wohl thun nicht ein äußeres strittiges Vorkömmniß unter sich sogleich fallen zu lassen, sondern in Betrachtung darüber fortfahren sollen. Deshalb sind mir alle deine Worte über den fraglichen aristotelischen Casus höchst willkommen, sie commentiren deine und meine Überzeugung auf die vollständigste Weise. Auch sind solche Differenzen deshalb wichtig, weil, genau besehen, es nicht ein einzelner Fall ist über den gestritten wird, sondern es stehen zwey Partheyen gegen einander, zwey Vorstellungsarten, die sich in Einzelnen bestreiten, weil sie sich im Ganzen beseitigen möchten. Wir kämpfen für die Vollkommenheit eines Kunstwerkes, in und an sich selbst, jene denken an dessen Wirkung nach außen, um welche sich der wahre Künstler gar nicht bekümmert, so wenig als die Natur wenn sie einen Löwen oder einen Colibri hervorbringt. Trügen wir unsre Überzeugung auch nur in den Aristoteles hinein, so hätten wir schon recht, denn sie wäre ja auch ohne ihn vollkommen richtig und probat; wer die Stelle anders auslegt mag sich's haben.

Zum Scherz und Überfluß laß mich, in Gefolg des Vorigen, erwähnen: daß ich, in meinen Wahlverwandtschaften,[222] die innige wahre Katharsis so rein und vollkommen als möglich abzuschließen bemüht war; deshalb bild ich mir aber nicht ein, irgend ein hübscher Mann könne dadurch von dem Gelüst nach eines andern Weib zu blicken gereinigt werden. Das sechste Gebot, welches, schon in der Wüste, dem Glohim-Jehova so nöthig schien, daß er es, mit eigenen Fingern, in Granittafeln einschnitt, wird in unsern löschpapiernen Katechismen immerfort aufrecht zu halten nöthig sein.

Verzeihung dieses! denn die Sache ist von so großer Bedeutung, daß Freunde sich immer darüber berathen sollten; ja ich füge Folgendes hinzu: es ist ein gränzenloses Verdienst unsres alten Kant um die Welt, und ich darf auch sagen um mich, daß er, in seiner Kritik der Urteilskraft, Kunst und Natur kräftig nebeneinander stellt und beiden das Recht zugesteht: aus großen Principien zwecklos zu handeln. So hatte mich Spinoza früher schon in dem Haß gegen die absurden Endursachen gegläubiget. Natur und Kunst sind zu groß um auf Zwecke auszugehen, und haben's auch nicht nöthig, denn Bezüge gibt's überall und Bezüge sind das Leben.

Kaum bin ich aber so weit gelangt, so fängt schon ein andrer Berliner wieder Händel mit mir an. Herr Spiker möchte auch wohl an mir zum Ritter werden. Wollten doch die guten Menschen, die mich gewöhnlich ignoriren wenn sie mich benutzen, mich gleichfalls ruhen lassen wenn sie mich nicht brauchen[223] können, es hinge von ihnen ab ihre Rechnung recht kräftig und überzeugend auszusprechen und Anhänger zu finden so viel es geben wollte. Ich habe jene Ansicht absurd gefunden, es einmal ausgesprochen und sprech es wieder aus. Doch muß man sich darüber nicht verwundern noch erzürnen: finden sich doch wackere Geistliche, welche das hohe Lied Salomonis auf das heilige Verhältniß Christi zu seiner bräutlichen Kirche deuten.

Indessen fand ich mich veranlaßt das Original wieder nachzusehen, auf das man sich immer gerne hinleiten läßt. Ich dictirte über diesen Punct einige Seiten, die ich dir wohl schicke, unter dem Beding daß du sie niemand sehen lassest; denn wer will sich mit dieser kranken Armseligkeit weiter einlassen.

Ich wiederhole das oben Gesagte: überzeuge man sich immer mehr daß diese Differenzen auf eine ungeheure Kluft hindeuten, welche die Menschen von einander trennt; ja es ist nicht Eine Kluft, es sind Klüfte, über die man in jüngerer Zeit wegspringt oder Brücken schlägt, im Alter aber, als zur Befestigung des Zustandes gegeben, berechnen muß.

Ich habe freylich gut meine Zugbrücken aufziehen, auch schiebe ich meine Fortificationen immer weiter hinaus; du hingegen mußt immer im Felde liegen und dich, nach deiner Weise, in der einmal gegebenen Richtung, durchschlagen, das kleidet dich so gut daß man nicht wünschen kann es möge anders seyn. Zugleich[224] erndtestdu großen und unschätzbaren Genuß, von dem wir andern leider ausgeschlossen sind.

Die anhergesendeten Briefe vom Jahre 1828 sind angekommen und werden, mit den meinigen durchschossen, sorgfältig abgeschrieben. Ich freue mich darauf auch diese paar Jahre wie die übrigen geheftet zu sehen. Diese dreyßigjährige Sammlung gewinnt ein so hübsches Ansehen, daß ein ägyptischer königlicher Bücherfreund sie in seine Sammlung aufzunehmen kaum verschmäht hätte.

Melde mir ja vom Alten und Neuen, auch vom Augenblick Mannichfaltiges; der Bärenpelz hat, besonders bey jetziger Witterung, auch hier gute Wirkung gethan.


So weit waren wir als dein Werthes vom 25. ankommt; was ich oben gesagt gilt auch hier, du thust sehr wohl, mäßig auch gegen wunderlich widerwärtig-denkende Menschen zu verfahren Mach ich's doch auch so mit Gegenwärtigen ja mit Abwesenden und habe nichts weiter davon als den lieben Frieden, da du dir an einem schönen Abend doch noch immer einmal ein gut Glas Wein, von irgend einer hübschen Ellebogennachbarin einschenken läßt.

Im Bourrienne hab ich nicht fortlesen können; das zupft alles an dem frischgestickten, frühabgelegten Kaisermantel und denkt dadurch etwas zu werden; wie Böttiger jubilirte als der Doge von Venedig[225] abgesetzt wurde, eben als wenn sein Vordermann gestorben wäre und er nunmehr avancirte.

Die neuere Geschichte Frankreichs von Bignon will ich nicht eben rathen als Lectüre vorzunehmen; er ist jedoch ein wahrer und gründlicher Napoleoniste; als vieljähriger Diplomat ist er in dem Fall tiefer in die Hauptanlässe und Wirkungen hineinzusehen. Das mag denn alles gelten, wie die Bemühungen der Astronomen, deren Beobachten und Rechnen wir nicht schelten wollen, da sie uns denn doch zuletzt den Begriff des Unbegreiflichen etwas näher bringen.

und so fort an!

Weimar den 29. Januar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/211.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Indem Ew. Königlichen Hoheit gnädigst Gegenwart so manche Woche schon zu vermissen habe, fühl ich mich eines schönen Lichtpunctes in den trüben Wintertagen beraubt. Denk ich nun an die Ursache dieses Verlustes, so ist er auf's vielfachste schmerzlich. Nur darin daß mir durch den Leibarzt täglich sichre Nachricht zukommt kann ich einigermaßen Beruhigung finden.

Möge in dem wachsenden Jahre, in den zunehmenden Tagen bald auch eine vollkommene Besserung eintreten[226] und die allgemeine sehnsüchtige Hoffnung in Erfüllung gehen. Dieß ist mit vielen Tausenden der fromme brünstige Wunsch auch desjenigen der sich ehrfurchtsvoll ewig angehörig unterzeichnet.

Weimar den 30. Januar 1830.


46/212.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Gegenwärtiges soll nur dazu dienen um Ew. Wohlgeboren anzuzeigen daß das Manuscript zum 32. Bande heute an Dieselben abgegangen ist.

Weitere wüßte nichts hinzuzufügen als den Wunsch daß die Sendung glücklich ankommen und Sie in guter Gesundheit antreffen möge.

Weimar den 1. Februar 1830.


46/213.


An den Großherzog Carl Friedrich

[Concept.]

Gar öfters komm ich im Laufe des Jahrs in den Fall sehr unangenehm zu empfinden daß meine körperlichen Zustände mir nicht erlauben an manchem Guten, Schönen und Vergnüglichen Theil zu nehmen; niemals aber ist mir solches bedauernswürdiger als wenn ich mich gehindert sehe meinen Höchsten verehrten Gönnern zu rechter Zeit und Stunde aufzuwarten und, zugleich[227] mit so vielen andern, gleich Anhänglich- und Verehrenden, wenige, aber treu gemeinte Worte vorzubringen.

Daß mich das gleiche Gefühl in diesem Augenblicke ergreift werden Ew. Königliche Hoheit mir zutrauen und gnädigst vergönnen daß ich mit diesem Blatt, wenn auch nur kurz gefaßt, alles dasjenige auszusprechen und zu wiederholen gesinnt bin, was Gutes, Freundliches und Glückliches, diesen Tag zu feyern, von Herzen geht.

Hiermit nun mich und die Meinigen zu ferneren Hulden und Gnaden angelegentlichst empfehlend erbitte mir das Glück mich so fortan, lebenswierig unterzeichnen zu dürfen.

Weimar den 2. Februar 1830.


46/214.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Indem ich hiebey ein durchgesehnes Exemplar der Metamorphose zusende überlasse Denenselben gefällig einen Versuch zu machen das Deutsche dem Französischen auch in lateinischen Lettern entgegen zu stellen; wobey bemerke daß die in Ihrem Abdruck vorkommenden Strichelchen in dem Original nicht vorkommen, auch deshalb zu vermeiden sind. Mit[228] dem Wunsche daß die splendide Redoute auch Ihnen bey der kalten Hin- und Herreise vergnüglich gewesen und wohl bekommen seyn möge.

Weimar den 3. Februar 1830.


46/215.


An Johann Heinrich Meyer

Diese Tage hab ich Sie, mein Theuerster, nicht einladen wollen; jeder befindet sich zu solcher Zeit immer am besten hinter seinen Fenstern. Nun aber sind Bilder von Dresden angekommen, erfreuliche Unerfreulichkeiten bringend, deren Verdienst und Mißverdienst wir ausführlich besprechen sollten. Auch ist die Meduse glatt und beschaubar aufgezogen; manches Andere vorerst nicht zu gedenken.

Morgen hoff ich die gedachten Gemälde der Frau Großherzogin vorzuzeigen; wäre es Ihnen recht wenn ich Sie alsdann gegen 2 Uhr d.h. morgen abholen ließe? So könnten wir diese Angelegenheiten, bey zu hoffendem heiteren Tag, ergötzlich besprechen, auch wünscht ich durch Sie etwas von der Mannichfaltigkeit der vergangenen Nacht zu erfahren.

treu angehörig

Weimar den 3. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.[229]


46/216.


An Friedrich August Johann Vitzthumvon Egersberg

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

darf ich wohl um die Gefälligkeit ersuchen dem Überbringer des Gegenwärtigen, unserm wackern Zeichner Schmeller, einige Stunden zu gönnen, damit er auch Ihr werthes Bild zu den übrigen hinzufügen könne, die er mir, von würdigen Staatsdienern und bedeutenden Durchreisenden, seit einigen Jahren mit Glück gefertiget hat. Wobey ich denn wünsche daß sich Gelegenheit finden möge Denenselben die ganze Sammlung vorzuweisen und Ew. Hochwohlgeboren zu überzeugen daß ich Sie zu guter Gesellschaft eingeladen habe. Wie denn Herr Graf Fredron, den Sie die Geneigtheit hatten mir zuzuführen, sich auch, recht wohl getroffen, in meinem Portefeuille befindet.

In vorzüglichster Hochachtung mich unterzeichnend.

Weimar den 5. Februar 1830.


46/217.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

hätte schon vor einigen Tagen die glückliche Ankunft der durch's Loos uns zugewendeten Gemälde schuldigst vermelden sollen; die Kälte jedoch war dem Auspacken[230] hinderlich, die Feste hinderlich der Darstellung an unsere gnädigsten Damen.

Ein jeder Gewinn ist willkommen; dießmal besonders, da verdienstliche Bilder eingesendet wurden, und ich kann die freundlichste Aufnahme bezeugen, auch fernere Theilnahme an dem so wohl geführten Geschäft versichern.

Unsere durchlauchtigen Frau Großherzogin-Mutter, in den Tagen der Genesung, ein frommes anmuthiges Bild vorstellen zu können, war mir höchst erfreulich.

Ew. Hochwohlgeboren haben mir die Künstler genannt, welche diese schätzenswerthen Bilder verfertigen; da ich aber den Lebens- und Studiengang solcher jungen Männer gern erfahren mag, weil sich dadurch auch ihre Werke und mehr aufklären, so ersuche Dieselben, mich hierüber in nähere Kenntniß gefällig zu setzen.

Erlaubt sey mir nun auch, zu sagen: daß, bey dem wirklich Verdienstlichen dieser Bilder, mir die von Denenselben vorgeschlagene Verstellung nur noch wünschenswerther erschien; denn hätte man sich früher über diese Bilder, mit einsichtigen Kennern, berathen, so wäre Verschiedenes, einen vollkommen guten Eindruck Störende leicht zu vermeiden gewesen.

Der Künstler hat oft einen sehr guten Gedanken, dessen Ausführung er auch gewachsen ist, aber er hat ihn nicht in allen einzelnen Theilen durchdrungen, und da kommt ihm des einsichtigen Kenners Theilnahme[231] wohl glücklich zu Hilfe, wie ich an meinem eigenen dichterischen Beyspiele weiß und in einem langen Leben vielfach erfahren habe.

Hiebey aber entsteht eine große und bedeutende Frage: Ist der Kenner und Kunstfreund der Sache gewachsen? Und ist der Künstler zugleich selbstständig und mobil genug, um schnell und rein aufzufassen, ob man ihm das Rechte anräth, ihm bringt was ihm gefehlt hat, oder ob man ihn irre macht, indem er auf dem rechten Wege ist? Sehr oft scheint auf dem Rechten; oft aber auch ist er beschränkt, und kann sich in die Modificationen nicht finden, die ihm der Kenner vorschlägt.

Gerade die drey übersendeten Bilder würden zu solchen Betrachtungen Anlaß geben; leider sind Zeit und Kräfte auch mir zu beschränkt, als daß ich meinem guten Willen nachgeben sollte, mich hierüber schriftlich auszulassen. Denn wenn man die Angelegenheit genau in's Auge faßt, so sieht man: daß Kenner und Künstler sich gegen einander productiv verhalten müssen; sie müssen sich in Rath und That zu steigern, ja, zu überwinden suchen, bis sie zuletzt vollkommen einig geworden, und ein völlig congruirendes Bild entstanden ist. Daß aus der Ferne hierin wenig oder nichts zu thun sey, läßt sich vermuthen, ja sogar einsehen. Mir hat es eine vieljährige Erfahrung bestätigt.

[232] Nehmen Ew. Hochwohlgeboren indessen dieses Wenige als ein Zeugniß, daß mein Antheil an der Kunst, sowie an Ihrem schönen Verein nicht nachläßt, und meine Gedanken mit meinen Wünschen Sie immerfort begleiten. Möge auch Ihr körperliches Befinden Ihrer bedeutenden Thätigkeit zusagen, wie es, mit so vielen anderen, Ihnen Ergebenen und Dankbaren fortwährend zu vernehmen hofft der sich mit vorzüglicher Hochachtung unterzeichnet

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar den 6. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/218.


An J. Busch

[Concept.]

Mit den wenigsten Worten, um Ihre fromme Familien-Handlung nicht aufzuhalten, spreche hiedurch nur eilig aus, daß ich mit Wunsch und freundlichem Antrag Ihres werthen Schreibens völlig einverstanden sey. Anderes mir vorbehaltend.

Weimar den 7. Februar 1830.


46/219.


An Friedrich Theodor von Müller

Euer Hochwohlgeboren

Beykommendes zuzusenden habe vielleicht zu lange gezaudert; Ihre große Gefälligkeit wird aber von so[233] vielen Seiten in Anspruch genommen, daß man fürchtet, sich gleicher Indiscretion schuldig zu machen. Wollten Sie indeß die Geneigtheit haben den Auszug des v. Cottaischen Briefs an Herrn v. Gagern gelangen zu lassen mit den besten Empfehlungen und geziemendem Gesuch um belehrende Nachricht oder vielleicht mögliche Mitwirkung, so würden Sie mich sehr verbinden.

Diese Bitte darf ich um so eher aussprechen da hiebey nicht sowohl mein Vortheil als der des Verlegers, den ich freylich auch zu wünschen habe, beabsichtigt wird.

Eine kurze Unterredung würde Zweck und Wunsch noch mehr in's Klare setzen.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 10. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/220.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

hat man bey'm eingetretenen Jahr nur eine günstige Gesundheit zu wünschen, da von allen Seiten soviel Anlässe zu einer ununterbrochenen Thätigkeit auf Dieselben eindringen; so wie ich denn ja auch von meiner Seite auf ein ferneres freundlich-thätiges Verhältniß Anspruch zu machen habe.

[234] In Erwiderung Ihres letzten gefälligen Schreibens darf ich nun wohl nicht versichern, wie sehr mir die sowohl Autoren als Verlegern gleich gehässige Eingriffe des Nachdrucks zuwider sind. Lange wußte ich in dem gegenwärtigen Falle keine vorsorgliche Gegenwirkung einzulegen, da kaum irgend ein Geschäfts-Verhältniß zwischen hier und dem Königreich der Niederlande stattfindet.

Nur vor kurzem habe Gelegenheit genommen an des Herrn v. Gagern Excellenz eine Anfrage deshalb zu richten. Dieser würdige Staatsmann könnte uns wohl eine nähere Anleitung geben. Was von dorther vernehme theile sogleich mit.

Es ist einer meiner höchsten Wünsche, Ihro Majestät der König möchte mit dem Wenigen, was ich als dankbare Äußerung meiner Anhänglichkeit aussprechen kann, einigermaßen zufrieden seyn. Wobey ich hoffen darf mein letztes, vielleicht allzu weitläufiges Schreiben werde nicht mißfallen haben. Wie man diesem hochverehrten Herrn sich auch nur im Gedanken nähert, so schließt sich das Vertrauen alsbald auf und da weiß man denn nicht immer das rechte Maaß zu finden.

Sodann darf ich wohl vorläufig melden: daß. bey dem wiederholten Einwirken der so äußerst günstigen Gesinnungen Ihro Majestät auf mich und meine Umgebung, sich in meiner Nähe etwas Poetisches hervorthut, welches nicht gerade zur Öffentlichkeit qualificirt, doch aber einiger Aufmerksamkeit werth seyn dürfte.[235] Möge es daher nicht sonderbar scheinen, wenn ich in diesem zweifelhaften Falle, in der Folge, den Rath Ihrer Frau Gemahlin deshalb zu erbitten wage; denn es ist ein frauenzimmerliches Gefühl an welches wir bey dieser Gelegenheit appeliren möchten.

Hiernach, in Bezug auf die Anfuge, dem verehrten Paare mich und die Meinigen angelegentlichst empfehlend.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 13. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

[Concept.]

1) Wenn Ew. Hochwohlgeboren für die Metamorphose und deren Übersetzung das Honorar von [1000 Thalern] bewilligen, so würden wir das wirklich mühsame Geschäft zu vollbringen ermuntert werden. Was jedoch den Druck betrifft, so scheint, nach abermaliger Überlegung, nothwendig denselben unmittelbar zu dirigiren. Der Abdruck von Original und Übersetzung gegen einander über, in zwey Sprachen verschiedener Ausdehnung, verursacht manche Schwierigkeiten, und sind schon einige Proben angestellt worden wie solche mit Geschmack geschehen könne. Auch ist das Original selbst nicht auf eine solche Weise herzustellen daß es als abgeschlossen angesehen werden möchte. Man hegt den Wunsch bey Correctur und Revision noch die letzte Hand anzulegen. In wissenschaftlichen[236] Dingen, wo man gegen ein so bedeutendes Publicum steht, kann man nicht vorsichtig genug seyn.

2) Herr Reichel meldet, außer dem Fortgange des ersten Abdrucks, auch noch eine schnellere Fortsetzung der Octavausgabe, wozu er, durch eine revidirte kleinere, unausgesetzt im Stande gehalten wird.

3) Für die mitgetheilten Rechnungs-Auszüge schönstens dankbar, frage an: Ob es wohl Beschwerde mache, mir, nach so weit gefördertem Geschäft, einen detaillirten Auszug zukommen zu lassen, wie sich unsre einzelnen Provinzen und Städte bey dem Absatz der Exemplare verhalten haben. Der Autor mag doch gern erfahren wo die größte Gunst für ihn in seinem Vaterlande sich hervorthut.

4) Sodann erbitte mir freundliche Nachricht über Folgendes: Ich vernehme daß des Herrn Bunsen, Königlich Preußischen Angeordneten in Rom, Beschreibung dieser Stadt in Ihrem Verlage herauskommen soll. Könnten wir wohl bald darauf hoffen? In meinem Alter ist es erlaubt etwas ungeduldig zu seyn, wenn man Genuß und Belehrung von bedeutender Stelle her zu erwarten hat.

5) Den zugesagten Exemplaren von Herrmann und Dorothea sehe mit Vergnügen entgegen.[237]


46/221.


An Carl August Varnhagen von Ense

Ew. Hochwohlgeboren

habe, nach langem Zögern, schuldig zu vermelden, daß mit dem Postwagen endlich das angekündigte Manuscript abgegenagen ist.

Ob Sie noch die Redaction gefällig übernehmen mögen, ob Sie es für Ihre Anstalt nöthig und nützlich halten, muß Denenselben völlig anheim geben.

Unsere werthen böhmischen Freunde haben in dem übrigen Deutschland so wenig Theilnahme gefunden daß sie mit dem Jahre 1829 die Monatschrift abschließen und unter dem Titel: Jahrbücher des Böhmischen Museums, künftighin nur vierteljährig hervortreten wollen. Sie behaupten die Buchführer Deutschlands hätten sich gleichsam verschworen, aus mehr oder weniger begründetem Haß gegen die österreichische Censur, alles was aus den österreichischen Staaten an sie geschickt wird, ohne Unterschied a priori als Krebse zu behandeln. Was kann man dazu sagen? als daß zu aller Mittheilung eine Reciprocität gefordert wird.

Da ich mich diesen harten Winter ganz gut gehalten habe wünsch ich dieß auch von meinen Freunden zu vernehmen; nicht weniger im Frühjahr, ob die Ihrer liebenswürdigen Reisegefährtin übersendeten Rosenzweige[238] gleichfalls der übermäßigen Kälte Trotz geboten haben.

Leider versetzt uns seit einiger Zeit das Befinden unsrer Frau Großherzogin Mutter in einige Sorge; doch wollen umsichtige tüchtige Ärzte uns von Tag zu Tag in frischer Hoffnung erhalten.

Sagen Sie mir ein Wort wenn das Plaquet ankommt und unterrichten mich zugleich von dem Befinden Ihrer Frau Gemahlin. Dem Ihrigen traut man immer das Beste zu. Von mir darf ich noch hinzusetzen daß ich das Andenken meiner abwesenden geprüften Freunde festhalte und, wenn auch im Augenblick nicht in die Ferne wirkend, doch immer im Stillen fortarbeite, früher oder später denselben Freude zu machen. Hieran schließt sich der Wunsch ob wir die Biographie des frommen Oberhirten einer so weit ausgebreiteten Gemeinde wohl auch bald zu hoffen haben. Ich bin höchst verlangend Leben und Thätigkeit eines Mannes, der in meiner Jugend auf mich und meine Umgebung stark einwirkte, nun einmal im Ganzen und in Bezug auf die allgemeine Weltgeschichte, durch eine meisterhafte Darstellung zu überblicken.

Lange verzögert, endlich doch übereilt.

Immer treu

unwandelbar

Weimar den 13. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.[239]


[Beilage.]

Vorliegende Sendung besteht aus einem Fascikel:

A. Das Concept der Aufsätze, in ziemlicher Ordnung, wie solches im Jahre 1828 zu Stande gebracht, von vorn herein ziemlich ausgearbeitet und consequent. Nach fol. 14 fängt es an, schematisch zu werden. Ausgeführt ist noch ein Aufsatz über den botanischen Garten zu Prag und über die merkwürdige Brücke bey Carlsbad; die Arbeit stockt aber alsdann, unter guten Wünschen und Vorsätzen. Sodann besteht das Heft aus

B. Einigen Bogen in reiner Abschrift.

C. Enthält einen Nachtrag, wie ich solchen so eben aus Böhmen erhalte. Wodurch sich das Ganze einigermaßen abrundet, und für denjenigen, der sich mit kritischen Übersichten beschäftigt, nicht ohne Werth seyn möchte.


Sollte man es für nöthig finden, die drey Jahrgänge der Monatschrift und das erste Vierteljahr der Jahrbücher einzusehen, so würde solche gern überschicken.

Vielleicht wäre, in der jetzigen Epoche, ein freundliches Wort von Berlin her ausgleichend und wirksam; denn die Gesellschaft der Naturforscher hat die Hoffnung, im Jahre 1831 ihre Zusammenkunft in Prag, vielleicht gar in Wien zu feyern.

[240] Zu vollständiger Übersicht hefte ein paar Briefe bey, die ich im Juni und Juli 1829 nach Prag schrieb, und mit dem Übrigen wieder zurück erhielt. Auch diese beweisen, daß ich mein altes Metier ruhig fortführe: »Mögliche Vermittlung zur unmöglichen Übereinstimmung der Erdenbewohner.«

unwandelbar

Weimar den 13. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/222.


An Carl Friedrich Zelter

»Was den freylich einigermaßen paradoxen Titel der Vertraulichkeiten aus meinem Leben Wahrheit und Dichtung betrifft, so ward derselbige durch die Erfahrung veranlaßt, daß das Publicum immer an der Wahrhaftigkeit solcher biographischen Versuche einigen Zweifel hege. Diesem zu begegnen, bekannte ich mich zu einer Art von Fiction, gewissermaßen ohne Roth, durch einen gewissen Widerspruchs-Geist getrieben, denn es war mein ernstestes Bestreben das eigentliche Grundwahre, das, insofern ich es einsah, in meinem Leben obgewaltet hatte, möglichst darzustellen und auszudrucken. Wenn aber ein solches in späteren Jahren nicht möglich ist, ohne die Rückerinnerung, und also die Einbildungskraft wirken zu lassen, und man also immer in den Fall kommt, gewissermaßen das dichterische Vermögen auszuüben,[241] so ist es klar daß man mehr die Resultate und, wie wir uns das Vergangene jetzt denken, als die Einzelnheiten, wie sie sich damals ereigneten, ausstellen und hervorheben werde. Bringt ja selbst die gemeinste Chronik nothwendig etwas von dem Geiste der Zeit mit, in der sie geschrieben wurde. Wird das vierzehnte Jahrhundert einen Kometen nicht ahnungsvoller überliefern als das neunzehnte? Ja ein bedeutendes Ereignis wird man, in derselben Stadt, Abends anders als des Morgens erzählen hören.

Dieses alles was dem Erzählenden und der Erzählung angehört habe ich hier unter dem Worte: Dichtung begriffen, um mich des Wahren, dessen ich mir bewußt war, zu meinem Zweck bedienen zu können. Ob ich ihn erreicht habe überlaß ich dem günstigen Leser zu entscheiden, da denn die Frage sich hervorthut: ob das Vorgetragene congruent sey? ob man daraus den Begriff stufenweiser Ausbildung einer, durch ihre Arbeiten schon bekannten, Persönlichkeit sich zu bilden vermöge.

In jeder Geschichte, selbst einer diplomatisch vorgetragenen, sieht man immer die Ration, die Parthey durchscheinen, wozu der Schreibende gehörte. Wie anders klingen die Mittheilungen der Franzosen über englische Geschichte als die der Engländer.

So ist mir auch in der letzten Zeit höchst merkwürdig geworden der Herzog von St. Simon in seinen Memoiren; diese ausführlichen Berichte eines[242] durchaus unterrichteten, Wahrheit liebenden Mannes sind nicht völlig genießbar, wenn man nicht zugibt es sey ein Duc und Pair der das niederschreibt. Es ist jene Zeit die sich in einem Vornehmen abspiegelt, der weniger zu gewinnen findet als er zu verlieren befürchten muß.«

Vorstehendes, mein Theuerster, habe einer verehrten Person, auf eine ähnliche Anfrage wie die deine, zu erwidern Pflicht geachtet, und theile dir sie, als diesmal auch zweckerreichend mit. Man bedenke daß mit jedem Atemzug ein ätherischer Lethestrom unser ganzes Wesen durchdringt, so daß wir uns der Freuden nur mäßig, der Leiden kaum erinnern. Diese hohe Gottesgabe habe ich von jeher zu schätzen, zu nützen und zu steigern gewußt.

Wenn also von Schlägen und Püffen die Rede ist, womit uns das Schicksal, womit uns Liebchen, Freunde, Gegner geprüft haben, so ist das Andenken derselben, bey'm resoluten guten Menschen, längst hinweggehaucht.

Solche, nach deiner Anfrage, in einem gewissen Fall zu specificiren würde mir schwer, ja unmöglich fallen; doch will ich mich dir zu Liebe erinnern: daß unser Schulmeister schwankes Lineal, als ein sonst nicht unbrauchbares Majestätszeichen, zu führen pflegte, hiemit gab es zu Zeiten strafende und aufmunternde Klapse. Jedoch war in jenen Tagen kräftiger Pädagogik schon ein milderndes Auskunftsmittel[243] gefunden und deutete auf das was nachher in unsrer Criminal-Justiz seit Beccaria so anmuthig einwirkte: die zu Strafenden waren nämlich genöthigt ein Pfötchen hinzuhalten und mehr oder weniger stärkere und wiederholte Klapse auszudauern. Dieß gab Gelegenheit die Hand wie Mucius Scävola kühn auszustrecken und mit unverwandtem Gesichte einen heroischen Märtyrerkranz zu erwerben.

Wie es nun mit den zu gewinnenden oder zu verlierenden Flaschen Champagner auch aussehen mag, so hab ich solches nach möglichster Erinnerung, scheinbarster Wahrheit und vermiedener Dichtung hiedurch bezeugen und vorlegen wollen.

So weit waren wir gekommen als uns ein zwar gefürchtetes, aber durch Hoffnung abgelehntes Übel überfiel; davon dir die Nachricht schon zugekommen ist, welches mein schwarzes Siegel leider bekräftigt. Hiebey wirst du manches zu denken haben, als Mitgenosse unsres Denkens und Empfindens.

Versäume nicht zu schreiben wie es um dich aussieht, wie es zugeht und auch wohl wie dieses und jenes gelingt. Auch ich verfehle nicht manches zu vermelden, wenn gleich nicht in den ersten Tagen. Und somit fahren wir fort gemeinschaftlich zu handeln und einander davon Kenntniß zu geben, so lange es gegönnt.

und so fort an

beharrlichst

Weimar den 15. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.[244]


46/223.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

An dem heutigen feyerlichen Tage, wo Freude ihn wieder erlebt zu haben nur durch einen Trauerflor durchblickt, Ew. Kaiserliche Hoheit schuldigst zu verehren, finde nichts aufrichtender und stärkender als den Gedanken: daß wir bey allen Unfällen, die uns betreffen, sogleich möglichst gefaßt das Auge dahin richten, wo eine wohlüberlegte Thätigkeit glücklich ihren Zweck erreichte.

Und so ist es denn wohl nicht unzeitig zu berichten, daß ein Brief von Kirchnern, geschrieben aus Paris, vor seiner Abreise nach London, die zuversichtliche Hoffnung gibt, er sey auf dem Wege die Absicht seiner Höchsten Gönner zu erreichen, er habe denen ihm von der Natur verliehenen Kräften, auch seiner bisherigen Ausbildung gemäß, den dortigen Aufenthalt redlich benutzt und sey, besonders in der letzten Zeit, mit einer löblichen Freyheit der Umsicht, mit einem kräftigen Eingreifen und Benutzen der ihm gegönnten Gelegenheit begabt worden, wenn die früheren Berichte dagegen eine verzeihliche Unbehülflichkeit in manchen Stücken zu verrathen schienen pp. Höchstdieselben werden das, was ich hier im Allgemeinen niederlege, ausführlicher vernehmen, wenn es schickliche Zeit seyn wird Abschriften der Berichte unterthänigst vorzulegen.

[245] In Bezug auf das Obengesagte darf ich ja wohl noch wiederholend hinzufügen daß, wenn bey großen Unglücksfällen die Betroffenen sich billig zu zerstreuen suchen, doch nicht leicht eine schönere Ableitung gefunden werden kann, als den Geist dahin zu lenken wo die Menschheit sich in ihrer höchsten Würde zeigt, indem sie das Bessere, Wünschens- und Hoffenswerthe nach verliehenen Kräften und Möglichkeiten zu fördern trachtet.

Gnädigste Verzeihung des Vorgesagten mir erbittend, darf ich die Hoffnung hegen daß Höchstdieselben gar manches und vieles hier nicht Ausgesprochene Sich selbst entwickeln und von meiner lebenslänglichen Anhänglichkeit sich überzeugen werden. Wie ich denn nichts mehr wünsche, als die mir noch gegönnten Kräfte in der Richtung, welche Höchstdieselben mir vorzeichnen, unwandelbar anzuwenden.

Weimar, den 16. Februar 1830.


46/224.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erwidere, die angekündigte Sendung über Nürnberg dankbar erwartend, auf die geschehene Anfrage und Anzeigen mit dem Eiligsten: daß ich Ihre Fürsorge um die Entfernung aller Fehler und Mängel aus unsrer Ausgabe zu erkennen weiß.

[246] Swedenborg und Friedrich Tieck sind ganz richtig bemerkt und zu verbessern, auch wegen dem Inhalts-Vorblatt gebe Ihnen völlige Freyheit.

Der schwere Fall, der uns betraf, setzt mich außer Stand mehr hinzuzufügen als den aufrichtigsten Wunsch, es möge Ihnen und allem, was Ihnen lieb und werth ist, das Beste zu Theil werden.

Weimar den 18. Februar 1830.


46/225.


An die Direction desDeutsch-Amerikanischen Bergwerk-Vereins

[Concept.]

Hochwohl- und Wohlgeborne

Insonders hochgeehrteste Herren.

Schon in dem Monat May des vergangenen Jahres erzeigten Sie mir die Ehre, durch geneigte Übersendung des dritten Generalberichts, mich Ihrem wichtigen Unternehmen gleichsam zuzugesellen.

Fürwahr ich bin demselben durch den reinsten Antheil verwandt und fühle mich, dankbar, auf manche Weise hiebey gefördert. Denn wenn ich meine Kenntnisse in geographischer, statistischer naturwissenschaftlicher und sonstiger Hinsicht erweitert sehe, so muß ich es zugleich für den größten Gewinn achten mit den Vorzügen eines so bedeutenden Mannes, des Herrn Director Schmidt, näher vertraut zu werden. Wie ich denn weitere Nachrichten von dem Gelingen und[247] Gedeihen der von ihm, so fach- als kunstgemäß, getroffenen Einrichtungen, durch Ihre Geneigtheit, nach und nach zu vernehmen hoffe.

Möge ein hoffnungsreiches Glück auf! womit ich treulich schließe, sowohl zum Segen Ihres Geschäfts, als der Nation gereichen, mit deren Heil auch Ihr Gedeihen so unmittelbar verschlungen ist.

Mögen die inneren und äußeren Hindernisse, mit denen sie zu kämpfen hat, nach und nach beseitigt, und dadurch auch das große planmäßige Unternehmen meiner theuren Landsleute begünstigt und gesichert werden.

Womit ich mich zum geneigten Andenken, bey der bevorstehenden Zusammenkunft, so wie zu ferneren wohlwollenden Mittheilungen angelegentlichst empfohlen wünsche.

Weimar 22. Februar 1830.


46/226.


An Henriette von Pogwisch

[Concept.]

Ew. Gnaden

erwidere dankbarlichst daß Sie, in solchen Tagen und Stunden, unsrer literarischen Angelegenheiten haben gedenken wollen zwar

ad 1) Habe schon heute früh die Memoires de Hudson Lowe zurückgesendet; die Bibliothek besitzt sie durch die Gunst der Frau Großherzogin. Les[248] Souverains behalte für die Bibliothek und nehme den vorjährigen Theil für dieselbe dankbar an.

ad 2) Montlosier kenne schon und bin überzeugt daß ihn jedermann gerne lesen wird.

ad 3) Den 17. und 18. Band von St. Simon werde mit nächtens erbitten, jetzt bin ich anderweit allzusehr beschäftigt. Gleiches gilt vom 9. und 10. Band des Bourrienne und von den Briefen Byrons. Den 16. Band von St. Simon sendete heute früh schon.

ad 4) Die Histoire de France par Bignon werde gleichfalls überschicken, ich hatte sie irrthümlich schon auf die Bibliothek gegeben, woher ich sie wieder abfordern lasse.

Den aufrichtigsten Antheil an dem, uns alle und Sie besonders betroffenen Unheil trauen Sie mir zu, ohne daß ich deshalb viel Worte mache. Zu danken aber hab ich ausdrücklichst für die höchst schönen und zugleich lehrreichen Blumen womit Sie meine Zelle zu schmücken die Freundlichkeit hatten; sie sind das einzige Lebendig-Farbige was in diesen starren und grauen Tagen mir das Auge ergötzt.

Weimar den 23. Februar 1830.


46/227.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Hiebey folgen die sechs Holzquittungen zurück.

Haben Sie ja die Gefälligkeit, mein Werthester, mich die Genesung des guten Bibliothekars baldigst[249] wissen zu lassen, ich nehme den aufrichtigsten Theil daran. Auch soll es mir recht angenehm seyn wenn die Tagebücher bald einlangen.

Wenn unser gnädigster Herr an der jenaischen Bibliothek Gefallen finden, soll es mich sehr erfreuen; ich bin überzeugt, daß Sie das Mögliche dazu beytragen werden.

Ihnen und den lieben Ihrigen das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 24. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/228.


An Johann Heinrich Meyer

Wollten Sie nun wohl, mein Theuerster, die Gefälligkeit haben zu ersuchen, wie sich mit dem jungen Kaufmann die Angelegenheit wegen der Gypsbüsten abthun läßt. Man würde nach beyliegendem Catalog auf die Abtheilung A, Antike Gypsabgüsse, reflectiren. Nr. 1 ist ausgestrichen und fällt also wohl weg. Aus der 2ten Abtheilung wäre Nr. 31. 32. und 34 in den Handel mit einzuschließen. Sie kennen diese Gegenstände und werden sie billig schätzen, und bis auf Ratification gefällig abschließen.

Mit den besten Wünschen und Grüßen

treu ergeben

Weimar den 26. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.[250]


46/229.


An Friedrich Theodor von Müller

Den so wohlgerathenen französischen Aufsatz über die Gedichte Ihro Majestät des Königs, finde nicht unter meinen Papieren und kehre zu jener Äußerung zurück, daß ich glaube schon Ew. Hochwohlgeboren wieder zugestellt zu haben. Ich erinnere mich freylich nicht mit welchen andern Papieren. Haben Sie die Güte nochmals bey sich nachzusehen; es bey mir zu thun werde nicht ermangeln.

Der verlangte Globe folgt hiebey. Der Aufsatz ist freylich sehr stark: eine Kriegserklärung welche die Existenz der Bourbons in Zweifel stellt. Den Erfolg haben wir in der Ferne ruhig abzuwarten. Dagegen mit Verlangen der unternommenen interessanten Arbeit entgegen sehe.

In treuer Theilnahme und Mittheilung

Weimar den 26. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/230.


An Carl Ludwig von Knebel

Du hast mir, mein alter würdiger Freund, soviel Gutes und längst Geschätztes durch deine Sendung wieder zu Sinn gerufen, wofür ich nicht genug danken kann. Der Aufsatz über das Leben und die Weisheit des Epikur ist anmuthig überzeugend, die Betrachtung[251] gründlich und die Zeugnisse der Vorfahren am rechten Orte.

Ich hatte einmal früher unternommen Lukrezen als Römer in seinen Tagen, 60 Jahre vor Christo, in Betracht zu ziehen, ihn gegen die wilde Zeit und seinen unruhigen Freund Memmius hinzustellen und möglichst anschaulich zu machen, wie er sich, dem Geist und den Umständen nach, in die Epikurische Philosophie so entschieden flüchten mußte. Mit aller Bemühung aber hätte man doch nur wenige Data zusammengebracht, das Meiste hätte man dazu pragmatisiren, oder, wenn du willst, dichten müssen und so ließ ich die Vorarbeit liegen und überzeuge mich um desto mehr, daß der Weg, den du eingeschlagen hast, der rechte sey.

Der große Werth des Gedichtes, als ausgeführte Zusammenfassung der ganzen Lehre, tritt meines Bedünkens in der neusten Zeit erst recht hervor, nachdem uns von Epikur selbst verfaßte Stellen aus den pompejanischen Grüsten mitgetheilt worden. Sie sind unerfreulich zu lesen, man muß sie erst aus Lukrezens Gedicht gleichsam erklären. Haben doch die Alten selbst, die um so viel näher standen, seinem Styl nichts abgewinnen gewußt. Es ist also sehr wohlgethan, was die Lehre betrifft, sich an das Gedicht zu halten und sein Leben auf die Weise, wie du es gethan, in seiner naiven Reinlichkeit darzustellen. Eine neue Ausgabe deiner so schätzenswerthen Übersetzung[252] kommt übrigens wohl zur rechten Zeit, da die Franzosen selbst, gründlich und umsichtig, mit der Philosophie der Alten in den neusten Tagen sich zu benehmen anfangen und ihr manche eigene Ansicht abzugewinnen suchen.

Fahre fort im möglichsten Wohlbefinden diese nächsten Tage dem Frühling entgegen zu dulden, dabey mein aufrichtiger Wunsch ist, dir und den Deinigen möge jetzt und künftig das Wünschenswertheste zum Antheil gelangen.

treulichst

Weimar den 27. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/231.


An Carl Wilhelm Göttling

Am heutigen Morgen konnte mir nichts angenehmer entgegen kommen als ein Schreiben von Ihrer werthen und verehrten Hand, unveränderten Sinn und Gesinnung darlegend und von Ihrer Wiederherstellung das beste Zeugniß ablegend. Möge sich Ihre Gesundheit bey dem herannahenden Frühjahr wieder vollkommen befestigen, zum Heil Ihrer Studiengenossen und Ihrer sämmtlichen Mitbürger, welche bey der Gefahr, in der Sie schwebten, Hochschätzung und Antheil auszusprechen nicht ermangelten, die an guten und gesunden Tagen eines werthen Mannes oft im Busen zurückbleiben.

[253] Das bedeutende Büchlein, für welches ich schönstens danke, soll uns bey der nächsten Unterhaltung zum Texte dienen und mir Gelegenheit zu schönen Aufklärungen gewähren.

Da Sie nach einer Übersetzung des griechischen Büchleins über Farbe sich erkundigen, nehme ich mir die Freyheit meine gesammte Farbenlehre, besonders aber den zweyten Theil Ihnen zuzueignen. Solcher Versuch Versuch findet sich darin. Wie ich denn gerade die ersten Kapitel über griechische und römische Äußerungen, in diesem, den Augen so klaren, dem Sinne so schwierigen Fache bestens empfehlen möchte. Dem Kenner des Alterthums sind gewiß mehrere Stellen gegenwärtig, die über die Trefflichkeit der Anschauung eines unmittelbaren Denkens jener Zeit gewiß manchen erfreulichen Aufschluß geben; ich konnte nur mit Beyhülfe des guten Riemers im Allgemeinen hinweisen, was und wie allenfalls etwas zu leisten wäre.

Die geneigte Fortsetzung Ihres Antheils an der Herausgabe meiner Werke gereicht mir zur größten Beruhigung. Es wäre doch recht hübsch wenn wir die 40 Bände auf dem Repositorium zusammen stehen sähen; ich würde mit Dank anerkennen, was ich nicht hoffen durfte. Alles Gute!

Treu ergeben

Weimar den 27. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.[254]


46/232.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

sende das mir anvertraute Manuscript alsobald dankbarlichst zurück, und muß es als sehr gelungen ansprechen. Der erste Paragraph verdient vielleicht noch einige Prüfung; es ist immer das Schwerste in eine solche Angelegenheit hineinzukommen; an der Folge wüßte durchaus nichts zu erinnern. Der Hauptgedanke ist klar und doch mit aller Zartheit ausgesprochen, deshalb ich nur um eifrige Fortsetzung dieses Unternehmens zu bitten habe.

Mich angelegentlichst empfehlend das Beste wünschend.

gehorsamst

Weimar den 28. Februar 1830.

J. W. v. Goethe.


46/233.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie wohl, mein Werthester, den beykommenden Band meiner Werke gefälligst duchsehen, ob vielleicht dabey einiges zu erinnern wäre. Möchten Sie zugleich auf die bisher beobachtete Orthographie Rücksicht nehmen, so würde die Gleichförmigkeit mit dem Übrigen desto eher herzustellen seyn; es gehört dieser Band zur letzten Lieferung die ich Ostern abzusenden mich glücklich fühlen werde.

treulich

Weimar den 28. Februar 1830.

G.[255]


46/234.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Könnte man wohl ein königlich niederländisches Privilegium auf die Goetheschen Werke, wie man eins gnädigst für Luxenburg, als bezüglich auf das gesammte Deutschland, erhalten hat, auch für das ganze Königreich erlangen incl. des Briefwechsels mit Schiller? Von dem angekündigten und wohl schon vorgeruckten Nachdruck der eigentlichen Schillerischen Werke ist hier die Rede nicht.

Weimar den 2. März 1830.


46/235.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Hiemit sey schriftlich nachgefragt wie du dich befindest, und wie es mit dem Trauerblatte des Chaos steht?

1) Hast du schon Auswahl und Anordnung beliebt?

2) Was sagst du zum Vorschlag daß man mehr Exemplare drucken lasse und jedem Interessenten deren drey einhändige um damit nach Belieben zu schalten?

3) Ein nicht allzubreites schwarzes Rändchen wäre wohl auf alle vier Seiten anständig.

Weiter wüßt ich nichts als leibliches Wohlseyn zu wünschen.

Weimar am 2. März 1830.[256]


46/236.


An Carl Friedrich Zelter

Du bist sehr freundlich, daß du mich in diesen Tagen aus meinen Einsamkeiten nach dem lebhaften Berlin versetzest und mir ein Zeugniß deines unerschütterlichen Muthes gibst, einen solchen vorspukenden Gespensterzug mit Fassung anschauen zu können. Das ist denn das Theater am Ende des ersten Drittels des neunzehnten Jahrhunderts! Die Deutschen wollen doch am Ende den Franzosen an Absurdität nicht nachstehen. Die Berliner sind aber freylich so lebereich, daß sie die Hingehenden und Hingegangenen wohl können vor sich aufmarschieren sehen. Ich schätze dich glücklich daß du dergleichen getrost mit hinnehmen kannst und eine Flasche Wein dich glücklich wieder herstellt.

Von den Berliner Zeitungsschreibern ist die Aufmerksamkeit allzugroß daß sie mich, bey lebendigem Leibe, zum indischen Weisen promoviren wollen; der Fall war indessen völlig von der Art wie die, von denen du erzählst, und ich habe allerdings wohlwollenden Dämonen Dank zu sagen, daß das Übel ohne irgend eine Beschädigung ablief. Dagegen bedaure um so aufrichtiger den trefflichen Niebuhr in Bonn, der eine Art Verlust erlitten, von dem man sich kaum wieder herstellt.

[257] Die französischen Memoiren so wie Le Globe und Le Temps habe ich auf einige Zeit beseitigt. Es fällt einem doch einmal auf daß alles einen gar nichts angeht, daß man von dem Vergangenen ohngefähr soviel weiß als ein anderer auch, und daß man durch die Kenntniß dessen, was der Tag bringt, nicht klüger und nicht besser wird.

Heute haben wir hohen Barometerstand, congruirenden Ostwind, erheiterten Himmel, Sonnenschein, und so regt sich wieder Glaube und Hoffnung an und auf die Natur, da denn die Liebe nicht ausbleiben wird. Seit acht Wochen beschäftige ich mich ununterbrochen mit einer Arbeit die mir Freude macht und Euch auch Freude machen soll; dazu schöpf ich nun frischen Athem und denke noch vor Ostern abzuschließen, um mich wieder mit neuer Geschäftigkeit zu belasten. Bey dir kann`s auch nicht abreißen und so mag denn das Weitere folgen.

Vorstehendes liegt schon einige Tage und ich frage vor allen Dingen an: ob Ihr am 2ten d. M. auf einmal klaren Himmel, bey ungewöhnlich hohem Barometerstande und scharfem Ostwind hattet? wie es wahrscheinlich ist. Diese Witterung dauerte einige Tage und ist auch heute mit jener ersten, wenn auch nicht völlig, doch einigermaßen zu vergleichen.

Alsdann sollst du vielen Dank haben daß du fleißig schreibst und mich freundlich heimsuchest; besonders freuen mich deine peripatetischen Didaskalien,[258] wo du, aus dem Stegreife, lakonisch-tüchtige Lehren austheilst. Es ist wahr: wenn man reden mag, so kann man gewiß seyn sich wiederholt zu hören.

Auch hast du ganz recht dir den Begriff von Napoleon nicht nehmen zu lassen; es hat uns zu viel gekostet dahin zu gelangen, als daß wir ihn um der Hänse willen aufgeben sollten. Die Mémoires de Bignon sind daher interessanter für uns zu lesen. Ein ernster Diplomat, der den Helden und Herrscher zu schätzen weiß, nach dessen großen Zwecken wirkte und sich des Vergangenen und Geleisteten mit Anstand erinnert.

Gegenwärtiges dictir' ich unter dem feyerlichen Glockengeläute, welches zum kirchlichen Trauerfeste ruft; es ist genug gesagt um dir meinen Zustand fühlbar zu machen. Auch die Weimarisch poetisch Verbündeten haben sich, in dem bekannten wöchentlichen Blatte, zu stiller Feyer vereinigt. Ein Exemplar liegt bey; du wirst es mit Antheil aufnehmen und lesen.

Hierauf wüßte weiter nichts zu sagen als: daß ich manches Gute, Muntere, Tüchtige von dir unablässig zu vernehmen hoffe; laß es nicht daran fehlen; dein Flügelpferd bringt mir immer eine gute Stunde.

und so fortan!

Weimar den 7. März 1830.

J. W. v. Goethe.[259]


46/237.


An Carl Gustav Börner

[Concept.]

Weimar den 7. März 1830.

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit bey der den 15. März eintretenden Auction, deren Catalog unter Nr. XXII mir zugekommen ist, nachverzeichnete Blätter zu erstehen, insofern sie um billige Preise weggehen, sowohl in Betracht des inneren Werthes als der Güte der vorliegenden Abdrücke.


Fl.Nr.

2.Hans Bohl v. Mecheln, von diesem

24. Künstler wünsche nur eine Nummer

25. um seine Art mehr kennen zu lernen,

26. also entweder eine oder die andere

29. nach Gutdünken.

9.202.Augustinus Venetus.

10.209.St. della Bella.

–212.Bloemaert.

11.224.Raphael

dieses Blatt könnte etwas theurer

als billig bezahlt werden.

13.259Hirschvogel.

16.316.Vlieger.

17.327.Anonym.[260]

Zeichnungen.

17.330. beide wenn sie nicht allzuhoch ge-

–331. trieben werden.

–332.Cambiasi

ebenfalls um leidlichen Preis.

18.334.Unbekannt.

Kupferstiche.

18.340.Friedrich Müller.

19.361.Zuccarro.

29.549.Drevet.


46/238.


An Pierre Jean David

[Concept.]

Um bald möglichst, mein werthgeschätztester Herr, Ihnen für die überraschende Sendung schönstens zu danken, bedien ich mich meiner Muttersprache, da ich mich in der Ihrigen nicht so bequem auszudrücken fähig bin; Sie finden in Ihrer Nähe gewiß einen Freund, der Ihnen meine Gesinnungen treulich dolmetscht. Herr Deschamps, dem ich mich vorläufig bestens empfehle, übernimmt ja wohl freundlich ein solches Geschäft.

Lassen Sie mich also ohne Übertreibung sagen: daß ihre wichtige Sendung wahrhaft Epoche in meinem häuslichen und Freundes-Kreise gemacht hat, doppelt und dreyfach erfreulich, weil wir zugleich mit[261] neuen Ansichten uns die schönen Zeiten vergegenwärtigt sehen, wo wir des Vorzugs genossen Sie bey uns zu besitzen.

Wenn Sie sich , mein Geehrtester, lebhaft erinnern, wie sehr ich mich an den drey Profilen vorzüglicher Männer erfreute, die Sie mir dazumal mitbrachten, so werden Sie wohl mitempfinden, welches hohe Interesse die nunmehr gesendete reichhaltige Sammlung für mich haben muß. Den physiologischen und kraniologischen Lehren Lavaters und Galls nicht abgeneigt, fühl ich das lebhafteste Bedürfniß, solche Personen, deren Verdienste mir auf irgend eine Weise bekannt geworden, auch individuell im Bilde näher kennen zu lernen und die Gestalt mit dem Werke, mit der That vergleichen zu können. Und wer kann einen solchen Wunsch eher befriedigen als der Bildhauer, der, bey einem rein-lebendigem Blick in die Natur, einer vollkommenen Technik Meister ist, um dasjenige, was er angeschaut und aufgenommen hat, unmittelbar wieder uns vor Augen zu stellen? Als einen solchen haben wir Sie kennen lernen, als einen solchen beweisen Sie sich in diesen vielfachen, durch mehrere Jahre hindurch gefertigten Bildnissen.

Hiebey scheint mir höchst merkwürdig, daß jedes Gesicht, gleichsam in seiner eigenen Art, durch eine andere Behandlung ausgesprochen worden; die kindlich glatte der Delphine Gay und die mannichfaltig geschmackvoll umgebene M. L'escot scheinen von zwey[262] verschiedenen Händen zu seyn. Ein Gleiches würde von Alten und Jungen und von beiden unter sich wohl durchgeführt werden können.

Höchst angenehm war mir's, Poeten, Künstler, Schriftsteller, deren Arbeiten und Namen mir mehr oder weniger bekannt sind, hier im Bilde zu sehen und in ihren Zügen und Mienen das Complement ihrer Werke mir auszuführen. Gar manches wäre hierüber zu sagen, und mehr wird zu sagen seyn, wenn ich mit einer so ansehnlichen und trefflichen Gesellschaft mich näher werde bekannt gemacht und mich derselben näher befreundet haben.

Nun aber lassen Sie mich vermelden: zu welcher Freude und Beruhigung uns ein Brief des Herrn Grafen Reinhard dieser Tage gereicht, durch welchen wir erfahren: die Form meiner, mit so großem Fleiß und anhaltender Aufmerksamkeit hier am Ort gefertigten Büste sey glücklich bey Ihnen angelangt, auch der Ausguß derselben wohlgerathen ausgestellt.

Wenn Sie von dem Interesse überzeugt sind, welches sowohl ich als meine Freunde, unter welchen der vorzüglich talentreiche Ober-Baudirector Coudray zu nennen ist, an Ihrer Arbeit genommen, wie sehr wir solche zu schätzen gewußt; so wird Ihnen nicht entgehen, welche Sorge uns die Verzögerung des Transportes machen müssen, und wie sehnlich wir nach der Nachricht verlangt, die uns nun durch jenen würdigen Freund zugegangen, der, in entschiedenen[263] Ausdrücken, die größte Zufriedenheit mit einem Werke zu erkennen gibt, das um so mehr den Beyfall der Kenner und die Theilnahme des Publicums verdienen wird, als dergleichen vollgültige Zeugnisse einer glücklich gelungenen Ähnlichkeit dem kunstmäßig Dargestellten auch die höchste Annäherung an Natur und Wirklichkeit bezeugen und begründen.

Hier will ich abbrechen, um gegenwärtiges Blatt nicht zu verspäten, und Sie, mein Theuerster, nur dringend gebeten haben, den vorzüglichen Männern, die mich durch Zusendung ihrer Werke beehrt, vorläufig verpflichteten Dank abzustatten. Herrn Deschamps ersuche besonders zu versichern, daß er mir durch seine Vorrede ein großes Geschenk verliehen, indem ich, auf den Gang der neueren und erneuten Literatur Frankreichs höchst aufmerksam, einen durch ihn mit großer Mäßigkeit und Umsicht eröffneten Überblick mir zu Nutzen mache, welches um so eher geschehen kann, als ich den Inhalt dieses schönen Aufsatzes mit meinen Überzeugungen zusammentreffend, sie erweiternd und bestärkend finde.

Weimar den 8. März 1830.


46/239.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

So angenehm mir die Sendung der Tagebücher seyn mußte, so tief empfand ich die Nachricht daß[264] das Befinden unseres theuren Herrn Bibliothekars sich wieder verschlimmert habe. Lassen Sie mich ja, werthester Herr Doctor, mit jeder Gelegenheit vom jedesmaligen Zustande sichere Nachricht erhalten. Das Beste treulich wünschend.

Weimar den 10. März 1830.


46/240.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Durch ein wunderlich Versehen, mein Theuerster, ist, auf der letzten Seite beykommenden Büchleins, Ihre Übersetzung verstümmelt gegeben, indem die 4te und 5te Zeile ausgelassen worden. Hätten Sie die Gefälligkeit sie mir aus Ihren Papieren zu Gunsten der Octavausgabe mitzutheilen, da sich das Blatt unter den meinigen versteckt hat. Mit den besten Wünschen.

Weimar den 10. März 1830.


46/241.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche freundlichst um nähere Bestimmung des, Herrn Grafen Reinhard gegenwärtig allenfalls zu gebenden Titels. Vielleicht ist Ihnen auch die Wohnung bekannt wohin ich einen Brief adressiren würde, den ich nach langem Zaudern endlich auszufertigen unternommen.

[265] nächster Mittheilung des fortgesetzten, gewiß wohl gerathenden bedeutenden Aufsatzes entgegen sehend.

So eben trifft Ihr gefälliges Billet bey mir ein, und bitte nur vorläufig Herrn v. Gagern den besten Dank zu sagen; die gegebene Kenntniß reicht schon weit aus und versetzt unsern Zustand in's Deutliche. Herr v. Gagern wird auch in der Folge eine gefällige Theilnahme nicht versagen.

Der Brief des Herrn Ministers ist mir wie alles, was von ihm kommt, höchst bedeutend; er spricht so immer von innen heraus und bleibt sich selbst gleich wie nicht leicht jemand.

Mich bestens empfehlend und alles Gute wünschend.

gehorsamst,

Weimar den 11. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/242.


An Henriette von Pogwisch

[Concept.]

Ew. Gnaden

erlauben daß ich gerade dem Vorstehenden gegenüber, zu besserm Verständniß, mich zu folgendem bekenne:

Haben Sie die Güte mir die fraglichen Samen anzuvertrauen, und ich will damit verfahren als wenn es meine eigene Angelegenheit wäre, auch Ihnen die Hälfte der Pflanzen, insofern man über die Gärtner Herr werden kann, sehr gern zugestehen.

[266] Sollte zum Schluß irgend etwas auszugleichen seyn, so würden wir mit manchen angenehmen Kindern des Pflanzen- und Blumenreiches jedenfalls aufwarten können. Vorläufig schönstens dankend mich bestens empfehlend.

Weimar den 11. März 1830.


46/243.


An Johann Friedrich Cotta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

theile hiernächst einen Auszug mit aus einem Briefe des Herrn Minister v. Gagern, Darmstadt den 8. März 1830. Die Stelle ist aus einem Schreiben seines Herrn Sohns vom Haag. Dieselben werden selbst daraus entnehmen wie wenig Bedeutendes hier zu erwarten ist. Eine Ausdehnung des uns zu Gunsten meiner Werke auf Luxenburg gegebenen Privilegiums gleichfalls auf den Briefwechsel erstreckt, würde wohl zu erlangen seyn. Sollten es Ew. Hochwohlgeboren für räthlich halten, so könnte deshalb die nöthigen Schritte thun. Ein Privilegium auf das ganze Königreich steht nicht zu hoffen. Das ungünstige Urtheil über den Nachdruck der Schillerischen Werke gibt vielleicht einige Beruhigung.

Womit ich, die Absendung des Gegenwärtigen nicht aufzuhalten, in Hoffnung mein Letztes unter'm 13ten Februar sey zur guten Stunde in Ihre Hände[267] gekommen, Denenselben und der verehrten Frau Gemalin mich zum allerschönsten empfehlend, weiteren geneigten Mittheilungen entgegen sehe.

Weimar den 12. März 1830.


46/244.


An Carl Friedrich von Reinhard

[12. März 1830.]

Durch Ihre geneigte Vermittelung, verehrter Freund, bereitet sich Demoiselle Jacobi nach Paris zu gehen, und ich gedenke dabey heut an meine Sünde, so lange eine Antwort schuldig geblieben zu sehn.

Hiernächst habe ich also zu gestehen, wie ich, seit dem neuen Jahre, mich für insolvent erklären müssen und meine Freunde zu bitten habe, mir einen billigen Accord auf geringere Procente nicht zu versagen.

Zur Entschuldigung möge dienen: daß die letzte Lieferung meiner Werke zu Ostern in den Druck gebracht werden soll, daß Arbeiten bisher zurückgeschoben, nunmehro unvermeidlich herandringen; wozu denn noch der unglückliche Fall unsrer Frau Großherzogin-Mutter sich gesellte, der uns in banger, immer wachsender Sorge schwebend hielt und zuletzt in höchst peinliche Trauer versetzte. Ein solcher geistlähmender Zustand wird nun noch Geschäftliches hervorthut, und so manches im Alltagsleben und Thun gefordert wird,[268] daß man zuletzt nicht mehr weiß, ob man sich noch selbst angehört.

In bedeutender Anzahl liegen die seit einem Vierteljahr angekommenen Briefe, zwar in guter Ordnung geheftet, aber eben deßwegen als eine desto bedrohlichere Schuldenmasse, aus der man sich nicht retten kann, ohne, wie schon gesagt, seine Insolvenz zu erklären.

Wenn ich daher der freundlich anfragenden Dame nicht geantwortet, so werden Sie die Güte haben, auch diese zum Concurs einzuladen. Zuerst lag mir das Hinderniß einer schicklichen Erwiderung in dem Zweifel: was ich etwa den dieser Gelegenheit zu sagen hätte, und dann kam noch die Forderung der französischen Sprache hinzu, vor der ich, wenn vom Schreiben die Rede ist, immer zurückweiche. Bedenk ich nun, daß seid sechzig Jahren Übersetzer, Extrahenten und sonstige Nachbilder meiner Arbeiten sich ganz nach Belieben bedienen, ohne daß ich deßhalb weder abnoch zurathen können, so fühl ich mich ermuthigt, den verehrten Freund auf's dringendste zu bitten: auch hier sein Bestes zur Ausgleichung zu thun.

Demoiselle Jacobi geht ungefähr ab wie sie gekommen ist. Die Natur gab ihr klare Einsicht in die Persönlichkeiten und sonstige Verhältnisse der weltlichen Dinge, dabey ein festes Beharren auf sich selbst und ihren Begriffen; dagegen aber versagte sie ihr alle Anlage zu einer liebevollen Nachsicht, wodurch[269] man geneigt wird sich in andere zu schicken, daher sie denn wohl zu dulden nicht aber sich zu fügen weiß. Ich habe ihr in den letzten Tagen ihren Zustand deutlich zu machen gesucht, das mag gelungen seyn; wo aber soll die Sinnesänderung herkommen, von der ganz allein für die Zukunft einige Hoffnung zu fassen wäre. Möge sie die Vortheile nicht verscherzen, welche die ihr angekündigte Situation anbietet und verspricht.

Nun aber habe ich auch mich vorzüglich zu erfreuen, daß mein Bild, durch David aufgestellt, Ihre Zustimmung erhalten hat; es muß mir höchst erwünscht um der Sache, um des Manns willen seyn, der, wie natürlich, großen Werth auf Ihr Zeugniß legt und sich dessen höchlich rühmt. Ein solches Unternehmen muß gelingen, wenn man es billigen soll; eine weite Reise, eine Arbeit in großem Maßstab, viel verwendet Zeit, schwieriger und gefährlicher Transport und was sonst für Chancen dazwischen traten und treten können, das alles verdient als Lohn die Zustimmung der Einsichtigen und den Beyfall der Menge.

Höchst geschickt und gewandt ist unser Künstler auch im Kleinen, dies bezeugen eine Anzahl Medaillons, die er mir eben sendet. So viele oft genannte und gerühmte Menschen, in ihren wohlempfundenen Individualitäten porträtirt, vor sich zu sehen, ist höchst erfreuend und belehrend.

[270] Ihrer Frau Tochter hab ich nur mit Bedauern zu er wähnen: die hiesige Lage konnte ihr freylich keine Zufriedenheit geben, kaum wird sie solche anderswo finden. Vermuth ich richtig, so ist die Trennung von ihrem Gemahl ihr das Peinlichste.

Gegenwärtiges dachte ich Demoiselle Jacobi mitzugeben, doch verzieht sich ihre Abreise, und ich sende es voraus. Gedenken sie mein, verehrter Mann, in alter Liebe und Freundschaft. Empfehlen Sie mich der Frau Gemahlin auf's beste, und so darf ich wohl zum Schluß hinzufügen: wie ich mit aufrichtigem Antheil vernehme, daß Ihr Herr Sohn, an seiner bedeutenden Stelle, sich verdiente Gunst bey seinen Vorgesetzten zu erwerben weiß.

and so for ever!

Weimar den 11. März 1830.

Goethe.


46/245.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde hiedurch ungesäumt daß die unter dem 4. März angekündigte Sendung zu rechter Zeit angekommen, auch der 40ste Band der neuen Ausgabe im Original abgegangen; die übrigen werden zunächst folgen.

So wie denn auch, mit jenem, die fünf Bände der sechsten Lieferung, zum Behuf der Octavausgabe revidirt, den 10. März zugleich überschickt worden.

[271] Nur in dem 29. Bande hab ich noch Folgendes zu bemerken: auf der letzten Seite 344 find zufällig bey der deutschen Übersetzung des lateinischen Gedichtes zwey Zeilen, der vierte und fünfte, ausgelassen, welche auf beykommenden Manuscript eingeschaltet und vorgezeichnet erscheinen und in der Octavausgabe nachzubringen wären.

Ew. Wohlgeboren haben an dem wichtigen Geschäft, dem ich meine letzten Jahre zu widmen hatte, einen so fortdauernden als gründlichen Antheil genommen, deshalb ich denn überzeugt bin daß Sie den großen, vor kurzem erlittenen Verlust nicht ohne Mitempfindung vernehmen würden. In meinen Jahren fällt es freylich schwer sich gegen solche Entbehrungen herzustellen.

Möge Ihnen und den werthen Ihrigen alles Gute dauerhaft bereitet seyn.

Weimar den 13. März 1830.


46/246.


An Johann Heinrich Meyer

Inliegendem gemäß, mein Theuerster, habe dem jungen Kaufmann nach dem eingereichten Verzeichnisse abgenommen: die von Ihnen, Seite 3, bezeichneten 12 Gegenstände, wie noch drey andere, Seite 5 und 6. Ich habe ihm für alles rh. Currentgeld verwilligt und auszahlen lassen.

[272] Wollen Sie dieses Höchsten Orts vermelden und ob vielleicht Ihro Königliche Hoheit noch einiges auszeichnen und aus der Separat-Kasse wollten bezahlen lassen. Der Adler nimmt sich überall gut aus wo man ihn hinstellt; auch ist der kleine Nachtigall-Fütterer immer ein artiges Bildchen. Vielleicht finden Sie noch einiges Andere werth behalten zu werden, doch sey das alles höherem Ermessen anheimgestellt da ich von meiner Seite das vorerst Räthliche gethan habe.

Mögen Sie Morgen Mittag mit mir speisen so läßt sich das Nähere besprechen. Zahn von Berlin ist angekommen, ich würde ihn zu uns einladen; er verdient eine freundliche Aufnahme, und wir erfahren, bey dieser Gelegenheit, manches aus der kunst- und gewerkreichen Königstadt.

Das Beste wünschend

treu angehörig

Weimar den 13. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/247.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Ew. Kaiserlichen Hoheit bey schuldiger Rücksendung des gnädigst mitgetheilten Heftes hiedurch zu vermelden, daß die Behörden, welche vorzüglich bey dieser Gelegenheit interessirt sind, großherzogliche Kammer,[273] Hofamt und Ober-Baubehörde, sich's zur Angelegenheit machen werden, dies bedeutende Ereigniß mehr aufzuklären und sich darüber zu berathen.

Weimar den 14. März 1830.


46/248.


An Wilhelm Johann Carl Zahn

Ew. Wohlgeboren

werden, wie ich wünsche, den Überbringer dieses, Herrn Schmeller, einen glücklichen Porträtzeichner, freundlich aufnehmen, und ihm einige Stunden schenken, damit Ihr werthes Bild, in einer bey mir vorhandenen bedeutenden Sammlung von fremden und einheimischen vorzüglichen Personen, uns zurückbleibe, wenn wir Sie auf der vorhandenen Reise mit unsern besten Wünschen begleiten werden.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 14. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/249.


An Philipp Jacob Marstaller

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche, bey nunmehr eingetretener milder Witterung, mir abermals zwanzig Bouteillen Dry Madeira, von der Qualität des im vorigen Jahre übersendeten,[274] baldigst zu überschicken und einer alsobaldigen Bezahlung, nach gefälliger Anweisung, sich versichert zu halten.

Der ich unter den besten Wünschen mich geneigtem Andenken empfehle.

Weimar den 14. März 1830.


46/250.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

Könnten Ew. Hochwohlgeboren mir 6 Flaschen Dry Madeira aus großherzoglicher Hofkellerey geneigt verschaffen, so würde zugleich um die alsobald zu berichtigende Rechnung gebeten haben. Womit ich mich zu fernerem geneigten Andenken, unter den aufrichtigsten Wünschen bestens empfehle, auch ein Geneigtest zu gedencken hinzufüge.

Weimar den 14. März 1830.


46/251.


An Heinrich Mylius

Als mein Sohn von Herrn Elkan empfohlen nach Mailand abreiste, war bey uns die Nachricht eingegangen, Dieselben seyen in einer hoffnungsvollen Familienangelegenheit abgereist und deshalb von ihm nicht wohl würden angetroffen werden. Nun aber da er wahrscheinlich über die Alpen gelangt ist, vernehme[275] ich, daß jene freudigen Hoffnungen in Trauer und Schmerz verwandelt worden, welches von Herzen bedaure und mein Beyleid auszudrücken nicht Worte genug finde. Ew. Hochwohlgeboren Verhältniß ist seit langen Jahren mit Weimar so innig verwebt, daß Ihnen nichts Angenehmes und nichts Unerfreuliches begegnen kann, woran wir nicht aufrichtig Theil nehmen sollten, und ich darf wohl versichern, daß die Besten unserer Stadt den Unfall, welcher Dieselben betroffen hat, auf's tiefste mitempfinden.

Auch ohne meine ausdrückliche Bitte werden Dieselben meinem Sohn allen freundlichen Vorschub geleistet haben, wie ich denn diese Geneigtheit auch fernerhin fortzusetzen bitte. Der Frau Gemahlin, deren bedeutende Gefaßtheit in diesem Trauerfalle unser guter Dr. Schnauß, ausführlich und zu eigner Beruhigung, mir vertraut hat, werden Sie auch mich zum allerbesten zu empfehlen die Geneigtheit haben.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 14. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/252.


An Friedrich Jacob Soret

In Erwiderung Ihres freundlichen Schreibens, mein Theuerster, vermelde mit wenigem: daß, da der[276] hier durchreisende Maler und Antiquar Zahn eigentlich nichts Neues und Bedeutendes vorzuweisen mit sich führt, ich keine Ursache habe zu wünschen, daß derselbe Ihro Hoheiten vorgestellt werde. Da sich nun sogar einige Hindernisse gegen die frühere Absicht Ihro Kaiserlichen Hoheit hervorthun, so wird wohl gerathen seyn davon ganz zu abstrahiren; von seiten der hiesigen Kunstfreunde ihn freundlich zu behandeln und ihm auf morgen, wo er abzureisen gedenkt, eine glückliche Fahrt zu wünschen.

Meine unterthänigsten Empfehlungen höchsten Ortes, in Hoffnung baldigen Wiedersehens

hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 15. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/253.


An Wilhelm Johann Carl Zahn

Sie erhalten, mein Theuerster, früher ein Schreiben von mir als ich es zu erlassen gedachte; es ist mir aber sehr angenehm vermelden zu können: daß, indem ich überlegte wie ich Ihnen irgend eine Adresse nach Wien mitgeben könnte, sich eine schickliche Gelegenheit hervorthut an Herrn Deinhardstein, Kaiserlich-Königlichen Professor und Censor, zu schreiben, dem ich denn auch zugleich Ihre zu erwartende Ankunft melde.[277] Ich sende Ihnen auch noch einen kurzen Einleitungsbrief an denselbigen.

Nun aber hab ich, nach Ihrer kurzen und höchst angenehmen unterrichtenden Gegenwart, Ihre zehn Hefte vorgenommen und finde denn freylich daß wir sie mit Ihnen hätten durchgehen und manche Bemerkung hie und da uns hätten erbitten sollen.

Da ich nun zugleich bey dieser Durchsicht eine Vorarbeit zu einer Anzeige, etwa in das nächste Heft von Kunst und Alterthum, anlege, so wollte ich fragen: ob Sie mir nicht zu Vervollständigung dieses Aufsatzes einiges mittheilen wollten, welches nöthig und nützlich wäre bey dieser Gelegenheit dem Publicum vorzulegen? Sollte man nicht von Ihrem bisherigen Lebens- und Studiengange, auch Ihren nächsten Intentionen und Vorhaben etwas melden? Dergleichen liebt der Leser und, wenn er den Künstler kennt, so nimmt er mehr Antheil an dessen Arbeiten.

Wollten Sie von den Vorschritten im farbigen Druck, ohne gerade Ihr Geheimniß zu verrathen, in Bezug auf die bisherigen von andern unternommenen Versuche einiges bescheidentlich aussprechen, so wird auch das gewiß eine gute Wirkung thun.

Hierüber wünsche baldige Eröffnung, damit ich noch vor Ihrer Abreise mich deshalb völlig verständigen könne. Denn es wäre mir drum zu thun eine gründliche Anzeige Ihres bedeutenden Werkes zu geben.

[278] Soviel für heute, mich in gutem Andenken zu erhalten und überall zu empfehlen bittend.

Aufrichtig theilnehmend

ergebenst

Weimar den 19. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/254.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey eine Anzahl fremder Sämereyen mit dem Wunsch daß sich darunter etwas Neues und Bedeutendes finden möge; die wissenschaftlichen Namen werden freylich erst künftig aufzuklären seyn. Mich hat besonders die Kernschaale mit einem Dorn in Verwundrung gesetzt. Seltsam genug, daß in der Pflanzenwelt alle Formen unter allen Bedingungen zum Vorschein kommen; darin besteht ja aber auch die Qual der wörtlichen Beschreibung und näheren Bestimmung.

Ich habe diese Sämereyen von Frau v. Pogwisch nur unter der Bedingung erhalten, daß sie sich die Hälfte der davon gewonnenen Pflanzen vorbehielt; wie dieses zu leisten sey, wird die Folge zeigen.

Sie werden die Güte haben, auch in diesem Sinne auf die Pflege beykommender Samen Ihre Aufmerksamkeit zu richten.

[279] Die autorisirte Quittung erhalten Dieselben gleich bey'm Eintritt des nächsten Vierteljahres. Nach dem Tode des Rentamtmanns möchte ich nicht gern die alte Kasse noch verschreiben. Wie mir denn durchaus angenehm und belehrend bleiben wird Sie diesen Sommer öfters bey mir zu sehen.

Mit den besten Wünschen und Empfehlungen

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 21. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/255.


An Friedrich Theodor von Müller

Von der hiebey dankbar zurüchgehenden Arbeit wüßte nichts Gutes genug sagen, aus dem Stegreife würde ich mich so ausdrücken: der würdige Gehalt ist natürlich, rein, und gründlich angeschaut, die Behandlung rhetorisch-diplomatisch im besten Sinne durchgeführt.

Nun eins würde bemerken: Fol. 13b am Ende u. s. würde rathen nicht die Originalstelle einzuführen, indem solche nicht wohl lautet; sondern würde vorschlagen:

»die Überzeugung aus: daß ein einfaches Ereigniß allzubedeutend behandelt worden, indem sich solches ganz natürlich aus den damaligen Zeitumständen ergeben habe.«

[280] Oder etwas dergleichen. Zu dem glücklich Vollendeten nochmals meine höchsten Segenswünsche.

Ich sollte nicht glauben daß nach dem Sonnenuntergang etwas Weiteres zu erwarten wäre.

treulich theilnehmend

Weimar den 22. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/256.


An Ottilie von Goethe

Freundliche Meynung.

Das hier zurückkehrende Gedicht rathe nicht abzudrucken; es ist ein einseitiges Lob der Hingeschiedenen, welches für die Zurückbleibenden beleidigend werden kann. Purpur, Hermelin, Juwelen und Perlen gehören einer Fürstin und man kann sogar verlangen daß sie sich damit schmücke.

Wenn Eine dann dieß unterläßt, ihre Juwelen in dem Gehäuse bewahrt und einfach auftritt, so hängt das mit ihrer übrigen Denk- und Lebensweise zusammen; kann aber einzeln weder betrachtet noch gerühmt werden. Weiterem Nachdenken diesen Fall überlassend.

Weimar den 23. März 1830.

G.[281]


46/257.


An Johann Peter Eckermann

Indem ich, mein Werthester, das besprochene Gedicht übersende, wollt ich Sie um die Gefälligkeit ersuchen in diesen Tagen aufzunotiren was Ihnen von den Arbeiten unsres guten Carlyle in den Edinburgschen Reviews bekannt geworden.

treulich

Weimar den 25. März 1830.

G.[282]


46/257a.


An Ottilie von Goethe

[25. März 1830.]

Mr. Harrison

Amerikaner von Herzog Bernhard empfohlen nach eilf Uhr.[66]


46/258.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Großherzogin,

gnädigste Fürstin und Frau.

Ew. Kayserliche Hoheit verpflichten einen Altvater auf das gnädigste, indem Sie ihm die Mittel verleihen ein kleines unruhiges Wesen durch kindliche Beschäftigung zu beschwichtigen. Auch ihre Spiele werden, wie so vieles andere, mich unablässig Höchstderoselben Gnade und Gunst auf das Anmuthigste erinnern.

Angelegentlichst zu ferneren Hulden mich und die Meinigen empfehlend.

Verehrend

Ew. Kayserlichen Hoheit

unterthänigster Diener

Weimar den 26. März 1830.

J. W. v. Goethe.[282]


46/259.


An Johann Ludwig Deinhardstein

Ew. Hochwohlgeboren

gefälliges Schreiben hätte mir beynahe eine schmerzliche Empfindung erregt: denn wie sollte ich, in meinen hohen Jahren und bey so manchen, durch Pflicht und unausweichliche Umstände gebotenen Arbeiten, wie sollte ich es wagen an dem so bedeutenden, durch höchste Gunst erneuerten, und einem frischmuthigen Redacteur übertragenen geistreichen Unternehmen meinen Antheil zu versprechen, in Hoffnung etwas dem Übrigen und dem edlen Zwecke Zusagendes beytragen zu können? Auch gedachte ich Anfangs mich bescheidentlich zu entschuldigen.

Allein Sie erklären sich ja, auch wohl einen Aufsatz, wie die Hefte von Kunst und Alterthum allenfalls wohlmeynend mittheilen, mit Neigung aufzunehmen und befördern zu wollen.

Nun liegt das vollständige Werk des Königlich Preußischen Herrn Professors Wilhelm Zahn mir vor Augen, unter dem Titel: »Die schönsten Ornamente und merkwürdigsten Gemälde aus Pompeji, Herkulanum und Stabiä, nach den an Ort und Stelle gemachten Original-Zeichnungen von W. Zahn, Berlin bey G. Reimer«, dessen erste Hefte gewiß schon Ihren Beyfall gewonnen haben. Es sind ihrer gegenwärtig zehn, und ich gedenke nun eine einfache Anzeige mit[283] einige Bemerkungen über Ziel und Zweck derselben aufzusetzen. Ist sie nach ihrer Art fertig, so werde ich sie zu gefälliger Durchsicht und allenfallsigen Benutzung zu übergeben nicht ermangeln.

Angenehm aber ist mir's daß ich schon jetzt im Falle bin des obgenannten werthen Mannes baldiges Eintreffen in Wien hiedurch ankündigen. Er wird ein paar Zeilen von mir mitbringen; sein Persönliches so wie seine Leistungen empfehlen ihn genugsam. Er denkt wieder nach Italien, auch von da vielleicht weiter zu gehen, um uns auf's neue, durch Kunstschätze, entdeckt in unsern Tagen, oder besser ausgelegt als bisher, von Zeit zu Zeit zu erfreuen.

Nun aber sprech ich den lebhaften Wunsch aus: es möge sich ein Anlaß finden Ihrem höchsten Gönner, den ich seit vielen Jahren auch als den meinigen verehre, mich in's Gedächtniß zu rufen und Höchstdenenselben meine unwandelbare dankvollste Aneignung zu betheuern welches ich für ein besonderes Glück schätzen würde.

Ew. Hochwohlgeboren weitere geneigte Mittheilungen sollen mir jederzeit zum größten Vergnügen gereichen; wie ich denn auch, insofern es meine Kräfte erlauben, zu ihrem edlen Zwecke mitzuwirken nicht ermangeln werde.

Da ich mich denn angeregt finde schließlich noch hinzuzufügen, wie sowohl mir als meinen Freunden, welche ernstlich einer humanen Literatur zugethan[284] sind, es zur besondern Freude war, zu vernehmen, daß einem so einsichtigen und gemäßigt denkenden Manne die wichtigen Stellen anvertraut sind, wo man, in wohlwollend beurtheilender Folge, gar manches Gute, was sich auf einmal nicht erreichen läßt, durch stetige reine Behandlung einzuleiten und zu fördern vermag.

Das Beste wünschend, hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 27. März 1830.

J. W. v. Goethe.


46/260.


An Carl Friedrich Zelter

Fahre ja fleißig fort, mein Theuerster, an mich niederzuschreiben was du sonst niemand sagen magst; auch was deine Zustände und Umgebungen mir deutlich macht. Sehr hat es mich gefreut daß du dein Bedürfniß nach Tönen aussprichst; was aus dir selbst hervorquillt willst du auch von außen vernehmen. Eins fordert das andere und nur in solchen Mittheilungen besteht der wahre Genuß. Bey mir ist das Auge vorwaltend, und ich ergötze mich höchlich wenn mir gelingt, in Auctionen und von Kunsthändlern, irgend ein Kupfer, Radirung oder Zeichnung zu erlangen; freylich muß es aus älterer Zeit seyn, denn die neuern bringen uns, auf ein oder die andere Weise, meist in Verzweiflung.

[285] Ein herrliches Werk, wenn es vollendet ist, wird Toschi's Kreuzführung, nach Raphael. Es ist in Berlin gewiß mehrfach darauf unterzeichnet; ich besitze zwey Probedrücke, welche schon das Beste theilweise und das Beste im Ganzen zusichern. Versäume nicht darnach zu fragen, das Original ist das herrlichste Werk und die Nachbildung desselben höchst würdig.

Unschätzbar, in einem mindern Genre, aber inner halb dieses Kreises auf das liebenswürdigste gelungen, sind die zwey Hefte Neureuthers bildlich-musikalischer Compositionen, zur Seite meiner Balladen. Sie sind längst im Handel und sollten auch schon zu Euch gekommen seyn.

Dem altgegründeten Musiker wie dem wohlfundirten Poeten geht es denn doch in der neuern Zeit wie dem Zauberlehrling.


»Die ich rief die Geister

Werd ich nun nicht los.«


Ich habe nun noch eine besondere Qual daß gute, wohlwollende, verständige Menschen meine Gedichte auslegen wollen und dazu die Specialissima, wobey und woran sie entstanden seyen, zu eigentlichster Einsicht unentbehrlich halten, anstatt daß sie zufrieden seyn sollten daß ihnen irgend Einer das Speciale so in's Allgemeine emporgehoben, damit sie es wieder in ihre eigene Specialität ohne Weiteres aufnehmen können.

[286] Doch fällt mir ein daß auch manchmal etwas Anmuthiges aus solchem Bestreben nach Particularitäten entspringen kann.

Eine geistreiche Dame sagte mir bey Gelegenheit jener leidenschaftlichen Elegie, die du mir so anmuthig in meinen schlechten Zuständen vorlasest: ich möchte dem Frauenzimmer, das diese Elegie veranlaßt hat, irgend etwas zu Liebe thun, um meinen Antheil an einem so liebevollen Gedicht auszudrücken.

Dein reines eignes Verhältniß zu Emilia Galotti soll dir nicht verkümmert werden. Zu seiner Zeit stieg dieses Stück, wie die Insel Delos, aus der Gottsched-Gellert-Weissischen pp. Wasserfluth, um eine kreisende Göttin barmherzig aufzunehmen. Wir jungen Leute ermuthigten uns daran und wurden deshalb Lessing viel schuldig.

Auf dem jetzigen Grade der Cultur kann es nicht mehr wirksam seyn. Untersuchen wir's genau, so haben wir davor den Respect wie vor einer Mumie, die uns von alter hoher Würde des Aufbewahrten ein Zeugniß gibt.

Nun aber möcht ich dich in Versuchung führen und dir das Lesen eines Büchleins von dem du schon gehört hat zumuthen: L'Ane mort et la Femme guillotinée. Die muntern, talentvollen jungen Franzosen glauben dem leidigen Genre der grausam-widerwärtigen Schauspiele und Romane dadurch ein Ziel zu setzen, daß sie solche geistreich noch übertreiben.[287] Hiebey merken sie nicht, daß sie den Geschmack des Publicums an dergleichen Productionen immer vermehren und ein lebhafteres Bedürfniß darnach erregen.

Weiter sag ich nichts als daß ich hoffe du wirst, nach gelesenem diesem Bändchen, dein wildes Berlin ganz idyllisch finden.

and so for ever

W. d. 27. März 1830.

G.


Hinzufügen aber muß ich noch die Bitte: du mögest, wenn ich auch manchmal schweige, doch immer hübsch fleißig zu schreiben nicht unterlassen. Ich habe noch einige Haupt- und Nebenlasten fortzuschleppen, die ich unter ein paar Monaten nicht an Ort und Stelle bringe; deshalb meine Gedanken zu dem besten Freunde in der Ferne zu wenden nicht immer fähig bin.

Die Correspondenz von 1828 ist abgeschrieben; deine Originale erhältst du zunächst; sende sodann das Jahr 1829 und sorge daß das laufende 1830 hübsch reich werde, damit unser Briefwechsel dereinst nicht endige wie der Schillerische, dem Rhein gleich, sich im gemeinen Sande des Tags verlierend.

Hiemit noch die freundlichsten Grüße an Felix, den du mir ankündigst. Ich sage meiner Umgebung nichts, damit die Freude ihn wieder zu sehen durch Überraschung noch gesteigert werde.

Wie immer und überall

Weimar den 27. März 1830.

G.[288]


46/261.


An Johann Peter Eckermann

Mögen Sie, mein guter Doctor, beykommenden letzten Brief Carlyle's auch noch übersetzen und sich einrichten morgen, um 12 Uhr, bey mir zu erscheinen. Wir müssen nunmehr Ihr Gedicht zusammen durchgehen, damit es abgeschrieben und versendet werden kann; es wäre artig wenn es Gr. Majestät in dem Insular-idyllischen Zustande einiges Vergnügen machte.

Das Beste wünschend

Weimar den 30. März 1830.

G.


46/262.


An Johann Heinrich Meyer

Wollten Sie doch, mein Werthester, die besprochenen Rechnungen zur Autorisation einsenden, da bey'm Jahresschlusse der Rechnungsführer alles beysammen wünscht. Auch würden Sie sich gefällig einrichten morgen mit mir zu speisen, wegen des Spazierenfahrens frag ich nach wenn das Wetter zusagt.

Das Beste wünschend.

Weimar den 31. März 1830.

G.


47/1.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Der Herausgeber des Chaos getraut sich nicht unter den Varianten zu wählen und bittet um geneigte Selbstbestimmung des Dichters.

Treu freundlichst

Weimar den 2. April 1830.

G.


47/2.


An Carl Gustav Börner

[Concept.]

Mit der fahrenden Post erhalten Dieselben das überschickte Portofeuille wieder zurück, woraus ich die vorgestrichenen Nummern des hier beyliegenden Verzeichnisses zurückbehalten habe, deren Betrag

von23 Thalern

hiezu10 Thaler der Auctions-Rechnung

33 rh.

gleichfalls mit der fahrenden Post übermacht wird, worüber mir Quittung erbitte. Da Sie die Richtung meiner Liebhaberey[1] kennen, so senden Sie mir von Zeit zu Zeit was in dieser Art Ihnen zu Handen kommt; einen besonderen Auftrag wüßte nicht zu geben.

Weimar den 2. April 1830.


47/3.


An Wilhelm Reichel

Indem ich wiederholend vermelde daß alles bisher Angekündigte glücklich eingetroffen, habe anzuzeigen: das Original vom 36. und 37. Bande meiner Werke sey an Dieselben so eben abgegangen. Wie den auch die beiden noch fehlenden, die ich nur zurückbehalte um sie mit einigem neuen Interessanten zu schmücken, auf jedesmaliges Verlangen abgehen können. Auf den Verlauf dieser, für mich so interessanten Angelegenheit zurück blickend bleibt mir die von Ew. Wohlgeboren derselben gegönnte folgerechte Aufmerksamkeit, ein wie das andere Mal, höchst dankenswerth. Womit ich mich, das Beste wünschend, zum allerschönsten empfehle.

ergebenst

Weimar den 2. April 1830.

J. W. v. Goethe.


47/4.


An Friedrich Theodor von Müller

Für das mitgetheilte Schreiben unsres verehrten Freundes zum allerbesten dankend übersende hier die verlangten drey Medaillen, leider die von Serenissimi[2] Jubelfeste nur in Bronze, die silberne ist nicht einmal in dem kleinen Separatkästchen mehr, welches ich bey mir verwahre. So verschwinden nach und nach die Denkmale der treusten Theilnahme.

anhänglich

Weimar den 3. April 1830.

Goethe.


47/5.


An Carl Wilhelm Lieber

Wegen der kleinen übergebenen Landschaft will ich Herrn Lieber nur bemerken: daß sie als einzudruckende Vignette zu betrachten sey, und deshalb nicht in einen viereckten Raum eingeschlossen, sondern als in den Grund verlaufend behandelt werde.

Weimar den 3. April 1830.

Goethe.


47/6.


An Georg August Christian Kestner

Ich hätte Ihnen, mein theuerster und altbefreundeter Mann, schon längst für manche bedeutende Sendung und wiederholte Gefälligkeiten zu danken gehabt; die Zustände bewegen sich aber in meinen alten Tagen etwas zu geschwind um mich her als daß ich auch in die Ferne alle Geneigtheit gehörig erwidern könnte. Jetzt tritt ein hübscher junger Mann bey mir ein, für Rom Abschied nehmend, und wenn ich denke daß[3] dieser nun bald in die Porta del Popolo einfahren wird, so werden mir jene Bezirke bis zur Rührung lebendig.

Dieser junge Mann ist der Sohn des hiesigen Hofbildhauer Kaufmann, welcher vor etwa 14 Jahren hier einwanderte, sich leidlich befand und manches zu unserem beyfälligen Vergnügen arbeitete. Er starb frühzeitig und sein Sohn geht nun in Rom bey der Mutter zu leben, welcher eine billige Pension zugestanden ist.

Durch Gegenwärtiges wünsche ihn nur in dem Sinne einzuführen daß Ihnen ein wohlgestalteter, soviel ich weiß, wohlgesitteter junger Mensch bekannt werde, und daß er in jener weiten Welt, die er als Kind verlassen, einen freundlichen zusprechenden Mann geneigt antreffen möge.

Er verließ, wie ich zu bemerken hatte, das plastische Feld, worin sein Vater meisterhaft wirkte, und legte sich auf eine Art Zeichnerey die mir nicht gefallen wollte, weil auch er, durch junge Gesellen, mit dem alterthümlich-frommen und zugleich sogenannten patriotisch-natürlichen, aber immer doch nur steif- und mumienhaften Wesen angesteckt war. Vielleicht mögen Sie etwas von seinen Arbeiten ansehen und, indem Sie ihn nachsichtiger beurtheilen, zu seiner Förderniß etwas Günstiges beytragen. Übrigens soll er Ihnen in keinem Sinne zur Last seyn.

Der verehrlichen Gesellschaft, die sich zu Aufklärung des Alterthums zusammen gefunden hat, bitte mich[4] bestens empfehlen. Ich habe einige kleine Dinge, die mir wenigstens interessant scheinen, welche nächstens mitzutheilen gedenke, indessen ich von ihren bedeutenden Arbeiten im Stillen Vortheil zu ziehen weiß.

Auch die mir vorlängst übersendeten Zeichnungen begegnen mir, bey Durchsicht meiner Mappen, öfters auf das freundlichste; finden Sie irgend etwas der Art, wovon Sie sich gewiß überzeugen daß es mir Freude macht, so senden Sie es gelegentlich. Eben jetzt ist es mir eine Herzensangelegenheit noch so viel Blumen und Blüten der Zeit und Vorzeit gewahr zu werden als möglich.

Und nun bitte noch gefälligst meine besten Empfehlungen an Gräfin Julie v. Egloffstein zu übernehmen, welche gegenwärtig das Glück hat an Ihrer Seite der größten Herrlichkeiten der Welt zu genießen. Auch Herrn Bunsen wünsche auf's angelegentlichste von mir gegrüßt. Durch Herrn Canzler v. Müller werd ich oft in Ihre Mitte versetzt, dessen Erzählung vom römischen Aufenthalt eigentlich nur als eine Lobrede auf die dortigen deutschen Freunde angesehen werden kann. Womit ich mich unter den aufrichtigsten Wünschen unterzeichne.

treu ergeben

Weimar den 5. April 1830.

J. W. v. Goethe.[5]


47/7.


An Georg August Christian Kestner

[5. April 1830.]

Der Überbringer des Gegenwärtigen ist der Sohn des hier vor kurzem verstorbenen Hofbildhauers Kaufmann, der nach Rom zurückgeht um bey seiner Mutter zu leben welcher eine verhältnißmäßige Pension verwilligt worden ward; ein wohlgestalteter und, soviel mir bekannt ist, gesitteter junger Mann. Es ist derselbe den ich unter gleichem Datum schon angekündigt, deshalb ich ihn ohne Weiteres hier mit wenigen Worten empfehle und nur noch die Wünsche für Ihr Wohl hinzufüge, unter einer Versicherung einer treuen Anhänglichkeit.

Weimar den 4. April 1830.

J. W. v. Goethe.


47/8.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Anbey folgen die zwey Bronze-Medaillen welchen eine günstige Aufnahme wünsche. Zugleich habe zu vermelden daß in diesen Tagen sich wohl etwas Günstiges für die Wilmanns'sche Buchhandlung hervorthun könnte wenn anders [man] noch dort Verlangen trägt.

Mich bestens empfehlend.

Weimar den 5. April 1830.[6]


47/9.


An Johann Friedrich Rochlitz

Um auf Ihren erfreulich erquicklichen Brief sogleich auch nur weniges dankbar zu erwidern bringe das zu Papiere was schon längst Ihnen zuzusenden die Absicht war.

In jenen traurigen Stunden, wo wir keine Hoffnung auf die Erhaltung unsrer verehrten Fürstin mehr haben konnten, sie aber doch noch am Leben wußten und uns immer noch mit irgend einem Wiederaufathmen einer so lang geprüften Natur schmeicheln mochten, war Ottilie bey mir auf dem Zimmer und Ihre neusten Bände lagen eben vor. Sie ergriff einen und las in dem heiter geschriebenen Leben das wunderlich unschuldige Benehmen des seltsamen Organisten, sodann das Urtheil über die Reichardtischen Lieder und was sonst noch folgte, das alles unsre Aufmerksamkeit fesseln und unsre Neigung anziehen konnte, dergestalt daß ich diesen wahren geistreichen Darstellungen in solchen Tagen und Stunden sehr viel schuldig geworden.

Dieses wollte ganz einfach vermelden und hinzufügen: wie sehr es mich gefreut hat meine italiänische Reise von Ihnen so von Grund aus reproduzirt zu sehen. Wie möchten wir denn vergangene Zustände uns selbst wieder hervorrufen und der Welt getrost mittheilen, wenn wir nicht Glauben und Überzeugung[7] hätten es werden sich begabte Geister finden, die das alles aufnehmen wie es gegeben ist, in welchen gleiche Gesinnungen auf- und absteigen, gleiche Erfahrungen zu denselben Resultaten führen.

Und so bin ich mit meinen ältern und neuern Productionen in diesem Sinne gar wohl zufrieden. Ich habe mich möglichst vor allem Didactischen gehütet und es durchaus in ein poetisches Leben einzugeisten gesucht. Nun muß es mich höchlich freuen wenn ein so löblich Mitarbeitender, Mitlebender auch sich selbst und Verwandtes in meinen Heften findet, sich an den Mängeln wie an den Tugenden erbaut; weil das Ganze zuletzt von einem redlichen Streben nach einem edlen Zwecke Zeugniß gibt, der, nie erreicht, aber immer im Augen behalten, den Muth gibt Kräfte zu steigern, um sich und andern, bald einsam bald gesellig, einen Weg zu bahnen, der, zurückgelegt, selbst schon als erreichter Zweck betrachtet werden kann.

Hier muß ich aufhören um nicht gar in's Abstruse zu gelangen, ob ich gleich mich in keine Region begeben könnte, wohin Sie mich nicht, mit Beystimmung und Zufriedenheit, begleiten möchten.

Eilig sey dieß Blatt zusammengelegt um nicht einen Posttag länger zu verweilen. Mit den treusten Wünschen von Herzen angehörig

Weimar den 6. April 1830.

J. W. v. Goethe.[8]


47/10.


An Johann Christian und Carl Wilhelm Stark,Heinrich Luden,

Heinrich Carl Abraham Eichstädt

und Gustav Adolph Martin.

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche durch Gegenwärtiges auf das freundlichste unserm vorzüglichen Porträtzeichner Herrn Schmeller einige Stunden zu gönnen, damit auch Ihr Bildniß der würdigen Sammlung von einheimischen und auswärtigen schätzbaren Zeitgenossen, die bey mir immer zunimmt, eingefügt und das Andenken eines so bedeutenden Zusammenlebens um desto vollständiger unsern Nachkommen hinterlassen werde.

In vollkommenster Hochachtung

gehorsamst

Weimar den 7. April 1830.

J. W. v. Goethe.


47/11.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Unser guter Schmeller, wie sich sein Name zu dem Ihrigen reimt, wird durch seine Gegenwart Ihre Familie nicht belästigen sondern beleben, auch von den Kinderchen eine treue abbildende Zeichnung liefern.

Hiebey folgen Briefe an die Herren deren Porträt ich wünsche. Sollte der Künstler lange genug drüben verweilen, oder, wie es der Ferien wegen wahrscheinlich[9] ist, einer oder der andere nicht gegenwärtig seyn, so deuteten Sie mir wohl [an], wen es am schicklichsten seyn möchte anzugehen und zu ersuchen. Bisher hab ich mich immer an diejenigen gewendet mit welchen ich in einigem Verhältniß stand. Herrn Dr. Bachmann würde auf alle Fälle zuerst nennen.

Haben Sie die Gefälligkeit diese Angelegenheit zu überdenken und mit Schmeller zu besprechen, denn ich wünschte daß von seinem dießmaligen Aufenthalt auch für meine Sammlung das Möglichste gewonnen würde.

Etwas Trinkbares folgt hiebey um den Ernst dieser Woche einigermaßen zu erheitern.

für und für

Weimar den 7. April 1830.

Goethe.


47/12.


An Johann Ludwig Deinhardstein

Überbringer dieses, Herrn Professor Wilhelm Zahn, begleite nur mit den aufrichtigsten Grüßen und treusten Empfehlungen, da ich schon in meinem Schreiben vom 27. März das Nähere von ihm gemeldet habe, und er sich persönlich, zugleich mit seiner Angelegenheit, am besten einleiten wird.

Die zugesagte Anzeige der pompejanischen Hefte erfolgt baldmöglichst. In diesem Augenblick lasten[10] gar zu vielen Obliegenheiten auf mir, deren ich jedoch bald genug zu thun hoffe.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 8. April 1830.

J. W. v. Goethe


47/13.


An Wilhelm Johann Carl Zahn

[Concept.]

Mit den wenigsten Worten, jedoch die treusten Wünsche für ihr Wohl und das Gelingen Ihrer Zwecke enthaltend, sende Gegenwärtiges, in Erwiderung Ihres ausführlichen Schreibens vom 6. April, Wovon ich schicklichen Gebrauch zu machen hoffe.

Weimar den 8. April 1830.


47/14.


An Johann Heinrich Meyer

Indeß ich, mein Theuerster, nach Ihrer letzten Äußerung hoffen konnte, die höchst unangenehme Sache sey beseitigt, so tritt sie, wie ein leidiges Gespenst, wieder hervor, wie Sie aus beyliegendem Schreiben des Herrn v. Beulwitz geneigt ersehen werden.

Ich habe die Sache wieder in Ihre Hände zu legen gesucht, wie aus der gleichfalls beyliegenden Antwort ersichtlich ist. Sehen wir was zu thun ist und ob das Unerfreuliche unvermeidlich sey? Geht es[11] nicht anders so gedenken wir jenes Weisheitsspruches des kleinen italiänischen Mädchens:

Periamo noi, perino anche i bicchieri.

Mögen Sie mich gegen Abend ein wenig besuchen, so soll es mich höchlich erfreuen.

treulichst

Weimar den 10. April 1830.

G.


47/15.


An Friedrich August von Beulwitz

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen wenn ich mit einer Bibliotheks-Angelegenheit behellige.

Durch Professor Riemer und Secretär Kräuter erfahre so eben daß unser gnädigster Herr eine Umänderung in der Decoration des Bibliothek-Saales beabsichtigen.

Ich kann mich nicht erinnern daß Höchstdieselben gegen mich etwas davon erwähnt, ich würde sonst, im Vertrauen auf Ihro Gnade, nicht unterlassen haben aufrichtig zu bekennen: daß es mich höchlich betrüben müsse, wenn eine so durchdachte und den Augen wohlgefällige Anordnung, welche der höchstselige Herr gebilligt und jedermann seit vielen Jahren gut geheißen, nunmehr abgeschafft werden solle. Dieses Gefühl ist mir um so peinlicher als dasjenige, was an die Stelle treten soll, mir völlig unbekannt ist.

[12] Sollten Ihro Königliche Hoheit jedoch diesen Gedanken weitern Raum geben, so bitte unterthänigst daß Hofrat Meyer den Auftrag erhalten möge: diejenigen Bilder, die in der Bibliothek aufgestellt werden sollen, als ein Mann von Kenntniß und Einsicht zu betrachten, ihren Zustand zu bemerken, die allenfalls nöthige Restauration zu beurtheilen und der neuen Ausstellung mit Geschmack vorzustehen; da solche nicht wohl den Angestellten und gewissermaßen dem Zufall zu überlassen wäre.

Ew. Hochwohlgeboren versichern unsern gnädigsten Herrn meiner tiefsten Ergebenheit und herzlichsten Anhänglichkeit und sprechen gefälligst aus: wie unendlich es mich schmerzen müsse, dießmal Ihren Befehlen mit Besorgniß entgegen zu sehen.

In vollkommenster Hochachtung.

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster

Diener

Weimar den 10. April 1830.

J. W. v. Goethe.


47/16.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

habe auf's freundlichste zu ersuchen, heute Abend zwischen Tafel und Hof gefällig einzusprechen. Die erste Sendung an Wilmans ist ziemlich beysammen[13] und könnte in diesen Tagen abgehen. Ich wünschte sie vorzulegen und in Ihren Beyfall eine Entschuldigung des langen Zögerns zu finden; auch wollte in einer für mich bedeutenden Angelegenheit mir Ihren einsichtigen Rath erbitten.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 11. April 1830.

J. W. v. Goethe.


47/17.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wollte durch Gegenwärtiges den Wunsch eröffnen daß wir gleich nach der Messe den Abdruck der Pflanzen-Metamorphose mit Ihrer Übersetzung abzudrucken den Anfang machen möchten.

Sollte es nöthig seyn mit dem Herrn Verleger deshalb noch zu conferiren so bitte solches gefällig zu besorgen.

Eine glückliche Reise und gute Geschäfte anwünschend

Hochachtungsvoll

Weimar den 13. April 1830.[14]


47/18.


An Heinrich Wilmans

[Concept.]

[14. April 1830.]

Geneigtest zu gedenken.

Beyliegende Zeichnungen stellen die Wohnung des Herrn Thomas Carlyle in der Nähe und ferne dar, wo er, dreyßig englische Meilen südlich von Edinburg, in der Nähe des Dumfries aufhält. Die Absicht ist die Übersetzung von Schillers Leben zu zieren und Veranlassung daher zu einem günstigen Vorworte zu nehmen.

Beide Zeichnungen werden auf eine Platte gestochen, wie beyliegendes Blatt ausweist, und stellen Titelkupfer und Titel vor. Sie werden vorgebunden und nach englischer Art folgt noch ein gedruckter Titel.

Es wird freylich vorausgesetzt daß sowohl Titelkupfer als Vignette so sauber und so kräftig zugleich als nur möglich in Kupfer gestochen werden damit sie auch in England Gefallen erregen.

Die Buchstaben des Titels sind leicht und höchst zierlich zu halten. An geschicktesten Künstlern jeder Art fehlt es in Frankfurt nicht, die für diese Arbeit wohl zu gewinnen seyn möchten.

Weimar den 13. April 1830.[15]


47/19.


An Thomas Carlyle

[14. April 1830.]

Das werthe Schatzkästlein, nachdem es durch den strengsten Winter vom Continent lange abgehalten worden, ist endlich um die Hälfte März glücklich angelangt.

Um von seinem Gehalt zu sprechen, erwähne zuerst der unschätzbaren Locke, die man wohl mit dem theuren Haupte verbunden möchte gesehen haben, die aber hier einzeln erblickt mich fast erschreckt hätte. Der Gegensatz war zu auffallend; denn ich brauchte meinen Schädel nicht zu berühren, um zu wissen daß daselbst nur Stoppeln sich hervorthun, es war nicht nöthig vor den Spiegel zu treten, um zu erfahren daß eine lange Zeitreihe ihnen ein mißfarbiges Ansehen gegeben. Die Unmöglichkeit der verlangten Erwiderung fiel mir auf's Herz und nöthigte mich zu Gedanken deren man sich zu entschlagen pflegt. Am Ende aber blieb mir doch nichts übrig als mich an der Vorstellung zu begnügen: eine solche Gabe sey dankbarlichst ohne Hoffnung irgend einer genügenden Gegengift anzunehmen. Sie soll auch heilig in der ihrer würdigen Brieftasche aufbewahrt bleiben und nur das Liebenswürdigste ihr zugesellt werden.

Der schottische elegante Turban hat, wie ich versichern darf, zu manchem Vergnüglichen Gelegenheit[16] gegeben. Seit vielen Jahren werden wir von den Einwohnern der drey Königreiche besucht, welche gern einige Zeit lang bey uns verweilen und guter Gesellschaft genießen mögen. Hierunter befinden sich zwar weniger Schotten, doch kann es nicht fehlen daß nicht noch das Andenken an einen solchen Landsmann sich in einem schönen Herzen so lebendig finde, um die National-Prachtmütze, die Distel mit eingeschlossen, als einen wünschenswerthesten Schmuck anzusehen, und die gütige Senderin hätte sich gewiß gefreut das lieblichste Gesicht von der Welt darunter hervorgucken zu sehen. Ottilie dankt aber zum allerverbindlichsten und wird, sobald unsre Trauertage vorüber sind, damit glorreich aufzutreten nicht ermangeln.

Lassen Sie mich nun eine nächste Gegensendung ankündigen, welche zum Juni als der günstigsten Jahrszeit sich wohl wird zusammen gefunden haben; Sie erhalten:

1)Das Exemplar ihres übersetzten Schiller, geschmückt mit den Bildern Ihrer ländlichen Wohnung, begleitet von einigen Bogen in meiner Art, wodurch ich zugleich dem Büchlein offnen Eingang zu verschaffen, besonders aber die Communication beider Länder und Literaturen lebhafter zu erregen trachte. Ich wünsche daß diese nach Kenntniß des Publicums angewendeten Mittel Ihnen nicht mißfallen, auch der Gebrauch, den ich von Stellen unsrer Correspondenz gemacht, nicht als Indiscretion möge gedeutet werden.[17]

Wenn ich mich in jüngeren Jahren vor dergleichen Mittheilung durchaus gehütet, so ziemt es dem höheren Alter auch solche Wege nicht zu verschmähen. Die günstige Aufnahme des Schillerischen Briefwechsels gab mir eigentlich hiezu Anlaß und Muth. Ferner finden Sie beygelegt:

2)Die vier noch fehlenden Bände gedachter Briefe. Mögen sie Ihnen als Zauberwagen zu Diensten stehen um sich in die damalige Zeit in unsre Mitte zu versetzen, wo es eine unbedingte Strebsamkeit galt, wo niemand zu fordern dachte und nur zu verdienen bemüht war. Ich habe mir die vielen Jahre her den Sinn, das Gefühl jener Tage zu erhalten gesucht und hoffe es soll mir fernerhin gelingen.

3)Eine fünfte Sendung meiner Werke liegt sodann bey, worin sich wohl manches Unterhaltende, Unterrichtende, Belehrende, brauchbar Anzuwendende finden wird. Man gestehe zu daß es auch ideelle Utilitarier gebe, und es sollte mir sehr zur Freude gereichen, wenn ich mich darunter zählen dürfte. Noch eine Lieferung, dann ist vorerst das beabsichtigte Ganze vollbracht, dessen Abschluß zu erleben ich mir kaum zu hoffen erlaubte. Nachträge gibt es noch hinreichend; meine Papiere sind in guter Ordnung.

4)Ein Exemplar meiner Farbenlehre und der dazu gehörigen Tafeln soll auch beygefügt werden; ich wünsche, daß Sie den zweyten, als den historischen Theil, zuerst lesen. Sie sehen da die Sache herankommen,[18] stocken, sich aufklären und wieder verdüstern. Sodann aber ein Bestreben nach neuem Lichte ohne allgemeinen Erfolg. Alsdann würde die erste Hälfte des ersten Theils, als die didactische Abtheilung eine allgemeine Vorstellung geben wie ich die Sache angegriffen wünsche. Freylich ist ohne Anschauung der Experimente hier nicht durchzukommen; wie Sie es mit den polemischen Abtheilung halten wollen und können, wird sich alsdann ergeben. Ist es mir möglich, so lege, besonders für Sie, ein einleitendes Wort bey.

5)Sagen Sie mir etwa zunächst wie Sie die deutsche Literatur bey den Ihrigen einleiten wollen; ich eröffne Ihnen gern meine Gedanken über die Folge der Epochen. Man braucht nicht überall ausführlich zu seyn, gut aber ist's auf manches zu vorübergehende Interessante wenigstens hinzudeuten, um zu zeigen daß man es kennt. Dr. Eckermann macht mit meinem Sohn eine Reise nach Süden und bedauert, nicht, wie er gewünscht hätte, dießmal beyhülflich seyn zu können. Ich werde gern wie abgesagt seine Rolle vertreten. Diesen Sommer bleib ich zu Hause und sehe bis Michael Geschäfte genug vor mir.

Gedenken Sie mit Ihrer lieben Gattin unsrer zum besten und empfangen wiederholten herzlichen Dank für die schöne Sendung.

treu angehörig

Weimar den 13. April 1830.

J. W. v. Goethe.[19]


47/20.


An Elisabeth Cotta

[Concept.]

[18. April 1830.]

Ew. Gnaden sind schon von der Freyheit unterrichtet, die ich mir zu nehmen gedachte, ein weimarisches poetisches Product Ihrem Urtheil und gefälliger Begünstigung vorzulegen. Es spricht für- und vielleicht auch wider sich selbst; den, ohne irgend einer Ansicht vorzugreifen, möchte ich es, in Bezug auf Ihro Majestät zu naiv und in Bezug auf den Abgebildeten zu enthusiastisch finden. Doch dieß sind gerade zwey Eigenschaften, in welchen der Poet am wenigsten zu mäßigen ist.

Im Ganzen jedoch stellt es sich als ein unwidersprechliches Zeugniß dar, welch ein bedeutend-anhaltende Wirkung die gnädigste Anwesenheit Ihro Majestät und die fortgesetzte unschätzbare Theilnahme, welche Höchstdieselben Ihrem Begünstigten erwiesen, bey uns angeregt und lebendig erhalten hat. Wobey die im Öffentlichen bekannt gewordenen Gedichte Veranlassung geben mußten sich in das Innerste eines so menschlich denkenden und fühlenden Fürsten zu versetzen.

Mehr will ich nicht sagen weil der Leser beykommender Blätter selbst genötigt wird, den Dichter dem Fürsten gegenüber zu stellen und zu untersuchen: ob er sich dessen hohem Sinne genähert und dessen Absichten treulich anerkannt habe; so viel aber wird[20] immer daraus hervorgehen: daß es nicht ein einzelner Mensch ist, der sich äußert, sonder daß hier das Resultat eines gesellig-gebildeten Zusammenlebens, nach langem Besprechen und Verhandeln, endlich von einem Einzelnen poetisch ausgedruckt worden.

Ew. Gnaden und dem Herrn Gemahl, denen diese Arbeit gewiß nicht ganz mißfallen wird, sey nun völlig anheim gegeben, was hierüber weiter zu verfügen seyn möchte. Sollte nicht vielleicht gerade jetzt Ihro Majestät, in gegenwärtiger idyllischen Einsamkeit, ein solcher treuer Zuspruch, aus der fernen geselligen Welt, angenehm seyn und Höchstdieselben sogar, auf eine freundlich-bescheidene Weise, in das Vaterland zurück einladen, wo ein solcher Fürst und Mensch sich so vieler treuer Verehrer gewiß halten kann. Vielleicht hinzugefügt einer abgehenden Depesche, würde das Werklein zu guter Stunde anlangen und eine wünschenswerthe Wirkung hervorbringen.

Doch werde dieses nur als Wunsch und nicht als Vorschlag, oder gar Absicht betrachtet. Wir haben hier am Orte dieses Gedicht secretirt, um jeder Art allenfalls zu beliebender öffentlichen Bekanntmachung nicht vorzugreifen, und denken es damit, als einem besonders gewidmeten Opfer gleichmäßig fortzuhalten. Trügt uns unsere Hoffnung nicht, so hat der Verfasser Dr. Eckermann sich als ein lobenswürdiges Talent dabey zu erkennen gegeben, welcher deshalb in dem besten Sinne empfohlen seyn möge.

[21] Sollte die in dem gegenwärtigen Falle von mir gewagte Freyheit sonderbar erscheinen, so bitte Ew. Gnaden sie dem Eindruck zuzuschreiben, der, seit Ihrem Hierseyn, unabänderlich bey mir und bey den Meinigen fortgewirkt hat, und welcher in einem entschiedenen Vertrauen auf Dero Charakter und Übersicht besteht, wozu einen Ausdruck zu finden diese Gelegenheit mir höchlich zusagte.

In wiederholter Versicherung verpflichteter Angelegenheit unterzeichne mich hochachtungsvoll.

Weimar den 14. April 1830.


47/21.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

wollte vor allen Dingen durch Gegenwärtiges anzeigen: daß das gemeldete Gedicht, auf einer Rolle, gestern, durch die fahrende Post abgegangen, welchem die Entschuldigung dieser Freyheit, in einem beygelegten Briefe, hinzugefügt ist.

Sodann habe anzuzeigen daß ich den Betrag der 8ten Lieferung an 7500 Thalern von Herrn Frege und Comp. in Leipzig richtig erhalten habe, worüber nochmals dankbar quittire.

Herr Factor Reichel hat den größten Theil des Originals nunmehr schon in Händen. Möge es mir vergönnt seyn auch den Abdruck dieser letzten Lieferung[22] noch zu erleben und der Vollendung eines so bedeutenden Unternehmens mich mit Denenselben zu erfreuen.

Zugleich danke verbindlichst für das übersendete Verzeichniß der sich für unser Werk interessirenden Ortschaften und Personen. Wäre mir ganz klar gewesen welche Mühe ich dadurch den Ihrigen verursachte, so hätte ich solches kaum zu wünschen gewagt.

Die gleichfalls dankbarlichst empfangenen Exemplare des Einzeldrucks sind von Augsburg glücklich angekommen und haben mir schon über einige Geburts- und Festtage freundlich hinaus geholfen.

Von der Metamorphose sag ich nur so viel: daß das Werk im Ganzen dreyßig Bogen betragen werde; wenn Ew. Hochwohlgeboren hiernach eine einsichtige Berechnung stellen mögen, so wird das Honorar, das Dieselben verwilligen, den Theilnehmern durchaus genügen.

Mich dem verehrten Paare auf das angelegentlichste empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 19. April 1830.

J. W. v. Goethe.


47/22.


An Marianne von Willemer

Sie würden gewiß, meine Theuerste, Ihrem liebenswürdigen letzten Brief noch manches Blättchen diese[23] Zeit her, haben folgen lassen, hätten Sie die Ahnung gehabt wie wohlthätig es mir würde gewesen seyn.

Erst der Antheil an dem Unfall unsrer verehrten Frau Großherzogin, die Sorge für ihre Genesung, die fort und fort schwindende Hoffnung sie erhalten zu sehen und zuletzt ihr Scheiden, verdüsterten, seit Ende vorigen Jahrs, Daseyn und Umgebung. Schnee und Kälte drängten uns immer mehr in's Enge und erst jetzt, da sich die Natur wieder aufthut, fühlen wir uns einigermaßen befreyter und, wie man im Frühlinge reiselustig wird, so sendet man wenigstens seine Gedanken dahin wo man eine liebevolle Aufnahme derselben versichert ist.

Sie erhielten in diesen Tagen ein kleines Paquet das Ihnen die angenehmste Pflicht auflegt, im Andenken eines angeeigneten Freundes, mit Pflanzen-Erziehung sich zu beschäftigen. Mögen diese fruchtbaren Blätter viele Wurzeln schlagen und, in reichlichen Keimen entfaltet, von der Freundin selbst, auch vielleicht Freunden mitgetheilt, die Erinnerung an den senden den beleben und erhalten.

Ihre frühere Bekanntschaft mit dem thörig lustigen mannichfaltigen Volksgedränge war mir höchst erfreulich; auch bey uns wirken diese südlichen Scherze seit langen Jahren immerfort dergestalt, daß mein eigenes mit Bildern ausgestattetes Exemplar mir abhanden gekommen. Sollten Sie aber ein gewisses Werk nicht kennen: »Abhandlung über die Comödie aus dem[24] Stegreif und die italiänischen Masken nebst einigen Scenen des römischen Carnevals von Professor Francesco Valentini aus Rom. Mit 20 illuminirten Kupfern. Berlin 1826. bey C. W. Wittig«, so sende solches zu heiterer Unterhaltung. Gern sollte es Ihnen gänzlich als Erb- und Eigenthum überlassen seyn, wenn es meine Familie nicht als einen Hausschatz ansähe, der jederzeit im Anfange des Jahrs seine Zinsen tragen müsse. Auch dießmal wurde das Werklein so lebhaft benutzt daß es dem Buchbinder zu übergeben war um solches zu retten und wieder herzustellen; und in solcher neuen Kleidung steht es zu Diensten.

Einige Auskunft über die Räthsel, welche in meinen kleinen Gedichten und den größern Werken vorkommen, ließe sich anmuthig von Mund zu Mund, aber nicht wohl schriftlich mittheilen. Soviel jedoch würde sich durchaus ergeben, daß irgendwo ein Vorzüglichstes, sowohl der Innigkeit als der Dauer nach, auffallend entgegen träte.

Damit aber die heutige Post nicht versäumt werde

eiligst und treulichst

unwandelbar

Weimar den 19. April 1830.

J. W. v. Goethe.[25]


47/23.


An Heinrich Gustav Hotho

[Concept.]

Nicht länger will ich säumen, Ihnen, mein Theuerster, zu sagen daß Ihre liebe Sendung mir sehr wohlthätig geworden ist. Denn was konnte ich mir wünschen als, nach langem Streben und Mühen, den Gang meines Lebens und Wirkens so innig durchdrungen und erkannt zu sehen. Denn es ist ja, bey einem fortschreitenden Thun und Handeln nicht die Frage was einzeln lobens- oder tadelnswerth, bedeutend oder unbedeutend sey? sonder was im Ganzen für eine Richtung genommen worden und was daraus zuletzt für das Individuum selbst, für seine nächsten Zeitgenossen, irgend für ein Resultat sich ergeben, und was daher für die Zukunft zu hoffen sey.

Hat man auch im Einzelnen die Freude hie und da einen Geist aufgeklärt, ein Gemüth bestätigt zu haben, so bleibt doch zuletzt immer höchst wünschenswerth: jenes innige was in uns lebte, strebte, suchte, oft ohne Bewußtseyn nach langem Tasten und Irren das Rechte fand; eben jenes unbegreifliche Wir endlich, in seinem Verlauf, von einem wohlwollendem Geiste, günstig abgespiegelt zu sehen.

Aufmerksam hab ich von jeher gesucht auch aus dem Feindseligen selbst bedeutenden Vortheil zu ziehen, denn dadurch lernt ja eben erst Menschen und[26] Welt kennen, indem ich einsehen lernte wie und warum sie sich mir entgegenstellten: mit Recht und Unrecht, mit Überzeugung oder Mißwollen, heimlich oder öffentlich, tückisch oder gewaltsam. Genug, ich erfuhr nach und nach wie es mit mir und andern beschaffen sey. Doch hörte dieß zuletzt auf mich zu interessiren, da sich immerfort das Gleiche auf eine oder die andere Art wiederholte, und nun zuletzt stellt man mich gar mir selbst als Plus und Minus entgegen, zum Versuch, ob es nicht anginge eines durch das andere aufzuheben und in Zero zu verwandeln.

Man sagt vom Alter, es sey geschwätzig, aber ich dächte doch es dürfte gesprächig seyn; man hat viel zu sagen, und sagt's auch wohl kühnlich was man früher weislich dahin gehen ließ.

Hier würde ich nun leider abbrechen müssen weil dringende Geschäfte meine nächsten Stunden und Tage fordern. Da entschließ ich mich denn, Ihnen die Stelle eines Briefs an einen geprüften Freund abschreiben zu lassen. Denn wie sollte es mich nicht freuen dasjenige, was ich einem vieljährigen Freund erwiderte, auch einem jüngern Manne, der es um mich so wohl verdient, gleichfalls aneignen zu können.

Nehmen Sie dieses Blatt geneigt auf und empfangen, so wie im Allgemeinen, als wie im Besondern den schönsten Dank daß Sie dem Mann von funfzig Jahren sich günstig erwiesen. Ihnen am wenigsten konnte verborgen bleiben, daß ich mit[27] Vorliebe und Sorgfalt diesen kleinen Bezirk durchgefühlt, durchsonnen und ausgestattet. Und hier hätt ich denn noch manches anzuführen, dessen herzliche geistreiche Auffassung mir besonders wohlgethan, wenn ich auf dem Fluß Ihrer Theilnahme meine früheren Zustände mir nochmals zu durchschiffen schien.

Möge Ihnen alles nach Wunsch ergehen, welches um so mehr zu hoffen ist, als Ihre Ansichten im heiteren Himmel des Wohlwollens behaglich walten.

Guter Wille ist die beste Augensalbe, Mißwollen ist eine falsche Brille, welche die Gegenstände entstellt und die Sehkraft verdirbt.

Wünschen Sie über eins und andere Auskunft und Aufklärung, so gebe solche insofern es möglich und thulich ist. Aufrichtig theilnehmend und das Beste wünschend.

Weimar den 19. April 1830.


47/24.


An Carl Friedrich Zelter

Es fehlt deinen sämmtlichen Briefen zwar nicht an Liebenswürdigkeit im besten Sinne, der vorletzte jedoch thut sich an besonders Anmuth hervor. Gründliche Kenntniß, die sich am glücklichsten Talent erfreut und durch ein innres Wohlwollen mit dem größten Behagen begünstigt wird, druckt sich so rein und schön darin aus daß ich wünschen muß, du erlaubtest[28] einige Stellen im Chaos abdrucken zu lassen. Es ist ganz allein mein Wunsch und Trieb, Ottilie weiß noch nichts davon.

Dein Zugeständniß zu beschleunigen schicke ich hier eine Abschrift, aufgebrochenes Blatt geschrieben, damit du das Fragliche überschauest, auch vielleicht, nach Befund, ab- oder zuthust.

Eiligst sage noch daß die Briefe von 1829 angekommen sind; daß ich dir Geduld wünsche die Urtheile deiner Umgebung zu ertragen; daß ich an Hotho ein freundlich Blatt geschrieben, wie er es gar wohl verdient, daß du dem Herrn Grafen Redern für den Steindruck dankest und ihm versicherst daß ich nichts mehr wünschte als das lebhafte Berlin vor so einem ernsten Werke vorüber wandeln zu sehen. Wie steht es mit Felix? hat er sich erholt um uns bald zu entzücken?

eiligstes Lebewohl

Weimar den 21. April 1830.

J. W. v. Goethe.


47/25.


An Dorothea von Chassepot,geb. von Knabenau

[Concept.]

Ihr liebes Schreiben, meine theure Freundin, kam so ganz zu rechter Stunde. Das Gefühl seine ältesten, ganz zunächst mitlebenden Gönner und Freunde verloren zu haben, tritt freylich manchmal hervor und[29] so fühlt man es um sich her gar zu hohl und zu leer, besonders, wenn irgend ein Umstand eintritt, den man ihnen mitzutheilen, worüber man sich mit ihnen zu berathen viele Jahre gewohnt war.

Sieht man nun aus der weiten Welt ein freundliches Licht erscheinen, nähert sich's und erkennt man eine geliebte geprüfte Freundin; so ist es gewiß ein glänzender Stern, der uns aus einer düsteren Wolkennacht entgegen leuchtet. Vernimmt man nun zu gleicher Zeit daß es der Geliebten wohl geht, so ist man in diesem Sinne wieder aufgerichtet; denn gar oft drücken uns, bey eigenen Übeln, auch noch die Übel der Herzens- und Geistesverwandten noch mehr herunter.

In Erwiderung aber Ihren lieben guten Worten darf ich wohl sagen: daß in dieser letzten Zeit unsre neu eintretenden jungen Herrschaften alles zu thun sich geneigt erweisen was mir, wie in jenen früheren Zuständen, alles Behagen gewähren können. Die Frau Großherzogin besonders weiß die mir noch anvertrauten Geschäfte, und was mich sonst berührt, auf die zarteste und sinnigste Weise zu fördern und mich dadurch zu überzeugen, daß manches von mir gestiftete Gute mich überleben soll. Hieran werden Sie sich gewiß theilnehmend erfreuen, wie ich mich an der [Darstellung?] Ihrer Zustände gefühlt habe.

Die guten Reisenden, die mich besuchen, bringen mir doch manches, wenn sie mir schon die Stunde nehmen.[30] Auch an der Stunde wäre nichts gelegen, wenn ich nicht gerade einen bedeutenden Faden, ich will nicht sagen abschneiden, aber doch müßte stocken lassen, um zu vernehmen wie es auf irgend einem Puncte der bewohnten Welt aussieht, der mich nicht in Geringsten angeht. Wollte man aber billig seyn und könnte man zuletzt eine Bilance aufstellen, so würde ich doch immer als der Gewinnende erscheinen; denn es ist doch keine Kleinigkeit, so viel Personen als Repräsentanten ihrer Völkerschaft an sich vorübergehen zu sehen und darunter sehr bedeutende Menschen gewahr zu werden.

Inwiefern ich die französischen Ankömmlinge freundlich aufnehme, davon kann Herr David, der vorzüglich Bildhauer, ein Zeugniß geben. Er kam an mit dem Wunsch meine Büste zu bilden; ich ließ mir's gefallen, weil dieß in drey, vier Tagen wohl abgethan seyn konnte. Da beliebte es aber dem werthen Manne eine Masse Thon in's Haus zu schaffen, woraus Gott der Herr, mit aller Bequemlichkeit, einen ganzen Adam herausgeknetet hätte. Wir widmeten daher einige Wochen diesem Geschäft. Genug, dieses ungeheuere Gebilde steht nun, wie ich höre, in Paris, in der Werkstatt des genannten vortrefflichen Mannes, und ich wünschte nichts mehr als daß die liebe Freundin sich dorthin verfügte. Findet sie Ähnlichkeit mit dem ihr längst Ergebenen und spricht sie es aus, so wird es dem werthen Künstler gewiß zur[31] Freude gereichen. Denn es kommt am Ende doch darauf an: ob ein solches Contrefey, das dauern soll, dem entschwundenen vergänglichen Wesen einigermaßen zu vergleichen seyn möchte.

Weimar den 21. April 1830.


47/26.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verzeihen wenn ich das Original-Porträt nicht nach Ihrem Wunsche übersende, indem ich ein wohlgerathenes Blatt nicht gern aus Händen lasse. Stellen Sie dagegen ein beykommendes Duplicat Ihrer lieben Braut zum Geburtstage vor und gedenken mein so jetzt als künftig auch dabey zum allerbesten.

Mit vorzüglicher Hochachtung.

Weimar den 21. April 1830.


47/27.


An Carl Wilhelm von Fritsch

[Concept.]

Ew. Exzellenz

nehmen geneigtest auf wenn ich eine mir wichtig scheinende Angelegenheit, wovon vorliegender Bericht das mehrere meldet, einer einsichtigen Theilnahme zu empfehlen nicht unterlassen kann.

[32] Wenn ich nicht gedachtem Berichte mir einen mündlichen Vortrag erbitte, so ist eigentlich mein Wunsch darunter verstanden Ew. Exzellenz möchten mir eine Stunde schenken, worin ich das Ganze, in seiner Verwicklung, getreulich vorlegen könnte; wodurch denn, wie ich hoffen darf, die Gründe meiner unterthänigsten Vorschläge sich Beyfall erwerben würden.

Diese Angelegenheit ist, in der letzten Zeit, nicht zu meiner Billigung geführt worden, ohne daß ich denen aus bestehenden Verhältnissen entspringenden Mängeln hätte steuern können, wogegen ich mich nur mit einzeln abwehrenden, nachhelfenden Maaßregeln begnügen mußte. Das alles ist weder räthlich noch möglich in Schriften zu verfassen, deshalb ich auf den oben ausgesprochenen Wunsch geneigtest zu reflectiren nochmals bescheidentlich gebeten haben wollte.

Weimar den 21. April 1830.


47/28.


An Alessandro Manzoni

[Concept.]

Al Sigre Manzoni sia benvenuto Il Figlio di Goethe col suo Compagno il Dr. Eckermann che portano mille salutationi cordiali.

Weimar d. [21.?] Apr. 1830.

Goethe.[33]


47/29.


An Caroline von Wolzogen

Beyfolgenden Auszug, aus einem Briefe des Herrn Varnhagen v. Ense, habe nicht ermangeln wollen mitzutheilen, vielleicht daß Sie erlaubten der guten vieljährigen Freundin, durch genannten Mann, irgend etwas Freundliches zukommen zu lassen. Das Büchlein ist mir noch nicht zu Handen gekommen und es wird auch schwerlich meine Gränzwochen überlisten; was aber ungefähr darin enthalten seyn mag ergibt sich aus beyliegendem Blatte, welches deshalb mitsende.

Alles Gute zu dem frischen Grünen anwünschend, empfehle mich zum allerschönsten.

treu angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 22. April 1830.


[Beilage.]

»Frau v. Kalb, welche hier in vieljähriger, stillen und engen Zurückgezogenheit lebt, ist in dieser heftigst bewegt worden durch die Mittheilungen, welche Jean Paul Richters gedruckter Briefwechsel über manche frühere Lebensverhältnisse nicht schonend an den Tag legt. Sie verwirft und verläugnet ganz und gar die Auffassungen Richters in Betreff der ihr eignen Bezüge, so wie der von Schiller, Herder und andern; so betheuert sie, sey dergleichen gesprochen, dergleichen gemeint worden, wie hin und wieder aus trüben Quellen oder argen Mißverständnissen dort angegeben wird. Ihre hohen Jahre und ihr sonst fast sybillenhaftes Dasein haben bey der unerwarteten Berührung jener Vergangenheit[34] eine ganz leidenschaftliche Aufregung nicht abzuwenden vermacht. Ich war vergebens bemüht, ihr gegen diese Schwäche Trost und Gleichmuth einzusprechen; die bisher erschienene Entäußerung der weltlichen Persönlichkeit ist plötzlich mit einer allzu ängstlichen Empfindlichkeit für deren doch höchst verletzlich bewahrtes Abbild vertauscht. Sie wünscht vor allem Ew. Exzellenz und dann Frau v. Wolzogen, von der nach jenen falschen Angaben mißkannt zu werden ihr der unerträglichste Schmerz bliebe, von obiger Betheuerung wenigstens benachrichtigt. Ich erfülle hiemit gern einen Theil ihres Wunsches, und stelle gütigem Ermessen und gelegener Stunde anheim, was von Weimar aus hierüber ferner an Frau v. Wolzogen möchte zu befördern seyn.«


47/30.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

geneigtes Anerbieten auf beykommende Zuschrift und Zusendung eine würdige Antwort zu bereiten, erkenne wiederholt dankbarlichst an. Form und Ausdruck Denenselben völlig überlassend, bemerke was den Inhalt betrifft unmaßgeblich nur soviel.

»Seiner eignen Nation einigermaßen genutzt und ihre Aufmerksamkeit verdient zu haben ist schon ein glücklich erreichtes Ziel, aber auch die Wirkungen seiner Thätigkeit auf Auswärtige, Stamm- und Sprachverschiedene, ausgedehnt zu sehen ist als ein unerwartetes Glück zu schätzen.

[35] Daß ich aber gegenwärtig dem verpflichteten Dank für die mir erwiesene Ehre, zugleich der ansehnlichen Gesellschaft Glück wünschen könne. unter einem so erhabenen Fürsten Sicherheit und Ruhe gefunden zu haben und sich zu gründen und das vorzügliche Gute, was sich in ihrem Kreise hervorthut, zu fördern und zu bestätigen, dieß gereiche auch mir zum besondern Vergnügen.

Nur thue es mir Leid in meinen hohen Jahren nicht einen thätigern Antheil an ihrem edlen Unternehmen beweisen zu können. Indessen lege man ein Blatt bey welches die verlangte Notiz enthalte und sey erbötig nach Möglichkeit die Zwecke der ansehnlichen Gesellschaft im Auge zu behalten.«

Verzeihung diesen Andeutungen, welche nun freylich, durch Ihre Gefälligkeit und geprüftes Talent, ganz anders zu mir zurück kehren werden.


Vorstehendes lag schon längere Zeit unter meinen nicht expedirten Papieren; Ihre so unerfreuliche einfallende Krankheit hielt mich ab von alsbaldiger Absendung. Möge das Blatt jetzt nicht ungelegen kommen.

Auch die verlangten Notizen lege bey damit sie gleichfalls in dem besten Latein sich Ehre machen. Wenn ich nach Verlangen jener Herren irgend einen würdigen Freund vorgeschlagen hatte, so werden Sie mir nicht verargen wenn ich Ihren Namen bey dieser Gelegenheit aussprach. Welches ich, ohne Weiteres[36] hinzufügen, absenden damit es nicht noch länger zurückbleibe; nur noch die Versicherung ausgezeichneter Hochachtung hinzufügen.

ergebenst

Weimar den 24. April 1830.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

[Concept.]

Hiebey folgen die über meine Persönlichkeit verlangten Notizen.


Name

Johann Wolfgang von Goethe.

Titel und Geschäft.

Ihro Königlichen Hoheit des Großherzog von Sachsen-Weimar Staatsminister.

Geburtsort

Frankfurt am Mayn.

Zeit der Geburt

1749. den 28. August.

Wohnort

Weimar.


Auch füge dem ausgesprochenen Wunsche gewiß, man möge einen, bey vorfallender Gelegenheit in die Societät aufzunehmenden würdigen Gelehrten benennen, Folgendes hinzu.


Name

Carl Wilhelm Göttling.

Titel und Geschäft

Doctor, auch Professor und Bibliothekar der Universität zu Jena.

Geburtsort

Jena.

Geburtszeit

[1793. den 19. Januar.]

Wohnort

Jena.[37]


47/31.


An Friedrich Jacob Soret

Gegenwärtige Sendung wird von der freundlichsten Anzeige begleitet, daß gleich nach beendigter Jubilate-Messe mit dem Abdruck der Metamorphose angefangen werden kann. Mir scheint daß wohlgethan ist gleich mit den Traktätchen den Anfang zu machen und sodann die übrigen erläuternden pp. folgen zu lassen, deshalb denn die Uebersetzung, nebst der schon gedruckten hiebey übersende. Das deutsche Original ist wohl noch in Ihren Händen. Was allenfalls zu ändern vorkäme bitte mit Bleystift zu bemerken.

treulichst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 24. April 1830.


47/32.


An Carl August Varnhagen von Ense

Ew. Hochwohlgeboren

empfangen den lebhaftesten Dank für die glückliche Art und Weise wie Sie den stockenden Kahn vom Stapel laufen lassen; es bedurfte einer so frey einsichtigen Resolution um diese Anfänge dem Untergange zu entziehn. Jene redliche Bestrebungen unsrer böhmischen Freunde werden auf solcher Weise zu einiger Evidenz gebracht und es wird doch wohl als ein löbliches Unternehmen betrachtet werden, Deutsche mit Deutschen näher bekannt zu machen, da wir denn nicht[38] unterlassen können fremde Nationen anzusprechen und von ihnen angesprochen zu werden. Wollten Sie mir das Akten-Fascikelchen zurückschicken, so verwahre ich es unter meinen gränzenlosen Papiervorräthen, mit einer sich selten realisirenden Hoffnung, davon gelegentlich weiteren Gebrauch zu machen.

Herr v. Henning ward, wie er meldet, durch traurige Familien-Verhältnisse gehindert Ihre werthe Sendung selbst zu überbringen; es that mir sehr leid, denn ich hätte wohl gewünscht, durch die geistreiche Augen einmal wieder in das liebe interessante Berlin hineinzublicken.

Lassen Sie sich, wie bisher, die Angelegenheit, der ich mein Leben gewidmet habe, bestens empfohlen seyn. Ich muß mit Rührung anerkennen wie seit so vielen Jahren Sie und Ihre theure Lebensgenossin, mit mir einstimmig, sachte herangekommen sind, so daß weder Zweifel noch Zweydeutigkeit zwischen uns abwalten können; sondern jede Mittheilung nur als ein frischer gleichgestimmter Anklang begrüßt wird.

Unsrer werthen vieljährigen Freundin der Frau v. Kalb die besten Grüße und Versicherungen, daß ich unsrer früheren wahrhaft freundschaftlichen Verhältnisse stets eingedenk bin. Die Verwirrung, welche der gute Jean Paul in die deutschen Gemüther gebracht hat, konnte mich nie erreichen. Seine Briefe so wenig als seine Werke gelangten zu mir, und so kann man über das was darin steht, insofern es mich betrifft, ganz beruhigt seyn.

[39] Allerdings hätte ich von Herrn v. Henning mich auch für einen Augenblick gern in jene theologischen Unbilden verführen lassen. In diesem Puncte sind wir Weimaraner überglücklich, indem wir in dem Lande Gosen des reinen rationellen Realismus, mit ungetrübter Gewissensruhe, verharren und übrigens einen jeden nach Belieben und Fähigkeiten über Gott, Seele und Welt gerne mögen denken lassen.

Herrn Minister v. Humboldt empfehlen Sie mich zum allerbesten; lehnt er auch ab über dieses oder jenes sich öffentlich zu erklären, so bin ich doch gewiß daß es ihm manche angenehme Stunde macht, denn seine Andenken, wie allerinnigsten Freunde ist mir ganz eigen und individuell vor der Seele, da wo frühere Bezüge, deren ich so viele auf das liebenswürdigste genossen, in die Erinnerung treten.

Eine Abschrift der Stelle der Frau v. Kalb bezüglich will ich an Frau v. Wolzogen ungesäumt gelangen lassen. Wir sehen uns öfter, sie hat ihren Wohnsitz in Jena.

Wenn ich Ihnen nun versichern kann daß Ihro Kaiserliche Hoheit die Frau Großherzogin sich fortwährend alles zu thun geneigt erweist was mir in meinen Zuständen Freude machen kann, indem sie die mir noch anvertrauten Geschäfte und was mich sonst berührt, auf die zarteste und sinnigste Weise, zu fördern und mich dadurch zu überzeugen fortfährt daß manches von mir gestiftete Gute mich überleben solle, so wird[40] gewiß auch eine neigungsvolle Verehrung in Ihrem theilnehmenden Geiste immer tiefer sich einwurzeln. Auch sind es keine leeren Worte wenn ich versichere daß von Ihren früheren Schriften manchmal die Rede und nach und zu hoffenden mit Verlangen gefragt werde.

Soweit war ich gekommen als eine zweyte, so werthe Sendung bey mir einging, und ich habe Ew. Hochwohlgeboren nun vor allen Dingen zu ersuchen des Herrn Staatsminister v. Beyme, Exzellenz, meinen verpflichteten Dank auszusprechen: daß dieselben mich von jener bedeutenden Eröffnung alsobald haben in Kenntniß setzen lassen. Freylich konnte der, mit jener Erinnerung verbundene Schmerz dadurch nur gesteigert werden, indem ich erfuhr: gerade da als ich den unschätzbaren Freund nach einem strebsamen, leidensvollen Leben, in seinem 46ten Jahre scheiden sah, eben in diesem Augenblick sey die größte Beruhigung für seine späteren Tag, durch die Gunst eines großen Monarchen vorbereitet gewesen. Wie vielen andern Verdienten ist nicht Zeit her eine solche Beyhülfe zu Gute gekommen.

Gäbe es bey dieser Gelegenheit Veranlassung ferner meinen aufrichtigsten Dank recht energisch auszusprechen, den ich einem Königlichen hohen Ministerium des Innern schuldig geworden, indem die, von dem abgeschiedenen Herrn Grafen v. Bülow, mir früher gegönnten Hefte unschätzbarer Musterblätter nun in ihrer Fortsetzung und Abschluß zu mir gelangten.

[41] Da so viel Platz übrig ist, noch ein Wort, auf Veranlassung einer Stelle Ihres werthen Schreibens. Seit dreyßig Jahren ist es mir bedauerlich die deutschen bildenden Künstler auf dem schlimmsten Irrweg zu seyn, überzeugt er werde sie zur vollkommensten Richtigkeit führen. Wenn vorzügliche Talente sich aufrecht erhalten, sich auszeichnen und Bedeutendes leisten, so ist es ein Glück; aber auch diese wären besser gefördert und fecundirt wenn die falschen Maximen ihrer Umgebung ihnen nicht schadeten und vielleicht selbst in ihren Wirkungen beschränkt und beschädigt. Ich beruhige mich persönlich in Beschauung alter und neuer Kunstwerke, so viel ich um mich versammeln kann.

Gewiß haben in Berlin mehrere Kunstfreunde auf das herrliche Blatt subscribirt, welches Toschi, nach Rafaels Spasimo di Sicilia, (die Ausführung Christi mit und zum Kreuze) unternommen und angekündigt hat. Ich besitze zwey Probedrücke davon, die das möglichst Vollkommene dieser Art hoffen lassen.

Ob ich gleich noch manches zu sagen habe und Raum genug übrig ist, so schließe ich doch, damit gegenwärtiges nicht länger zurückbleibe, mich zum allerbesten empfehlend.

gehorsamst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 25. April 1830.[42]


47/33.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Könnten Sie mir ohne Beschwerde nachweisen: An welcher Stelle Vitruv sich über die Wandverzierung beschwert, welche wir, in der neuern Zeit, Arabesken nennen.

Heute Abend hoff ich manches mitzutheilen.

Weimar den 27. April 1830.

G.


47/34.


An Carl Friedrich Zelter

Auf das Publicandum habe nichts zu erwidern. Leider erneuert sich dabey der alte Schmerz, daß man diesen vorzüglichsten Mann, bis in sein fünf und vierzigstes Jahr, sich selbst, dem Herzog von Weimar und seinem Verleger überließ, wodurch ihm eine, zwar mäßige, aber doch immer beschränkte Existenz gesichert war und ihm erst einen breitern Zustand anzubieten dachte, der ihm früher nicht einmal gemäß gewesen wäre, nun aber gar nicht mehr in Erfüllung gehen konnte.

Hiebey werde ich veranlaßt dir etwas wunderliches zu vermelden und zu vertrauen; daß ich nämlich, nach einer strengen schnellen Resolution, alles Zeitungslesen abgeschafft habe und mich mit dem begnüge, was mir das gesellige Leben überliefern will. Dieses[43] ist von der größten Wichtigkeit. Denn genau besehen ist es, von Privatleuten, doch nur eine Philisterey, wenn wir demjenigen zuviel Antheil schenken was uns nichts angeht.

Seit den sechs Wochen daß ich die sämmtlichen französischen und deutschen Zeitungen unter ihrem Kreuzband liegen lasse, ist es unsäglich was ich für Zeit gewann und was ich alles wegschaffte.

Die letzten Bände meiner Werke sind nun in den Händen und Drucker, die nöthigsten Briefe und Antworten sind fast alle beseitigt. Und dann darf ich dir wohl in's Ohr sagen: ich erfahre das Glück, daß mir in meinem hohen Alter Gedanken aufgehen, welche zu verfolgen und in Ausübung zu bringen eine Wiederholung des Lebens gar werth wäre. Also wollen wir uns, so lange es Tag ist, nicht mit Allotrien beschäftigen.

Hab ich schon gesagt daß das Paquet der Briefe von 1829 glücklich angelangt und unter der Feder ist?

Ein wackerer Mann Dr. Lautier hat mir ein Büchlein zugeschickt, dabey ein Heft und einen erläuternden Brief, woraus ich wohl ersehen kann daß der Gute sich auch mit Problemen, womit sich die Welt seit ihrem Besonnenwerden beschäftigt, tüchtig herumgefochten hat. Da er sich auf dich beruft so grüß ihn zum schönsten.

Leider darf ich mich gegenwärtig mit Abstractem nicht abgeben, des Concreten liegt mir soviel auf, daß[44] es meine Schultern und Kniee kaum fortschleppen. Es ist nichts natürlicher als daß ein solcher Mann, der, auf seine eigne Weise, in die zu erforschenden Tiefen eindringen will, sich eine eigne Sprache machen muß. Diese zu verstehen wird nun für einen andern im Anfange ein mühsames Geschäft, ob es gleich in der Folge lohnt wenn das Glück gut ist.

Nun aber habe die Gefälligkeit und sende mir das allerrealste Werk von der Welt, den Adreßcalender für die königlichen Haupt- und Residenz-Städte Berlin und Potsdam, die neuste Ausgabe, welche zu haben ist. Ich komme denn doch manchmal mit dortigen Behörden in Verhältniß und möchte, nach wohlbesorgtem Inhalt meiner Briefe, doch auch an den zu beachtenden Äußerlichkeiten es nicht fehlen lassen.

und so fortan!

Weimar den 29. April 1830.

G.


47/35.


An Siegmund August Wolfgang Herder

[Concept.]

[29. April 1830.]

Ew. Hochwohlgeboren

bleiben versichert daß ich stets mit Heiterkeit und Vergnügen unsrer früheren Lebensgenossenschaft gedenke, und um so lieber als ich Sie nunmehr in so bedeutender würdiger Thätigkeit erblicke. Auch Sie haben meiner keineswegs vergessen und erinnern[45] sich noch wohl was mich in der Naturwissenschaft besonders interessirt, indem Sie mir die merkwürdigsten Gegenstände des mineralogischen und chemischen Reichs zusenden, welche nun zu meiner Freude, Belehrung und Bewunderung vor mir aufgestellt sind. Die Überbringer derselben habe freundlich aufgenommen und recht werthe Männer an ihnen gefunden; auch ein Theil meiner Sammlung konnte Ihnen gezeigt werden.

Die angekündigte Sendung von dort erwarte mit Verlangen. Besonders angenehm ist es daß sie mit eintretendem Frühling erscheint, wo man in den während des Winters unzugänglichen Gemächern sich nach allen Seiten ausbreiten und an dem Vorliegenden sich ergötzen und belehren mag.

Hiebey darf ich nicht verschweigen daß, wenn mich irgend ein Gedanke zu einem Ausflug anwandelt, er vor allem sich nach Freyberg richtet. Da aber die Ausführung desselben nicht wohl möglich ist, so wär es um desto erfreulicher wenn Sie Ihren wichtigen Geschäften so viel Zeit abgewinnen könnten um in Weimar ihre Angehörigen und alte geprüfte Freunde zu besuchen, worunter ich mich, in vorzüglichster Hochachtung und aufrichtigster Neigung verharrend, ohne Bedenken zählen darf.

Weimar den 28. April 1830.[46]


47/36.


An Johann Georg Paul Goetze

[Concept.]

Mein werther vortrefflicher Wege-Bauinspector habe die Freundlichkeit baldigst nachstehendes zu besorgen: Ich wünsche einen einspännigen Karren, nicht gerade ganz voll gefüllt, aber doch hinreichend, von kohlschwarzen und schneeweißen Saalkieseln, mittlerer Größe, eher klein als groß, baldigst zu erhalten; indem ich eine neue Gartenthüre errichten muß und bey'm Eintritte sogleich ein hübsches Mosaik möchte pflastern lassen. Der Fuhrmann könnte von Jena gleich an meinen Garten am Stern anfahren. Wüßte ich wenn er kommt, so würde ich ihn dort empfangen lassen, sonst aber kann er immer nur gleich vor der Thüre abladen. Auslagen für Einsammlung der Steine und die Fuhre ersetze dankbar und hoffe du werdest auch diese neugelegten Schwellen gelegentlich einmal freundlich betreten wollen.

Weimar den 29. April 1830.


47/37.


An Carl Wilhelm von Fritsch

[Concept.]

Ew. Exzellenz

werden geneigt in beyliegenden Blättchen die Entschuldigung finden, wenn ich mit ein paar sehr unerfreulichen[47] Heftchen aufwarte. Ohne des Herrn General-Consuls Küstner ausdrücklich Auftrag würde dieses kaum gewagt haben. Ein alter sich immer erneuender Streit zwischen Glauben und Forschung bringt jederzeit im Augenblick die unangenehmsten Verhältnisse hervor. Indessen haben freylich die Regierungen davon Kenntniß zu nehmen um heftig Schwankungen möglichst zu verhüten.

Zugleich nehme mir die Freyheit ein Blättchen zu widmen, worauf unser atmosphärisches Reich, aus fünf Mittelpuncten, Allstedt, Jena, Wartburg, Ilmenau und Frankenhain, durch rothe Strichlein bezirkt ist. Diese Anmaßung möchte sehr verzeihlich seyn, da sie auf die irdischen Zustände auch nicht den mindesten Einfluß hat.

Schließlich versäume diese mir dargebotene Gelegenheit nicht, meinen verpflichteten Dank, für die neuerlich erwiesene geneigte Theilnahme an einem, für das ganze nicht unwichtige, mir aber persönlich bedeutenden und einige Zeit her sorge erregend Geschäft, wiederholt auszusprechen.

Indem ich nun solches, sowohl als mich selbst, fernerem Wohlwollen empfehle, rechne mir zur Ehre und Freude mich verehrend unterzeichnen zu können.

Weimar den 29. April 1830.[48]


47/38.


An August von Goethe

[Concept.]

Weimar den 30. April 1830.

In Gegenwärtigem hab ich eigentlich nur zu vermelden: daß dein Schreiben an mich, so wie Eckermanns und Soret glücklich angekommen. Möge eure Reise, mit mäßigen Unbilden, weiter glücklich fortgehn.

Von hier hab ich nur zu sagen: daß wir seit drey, vier Tagen, bey hohem Barometerstand und Ostluft, das schönste Wetter haben, welches euch doch auch wohl wird zu Gute gekommen seyn. Frau und Kinder befinden sich, außer den herkömmlichen Pipeleyen, ganz wohl.

Ich bringe manches Vorgesetzte, Vorgenommene und Zudringliche, wie gewöhnlich, zur Seite, um neuen Vorsätzen und Obliegenheiten Platz zu machen. Da muß denn so der Sommer hingehn ohne daß ich mich viel umzusehn brauche.

Besuche doch auch Herrn Bovy und, wenn die Medaille mit der neuen Rückseite fertig ist, so laß dir ein halb Dutzend in Bronze, gegen Vorzeigen dieses und Quittung abreichen, und nimm sie mit über die Alpen; besonders hebe sie für Rom auf.

Ich schreibe diese Tage an die dortige antiquarische Gesellschaft, die mich zu ihrem Ehren-Mitgliede aufgenommen. Dem Herrn Bunsen, dem preußischen Geschäftsträger, welcher unter die thätigsten Mitglieder[49] gehört, bist du durch Graf Bernstorff empfohlen, wie auch an die gleichen Männer zu Mayland und Turin. Die drey deshalb durch Nicolovius erhaltenen Briefe gehen heut nach Mailand ab.


47/39.


An den FreiherrnCarl von Stein zum Altenstein

Hochwohlgeb. Freyherr,

hochverehrter Herr.

Ew. Exzellenz genehmigen einen alten Angeeigneten im Vertrauen auf eine schon oft erprobte Geneigtheit eine kurze bescheidene Vorstellung.

Friedrich Ernst Schubarth, ein Schlesier, gegenwärtig in Hirschberg, meldet mir daß er Hoffnung habe, von den Vorgesetzten der Bildungs-Anstalten dortigen Ortes, Hochdenenselben als zum Lehrfache tüchtig vorgeschlagen zu werden, und glaubt einige Erwähnung von meiner Seite werde nicht ganz ohne Einfluß zu seyn sich schmeicheln dürfen.

Ich aber wage bey dieser Gelegenheit nur soviel zu äußern: daß ich dem Lebens- und Studiengange dieses Mannes seit vielen Jahren mit Antheil gefolgt bin und ihn allerdings zu schätzen Ursache hatte, so daß ich nunmehr wohl wünschen möchte, die an Ew. Exzellenz abgehenden Berichte von der Tauglichkeit des Subjects zu einer solchen Stelle könnten hinreichen Hochderoselben Überzeugung zu begründen.

[50] Findet er sich nun eines solchen Zutrauens werth, sind seine Wünsche und Hoffnungen deshalb zu erfüllen, so will ich nicht in Abrede seyn daß es mir in hohen Jahren Freude machen würde, den mannichfaltigen Talenten des Eingebornen solches pflichtmäßige Richtung vorgeschrieben zu sehen, wodurch seine Fähigkeiten und erworbene Fertigkeiten unmittelbar seinem Vaterland und der zu bildenden Jugend nützlich und förderlich seyn mögen.

Eifrig aber eifrig ich diesen gegebenen Anlaß Ew. Exzellenz bescheidentlich anzudeuten, daß die großen Wirkungen, die sich in Ihrem Geschäftskreise verbreiten, mir nicht unbekannt bleiben, sondern seit vielen Jahren Stoff zur Bewunderung geben und mich in der Verehrung bethätigen, die ich frey und unbewunden aussprechend, mich zu fortdauernder Huld und Geneigtheit andringlich empfehle, indem es für ein Glück schätze mich unterzeichnen zu können.

Ew. Exzellenz

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 30. April 1830.

J. W. v. Goethe.


47/40.


An Peter Christian Wilhelm Beuth

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben mich zum lebhaftesten Dank verpflichtet daß Dieselben mir den Abschluß des unschätzbaren Werks,[51] welcher mir von einem hohen Ministerium des Innern gegönnt worden, geneigtest übersenden wollen.

Es ist mir wahrhaft rührend eine in früherer Zeit mir von des Herrn Minister Grafen v. Bülow, Exzellenz, zugewendete Gunst durch so manche Jahre durch forterhalten und sein Andenken nebst dem meinigen erfreulich geehrt zu sehen.

Meine Dankbarkeit möchte sich gar zu gern der Gabe gleich stellen, muß sich aber zuletzt in Bewunderung auflösen, welche mir zugleich alles vor die Seele Ruft was in Berlin für die Künste geschieht und was Kunst und Technik Ew. Hochwohlgeboren hiebey zu danken haben.

Freylich kann mir hievon nur ein unvollständiges Bild erscheinen, deshalb sich der Wunsch, die große Königstadt zu beschauen, täglich steigert, indessen sich die Hoffnung vermindert denselben jemals erfüllt zu sehen.

Ich würde nicht enden wenn ich die bey Beschauung jener Bilder mich beschäftigenden Gedanken verfolgen wollte; deshalb sey mir schließlich nur soviel zu sagen erlaubt: daß ich auf's dankbarste zuerkennen wissen was wir für einen Werth es hat die großen Vortheile mitgenießen zu können, welche dieses schätzbare Werk über die Monarchie verbreiten wird. Indem ich nun angelegentlichst zu bitten habe, diese meine Empfindungen einem hohen Ministerium des Innern günstigst vorzutragen, so empfehle mich Ew.

[52] Hochwohlgeboren fernerem Andenken und geneigten Mittheilungen. Der ich mich zur Ehre und Freude rechne mit anerkennender Hochachtung mich zu unterzeichnen.

Weimar den 30. April 1830.


47/41.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe hierdurch anzuzeigen: daß an den Rent-Amtmann Steiner zu Jena Verordnungen ergangen sind, sowohl wegen der dreyßig Thaler an Baumann, als auch wegen der noch in der Gewährschaft liegenden, vorschußweise an Dieselben vorlängst gezahlten 20 rh., um solche in Ausgabe zu verschreiben; ferner abermals 20 rh. für fernere Reisen nach Weimar, gegen Quittung zu restituiren. Deshalb auch die mir eingereichte Quittung rücksende, weil sie, gedachter Verordnung gemäß, nunmehr ohne Autorisation ausgezahlt werden kann.

Das Beste wünschend und mich angelegentlichst empfehle.

Weimar den 2. May 1830.[53]


47/41a.


An A. F. Grafen von Kozmian

[7. Mai 1830.]

J. W. von Goethe

wünscht, da er heute verhindert ist, Herrn v. K.[ozmian] morgen Sonntags um 12 Uhr bei sich zu sehen.[66]


47/42.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey, mein Theuerster, eine Anzeige von Zahns pompejanischen Heften für die Wiener Jahrbücher.

[53] Mögen Sie diese Blätter mit dem Bleystift in der Hand durchlesen und Ihre Bemerkung hinzuschreiben, so geschähe mir ein herkömmlicher Freundschaftsdienst. Morgen Mittag hoff ich Sie zu sehen, bitte überhaupt auch den Montag, selbst ohne Einladung, nicht zu versäumen.

treulichst

Weimar den 8. May 1830.

G.


47/43.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche um die Geneigtheit das projectirte Monument für Schiller und Goethe zu übersenden; auch morgen, Dienstag Mittag, zur gewöhnlichen Tafelstunde sich bey mir einzufinden, um über manche Gegenstände einige Unterhaltung zu pflegen.

Weimar den 10. May 1830.


47/44.


An August von Goethe

[Concept.]

Der Mensch denkt, Nothwendigkeit und Verstand lenken; ich finde es so natürlich als nothwendig und vernünftig daß ihr die Tollpost verlassen habt und euch auf's Zaudern legt. Genießt ja, Tag vor Tag, das Gute und Herrliche was die Welt euch anbietet,[54] nun lasset den Hauptzweck nicht aus Augen. Ich wünsche nur das dein leiblicher und geistiger Magen sie verdauen lerne, alle geistigen und leiblichen Genüsse sind heilsam wenn man sie zu verarbeiten weiß.

Dieses erwidere ich auf dein Schreiben vom 30. April aus Basel datirt, und bis du dieses erhältst, hoff ich, erfahren wir mehr von euch und ich wünsche das mäßig gute wie bisher.

Die Hauptfrage in Mailand ist: ob die Empfehlungsschreiben vom Grafen Bernstorff, an Mylius adressirt, dort angekommen sind.

Von mir wüßt ich nichts zu melden als daß ich mich so wohl befinde um den von außen und von innen gebotenen Obliegenheiten genug zu thun. Ottilie mag von neugeschlossenen Ehebündnissen und von sonstigen Haus- und Herzensereignissen das Weitere mittheilen.

Als ein glückliches Ereigniß seh ich an: daß jenes, lange vermißte Actenstück, worauf sich das Geschäft der jenaischen Bibliothek neuerer Zeiten gründet, sich wieder gefunden hat. Ich überzeuge mich daß, meine Zufriedenheit deshalb betrachtend, du daran freundlichen Antheil nehmen wirst. Das übrige Geschäft geht, nicht ohne Anfechtung, seinen Gang, aber man kommt mit einer gelinden Parade auch wohl durch und braucht nicht nachzustoßen.

Das Original der letzten Lieferung meiner Werke ist nun auch aus meinen Händen. In den übrigen[55] Papieren hat Eckermann sehr lobenswürdige Ordnung gemacht, deshalb ihn mein Dank über die Alpen begleitet.

Die Einleitung zu Schillers Leben von Carlyle ist auch fertig und wird hoffentlich dieses Werklein, welches zu stranden schien, über die Untiefen hinaushelfen. Ich habe die Gelegenheit benutzt manches wunderliche Gute in's Publicum zu sprengen.

Auch ist ein großer Aufsatz über Zahns pompejische Mittheilung, für Wien, zur Absendung bereit, wovon ich allerlei guten Einfluß hoffe.

Manches andere Neuere bleibt zu thun, vorzüglich aber mußt du mich mit Botanik beschäftigt denken. Wie Frommann von der Messe kommt beginnt der Druck des Originals, mit Sorets Übersetzung an der Seite; das gibt Beschäftigung und Unterhaltung bis Michael.

Die neue Gartenthüre stolzirt unten auf der Wiese gar architektonisch ansehnlich; zur Mosaik des Eingangs hat mir Wege-Bau-Inspector Götze frische schwarz und weiße Kiesel geschickt. Ober-Bau-Director Coudray wird mir bey der Zeichnung beystehen. Letzter hat, durch eine glückliche Wendung, das Quartier des abgehenden Regierungs-Rath Müller, im Jägerhause, für die Gewerkschule zugesichert erhalten und dadurch sowohl sich als uns bedeutenden Vortheil verschafft, denn auf der Esplanade fing es schon an allzueng zu werden. Wie natürlich; denn[56] wenn man die Schüler gratis zusammen ruft ist jeder Knabe lernbegierig.

W. d. 11. May 1830.


47/45.


An Carl Jacob von Otto

Ew. Hochwohlgeboren

übersende ein Concept der gnädigst befohlenen Antwort, so gut es gelingen wollen. Es hat freylich seine Schwierigkeiten nicht allein den Sinn einer so hohen Dame zu treffen, sondern auch Wort und Wendung zu finden, wie Höchstdieselbe Sich wohl aussprechen möchte. Sollte sich irgend ein Bedenken finden, so bin ich zu jeder Abänderung bereit.

Mit Vergnügen ergreife ich die Gelegenheit Ew. Hochwohlgeb meine aufrichtigste Theilnahme und vollkommenste Hochachtung zu versichern.

gehorsamst

Weimar den 11. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/46.


An Johann Georg Paul Goetze

[Concept.]

Du hättest, mein guter alter Inspector, die übersendeten Kiesel nicht schelten sollen, denn sie sind mir wirklich nach Wunsch ausgefallen. Die weißen Quarzkiesel verstehen sich von selbst, die schwarzen sind alles[57] Kiesel-Schiefer, welche, genetzt, sich sehr gut ausnehmen. Habe deshalb den schönsten Dank und laß es jenen Leuten, die dabey beschäftigt waren, an einem Trinkgeld nicht fehlen, welches auf gefällige Meldung gern erstatte.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 12. May 1830.


47/47.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

das Willmannische Schreiben zurücksendend, habe zu vermelden, das bewußte Manuscript sey nun vollkommen in Ordnung und könne abgeschickt werden, wenn dieselben einen Brief dazu fügen wollen. Mögen Sie mir ihn zu Handen kommen lassen, so würde alles sorgfältig zusammenpacken und fortsenden. Herrn Wilmanns wäre vorläufig zu sagen: daß er nicht mit Unrecht wegen der Rechtschreibung des Namen Carlyle gezweifelt, denn man sieht die Stadt an der schottischen Gränze, immer Carlisle geschrieben; unser Freund aber schreibt sich wirklich Carlyle, wie ich mit allen seinen Briefen belegen kann.

Zu den Holzstöcken um den Umschlag, welcher überhaupt sehr zierlich zu machen wäre, würde ich die Schillerische Wohnung in Weimar, welche sich zwischen den Bäumen der Allee noch ganz hübsch ausnimmt,[58] vorschlagen. Zur Vignette aber der Rückseite, das für die beiden Freunde projectirte Denkmal. Zeichnungen dazu würden nachgesendet.

Soviel zu geneigter Förderniß dieses kleinen Geschäfts.

Weimar den 12. May 1830.


47/48.


An Carl August Varnhagen von Ense

Nach beendigtem Lesen Ihres höchst schätzbaren Werkes, mit welchem ich sehr angenehme Stunden zugebracht, indem es mir viele bedeutende Erinnerungen hervorrief; wie es mich denn auch jetzt noch zu unablässigem Denken auffordert, schreibe ich nur mit dem Wenigsten: daß Ihre Behandlung der Lebens- und Leistens-Geschichte eines so einflußreichen Mannes meinen ganzen Beyfall erworben hat.

Ich erfreute mich im Laufe der Erzählung an Ernst und Schonung, Neigung und Klarheit, Ausführlichkeit und Sparsamkeit und überhaupt an dieser innern Gleichmäßigkeit, woraus, zu völliger Befriedigung des Lesers, eine ruhmwürdige Gleichheit des Vortrags entspringt.

Ihr Verdienst hierin, mein Theuerster, wird, nach meiner Überzeugung, jetzt und künftig gewiß anerkannt werden. Ja wenn, in später Folge, dieser merkwürdige Mann vor das strenge Tribunal einer in's Reinste vorschreitenden Menschheit gefordert wird, so darf weder[59] Ankläger noch Vertheidiger einen vollständigern Actenextract, eine redlichere Geschichtsdarlegung verlangen, sonder sie können unmittelbar zum Werke schreiten.

So viel, und nicht mehr, weil von hieraus die Betrachtung sich in's Unendliche verlieren möchte.

Dankvoll und unwandelbar.

in treuer Theilnahme

Weimar den 12. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/49.


An Amadeus Wendt

[Concept.]

Nota zu den Almanachs-Geschichten.

Ich wünsche daß nur unter obstehendem Gedicht der Name ganz ausgedruckt [werde], unter die übrigen dagegen nur das G, wie auch das Geschriebene ausweist.

Ferner wünsche, daß die Gedichte nicht hinter einander gedruckt, sondern durch den ganzen Almanach vertheilt würden.

Weimar den 12. May 1830.


47/50.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Weimar den 13. May 1830.

Jacobus Scheltema

gab im Jahre 1826 den alten Text des Reinecke Fuchs mit einer holländischen Übersetzung heraus, auch[60] zeither andere Schriften, sämmtlich Haarlem. Sein Schreiben an mich, womit er mir dieses sendet, ist von Utrecht datirt.

Findet sich irgendwo eine nähere Nachricht von diesem holländischen Literator? er [muß] schon in Jahren seyn.

G.


47/51.


An Heinrich Mylius

Als mein Sohn von Herrn Elkan empfohlen nach Mailand abreiste, war bey uns die Nachricht eingegangen, Dieselben seyen in einer hoffnungsvollen Familienangelegenheit abgereist und deshalb von ihm nicht wohl würden angetroffen werden. Nun aber, da er wahrscheinlich über die Alpen gelangt ist, vernehme ich, daß jene freudige Hoffnungen in Trauer und Schmerz verwandelt worden, welches von Herzen bedaure und mein Beyleid auszudrücken nicht Worte genug finde. Ew. Hochwohlgeboren Verhältniß ist seit langen Jahren mit Weimar so innig verwebt, daß Ihnen nichts Angenehmes und nichts Unerfreuliches begegnen kann, woran wir nicht aufrichtig Teil nehmen sollten und ich darf wohl versichern, daß die Besten unserer Stadt den Unfall, welcher dieselben betroffen hat, auf's tiefste mitempfinden.

Auch ohne meine ausdrückliche Bitte werden Dieselben meinen Sohn allen freundlichen Vorschub[61] geleistet haben, wie ich denn diese Geneigtheit auch fernerhin fortzusetzen bitte. Der Frau Gemahlin, deren bedeutende Gefaßtheit in diesem Trauerfalle unser guter Dr. Schnauß, ausführlich und zu eigner Beruhigung, mir vertraut hat, werden Sie auch mich zum allerbesten zu empfehlen die Geneigtheit haben.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 14. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/52.


An August von Goethe

[Concept.]

Kaum hab ich dir vor einigen Tagen geschrieben so kommt dein Brief, datirt von Lausanne, woraus ich mit Vergnügen ersehe daß du von da gerade in's Wallis u.s.w. gehst. Der Umweg über Genf war mir sehr ärgerlich, doch mocht ich nach Micionischer Weise nichts sagen. Auch daß euch die Engländer begegnen und sich an Eckermann erfreuen, wird hier sehr gut aufgenommen.

Weniges wüßte hinzuzufügen. Unsere gnädigsten Herrschaften sind nach Belvedere gezogen; später geht die Frau Großherzogin nach Warschau, der Gemahl nach Karlsbad. Unser Walther wird wohl nach[62] Frankenhausen, mit Thompson, gehen und also gut versorgt seyn. Herr Des Voeux ist hier durch, nach Constantinopel. In Hoffnung und Vermuthung daß er euch treffen werde hat man ihm allerlei Depeschen mitgegeben. Er geht nach Venedig, von da nach Ancona. Ottilie hat über sich genommen Herrn Soret auf eine freundliche Weise von eurem veränderten Reiseplan zu unterrichten. Und somit allen guten Dämonen bestens empfohlen.

Weimar den 14. May 1830.


47/53.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gratulire zu der wohlgerathenen Frankfurter Aussicht. Die Stadt nimmt sich wirklich ganz einzig von der Seite aus, und ich zweifle nicht an dem Succeß des Blattes.

Auch danke für geneigte Besorgung der verschiedenen Aufträge und ersuche dieselben mir baldigst die Rechnung zu schicken, damit sie ungesäumt bezahlt werden könne.

Der ich, das Beste wünschend, mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

Weimar den 14. May 1830.[63]


47/54.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

Hiebey übersende die sich bey erster Durchsuchung der Pariser Profile vorgefundenen Doubletten. Zeigen sich fernerhin noch andere, so stehen sie gleichfalls zu Diensten. Auch liegt der Porphyrteller bey, kleiner jedoch als ich mir ihn vorgestellt habe. Sey daher das Weitere Ihrer Beurtheilung völlig überlassen.

Nächstens das Mehrere.

Hochachtungsvoll.

Weimar den 15. May 1830.


47/55.


An Friedrich Jacob Soret

Durch Gegenwärtiges wollte, mein theuerster Herr und Freund, sogleich vermelden daß ich die übersetzten Blätter der Metamorphose durchgesehen und noch über einige zweifelhafte Puncte mich mit Ihnen berathen möchte, damit das Manuscript gleich nach Frommanns Zurückkehr demselben übergeben werden könnte.

Welche freye Stunde Sie auch gewinnen, haben Sie die Güte bey mir anzufragen, ich werde jederzeit Raum finden dieses angenehme Geschäft anzunehmen.

Das Beste wünschend.

treulichst

Weimar den 15. May 1830.

J. W. v. Goethe.[64]


47/56.


An Johann Ludwig Deinhardstein

Ew. Hochwohlgeboren

habe durch Gegenwärtiges zu vermelden: daß der beabsichtigte Aufsatz über Zahns pompejanische Mittheilung, mit der fahrenden Post an dem heutigen Tage, abgegangen. Ich wünsche er möge der Absicht des hohen Protectors, dessen gnädiges Wohlwollen ich unter die höchsten Begünstigungen meines Lebens zähle, auch demselben für die Folge ernstlich empfohlen seyn wünschen muß; sowie den unmittelbaren Zwecken einer schätzbaren Redaction einigermaßen genügen.

Wenn ich aufrichtig seyn soll; so hätte ich gern dieses Concept zurückgehalten und es noch einmal durchgearbeitet; denn ich konnte vorerst nur auf bedeutende Puncte hinweisen, welche auszuführen und zu begründen noch manches würde zu fordern seyn. Doch läßt sich ja, auf Verlangen, dieses und jenes einzeln nachbringen; ich aber konnte nicht unterlassen meinen besten Willen einigermaßen baldigst zu bethätigen.

Kommt mir ein Exemplar Ihrer erneuten Zeitschrift zu Handen, so seh ich daraus was überhaupt dort angenehm seyn könnte. Doch frage vorher noch an: ob einige Mittheilung der Weimarischen Kunstfreunde, als deren Obmann sich Hofrath Heinrich Meyer gar wohl nennen darf, und die in Kunst und[65] Alterthum seit mehreren Jahren ausgesprochenen Grundsätze auch daselbst Platz finden dürften? Es würden vorerst neuere Werke vorgeführt werden, mit Billigung und Mäßigung und zugleich mit redlicher Anerkennung entschiedenen Verdienstes; das zu Mißbilligende würde übergangen. Wäre es alsdann genehm, so könnte wohl ein oder der andere Aufsatz, in's Allgemeine gehend, nachfolgen.

Mehr füge ich nicht hinzu, nur die angelegentliche Bitte, mich höchsten Orts, als einen unverbrüchlich dankbar Anerkennende und Gewidmete, bestens zu empfehlen.

In vorzüglichster Hochachtung,

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 16. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/57.


An Carl August Varnhagen von Ense

Eben habe ich Ihre freundlichste Entwickelung des Briefwechsels zu Ende gelesen, wobey mir auf die wunderbarste Weise jene merkwürdigen Jahre meines Lebens vor die Seele traten, dagegen dachte ich bald möglichst etwas angenehmes zu erweisen, welches mir jedoch nicht gleich beygehen wollte. Nun erhalte ich im Augenblick von hoher Hand den Auftrag Beyliegendes zu übersenden und mich freut herzlich eine[66] erwünschte Gelegenheit meinen besten Dank vorläufig abzustatten: daß Sie die treuen ernsten Forschungen, die Sie mit so vielem Glück anstellen, auch gegen uns haben geneigt hinlenken wollen.

treu verpflichtet

Weimar den 16. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/58.


An das Großherzogliche Hofmarschallamt

[Concept.]

[17. Mai 1830.]

Auf die Anfrage, wegen der mir mitgetheilten Actenstücke, wüßte nur so viel zu erwidern: daß mir von jener Übergabe der Garderobe-Stücke an Herrn Legations-Rath Bertuch im Jahre 1776 nichts bekannt worden; daß ich jedoch gar manche, besonders die in dem Verzeichniß A roth vorgestrichenen Gegenstände, in der damaligen hiesigen Kunstkammer sowohl, als nachher in Jena, wohin sie, mit den Mineralien und sonstigen Curiosis, wegen Einrichtung der hiesigen Zeichenschule gebracht worden, lange Zeit gesehen; wie denn auch solche, später wieder herüber translocirt, sich in dem gegenwärtigen Museum auf der Bibliothek befinden. Weiteres jedoch wüßte jedoch nichts zu vermelden.

Weimar den 14. May 1830.[67]


47/59.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

[17. Mai. 1830.]

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche, da ich das Kaiser'sche Bild nunmehr nach Dresden Absenden werde, gegenüberstehende Fragen geneigtest zur Seite zu beantworten.

1) Kaisers Vorname.

2) Dessen Geburtsort.

3) Dessen Studien.

4) Ob hier, Dresden, München, Italien.

5) Ohngefähr das Alter.

Die Restauration ist glücklich ausgefallen.


47/60.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Könnten Sie mir, mein Theuerster, ohne große Beschwerde, die Stelle finden, wo Rousseau in seinen Confessionen seiner botanischen Wanderungen und Studien gedenkt, so geschähe mir ein besonderer Gefalle.

Verzeihung

Weimar den 19. May 1830.

G.


47/61.


An Friedrich Theodor von Müller

In dem zurückgehenden mir anvertrauten Brieflein unseres werthen Niethammers finde ich, mein verehrter[68] Freund, des wackeren Mannes treue Gesinnung, die regsten Erinnerungen früher guten Zeiten, einen warmen Antheil an der Vergangenheit wie er ihn sonst an der Gegenwart nahm. Wird mir aber der Gute verzeihen, wenn ich ausspreche: daß ich zu der fraglichen Angelegenheit nicht ein gleiches Verhältniß habe.

In meinen hohen Jahren muß die unverbrüchliche Maxime seyn: durchaus und unter jeder Bedingung im Frieden zu leben; ich möchte, um keinen Preis, bey irgend einer Contestation, sie habe einen politischen, literarischen, moralischen Anlaß, als thätig mitwirkend erscheinen.

Was sollte aus den schönen, mir noch gegönnten Lebenstagen werden, wenn ich Notiz nehmen wollte von allem was in dem lieben Vaterlande gegen mich und meine nächsten geschieht. Unserm werthen Freunde ist wahrscheinlich mehr wie mir bekannt, was für Redereyen und Tücken, Unarten, Widerwärtigkeiten und Feindseligkeiten gegen mich aus gehen; ich weiß nur davon was manchmal ein gegenwärtiger theilnehmender Freund, oder wohlwollende Correspondenten erwähnen. Hör ich doch daß selbst aus dem Königreiche, dessen höchster Herrscher, wie ein Stern erster Größe, günstig über meinen Schicksalen waltet, das Widerwärtigste verlautet und zwar, was noch sonderbar scheint, unter der Firma meines werthen Verleger, mit dem ich seit vielen Jahren in freundlichster[69] Verpflichtung stehe. Hat man jemals von mir eine Reclamation deshalb vernommen, auch nur einen Laut?

Möge Vorstehendes unsern hochgeschätzten Freund in München, den ich schönstens grüße, einigermaßen geneigt machen, es für recht zu halten, wenn ich auf jene Berichtigung schweige, und dem Publicum überlasse, was es darüber denken und urtheilen will. Ich benutze diese Tage was an mir noch zu berichtigen möglich ist, zu berichtigen, und glaube so der mir durch mein ganzes Leben höchst geneigten Vorsehung nach Absicht und Willen zu handeln.

Alles Gute und Beruhigende.

treulichst

Weimar den 21. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/62.


An Friedrich Jacob Soret

Haben Sie die Geneigtheit, mein Theuerster, beykommenden, nicht unangenehmen Auftrag auszurichten.

Von den sieben Dresdner Heften:

1) Ihro Königliche Hoheit dem Herrn Großherzog.

2) Ihro Kaiserlichen Hoheit Frau Großherzogin.

3) Ihro Königlichen Hoheit Herrn Erbgroßherzog.

4) Frau Oberhofmeisterin v. Hopfgarten.

5)Frau Gräfin v. Egloffstein.

6) Herrn Hofrath Soret.

7) Wem allenfalls damit ein Gefallen geschähe.

[70] Überhaupt kann ich noch mit einem und dem andern Hefte andienen.

In Hoffnung baldigen Wiedersehens, treu verbunden, in Flora der gemeinsamen anmuthigen Göttin.

J. W. v. Goethe.

Weimar den 21. May 1830.


47/63.


An Johann Joseph Schmeller

Überbringer dieses, Herrn Felix Mendelssohn, einen höchst vorzüglichen Musiker, wünsche durch Ihre geschickte Hand gleichfalls gezeichnet.

Goethe.

Weimar den 24. May 1830.


47/64.


An Aloys Hirt

Sie haben, verehrter Freund, durch Ihre reichhaltige Sendung mich in ganz eigens Angenehme Zustände versetzt. Ich erinnerte mich deutlichst der ersten Augenblicke in Rom, Sie dort schon als Eingeweihten fand, durch Sie geführt, der unschätzbaren Herrlichkeit zuerst gewahr wurde.

Sie haben Ihr ganzes Leben solchen Betrachtungen gewidmet, ich war wenigstens in dem Falle meine Neigung zur bildenden Kunst durch eine wachsende Kenntniß belebt zu erhalten; und hiernach fügt sich's denn, daß in späteren Jahren, vertraulich wieder zusammentretend, eines abermaligen freyen Umgangs durch solche Regionen in heiterer Übereinstimmung genießen können.

[71] Die Dresdner Gallerie, welche ich oft besuche, und der ich im Allgemeinen und Einzelnen gern gedenke, vergegenwärtigen Sie mir auf's neue und, indem ich jene Schätze durch Ihr Kennerauge beleuchtet sehe, scheinen sie sich mir ganz erneut entgegenzustellen. Auch habe zugleich das Augusteum wieder vorgenommen und kann dadurch Ihr bestimmtes Urtheil mir desto besser zueignen. Lassen Sie mir auch künftig wie bisher, Ihre ernste treue Forschung zu Gute kommen und bleiben versichert, daß ich mit aufrichtigster Hochachtung und Anhänglichkeit mich immer angeeignet fühlen werde.

treulichst

Weimar den 24. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/65.


An Adolphe Lambert Jaques Quetelet

Denken Sie nicht, mein werthester und hochgeschätzter Herr, daß mein bisheriges Schweigen eine undenkbare Vergessenheit andeute; vielmehr bin ich mit den Meinigen jener Tage freudig eingedenk, die Sie mit Ihrer theuren Gattin, Ihre Reise verzögernd, bey uns zubringen wollten.

Mir ist Ihre Theilnahme an den Erscheinungen, die ich verführte, an meiner Art, sie anzusehen und zu ordnen, von der größten Wichtigkeit geworden; jene hab ich mit mehr Aufmerksamkeit zu betrachten fortgefahren und diese sorgfältiger zu behandeln gesucht.[72] Nicht weniger haben mir die übersendeten Bücher viel genutzt, indem ich mir daraus gar manches im Zusammenhang zueignen, auch durch Prüfung der darin erhaltenen Grundsätze meine eigene Vorstellungsart näher beurtheilen lernte.

Der junge Mann, Herr Rollin, der uns von Ihrer Seite kam und uns Ihres Andenkens versicherte, war freundlichst willkommen, und ich darf hoffen, daß er sich der kurzen Zeit, die er bey mir und meiner Tochter zubrachte, mit Vergnügen erinnern werde.

Die Nachricht, daß Sie nach Italien zu gehen gedächten, war mir theils für Sie, theils auch darum sehr angenehm, da ich hoffen konnte, mein Sohn, der eben dahin den Weg nahm, werde Sie daselbst antreffen. Desto unerfreulicher war mir die Nachricht, ein trauriges Ereigniß habe Sie von einer so gewünschten Reise leider abgehalten.

Meine gute Tochter empfiehlt sich Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin zum allerbesten, mit der Versicherung, daß die erfreuenden und belehrenden Tage, die Sie uns gegönnt, die anmuthigsten Erinnerungen bey uns zurückgelassen. Leben Sie recht wohl und geben uns manchmal, durch einen bedeutenden Reisenden, von einem fortdauernden Andenken und einer unverwelklichen Neigung das erwünschte Zeugniß!

In vorzüglicher Hochachtung

ein treu anhänglicher

Weimar den 24. May 1830.

J. W. v. Goethe.[73]


47/66.


An Carl Wilhelm Göttling

Vor allen Dingen habe meinen besten Dank auszudrucken für das classische Ansehn, das Sie meiner Erwiderung an die Warschauer Societät haben geben wollen, ich werde damit auf eine ganz anständige Weise auftreten.

Wahrscheinlich gehen heute zwey bedeutende Bücher von Seiten großherzoglicher Bibliothek an dieselben ab. Das eine astronomische, als Geschenk der Frau Großherzogin, wie es auch schon mit dem Stempel gehörig bezeichnet ist; auf dieses, als ein astronomisches Curiosum, haben Sie die Gefälligkeit den Inspector Schrön aufmerksam zu machen. Das zweyte, ein Heft der brasilianischen Botanik, wäre dem Stempel Serenissimi zu zieren.

Möge mir der Wunsch bald erfüllt werden, Sie persönlich zu begrüßen und mich Ihrer belehrenden Unterhaltung zu erfreuen.

ergebenst

Weimar den 26. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/67.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

habe die Ankunft der Kupferhefte hiedurch anzuzeigen, welche auch sogleich vertheilt worden sind, und, wie[74] ich hoffe, den Actionärs Muth machen werden, bey ihrer bisherigen Mitwirkung zu beharren.

Die vier Actien der höchstseligen Frau Großherzogin Mutter von Nr. 247 bis 250 inclusive werden auf Ihro Königliche Hoheit die Prinzeß Wilhelm von Preußen geschrieben, auch derselben noch eine spätere Nummer notirt, indem sie sich für fünf Actien unterzeichnet hat.

Gegenwärtiges ist mir um so angenehmer zu vermelden und zu schreiben, als es mir Gelegenheit gibt, Dieselben zu versichern, daß Ihr freundlicher Besuch die sämmtlichen Weimarischen Kunstfreunde ganz besonders gefreut hat, besonders indem er sie von Ihrem schon so weit gediehenen Wohlbefinden überzeugt und die besten Hoffnungen verlieh; zugleich neue Aufmunterung gab, dem verehrten Dresdener Verein sich näher anzuschließen.

Über die Frage: inwiefern man bey Künstlern Werke bestellen und ihnen unter der Arbeit mit gutem Rath an Handen gehen solle, habe vielfach nachgedacht, und finde große Schwierigkeiten darin, daß Künstler und Kenner sich nicht leicht verstehen werden. Was hiezu von beiden Seiten erfordert würde, habe ich in meinem vorigen Briefe angedeutet.

Nächstens gebe einiges zu bedenken, wodurch mir die Sache auf einen hohen Grad erleichtert scheint.

Die gewünschten Personalien des Künstlers, von welchem nächstens eine Landschaft folgen wird, füge[75] besonders hinzu, und mich auf das andringlichste empfehlend, rechne mir es zur Ehre, mich hochachtungsvoll unterzeichnen zu können.

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 27. May 1830.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Das Nähere von dem Künstler

welcher die übersendete Landschaft verfertigt hat.


Name und Vorname

Kaiser, Adolph.

Geburtsort

Geisa, Eisenachischen Kreises, sonst Fuldaisch.

Alter

Etwa 26 Jahre.

Anfängliche Studien

Cassel, Fulda und Braunschweig.

Eigentliches Fach

Landschaftsmalerey.

Aufenthalt in Italien

Von 1826-1. April 1829, also fast drey Jahre.

Nach seiner Rückkehr, wie lange in München

Vierzehn Monate.


Wird gegenwärtig in Weimar erwartet.

Goethe.


47/68.


An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Es war wirklich, theuerster Herr und Freund, ein sehr glücklicher Gedanke: durch einen geschickten Künstler[76] Ihre ernst-heitere Wohnung und die unschätzbare Gegend abbilden und vervielfältigen zu lassen; es kann uns nichts Freudigeres und mehr ermunterndes begegnen, als wenn wir, zugleich mit guten und herzlichen Worten, auch ein vorzügliches Lokal erblicken, wo Sie behaglich verweilen, wo Sie an uns denken, woher Sie Ihre Schreiben an uns richten. es entsteht daraus eine gewisse Unmittelbarkeit des Zusammenseyns welche höchst reizen ist.

Indem ich mich also mit Ihnen mich in Ihrer liebenswürdigen Umgebung erfreue, sage, jedoch nur mit dem Wenigsten, daß ich diese gute Jahrszeit über Ihren Wunsch vor Augen haben werde. zwar sind meine Papiere in guter Ordnung, doch bedarf es warmer Tage und ruhiger Stunden um das allenfalls Gewünschte herauszufinden. Die Aufsätze Ihres Herrn Bruders, dessen Andenken uns immer lieb und werth bleiben muß, sind wohl verwahrt, sollen aufgesucht und baldigst gesendet werden.

Daß Sie meinen wahrhaft geehrt Manzoni Ihre Aufmerksamkeit in dem Grade gewidmet, um von seinem vorzüglichen Adelchi eine sinn- und geschmackvolle Übersetzung zu liefern, freut mich gar sehr. Die wenigen Stellen, die ich in den ersten Augenblicken betrachten können, geben mir eine schöne Einleitung in das Ganze. Vielleicht findet Ihr Verleger Gelegenheit ein Exemplar über die Alpen ihm zuzuschaffen. Wollen Sie dabey meiner und meines Verhältnisses[77] zu ihm gedenken, so wird es ihm gewiß erheiternde Augenblicke verschaffen. Es ist leider nichts naturgemäßer, als daß ein schönes reiches Gemüth, nicht in voller Freyheit, des Lebens genieße.

Mehr sage ich nicht als nur den Wunsch: daß Sie und Ihre Frau Gemahlin, da Ihnen ein so erwünschter Sommeraufenthalt geworden, auch desselben, in aller Zufriedenheit, vollkommen genießen mögen, wobey ich mein und der Meinigen zu gedenken nicht vorerst zu bitten habe. Hier schließen aber wäre unrecht, wenn ich nicht vermeldete: daß mein Sohn, mit dem vorzüglich guten und braven Eckermann, nach Italien gegangen ist. Ihre Briefe aus Mailand melden wie wohl es ihnen geht.

Mich aber- und abermals zum allerschönsten empfehlend, auch in Heidelberg bey Freunden und Wissenschaftsgenossen meiner zu gedenken wünschend und bittend,

treu angehörig

Weimar den 28. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/69.


An Johann Heinrich Meyer

Auf Ihr gestriges Werthes, mit Beyschluß, erwidere sogleich schuldigst: daß allerdings die, unter der Adresse Ihro Königlichen Hoheit des Großherzogs, angelangten von Artaria gesendeten Bücher der[78] Bibliothek gehören und auch aus dieser Kasse bezahlt werden. Bisher wurden solche an Ihro Königliche Hoheit adressirrte Sendungen durch Herrn Geh. Hofrath Helbig alsobald an mich gesandt. Wollten Sie etwa in der Garderobe bestellen daß solches künftighin auch ohne weitere Anfrage geschähe, so würde sich weiter kein Anstoß ergeben.

Es freut mich sehr daß Sie meine Wünsche in Absicht der anzuzeigenden Blätter geneigt erfüllen mögen; es kann gewiß daraus nur Gutes entstehen wenn wir den eingeschlagenen Weg verfolgen.

Sodann wünscht ich aber doch daß Sie sich entschlössen einen Mittag hereinzukommen; es vergißt sich so manches wenn man ein folgerechtes Gespräch unterläßt. Es war mir sehr angenehm was Sie von Hirts Werke sagten; gerade diese beiden Äußerungen waren mir gleichfalls auffallend, wenn ich mich an dem Übrigen erfreuen und belehren konnte. Eine solche Recapitulation ist immer unterhaltend und aufregend.

Wollen Sie beykommendes Buch Ihro Kaiserlichen Hoheit, nicht im Namen des Verfassers, sondern in meinem zu Füßen legen? Es kann für Höchstdieselben kein Interesse haben, kaum für uns, doch verdient es wohl, neben den andern, allgemein interessanteren Arbeiten des Verfassers, in einer Bibliothek aufgestellt zu werden.

Ihnen aber, mein Theuerster, darf ich wohl einen Blick hineinzuthun empfehlen. Wenn wir beide unsre[79] Lebenstage synchronistisch neben denen des guten Erhards aufstellen; so haben wir allerdings uns eines bessern Glücks zu erfreuen; aber sein Denken ist gar zu unsicher, sein Betrag allzu willkürlich, sodann auch seine Umgebung so düster. Alles ist bey dem besten Willen in einem verworrenen Streben begriffen.

Das Weitere versparend auf eine nächst zu hoffende Zusammenkunft. Herrn Soret bitte schönstens zu grüßen und mich allerseits bestens und anständigst zu empfehlen.

treu vereint

Weimar den 29. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/70.


An Franz Baumann

Unterzeichneter wünscht Bohnen vom Lathyrus von welcher Species es auch sey, besonders wo möglich vom Lathyrus amphicarpus. Ingleichen von Vicia, welche Species es auch sey, besonders aber wo möglich von Vicia amphicarpa.

Weimar den 30. May 1830.

J. W. v. Goethe.


47/71.


An Friedrich Jacob Soret

Herr Frommann, von Leipzig zurückkehrend, wünscht nun bald den Abdruck der Metamorphose anzufangen. Ich versprochen einen Theil des[80] Manuscripts Mittwoch zu schicken, deshalb es höchst nöthig ist daß Sie die Gefälligkeit haben, morgen hereinzukommen, damit wir das Wenige was in den ersten §en näher zu bestimmen ist, noch berichtigen und uns dann dem weiten Meere des Druckerwesens überlassen. Könnten Sie mir die, auf dem beykommenden Blättchen gewünschten Bohnen mitbringen, so geschähe mir ein sehr großer Gefalle.

Mit den besten Wünschen! Doch füge hinzu: können Sie sich morgen oben vom Tische nicht losmachen, so versäumen Sie ja nicht gegen Abend zu kommen.

treulichst

J. W. v. Goethe.


47/72.


An Sulpiz Boisserée

Nur mit Wenigen dießmal bemerke, mein Theuerster, daß die beiden Exemplare des 21. und 22. Heftes Ihrer höchst schätzenswerthen, sich immer gleichbleibenden Steindrücke glücklich angenommen. Ich habe bey dem für großherzogliche Sammlung bestimmten Exemplare die Rechnung nicht gefunden, bitte mir solche zu übersenden, weil es mir zur Pflicht geworden solche zu honoriren.

Auch wollte zugleich ersuchen, mir etwa ein halbes Ries von dem colossalen braunen Papier Ihrer Umschläge abzulassen, es ist gar zu vortheilhaft Zeichnungen,[81] oder alte Kupfer darauf zu befestigen; doch wollte vorerst bitten mir den Preis davon zu melden.

Damit aber dieses Blatt nicht gar zu merkantilisch aussehe, so hab ich zu versichern, daß es mir nach meiner Weise ganz wohl geht. Ich befinde mich, verhältnißmäßig zu meinen Jahren, wünschenswerth, habe einen trefflichen Arzt zur Seite, der die kleinen Abweichungen der Natur wieder einzulenken weiß. Unsre gnädigsten Herrschaften scheinen geneigt mir die großen Verluste, die ich in diesen Jahren erlitten, freundlichst unmerklich machen zu wollen. Mein Geschäftskreis ist derselbige, eher noch erweitert, doch immer meinen Kräften gemäß.

Herr Soret, ein Genfer, mit der Erziehung des Prinzen beauftragt, hat meine Metamorphose der Pflanzen in's Französische übersetzt; ich bin dadurch in das schöne Feld wieder zurückgelockt und finde gar nicht übel die alten Fäden frisch anzuknüpfen. Die Natur ist immer neu und wird immer tiefer, wie ein vorspringender Kies, der sich in einen Fluß erstreckt; kommt der Badende vorschreitend zuletzt in den Strom, so muß er schwimmen, und das geht denn auch.

Von Kunstwerken kommt mannichfaches gar Anmuthiges zu mir, davon vielerlei zu sagen wäre; Leipziger Auctionen und Kunsthändler bieten immer etwas Wünschenswerthes.

Hier wäre noch, zu manchem Guten Platz und Räumlichkeit, doch dieser Brief ginge dann heut nicht[82] ab. Mein Sohn mit Dr. Eckermann ist nach Italien. Von Mailand hab ich günstige Briefe. Kehren sie über München zurück, darf ich Sie wohl zu freundlichster Aufnahme kaum empfehlen.

Grüßen Sie die lieben Ihrigen schönstens und wenn Sie mir in Ihrer bald zu hoffenden Rückantwort gefälligst vermelden, daß Kur und Reise Ihro Majestät dem König recht gründlich wohlgethan, so werden Sie mir und mehrern eine Erquickliche Wohlthat er weisen. Noch gestern erfreute sich der treffliche Geheimde Rath Beuth von Berlin an denen von höchster Gnade mir gegönnten kostbaren Kunstgebilden.

Ich ende schleunig, um mich wieder anzufangen.

treulichst

Weimar den 31. May 1830.

J. W. v. Goethe.

und bemerke nur daß ich für Ihren lieben letzten Brief noch schönstens zu danken habe.


47/73.


An Johann Heinrich Meyer

Diese Tage habe ich Sie, mein Werthester, nicht einladen wollen, weil Sie es des Abends vorher wünschten und man kaum von wenigen Stunden geschweige von zwölfen sicher seyn kann. Haben Sie daher ja die Güte wenn Sie schönes oder leidliches Wetter finden bey mir zu Mittag einzusprechen und wie Sie es finden vorlieb zu nehmen.

[83] Herr Geh. Rath Beuth war gestern auf einen Tag bey mir, ich hätte Sie gern herbeygewünscht; ein höchst merkwürdiger Mann voller Heiterkeit in der ausgebreitetsten Thätigkeit. Freylich erstaunt man in das furchtbare preußische Treiben und Streben hineinsieht, unerschöpfliche Mittel nach allen Zwecken hingerichtet, sehr tüchtige Menschen von denen jeder in der geschäftigen Breite seinen Wirkungskreis findet. Besonders das Technische, in jedem Sinne, steht auf einer unglaublichen Höhe, davon einiges besonders zu erzählen Gelegenheit nehme.

Da ich vermuthe daß Sie noch kein neues Staatshandbuch besitzen und doch solches angenehm ja nöthig ist, so sende hiebey ein Exemplar zu freundlichem Andenken.

Neun Hefte von Rhodus sind angekommen; wir verdanken denselben die Überzeugung daß es dort ganz abscheulich aussieht.

Herrn Hofrath Soret machen Sie meine schönste Empfehlung, kommt er vor seiner Abreise nochmals nach Weimar so bitt ich ihn auf einen Augenblick bey mir einzutreten.

Nicht zu vergessen daß Telephus mit der Ziege in plastischer Gegenwart gar liebenswürdig dasteht, auch wohl noch anderes Neue vorzuweisen seyn möchte.

treulichst

Weimar den 1. Juni 1830.

G.[84]


47/74.


An Sulpiz Boisserée

und Carl Philipp v. Martius.


Herrn Dr. Sulpiz Boisserée [Hofrath v. Martius]

begrüßt

durch den sich selbst empfehlenden

Herrn Felix Mendelssohn

auf das allerschönste

Weimar den 1. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.


47/75.


An Friedrich Jacob Soret

Unser trefflicher Riemer rettet mich aus der gestrigen Verlegenheit. Hier das hoffentlich hinreichende. Das allerneuste wird nachzubringen seyn.

Empfehlen Sie mich schließlich und sehen mich noch einmal.

1. Juni 1830.

G.


47/76.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey die Inschrift auf die erste leere Seite, wenn auf der zweyten der deutsche Text gedruckt wird und auf der dritten die französische Übersetzung. Alles[85] Übrige bitte wie verabredet zu besorgen und mir seiner Zeit die Revision in doppeltem Exemplar zu übersenden.

Das Beste treulich wünschend.

ergebenst

Weimar den 2. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.[86]


47/76a.


An den Großherzog Carl Friedrich

[Concept.]

Weimar den 2. Juni 1830.

Durchlauchtigster

pp. pp.

Ew. Königliche Hoheit haben dem vorzüglichen Landschaftsmaler Preller, welcher die Jahre daher höchster Unterstützung genossen, die Erlaubniß ertheilt sich nach Neapel zu begeben und ihm dazu das nöthige Reisegeld gnädigst auszahlen lassen. Da ich nun überzeugt bin daß ihm dieses zum besondern Förderung seiner Studien gereichen, ja eine erweiterte Ansicht landschaftlicher Kunst-Thätigkeit eröffnen werde; so kann ich nicht[66] umhin, wegen dieses geschickten jungen Mannes einigen unterthänigsten Vortrag zu thun.

Es hat derselbe bisher sein im Fortschreiten begriffenes Talent fleißig erwiesen und nicht allein durch eingesandte Bilder seine Ansstrengung legitimirt, sondern auch in einer mit ihm gepflogenen Correspondenz, nach unsrer Überzeugung, ganz richtige und beyfallswürdige Grundsätze, nach welchen er seine Studien fortgeführt, darzulegen gewußt. Auch steht zu hoffen daß einige von ihm, in diesen Tagen, erwartete Gemälde gleichfalls ein gültiges Zeugniß für denselben ablegen werden.

Deshalb wir denn den Wunsch unterthänigst aussprechen:

Höchstdieselben möchten ihm die bisher gegönnte Unterstützung, die mit gegenwärtigem Jahre zu Ende geht, auch noch auf das folgende gnädigst gönnen und zwar in der Maße: daß von vierhundert, hiezu erforderlichen Thalern die Hälfte von großherzoglicher Cammer abgereicht würde, da denn die noch nöthigen zweyhundert Thaler, theils aus der Reserve-Casse des Museums, theils durch sonstige wohlthätige Beiträge geleistet werden könnten.

Hiebey würde man Bedingung machen: daß unter denen vierhundert Thalern für das Jahr 1831 auch das Reisegeld zu seiner dereinstigen Rückkehr mit begriffen sey.

Könnte er nun dasjenige, was ihm an Kunstvortheilen in Neapel zuwächst, noch in Italien zur Anwendung[67] bringen, so wäre zu hoffen er werde sich auf einen Grad vervollkommnen, daß er bey denen ihm nunmehr eröffneten Dresdner Ausstellung sich auszeichnete und manche Kunstliebhaber für sich interessirte, so daß er in der Folge, auch sich selbst überlassen, ein mäßiges und zufriedenes Künstlerleben führen könnte.

Ew. Königlichen Hoheit weisestem Ermessen gnädigsten Entschluß in Verehrung anheimgebend, unterzeichnet sich ehrfurchtsvoll

Oberaufsicht pp. pp.


47/76b.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

[Anfang Juni 1830?]

Unterthänigster Vortrag.

Ew. Kaiserliche Hoheit

sind schon von jungen Kunstaspiranten angegangen worden in Hoffnung von Höchstdenenselben unterstützt zu werden; es wird sich dieses noch öfters wiederholen und ich halte daher für Schuldigkeit etwas in allgemeinen hierüber zu sagen.

Meiner Übersetzung nach sollte man nur solche begünstigen, welche den hier unter dem Director Hofrath Meyer zu gewinnenden gründlichen Unterricht ernstlich benutzt und nicht wie in der neuern Zeit so oft geschieht sich auf eine selbstgefällige Weise herumgetrieben[68] und es in mehreren Jahren doch nicht so weit gebracht daß sie Liebhaber anzulocken und sich ihren Unterhalt zu verschaffen wüßten. Will man aber, wie billig und löblich ist, auf eine mäßige und gehörige Weise Künstler unterstützen, so seyen es diejenigen von den unsrigen für welche schon so viel geschehen, daß es gleichsam nur eine Nachhülfe braucht um sie in ein wünschenswerthes Künstlerleben einzuleiten.

Hier tritt nun gleich der Fall ein wo etwas Wünschenswerthes geschehen könnte.

Der Landschaftsmaler Preller, dessen von dem höchstseligen Herrn verwilligte Pension mit dem Verlauf dieses Jahres sich endigt, hat von unserm gnädigst regierenden Herrn die Erlaubniß erhalten sich bey einer vorgefundenen günstigen Gelegenheit nach Neapel zu begeben und dort in der freylich für sein Fach höchst günstigen Gegend sich umzuthun und neuen Gewinn aus der Natur sich zuzueignen.

Hiedurch nun bin ich bewogen einen schon früher gehegten Wunsch auszusprechen, daß derselbe noch das Jahr 1831 in Italien zubringen dürfte; eine mit ihm gepflogene Correspondenz gibt mir die Überzeugung daß er auf dem guten Wege sey um die höheren landschaftlichen Darstellung für das Ziel der Kunst zu halten.

Gibt man ihm Gelegenheit nachdem er Neapel besucht das Weitere aus sich zu entwickeln, so dürfte man wohl hoffen, daß er sich in der Folge bedeutend auszeichnen dürfte.

[69] Zu diesem Behuf würden vierhundert Thaler nöthig seyn, und ich habe die Aussicht [daß] Ihro Königliche Hoheit der Großherzog die Hälfte dieser Summe aus Ihro Kammermitteln bewilligen werden; einhundert Thaler würde die Oberaufsichtliche Reservekasse bey tragen können, und es fragt sich nur ob Ew. Kaiserliche Hoheit die Gnade haben wollten aus der mir anvertrauten Separatkasse gleichfalls hundert Thaler beyzutragen, wobey ich übrigens an aufmerksamer Leitung es nicht würde fehlen lassen; denn da das vorhin Zugestandene aufgehört so erklärt man ein neues Recht nach seinem Studiengange sich umzuthun.

Der Verein mit den Dresdner Kunstfreunden hat unsern Künstlern für die Folge ein hübsches Feld eröffnet, und es käme jetzt nur darauf an inwieman sie noch so weit zu fördern wüßte, daß sie fern solcher Vortheile zu ihrer Subsistenz wirklich genießen könnten.[70]


47/77.


An Carl Friedrich Zelter

So eben, früh ab 10 Uhr, fährt, bey'm klarsten Himmel, im schönsten Sonnenschein, der treffliche Felix, mit Ottilien, Ulriken und den Kindern, nachdem er 14 Tage bey uns vergnüglich zugebracht und alles mit seiner vollendeten liebenswürdigen Kunst erbaut, nach Jena, um auch dort die wohlwollenden Freunde zu ergötzen und in unsrer Gegend ein Andenken zurückzulassen, welches fortwährend hoch zu feyern ist.

Mir war seine Gegenwart besonders wohlthätig, da ich fand, mein Verhältniß zur Musik sey noch immer dasselbe; ich höre sie mit Vergnügen, Antheil und Nachdenken, liebe mir das Geschichtliche, denn wer versteht irgend eine Erscheinung, wenn er sich von dem Gang des Herankommens [nicht] penetrirt? Dazu war denn die Hauptsache daß Felix auch diesen Stufengang recht löblich einsieht und, glücklicherweise, sein gutes Gedächtniß ihm Musterstücke aller Art nach Belieben vorführt. Von der Bachischen Epoche heran,[86] hat er mir wieder Haydn, Mozart und Gluck zum Leben gebracht; von den großen neuern Technikern hinreichende Begriffe gegeben, und endlich mich seine eigenen Productionen fühlend und über sie nachdenken machen; ist daher auch mit meinen besten Segnungen geschieden.

Dieß hab ich dir alles frisch und eilig überschreiben und dich zu neuen Mittheilungen aufrufen wollen. Sagen den werthen Eltern des außerordentlichen jungen Künstlers das Allerbeste, in bedeutenden Worten; gib einem willfährigen Pflanzenfreunde beyliegendes Zettelchen und gedenke meiner als eines, zwar nicht immer behäglich, aber doch immerfort ernst, ja leidenschaftlich strebenden und wirkenden Freundes, der sich an deinen Beyspielen gern erbaut.

und so fortan!

Weimar den 3. Juni 1830.

G.


47/78.


An die Prinzessin Auguste von Preußen

[Concept.]

[5. Juni 1830.]

Ihro Königliche Hoheit haben auf so mannichfaltige Weise zu erkennen gegeben daß Höchstdieselben Ihre zurückgelassenen Verehrer und Begünstigten nicht vergessen haben, vielmehr solche noch immer in thätigem Andenken erhalten.

[87] Das uns gegönnte farbig lithographirte Heft hat sowohl durch seine große Mannichfaltigkeit und Bedeutung, nicht weniger als ein Zeugniß von Höchstderoselben gnädigem Wohlwollen alle vorzüglich erfreut. Es war wirklich jeder künstlerischen Bemühung werth, einen Widerschein von jenem großen ritterlichen Glanzfeste nach allen Seiten hin zu verbreiten, damit sich auch abwesende sich veranlaßt fänden, in der Einbildungskraft dasjenige hervorzurufen was dem Auge in der Gegenwart kaum zu fassen gewesen.

Zu einiger Erwiderung gedachter schönen Gabe übersende die Dresdner Nachbildungen der seit zwey Jahren dort angeschafften und verloosten Kunstwerke. Ew. Königliche Hoheit haben mir den Betrag von fünf Actien, für das laufende Jahr, zukommen lassen, wogegen die Quittungen seiner Zeit folgen sollen. Es werden dieselben Nummern seyn, welche der Höchstseligen schon einigen Gewinn gebracht haben, wodurch denn die Theilnahme Ew. Königlichen Hoheit eine doppelte Bedeutung erhält, indem nach erlittener schmerzlicher Trennung, eine sich neu anknüpfende Verbindung gnädigst zugesagt wird, so daß also die Kunst auch hier als eine freundliche Vermittlerin auftritt.

Mit bescheidenster Bitte mein Andenken gnädigst zu bewahren und auch in dem höchsten Kreise, in dem Sie das Glück Ihrer Tage finden, dasselbe nicht erlöschen zu lassen.[88]


47/79.


An Friedrich August von Beulwitz

Ew. Hochwohlgeboren

ersuche durch Gegenwärtiges auf das freundlichste unserm vorzüglichen Porträtzeichner Herrn Schmeller einige Stunden zu gönnen, damit auch Ihr Bildniß der würdigen Sammlung von einheimischen und auswärtigen schätzbaren Zeitgenossen, die bey mir immer zunimmt, eingefügt und das Andenken eines so bedeutenden Zusammenlebens um desto vollständiger unsern Nachkommen hinterlassen werde.

In vollkommenster Hochachtung.

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster

Diener

Weimar den 6. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.


47/80.


An Thomas Carlyle

Weimar den 6. Juni 1830.

Ihr werther Brief, mein Theuerster, vom 23. May, gerade nur 14 Tage gelaufen um zu mir zu kommen, wodurch ich aufgeregt werde alsobald zu antworten, weil ich hoffen kann der meinige werde Sie an einem schönen Junitag begrüßen. Es ist wirklich höchst erfreulich daß die Einrichtungen unsrer gesitteten Welt, nach und nach, die Entfernung zwischen gleichgesinnten[89] Wohldenkenden geschäftig vermindern, wogegen wir derselben manches nachsehen können.

Zuvörderst also will ich aussprechen daß an dem Plane, wie Sie die Geschichte Literatur zu behandeln gedenken, nichts zu erinnern ist, und daß ich nur hie und da einige Lücken finde, auf die ich Ihre Aufmerksamkeit zu richten gedenke. Durchaus aber werden Sie sich überzeugen daß die erste Edition eines solchen Werkes nur als Concept zu betrachten ist, welches in den folgenden immer mehr gereinigt und bereichert hervortreten soll; Sie haben Ihr ganzes Leben daran zu thun und erfreuen sich gewiß eines entschiedenen Vortheils für mich und andere.

Zu Förderung dieses Ihres Zweckes werde ich die Absendung eines intentionirten Kästchen sogleich besorgen, welches die gute Jahrszeit bald genug Ihnen zubringen wird. Es enthält:

1) Vorlesung über die Geschichte der deutschen National-Literatur von Dr. Ludwig Wachler, 2 Theile. 1818.

Dieses Werk schenkt ich, als höchst brauchbar, im Jahre 1824 dem guten Dr. Eckermann, dieser, der so eben mit meinem Sohne nach Süden gereist ist, läßt mir solches als eine Gabe für Sie zurück, mit den besten Grüßen und Segnungen. Ich sende es, mit um so mehr Zufriedenheit, weil ich überzeugt bin daß Sie, diesem Faden folgend, nicht irren können. Von dem meisten Einzelnen haben Sie sich ja schon eigene[90] Überzeugung ausgebildet, mögen Sie über dieses und jenes nachfragen, so werde suchen treulich Antwort zu geben.

2) Ein höchst wichtiges Heftchen, unter dem Titel: Über Werden und Wirken der Literatur, zunächst [in Beziehung] auf Deutschlands Literatur unserer Zeit, von Dr. Ludwig Wachler, Breslau 1829. Es gibt zu mancherlei Betrachtungen Anlaß wie derselbe Mann, nach 10 Jahren, sich wieder über Gegenstände kürzlich ausdrückt, deren Betrachtung er sein ganzes Leben gewidmet. Durch obengemeldete zwey Bände werden Sie vollkommen in den Stand gesetzt, das was er hier gewollt und ausgesprochen aufzunehmen und zu benutzen.

3) Vier Bände meiner Correspondenz mit Schiller, und also das Ganze abgeschlossen. Dabey sey Ihnen völlig überlassen es, nach Ihrer reinen und wohl empfindende Weise sich zuzueignen und den Freunden, die sich hier unterhalten, noch immer näher zu treten. In der Folge sende ich manches von der freundlichen und höchst sinnigen Aufnahme, welcher diese Bände in Deutschland sich erfreuen; auch wird Ihnen daraus zu Ihren Zwecken gar manches deutlich werden.

4) Zwey Bände meiner Farbenlehre, mit einem Hefte Tafeln. Auch diese werden Ihnen nicht ohne Frucht seyn. Das Werk ist gar zu sehr Fleisch von meinem Fleisch und Bein von meinem Bein, als daß es Ihnen nicht anmuthen sollte. Sagen Sie mir einiges darüber. Das Allgemeine paßt gewiß in Ihre[91] Denkweise, wünschten Sie wegen des Besondern einige Aufklärung, so will ich suchen sie zu geben.

5) Sie finden ferner in dem Kästchen den Abschluß der Übersetzung Ihres Leben Schillers, die Herausgabe hat sich verzögert, und ich wollte, dem Verleger so wie der Sache zu Nutz, das Werklein eigenes ausputzen; dem Publicum hab ich es gewiß recht gemacht, wenn Sie es nur verzeihen.

Das Titelkupfer stellt Ihre Wohnung dar in der Nähe, die Titelvignette dasselbe in der Ferne. Nach den gesandten Zeichnungen, wie ich hoffe, so gestochen daß es auch in England nicht mißfallen kann. Außen auf dem Hefte sieht man vorn Schillers Wohnung in Weimar, auf der Rückseite ein Gartenhäuschen, das er sich selbst erbaute, um sich von seiner Familie, von aller Welt zu trennen. Wenn er sich daselbst befand, durfte niemand herantreten. Es war auch kaum für einen Schreibtisch Platz. Sehr leicht gebaut, drohte es in der Folge zu verfallen und ward abgetragen; versteht sich nachdem er den Garten weggegeben und nach Weimar gezogen war.

Nun aber wäre noch manches zu sagen von einem Vorwort das ich dazu geschrieben, doch wird es besser seyn Sie selbst, wenn Sie es gelesen, empfinden und urtheilen zu lassen, ob ich des Guten zu viel gethan, oder ob mir das Zweckmäßige gelungen sey. In jedem Falle war nöthig zu interessiren und aufzuregen. Was weiter erfolgen kann erwarten wir,[92] was weiter zu thun ist sey ich ziemlich schon voraus.

Ihrer lieben Gattin das Allerfreundlichste! durch die übersendete Silhouette ist sie uns schon viel näher getreten; so viel vermag der genaue Schatten des edlen Wirklichen! Möge Sie nun auch uns das Bildniß Ihres Gemahls auf gleiche Weise senden. Es freut mich das jenes famose Mährchen auch dort seine Wirkung nicht verfehlt. Es ist ein Kunststück das zum zweytenmale schwerlich gelingen würde. Eine geregelte Einbildungskraft fordert unwiderstehlich den Verstand auf ihr etwas Gesetzliches und Folgerechtes abzugewinnen, womit er nie zu Stande kommt. Indessen habe ich doch zwey Auslegungen, die ich aufsuchen und, wo möglich, dem Kästchen beylegen will.

Da ich nun, um the single sheet nicht zu überschreiten, auch auf die äußere Seite des Blatts gelangt bin, so will ich diesen Raum noch benutzen um Folgendes zu melden. Gleich nach Abgang des ersten Kästchens, welcher bald erfolgen soll, bereite sogleich ein neues vor, in welchem Sie denn die Übersetzung Ihres Schillerischen Lebens und die siebente Lieferung meiner Werke erhalten sollen, worin enthalten sind 1) Tag- und Jahreshefte, Ergänzung meiner sonstigen Bekenntnisse 2 Bände. 2) Recensionen und einiges Ältere 1 Band. 3) Cellini 2 Bände. Was indessen noch zu erinnern wäre, soll in dem Kästchen selbst bemerkt werden. Mit dem Wunsch daß Gegenwärtiges[93] Sie in heitern Tagen und guter Gesundheit treffen möge, schließe ich mit Versicherung treuster, unwandelbaren Theilnahme.

Abgesendet den 7. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.


47/81.


An Julien Ursin de Niemcewicz

[Concept.]

Hochwohlgeboren

Insonders hochgeehrtester Herr.

Einer verehrten Akademie habe, beyliegend, meine schuldige Verpflichtung, in dem schicklichsten Idiom, auszudrücken gesucht, nun erlauben Ew. Exzellenz, in der mir angebornen Sprache, meinen aufrichtigen besonderen Dank zu entrichten, daß Sie die Geneigtheit gehabt haben, die Aufmerksamkeit einer verehrten Gesellschaft auch auf mich zu wenden.

Insofern nun freylich meine hohen Jahre nicht zulassen an Ihrer edlen Thätigkeit lebhaften Antheil zu nehmen, so verfehle nicht, Ihrer eigenen Anregung gemäß, auf den Fall, daß Stellen sich eröffnen sollten, zwey Männer zu empfehlen welche allerdings verdienen möchten mit der angesehnen Akademie verbunden zu seyn.

Der Eine, Dr. Friedrich Wilhelm Riemer, Professor an der großherzoglichen Hauptbibliothek zu Weimar, hat sich durch zweymalige Ausgabe eines griechisch-deutschen Lexicons um das Studium der alten Sprachen[94] höchst verdient gemacht, woraus denn folgt daß er zugleich eine vollkommen Übersicht der meisten Sprachen und Literaturen sich erworben habe.

Der Zweyte, Dr. Carl Wilhelm Göttling, Professor und Bibliothekar der akademischen Bibliothek zu Jena, ein trefflicher Philolog, der sich, durch Herausgabe der Politik des Aristoteles, nicht weniger anderer, die griechische Literatur betreffenden Arbeiten besonders ausgezeichnet; beide haben, früher und später, bey einer Reise nach Italien für ihr Fach genugsam gewonnen und ich kann also solche im eintretenden Falle gewissenhaft vorschlagen.

Der ich, ohne Weiteres, mich zu geneigtem Andenken empfehle und es für ein besonderes Glück zu schätzen habe daß Ihro Kaiserliche Hoheit die Frau Großherzogin, bey Ihrem dießmaligen Aufenthalt vielleicht einiges zu meinen Gunsten gnädigst aussprechen werden.

Weimar den 7. Juni 1830.


47/82.


An die Gesellschaft der Freunde der Wissenschaften in Warschau

[7. Juni 1830.]

Joannes Volgangus a Goethe

Societati regiae Philomaticae, quae Varsavii floret

S[alutem].

Quum magnum jure existimetur, si popularibus nostris id videmur attulisse adjumenti, ut aliquantum[95] se arbitrentur opera nostra litteraria adeptos esse, tum in rebus exoptatissimis, a fortuna benigne nobis concessis, habendum est, si etiam ad exteras nationes, lingua et stirpe longe diversas, ita propagetur nomen nostrum, ut vel has quodammodo a nobis profecisse non poeniteat.

Quamobrem, clarissimae Societati Vestrae, Tibique, Praeses excellentissime, gratissimum testor animum, quod in circulum Vestrum splendidissimum me recipere voluistis. Id enim et propter finem, quem Vobis proposuistis, dignissimum illum populo Poloniae generoso, et propter summam auctoritatem Regis Vestri clementissimi, qui pari animi ardore, tam bonas litteras colit, quam populos suos amplectitur, non solum honori mihi duco, sed magno etiam ornamento.

Quamquam me fateor, utpote jam provectum aetate, de vegeta ope Societati Vestrae praestanda cum junioribus sodabilus non posse contendere, velim igitur ut aequi bonique consulatis, si minus elaborare potero pro re Vestra, quam unice sequimini, id autem Vobis persuadeatis me pro viribus ita acturum esse, ut desidem Vobis adjunxisse non videamini.

Quae de rebus meis desiderastis, ut ad Vos perscriberem, his adjunxi. Valete et favete.

Dabam Vimariae die XIII Maii MDCCCXXX.

Joannes Volgangus a Goethe.[96]

Munus: Magno Duci Saxo- Vimarensi Serenissimo a consiliis intimis.

Natus: Francofurti ad Moenum. Anno MDCCXXXXVIIII

d. XXVIII Augusti.

Domic[ilium]:Vimariae.


47/83.


An Adolph Kaiser

[Concept.]

Da ich, mein werther Herr Kayser, voraussetzen kann daß Sie sich in Eisenach schon eingerichtet und umgesehen haben; so nehm ich keinen Anstand Sie zu benachrichtigen daß sich eine günstige Aussicht eröffnet Ihnen einige Bestellungen zu verschaffen. Um dieses zu erleichtern und zu bewirken wünsche ich daß Sie sich um Eisenach nach Ansicht umthun, welche sich zu ausgeführten Bildern eignen; die Wartburg bliebe in dieser bergigen Gegend immer das Fernste, wenn nicht irgend ein sich öffnendes Thal auch eine weitere Aussicht darreicht, der sich nähernde Mittelgrund müßte bedeutend seyn, die Vordergründe wohl studirt, aber nur Einheimisches darstellend.

Eben so wünscht man auch die Staffage der Landesart gemäß, wie denn die Ruhl und der übrige Thüringer Wald gar manches malerische Kostüm darstellt. Besuchen Sie die Wochen- und Jahrmärkte, suchen sich mit Sitten, Geräthschaften bekannt zu[97] machen, so wie auch Rind- und Schafvieh und sonstige Hausthiere nicht zu vernachlässigen sind. Senden Sie mir Zeichnungen und Landschaften, wobey man urtheilen kann, inwiefern sie durch Licht, Schatten, Farbe einen bedeutenden und angenehmen Effect thun werden.

Was die Staffage betrifft so senden Sie mir Zeichnungen und Skizzen nach der Natur; man kann darüber hin und wieder schreiben und wenn man sich vereinigt hat, so geb ich das Maaß an und Sie können mit einiger Sicherheit an Ihr Geschäft treten.

Das Mehrere sobald ich Ihre erste Sendung empfange.

Weimar den 9. Juni 1830.


47/84.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

muß, nach langem Warten, endlich doch vermelden: daß die Exemplare der 7. Lieferungen weder für mich noch für die Subscribenten angekommen sind, da die Hoffmanische Hofbuchhandlung sie seit 14 Tagen erhalten. Auch ist der gewöhnliche Avisbrief nicht eingegangen, und ersuche deshalb mir einige Nachricht zu geben und allenfalls dafür zu sorgen daß die Stockung gehoben werde. Vielleicht kommt das Paquet indessen an, doch finde eine solche Anzeige nicht unnöthig.

Mich geneigtem Andenken bestens empfehlend

ergebenst

Weimar den 9. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.[98]


47/85.


An Joseph Sebastian Grüner

Ew. Wohlgeboren

finde mich nothgedrungen durch das Gegenwärtige schönstens zu begrüßen. Es ist gerade die Zeit, wo ich sonst schon das Vergnügen hatte in Ihrer Nähe zu seyn, oder mich wenigstens vorbereitete dorthin zu gelangen. Nun reisen die Unsrigen zu Ihnen hin, ohne mich, und ich muß so zusehen.

Die besten Grüße kann ich mir jedoch nicht versagen, auch lege ich ein hübsches Mineral bey. In kleineren, mehr oder weniger einzelnen Krystallen, kommt es wohl häufig vor, so derb aber wohl selten. Ist Ihnen etwas Merkwürdiges dieser Art vorgekommen, so haben Sie die Gefälligkeit es mir mitzutheilen. Sagen Sie mir freundlichst das Nähere von Ihren Zuständen auch wie es der werthen Familie in Redwitz ergeht und was mich sonst interessiren möchte, dessen Sie ja manches kennen.

Hiernach verzeihen Sie, daß ich auf Ihr werthes Schreiben, welches vorlängst schon eingegangen, erst jetzt einiges erwidere. Es gibt zunächst immer soviel zu thun, daß man sich in die Ferne nicht umsehen kann und darf. Leben Sie recht wohl und sagen mir baldigst einiges, und bleiben Sie meiner aufrichtigsten Theilnahme immerfort gewiß.

in treuster Erinnerung

Weimar den 11. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.[99]


47/86.


An Carl Wilhelm Göttling

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

beschwere nochmals mit dem leichten Transporte kleiner Heftlein, welche jedoch als Bände gelten sollen. Ich füge die Bitte hinzu: sie mir bald möglichst, und wär es auch einzeln, gefällig durchgesehen, zurückzusenden. Dagegen versprechen uns die Augsburger die Octav-Ausgabe in kürzeren Fristen, sie sind schon bis zum 29. Bande vorgerückt. Auch bitte zu bedenken daß dies die vorletzte Sendung sey und also die Hoffnung bald erlöst zu werden ganz nahe. Der 34. Band blieb noch zurück, es war etwas Unrichtiges in dem Exemplar.

Mit den besten Wünschen und Aussichten für diesen Sommer will ich mich für jetzt und immer bestens empfohlen haben.

Weimar den 11. Juni 1830.


47/87.


An Friedrich Theodor von Müller

Wäre nichts zu erinnern so bitte man um geneigte Unterzeichnung, damit das Paquetchen ungesäumt abgehen könnte.

Weimar den 11. Juni 1830.

G.[100]


47/88.


An Heinrich Wilmans

[Concept.]

[13. Juni 1830.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey zwey Zeichnungen für den Umschlag. Qualificiren sie sich nicht zum Holzschnitt, so wird es der Lithographie leicht seyn sie auszuführen. Wir bitten auch hierbey um geneigte Aufmerksamkeit, indem wir das Ganze auffallend ausgestattet wünschten. Nachfolgendes wäre irgendwo, vielleicht auf der Rückseite des Umschlags anzubringen.

Hochachtungsvoll.

Weimar den 11. Juni 1830.


47/89.


An Christian Parish und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit abermals ein Kästchen zu übersenden um solches gefällig nach Craigenputtoch, Dumfries, Scotland, an Herrn Thomas Carlyle, spediren zu lassen.

Es kann mir dieser werthe Freund nicht genugsam die Genauigkeit und Schnell rühmen, womit die bisher an ihn gerichteten Sendungen durch Ihre Sorgfalt eingetroffen.

[101] Nun aber darf ich auch wünschen, wegen meiner geringen Schuld schließlich beruhigt zu seyn. Ich gab schon längst dem hiesigen Banquier Herrn Julius Elkan Auftrag solche zu entrichten; konnte von demselben aber, daß es geschehen sey, nicht vernehmen, deshalb ich nun um geneigte nähere Bestimmung der kleinen Summe zu bitten habe, nicht weniger um gefällige Nachricht, daß die gegenwärtige Sendung bey Denselben angekommen.

Der ich in vollkommenster Hochachtung mich zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 13. Juni 1830.


47/90.


An Thomas Carlyle

Sendung an Herrn Carlyle.

1) Goethes Farbenlehre, zwey Bände in 8°, und ein Heft Tafeln, in 4°; in letzterem finden sich:

2) Zwey Kupferstiche beygelegt: a) von Goethes Garten im Ilmthale und b) dessen Haus in der Stadt. Bey'm ersteren wird man sich der Bemerkung nicht enthalten daß solches gleichfalls drey Fenster, wie das zu Craigenputtoch, hat und mir mehrere Jahre zur Sommer- und Winterwohnung diente. Nur ungern verließ ich es, um mancher Sorge und Mühe des städtischen Aufenthaltes entgegen zu gehen.

[102] 3) Herrn Dr. Wachler's Vorlesung über die Geschichte der deutschen National-Literatur. Zwey Bände. 8. 1818-1819.

4) Über Werden und Wirken der Literatur zunächst in Beziehung auf Deutschlands Literatur unserer Zeit von Dr. Wachler. Breslau 1829.

5) Schillerisch-Goethescher Briefwechsel 3. – 6. Band incl. und das Ganze also abgeschlossen.

6) Das Chaos, Wochenblatt, Manuscript für Freunde. Gesellige Scherze einer geistreichen weimarischen Gesellschaft, wie aus dem Inhalt des mehreren zu er sehen ist. Es darf eigentlich niemand mitgetheilt werden als wer dazu Beyträge liefert, da nun aber wie zu ersehen ist, auch Mitarbeiter von Edinburg datiren, so ist es billig daß auch ein Exemplar nach Schottland wandere. Man bittet die Freunde in der Grafschaft Dumfries ihre bisherige Gunst fortzusetzen. Leider kann man kein vollständiges Exemplar schicken, die Gesellschaft war im Anfang sehr klein und wurden nur wenig Exemplare gedruckt um das Abschreiben zu vermeiden; nach und nach wuchs der Antheil, die Auflage ward stärker aber die ersten Blätter stufenweise nicht mehr zu haben. Mögen diese sibyllinischen Productionen, entstanden auf den spätesten Kalkflözen des Continents, den übermeerischen Freunden auf ihrem Urgranit einige anmuthige Stunden zu verleihen. Von Ottilien habe ich die herzlichsten Grüße beyzufügen, sie ist ganz eigentlich der Redacteur[103] dieses Blattes und dirigirt mit einigen treuen verständigen Freunden die ganze mitunter bedenkliche Angelegenheit.

7) Der Abschluß der Übersetzung Ihrer Schillerischen Biographie. Mit der nächsten Sendung hoffe das ausgestattete Werklein zu überschicken. Schon einiges deshalb habe in meinem letzten Briefe vom 7. Juni vermeldet.

8) Auch liegt eine gar löbliche Trauerrede auf unsre jüngst verstorbene, höchst geschätzte und geliebte Frau Großherzogin bey.

Soviel treulichst und eiligst

damit kein Aufenthalt sey,

um baldige Nachricht der Ankunft bittend

Weimar den 14. Juni 1830.

Goethe.


47/91.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit einen jungen, nicht ungefälligen Mann zuzuschicken, Namens Breitenbach, zweyter katholischer Pfarrer an der Heiligen Geistkirche zu Nordhausen. Er hat von der hiesigen vakanten Stelle vernommen und wünscht sich ein wenig hier umzusehen und sich zu erkundigen, jedoch ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Mögen Sie ihn freundlich[104] aufnehmen und ihm das, was sich allenfalls sagen läßt, und was den mir unbekannten Umständen gemäß seyn möchte, eröffnen!

Der ich mich zum allerschönsten empfehle, mit den treusten Wünschen unterzeichne.

Weimar den 15. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.


47/92.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Da das Wetter meinem Hinüberkommen nach Jena widerstrebt und es jeden Morgen schwer ist einen Entschluß zu fassen, so wollen wir, mein Werthester, folgende Übereinkunft treffen. Gibt mir an irgend einem hübschen Abend die Barometerbewegung einige Hoffnung auf den anderen Tag, so fahr ich ab und komme wenn auch späte dort vergnüglich an, übernachte und wir haben alsdann den ganzen andern Tag zur Disposition, hoffentlich mit leidlicher Witterung. Hiedurch wird alles bedenkliche Anmelden beseitigt und ich habe jeden Tag Hoffnung Sie und alle dortige Freunde auf's schönste zu begrüßen.

ergebenst

Weimar den 16. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.[105]


47/93.


An Nikolaus Meyer

Ew. Wohlgeboren

verzeihen, wenn ich auf den ausführlichen Brief und die bedeutende Sendung gegenwärtig nur mit wenig Worten erwidere.

Mein Sohn und Doctor Eckermann sind nach Italien gegangen und mir ist dadurch so manche Last zugewachsen, die ich seit geraumen Jahren auf Jüngere übertragen hatte.

Deshalb aber muß ich mich entschließen, das mir mitgetheilte Manuscript, wie es verlangt wird, baldigst zurückzuschicken, ohne solches, wie es wohl verdient hätte, gründlich zu beachten.

Meine Gedanken darf ich in jene Regionen nicht hinüberlenken, wo ich so manche Zeit mit dem entschiedensten Antheil verweilte; nun müssen Tage sowohl als Kräfte gespart und auf das Dringendste verwendet werden.

Die Freude, die Sie an Ihre, jüngern Sohn, der so mannichfaltig entschieden talentvoll sich beweist, erleben, theile von Herzen; sehr vergnügt wär ich gewesen, wenn wir durch ihn das Bild des trefflichen Olbers hätten erhalten können.

Wegen seines Gedichtes, welches wirklich Bewunderung und allen Beyfall erregt, hoff ich ihm etwas angenehmes nach Berlin zu erweisen. Von den kleineren Gedichten ist schon einiges im Chaos abgedruckt.

[106] Verzeihung solchem eiligen Worte, jetzt und künftig. Dank für alles Gute, meine besten Grüße Ihrer theuern Lebensgefährtin.

Treu ergeben

Weimar den 18. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.


47/94.


An Wolfgang Kaspar Fikentscher

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit in dankbarer Erinnerung freundlicher gastlicher Aufnahme und bisher erwiesener Gefälligkeit, abermals eine Bestellung zu der Glashütte zu übersenden, welche früher unsern wissenschaftlichen Bedürfnissen gar gute Hülfe geleistet. Wollten Sie indeß die Gefälligkeit haben, mir die Adresse der Hütte selbst zu überschreiben, damit man in der Folge Ihnen beschwerlich zu fallen nicht Ursache hätte. Mit den Zeichnungen der gewünschten Gläser, folgen auch noch einige Bemerkungen und wünsche deshalb ich auch besondere Empfehlung dorthin mir erbitten darf.

Der ich, mein Andenken in dem werthen Familienkreise auch künftighin [zu] erhalten, und ohnschwer einige gefällige Nachricht von dorten wünschend, die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 21. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.[107]


47/95.


An das Großherzogliche Staatsministerium

Hochwohlgeborne,

Hochgeehrte Herren,

Ew. Excellenzien geneigtes Circular, welches mich auffordert, zugleich mit denen mir Untergebenen bey dem erwünschten und höchst würdigen Feste schuldigst zu erscheinen, versetzt mich, ob ich gleich schon seit langer Zeit an manche Entbehrungen gewöhnt bin, in eine wahre Trauer; denn wie hätte es mir wünschenswerth erscheinen müssen, in so später Zeit mich öffentlich als einen treuen und anhänglichen Gewidmeten der protestantischen Kirche zu beweisen und darzustellen.

Nun aber, da neuerlichst meine Gesundheits-Zustände bedroht werden und ich auf jenes Glück Verzicht zu leisten habe, gedenke ich meiner Untergebenen, welche, mir zunächst, einen ehrenvollen Schritt allerdings hätten zu hoffen gehabt.

Bey mannichfaltiger Überlegung dieser Umstände will mir schicklich däuchten, Ew. Excellenzien um die Gunst zu ersuchen: es möge gefällig seyn, gedachte mir anvertraute, werthe Personen sich an die Hochdenenselben untergebenen Glieder der Staatscanzley anzuschließen. Weshalb ich das Besondre zu bestimmen nicht vermag, vielmehr es einsichtiger Entscheidung vertrauensvoll überlasse.

[108] Die sämmtlichen, hiernächst verzeichneten Personen sind befehligt, auf großherzoglicher Bibliothek sich vor der bestimmten Stunde zu versammeln und werden daselbst die fernere Anordnung schuldigst erwarten. Wie denn von dem Entschlusse deshalb einige Nachricht zu erhalten, mich in jedem Sinne beruhigen würde.

Weimar den 26. Juni 1830.

Goethe.


47/96.


An Friedrich Theodor von Müller

Das früher gewünschte und zugesagte Manuscript verfehle nicht hiebey zu übersenden, wobey ich freylich wünschen muß, unter nochmaligem lebhaftem Danke für die mir in diesen Tagen unschätzbare erwiesene Aufmerksamkeit, Dieselben noch heute vor Tisch zu sprechen; indem ich, wegen des morgenden Aufzugs und Kirchgangs, bey welchem ich nicht erscheinen kann, wohl aber meine Untergeordneten hinzuschicken habe, mir gefälligen Rath erbitten wollte.

Mich indessen zum allerbesten und schönsten empfehlend.

treu ergeben

Weimar den 26. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.[109]


47/97.


An Wolfgang Maximilian von Goethe

[Concept.]

Ich habe dir, mein guter Wolf, versprochen etwas nachzuschicken; dieß erhältst du mit dem Gegenwärtigen.

Vor allem aber empfiehl mich der gnädigen Tante schönstens und dank ihr verbindlichst, in meinem Namen, für die viele Liebe und, wahrscheinlich auch, Geduld die sie dir erweist. Das Gleiche richte aus bey Herrn Dr. Olbers und sage Frau v. Pogwisch und Tantchen Ulrike recht viel Freundliches. Möge allen eine gute Gesundheit und ein fröhlicher Geist in diesen Tagen zu Theil werden!

Die beyliegenden Blättchen vertheile wohlwollenden Freunden, ich habe sie selbst geschrieben und nicht selbst geschrieben; ein Räthsel welches du, als witziger Knabe, gar wohl auflösen wirst. Womit ich wohl zu leben wünsche und gar manches Vergnügliche bey deiner Rückkehr zu vernehmen hoffe.

Weimar den 26. Juni 1830.


47/98.


An August von Goethe

Obgleich Ottilie das Wenige, was von uns zu melden ist, schon wird mitgetheilt haben und ich also nur wiederholen werde, so möcht es doch freundlich seyn, wenn ich dir, bey dieser Gelegenheit, versichere: daß deine Tagebücher aus Mailand höchst löblich[110] sind, wie du am eigenen Behagen daran fühlen mußt. Den Menschen und den Sachen gerade in die Augen zu sehen und sich dabey auszusprechen wie einem eben zu Muthe ist, dieses bleibt das Rechte, mehr soll und kann man nicht thun.

Unser Fürst ist in's Karlsbad, die Fürstin nach Warschau, der Prinz durch's Voigtland in's Erzgebirg; von welcher Tour mir Soret die anmuthigsten Briefe schrieb. Diese beiden werden nach Jena ziehn, die Herrschaften nach Dornburg, von daher Jena und die Anstalten besuchen, wo meine Sorge ist sie anständig zu empfangen, welches bey Lenzens völlig geistig leiblichem Zurücktreten, in Betracht des mineralogischen Kabinetts, einige Schwierigkeit hat; demohngeachtet aber geleistet werden soll.

Ich war diese Tage drüben und habe das kleine Quartier im Erker sehr anmuthig gefunden. Daneben ist die Terasse glücklich und galant-wissenschaftlich angelegt; es wird gesorgt daß alles in diesen Wochen völlig zu Stande komme. Am Übrigen ist nichts auszusetzen.

Die 7. Lieferungen meiner Werke ist angekommen die 8te fortgesendet. Die Augsburger versprechen mit der Octavausgabe schnell nachzurücken. Und so hätten wir dieses weitaussehende Werk denn auch noch zu Stande gebracht.

Den 23. Juni, als am Tage vor Johannis war, mir unwissend, das fünfzigste Jahr voll, gerechnet[111] von meinem Eintritt in die Freymaurer Brüderschaft; sie haben diesen Tag gar anmuthig und vorläufig geehrt, durch ein großes wohlbebuchstabtes Pergament, durch ein Gedicht und freundliche Meldung. Am Johannistage war Tafelloge, der Saal von Coudray auf eine eigene geschmackvolle Weise decorirt; Ottilien führte man heute hinein und sie belobte die Anlage sehr.

Sodann ist Holtei gekommen, mit einer allerliebsten jungen Frau, geht als Regisseur nach Darmstadt, wo der Leipziger Hofrath Küstner, als einmal dem Theaterteufel Verschriebener, die Direction übernommen hat.

Nun ich auf den letzten Augenblick gekommen bin brauch ich wohl auch nicht zu erwähnen, daß die beiden Bürschchen gleichfalls ausgetreten sind; der eine nach Frankenhausen, der andere nach Dessau, und ich kann versichern daß ich die Gegenwart ihrer Arten und Unarten jeden Augenblick vermisse.

Wenn Eckermann, bey soviel Lockung und Verführung, noch beysammen und ein rückwärts blickender Mensch geblieben ist, so sag ihm: Die Walpurgisnacht sey völlig abgeschlossen, und wegen des fernerhin und weiter Nöthigen sey die beste Hoffnung.

Dein letzter Brief enthält den Abschied aus Mailand; wir werden nun bald etwas von euren Wanderungen durch die Lombardey hören.

Eins aber hab ich aber doch noch zu bemerken. Die Anforderung von eigenen Handschriften vermehren sich immer, und wird mir immer unmöglicher sie zu[112] befriedigen. Daher hab ich mich entschlossen dergleichen mit lithographischer Dinte zu schreiben, da sie sich denn gar wohl vermehren lassen; dergleichen erhältst du hoffentlich in Rom, da sie denn immer noch brauchbar seyn werden.

Nun wüßt ich nichts als das Allerneuste, daß so eben der zweyte Bogen der Metamorphose der Pflanzen mit Freund Sorets Übersetzung zu revidiren ist. Möge dir dagegen in freyer Luft und schöner merkwürdiger Gegend eine angenehme Stunde beschieden seyn.

Wie von je, so fortan,

Weimar den 25. Juni 1830

J. W. v. Goethe.

Nachmittags um 4 Uhr.


Sonntag den 27. Juni 30. Um einen Tag weiter kann ich dir berichten: daß heute die Feyer zu Gedächtniß der Übergabe der augsburgischen Confession ganz anständig begangen worden. Da weder ich noch du zu Anführung unseres Departements gegenwärtig waren, so fand man es schicklich, die darunter begriffenen Personen gleich hinter dem Ministerio und der Staatskanzley eintreten zu lassen, wobey denn also Hofrath Meyer und Professor Riemer den Reihen führten. Alles Übrige verlief ganz löblich. Zu diesem Feste kamen denn auch deine venetianischen Tageshefte bis zum 16. Juni glücklich an, so wie alle vorhergehenden, zu deren Inhalt wir dir und uns Glück wünschen. Hiemit sodann auch allen guten Geistern befohlen.[113]


47/99.


An August von Goethe

Durch die wunderlichsten Zufälligkeiten las ich erst heut dein kleines Billetchen, Mayland den 2. Juni. Darum auch desselben in meinem Schreiben vom 27. nicht gedacht ist.

Demohngeachtet erhelle aus diesem, daß ich eine Sendung an dich nach Rom vorbereite, und also du werdest dahin gehen voraussetze. Wahrscheinlich erhältst du diesen und jenen Brief zu gleicher Zeit und ich erkläre also hiermit ausdrücklichst und feyerlichst: daß es mir sehr angenehm seyn wird in deinen Tagebüchern deinen Einzug in der Porta del Popolo zu vernehmen. Du mußt dir in jedem Fall, da du so großen Vortheil von deiner Reise körperlich und geistig schon empfunden hast, jetzt, mit immer freyerem Gemüth und Sinn, überlegen was dir fernerhin nützlich seyn kann.

Nach deinem Brieflein gingst du von Venedig über Florenz und Genua nach Mailand zurück; nach meiner Einsicht kannst du nun entweder schneller oder durch einen andern Weg nach Rom gelangen. Aus der Ferne ist gar nicht zu rathen. Die Hauptsache bleibt, daß du von fremden Gegenständen und von fremden Menschen berührt werdest. Überlege daher mit dir selbst und den werthen Freunden Mylius das Vortheilhafteste. Begib dich zu denen Orten, die du noch nicht gesehen[114] hast, an denen die du sahst halte Nachlese, wozu jeder Ort die größten Reichthümer beut.

Ob du nunmehr bey deiner südlichen Tour über Lodi, Piacenza, Parma, Reggio, Bologna, Ravenna an's adriatische Meer gehen magst, von Rimini an demselben her, auf Loretto und dann auf Rom dich wendest, das ist deine Sache welches du bedenken und nach Einsicht verständigen wie bisher ausführen wirst. Du mußt dir immer sagen: deine Absicht sey, eine große Welt in dich aufzunehmen und jede in dir verknüpfte Beschränktheit aufzulösen. Überzeugen dich nur daß es, in diesem Sinne, keineswegs von Bedeutung sey, wenn du auch ein paar Achatkugeln aus dem belobten Rosenkranze vermissen solltest. Du kannst daher das Myliusische Haus in meinem Namen versichern: daß ich allen und jeden Credit, den Sie dir zugestehen, honoriren und ihre hierauf zu stellenden Anweisungen ungesäumt bezahlen werde.

Die von Venedig angekündigte Reise möchte in vier Wochen kaum zu vollenden seyn, deswegen dieses Blatt wahrscheinlich dich in Mayland empfangen wird.

Sollte Eckermann, wie's wohl möglich ist, an dem bisherigen Genüge haben, so gib ihm die Mittel bequem zurückzukehren; er soll uns willkommen seyn, mit allem was er aufgeladen hat. Auf die Ankunft der Medaillen freue ich mich; wenn du dergleichen findest, so laß dich die Auslage nicht reuen. Wir haben zwar fürtreffliche Dinge; es schweben aber dergleichen,[115] erkannt und unerkannt, noch viel in der Welt herum. Wie die Medaille Mahomet des Zweyten von Bertholdo mich nunmehr täglich belehrt und erfreut. Indessen du dich in der weiten und breiten Welt umsiehst ergötzen mich wieder um einen mäßigen Preis angeschaffte Radirungen und Zeichnungen, wo doch immer der Geist des Künstlers hervorleuchtet wenn auch seine Thaten viel größer waren. Herr v. Müller grüßt schönstens und freut sich daß du das Original der Maria in Venedig rühmst, da ihn eine Copia in Bologna schon glücklich gemacht hat. Ottilie grüßt besonders, wenn gleich leidend immer lieb und gut. Das kleine Mädchen wird alle Tage neckischer.

und so fortan!

Weimar den 29. Juni 1830.

G.


47/100.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

darf ich wohl wieder einmal mit einigen Bändchen zu geneigter Revision beschwerlich fallen, es geben gerade diese für Ort und Zeit erfreuliche Erinnerung. So rücken wir dem Ziele immer näher und ich fahre fort Ihnen zu danken, daß Sie mich in diesem mitunter sauren Pfade haben begleiten wollen. Die wackern Augsburger versprechen mit der Octavausgabe treufleißig[116] nachzurücken, wodurch sich denn alles ründet und abschließt.

Meines Sohns umständliche Tagesblätter reichen schon bis Venedig, er sieht sich mit Einsicht und Sorgfalt nach allen Seiten um und zeigt sich wirklich einer so schönen Wanderung vollkommen werth.

Noch eine Anfrage füge hinzu: Wo ist der alten Druckschrift, medicinischen Inhalts vom Ende des 15. Jahrhunderts, gedacht? wobey die Frage aufgeworfen wird, ob die darin befindlichen Holzschnitte von Mantegna sehen oder nicht?

Alles Gute wünschend und hoffend, besonders dieselben auch bald wieder in Jena zu begrüßen.

Ew. Wohlgeb.

ganz ergebener

Diener

Weimar den 30. Juni 1830.

J. W. v. Goethe.


47/101.


An Friedrich Jacob Soret

Theuerster Herr und Freund, Sie haben durch Ihre reichhaltigen und heitern Briefe mir so viel Vergnügen gemacht, daß ich, in Hoffnung Gegenwärtiges könne Sie noch in Magdeburg treffen und begrüßen, nicht einen Augenblick anstehe Nachfolgendes dem Papiere anzuvertrauen.

In Erwiderung der mannichfaltigen Nachrichten[117] hab ich freylich von uns sehr wenig zu vermelden. Nur ein Bogen unsrer gemeinsamen Druckschrift ist eingeliefert, sogleich aber, von mir und Riemern, wohlerwogen zurückgesendet worden. Mit dem reinen Abdruck desselben hoffen wir also, wie mit einem guten Wahrzeichen, Sie bey Ihrer Rückkunft zu empfangen; die folgenden werden Sie nun selbst durchzusehen geneigt seyn. Nicht weniger auch das Manuscript des Nachsatzes gerne revidiren, wozu ich nun ein sorgfältiger behandeltes Manuscript zu Handen habe. Übrigens bin ich bey dieser Gelegenheit, auf die anmuthigste Weise, wieder in's Pflanzenleben gezogen worden, vor dem ich mich seit vielen Jahren gewissermaßen zu scheuen pflegte.

Auf einer Fahrt nach Jena besah ich, mit Vergnügen und Beyfall, die neue an der Gärtnerwohnung angelegte Terasse; ich hoffe sie wird unserm lieben Prinzen und den Seinen, bey einem dortigen Aufenthalt, manchen Besuch ablocken.

Sie sehen wie still und friedlich meine Tage dahin geflossen sind.

Merkwürdige Mineralien, zwar nicht viel, aber doch von Bedeutung, sind mir die Zeit her aus Rußland geworden. Sie erwarten aber auf alle Fälle die Beleuchtung des einsichtigen Freundes. Käme sodann das Zugesagte von Freyberg, fügten sich noch gar mexicanische dazu, so würde es uns auch von dieser Seite an Unterhaltung nicht fehlen.

[118] Allerliebste Zeichnungen, für ein leidliches Geld, sind auch zu mir gelangt und erfreuen mich sehr in meinem stationairen Daseyn, indessen mein Sohn, auf eine erfreuliche Weise, der Natur und Kunst, den bürgerlichen Zuständen und Äußerlichkeiten, auf eine lobenswürdige Weise seine Aufmerksamkeit schenkt, wodurch sein Tagebuch höchst interessant wird.

Ottilie schilt auf Sie gewaltig, und heute als sie erfuhr ein Brief von Ihnen sey angekommen, ließ sie sich gleich erkundigen, ob nicht etwas für's Chaos dabey befindlich? Ich weiß nicht ob sie die Liste der reisenden Engländer zu diesem Zweck wird gelten lassen, um solche alsobald in die Druckerey zu geben.

Von einer besonderen Merkwürdigkeit hab ich zu berichten! Es ist mir ein wohl erhaltener Schädel zugekommen. Einem vor etwa zwey hundert Jahren bedeutenden Mann soll er angehört haben. Darauf will ich kein Gewicht legen, aber es ist ein sehr schöner Schädel, nach Galls Lehre und sonstigen, mir geprüften physiologischen Grundsätzen gar ausdrücklich und zusagend. Auch dieser würde angenehme Vergleichung und Unterhaltung veranlassen.

Sie werden lächelnd, gar wohl bemerken was für ein Gewicht ich zu legen suche auf das, wo nicht von mir Geleistete doch Erfahrene, wo nicht verdiente doch Erworbene, wobey ich aus meinem kleinen Zauberkreise herauszutreten nicht nöthig hatte, da Sie hingegen mit mancherlei Beschwerlichkeit, Mühe und Sorgen,[119] eine Masse von soviel einzelnen Erworbenheiten für unsern lieben Prinzen und sich selbst erringen mußten. Empfehlen Sie mich dem theuren Zögling und sagen Ihm: Sein Fest sey gar auf mannichfaltige Weise gefeyert worden. In der Lage fand es sich recht freundlich daß gerade mein funfzigstes Maurisches Jubiläum fiel; so wie hiernächst der Thätigkeit des ersten Jahrs der Gewerkschule, welches auf dieses erwünschte Geburtsfest eröffnet wurde, auf eine recht ermunternde Weise zu gedenken war. Um sowohl diesem als andern stillen Privatfesten gehörigen Raum zu geben, ist, glaub ich, das kirchliche Fest auf den Sonntag verlegt worden, welches denn auch recht schicklich und andächtig, wenn gleich nicht allgemein gemüthlich gefeyert wurde.

Wenn Sie nun in allem diesem gleichsam die Spiegelung Ihrer eigenen Zustände zu erblicken wissen, so muß ich doch, den vielen bedeutenden Regenströmen, von denen Ihre Briefe Zeugniß geben, auch eine gewaltige Wasserfluth entgegen setzen, welche gestern Nacht zwischen 11 und 12 Uhr ihre größte Höhe erreichte. Schon einigemale präludirte der Himmel und wiederholte seine Drohung. Gestern gegen Abend aber häuften sich Wolken und Gewitter, daß, um kurz zu seyn, die Weise an meinem Garten völlig überschwemmt war und eine ungestüme Fluth fünf der sieben Stufen, die zu ihm hinaufführen, überströmte und zugleich von dem in Bewegung gesetzten obern Floßholz große Parthien in den Stern zwischen Baum und Busch[120] hinein schob. Das übrige Local meines Gartens fand ich im besten Stande, die Vegetation überhaupt in größter Fülle, die Rosen um das Haus zum herrlichsten blühend. Als ich eben zeitig genug bemerkte daß, bis zum Trocknen der weit ausgebreiteten nahe gelegenen Wiesen, hier kein gesunder und behaglicher Aufenthalt seyn könne.

Eilig jedoch zum Schlusse, mit den schönsten Hoffnungen

treulichst

J. W. v. Goethe.


47/102.


An Gabriel Ulmann und Sohn

[Concept.]

Die Herren G. Ulmann und Sohn in Weimar erhalten hiebey für Rechnung der Herren Philipp Marstaller in Hamburg die Summe von 42 Thalern sächsisch für gelieferten ganz alten Dry Madeira, worüber man sich Quittung erbittet.

Weimar den 1. Juli 1830.


47/103.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht die Summe von sechszehn vollwichtigen Speciesducaten an unterzeichneten abreichen zu lassen.

[121] Auch die in beygehendem Schreiben von Herrn Parish und Comp. in Hamburg [genannte] Summe von sieben Thalern 10 Groschen gefällig auszahlen zu lassen, unmittelbaren Erstattung entgegen sehend.

Weimar den 2. Juli 1830.


47/104.


An Sulpiz Boisserée

Mit langen Intervallen sich freundlich zu schreiben ist wohl recht und gut, ja es läßt sich fast nicht anders thun. Dießmal aber, in ruhiger Stunde Ihr liebes Blatt erhaltend, fühl ich mich angeregt einiges, wie sonst, sogleich behaglich zu erwidern.

Ich will gestehen daß, bey meiner neuen Ausgabe, für mich, unter mancherlei Gutem, der größte Gewinn dadurch entsteht, daß ich zu meinen Freunden unmittelbar hinzutrete. Bedenk ich manchmal daß man gelegentlich ganze Strecken eines angenehm genutzten Lebens mit dem einen und dem andern tagtäglich, stundstündlich zusammen war und recht gätliche Fäden mit einander zwirnte; so will es fast seltsam erscheinen, wenn nachher ein jeder auf eigenen Weg, in besonderer Weise fortmühen und streben muß, ohne daß man sich auf irgend eine Weise berühre oder merke daß man einander angehöre.

[122] Daher denk ich bey allem was ich thue, treibe und dichte, wie das wieder einmal eben zu jenen Freunden gelangen möge; sagen sie mir's nun daß dieß gelungen sey, so ist es ein freudiges Ereigniß, ein geistiges Händereichen über eine ungeheure Kluft. Ich empfehle Ihnen auch in diesem Sinne das 23. Bändchen der Recensionen; ich komme mir selbst darin oft wunderbar vor, denn ich erinnere mich ja nicht mehr daß ich diesem oder jenem Werke, dieser oder jener Person zu seiner Zeit eine solche Aufmerksamkeit geschenkt; ich erfahr es nunmehr als eine entschiedene Neuigkeit und freue mich nur über die honette, treue Weise womit ich früher oder später dergleichen Dinge genommen.

Sie fragen nach dem wöchentlichen Blatte, das Ottilie redigirt; es ist von mehr Bedeutung als man glaubt für unsern Kreis; alles dichtet und will sich gedruckt sehen, auch haben wir manche Subjecte, Auswärtige und Einheimische um uns her, die gar wohl Anspruch darauf machen dürfen. Dieß ist nun für einen geselligen Kreisel ein gar artiges Abschnurren, gibt mehrfaches Interesse, erregt auch manchmal kleine Differenzien und was man zum geselligen Leben verlangt. Ich habe weder an dem Vornehmen noch an der Ausführung im geringsten Theil, sey aber gerne, theile sowohl eigne Kleinigkeiten, als Fremdes was mir zur Hand kommt, mit und so ist das neckische Volk mit schätzenswerther Beharrlichkeit schon bis zum[123] 38. Blatte gelangt. Das Blatt führt den Titel Chaos. Dabey ist gesetzlich: daß die Societät wenigsten in drey Sprachen sich in jedem Blatte müssen hören lassen. Deutsch, Französisch und Englisch ist das Herkömmliche, doch haben sich auch schon Italiänisch und die älteren Sprachen blicken lassen.

Gedenken Sie, mein Theuerster, Theil daran zu nehmen; so senden Sie irgend einen prosaischen Aufsatz, von allgemeinerem Interesse, der einige Quartspalten füllte, und Sie erhalten, wenigstens von dieser Ihrer Nummer an, nach und nach die Mittheilungen der folgenden, auch von der vorhergehenden, wenn noch Exemplare übrig sind. Denn es wurden im Anfang sehr wenige gedruckt, sodann wie sich die Gesellschaft vermehrte vermehrten sich die Abdrücke, daher kommt's daß wenig vollständige Exemplare sich finden möchten. Auch werden die einmal eingetretenen Theilnehmer wohlthun, wenn sie von Zeit zu Zeit durch neue Sendungen sich in Erinnerung bringen, weil sonst die Mittheilung der Nummernreihe stocken, wo nicht gar aufhören möchten. Dieses Wunderliche gehört zu dem Wunderlichen und Willkürlichen der ganzen Anstalt. Ein Hauptgesetz, was Ihnen doch beschwerlich seyn dürfte, ist: daß außer dem abgeschlossenen geselligen Kreise niemand auch nur ein Blatt vorgewiesen werden darf. Soviel von dem eigenthümlichen, aber in unserem kleinen Kreise wirklich bedeutenden und höchst unterhaltenden artigen Geschäfte.

[124] Mögen Sie Herrn Cornelius etwas Freundliches von mir ausrichten! Ich bin nicht sowohl wegen seiner, als wegen München überhaupt in Verlegenheit. Es kann Ihnen nicht unbekannt seyn wie unfreundlich man dort in sämmtlichen Tages- und Wochenblättern gegen mich und die Meinigen verführt; was wir denken ist nicht richtig, was wir empfinden falsch; loben wir so ist es nicht für hinreichend, tadeln wir nicht für gegründet zu achten. Freylich sollte es mir leid thun, wenn ich mein Leben zugebracht hätte um zu denken wie der Augsburger Kunst- und Literaturblätter und ich verzeihe ihnen gern jede Feindseligkeit, weil sie ja auch nach ihrer Art leben, wirken und gelten wollen. Aber mir wird man gewiß beystimmen, wenn ich fest entschlossen bin, kein Urtheil über irgend ein Kunst- und Dichtwerk, was dort entsprungen ist, dahin zu äußern und zu erwidern. Ehrfurcht und Dankbarkeit gegen Ihro Majestät den König fordert von mir daß ich bey den Unarten der Seinigen schweige, welches ich um so leichter kann als ich sie ja nur zu ignoriren brauche. Verzeihen Sie mir diese Äußerung, Ihnen aber bin ich sie schuldig.

Dagegen kann ich Sie zu gleicher Zeit versichern daß ich mich thätig an Arbeiten halte, die Ihnen dereinst auch Freude machen sollen.

Dieses Blatt lag einige Tage, und wie ich's wieder vornahm überlegte ich ob ich's nicht zurückhalten sollte? Da aber hier nicht von einem vorübergehenden, sondern[125] einem bleibendem Mißverhältniß die Rede ist, welches im Einzelnen immer hervortreten wird, so scheint es mir doch wohlgethan mit einem so innigen Freunde hierüber zu sprechen.

Um nur bey diesem Fall zu bleiben, müßte man nicht rügen daß ein junger Kupferstecher nicht gleich auf den Irrthum aufmerksam gemacht wurde, dem er sich hingab: man könne ein solches Bild in der Art von Mark-Anton stechen. Mark-Anton ist Meister, aber nicht Muster für alle Fälle und Zeiten, er stach nur noch Zeichnungen, so wie die Mantuaner; was sie thaten ist Epoche, nicht Lehre. Auch dieß sind traurige Folgen des deutschen Rückschritts in's Mittelalter, an dem noch manches schöne Talent verkümmern wird. 1830 wird gefordert, was Longhi, Anderloni und Toschi leisten. Haben Sie, mein Freund, die Probedrücke vom Spasimo di Sicilia gesehen? Mehr kann ich nicht sagen, ist das vielleicht zu viel. Secretiren Sie es und brauchen es zum allgemeinen Frieden. Ich habe jetzt die Hauptlebenspuncte der Kunst, Literatur, der Wissenschaft im Auge. Berlin, Wien, München, Mailand beschäftigen mich besonders. Paris, London und Edinburg in ihrer Art. Die Einzelnen wissen durchaus nicht woran sie sind; es wäre aber schlimm wenn ich mir, durch mein vieljähriges Mühen, nicht sollte ein vielseitige Aussicht nach den verschiedenen Himmelsgegenden erworben haben, die ich um so reiner bewahren kann als ich sie nur mir selbst zu nutzen suche.[126]

Verzeihung allem diesem, ich sende es fort, ohne zu wissen das ich wohl thue.

Und noch mit etwas Merkantilem zu schließen: ich werde mit Herrn Helbig die Angelegenheit besprechen und Ihnen alsdann das Geld senden; diese Leistungen werden nach dem Tode unsres höchstseligen Herrn meiner Casse zugemuthet.

Alles Liebe und Gute! Hiebey ein paar Blätter zum Andenken.

Und nun scheint es denn wirklich daß dieser Brief nicht endigen solle, da mir beygeht daß ich Sie noch zu bitten habe: mir ein halb Ries des bewußten braunen Papiers zuzusenden. Wollten Sie es in ein Kästchen, gegen Nässe wohl verwahrt, einpacken lassen und solches auf die fahrende Post geben, so erhalt ich solches ungesäumt und bezahle diese Schuld, mit der andern, dankbar und gern.

Weil wir aber so weit sind, und weiß Papier, wie leere Zeit, zu Mittheilung anregt; so will ich noch einiges längst Versäumtes nachbringen. Ich besitze eine kleine Zeichnung, den Anblick vorstellend [wo der Engel] die drey schlafenden weisen Könige im Traume anmahnt einen andern Weg zu ziehen. Sie mag aus dem Ende des 17. Jahrhunderts seyn, ich wüßte sie keiner besondern Schule zuzueignen; aber sie ist ganz allerliebst gedacht und mit leichter Hand ausgeführt. Ich wollte sie Ihnen schon längst durchgezeichnet zuschicken und fragen: ob Ihnen dieser Gegenstand[127] schon irgendwo ausgeführt vorgenommen, damit man vergleichen könnte.

Ferner ist mir ein alter Holzschnitt zu Handen gekommen, den heiligen Christoph vorstellend, wie er bey'm Anlanden von der heiligen Last dergestalt an's Ufer gequetscht wird daß er sich kaum zu retten weiß, indeß ihn das Kind freundlich segnet. Die Stellung grenzt an Carricatur, ist aber ganz ernst genommen und hat mich, als eine neue dem Gegenstand abgewonnene Seite, sehr ergötzt.

Zu meinen Medaillen aus dem 15. Jahrhundert hab ich ein wichtiges Stück erhalten; Sie erinnern sich daß Mahomet II. nach Eroberung von Constantinopel italiänische Künstler dahin kommen ließ um sein Bildniß zu verfertigen. Diese Medaille, in Bronze gegossen, ist nach der Inschrift von Bartholdus, einem berühmter Florentiner, reichliche vier Zoll im Diameter und von unschätzbar gemüthlicher Arbeit; der Tyrann in Profil, stattliche Züge aber den tristest-innigen orientalischen Ausdruck des Auges! Auf der Rückseite führt ein Triumphwagen Asien, Trapezunt und Griechenland heftig mit sich fort. Übrigens sehr gut erhalten. Wo so ein Werk sich mag herumgedreht haben bis es doch endlich zu mir kommen mußte.

Ich will nicht untersuchen, ob dieser zu seiner Zeit geschickte und berühmte Künstler mit in Constantinopel gewesen, oder ob er sein Porträt nach mitgebrachten Originalzeichnungen anderer gefertigt, genug der Ausdruck[128] ist erfreulich-unmittelbar und man genießt gern des Anblicks wie es vorliegt.

Noch hätt ich viel zu sagen aber zum Schlusse

das herzlich-treuste

Lebewohl.

Weimar den 3. Juli 1830.

G.


47/105.


An das Großherzogliche Hofmarschallamt

[Concept.]

Ergebene Anfrage.

Im Jahre 1776 oder 1777 ward auf dem Ludwigstag, zu Ehren des Namenstags unsrer Frau Großherzogin Mutter, ein ländliches Fest im Freyen gegeben, zu welchem Behuf die jetzt noch stehende Klause, sonst auch das Kloster genannt, in der Mühe des hohen Aschenrondels errichtet wurde. Man wünscht Jahr und Tag, wo möglich, näher bestimmt; es war eine große Überschwemmung der Wiesen und des Sterns kurz vorangegangen. Wahrscheinlich findet sich in den Protokollen des großherzoglichen Hofamtes etwas Näheres darüber. Vielleicht auch über die Personen welche jenem Feste beygewohnt.

Weimar den 3. Juli 1830.[129]


47/106.


An August von Goethe

Weimar den 5. Juli 1830.

Da, durch die glückliche Ankunft deines Kistchens, ein Feyertag im Hause angekündigt ist, so erwidere alsobald einiges Erfreuliche:

Wenn Mutter und Kinder durch die artigen Aufmerksamkeiten ergötzt sind, Alma im rothen Kleidchen herumlauft, und die noch auswärts sich befindenden Knaben, bey ihrer Rückkehr, mit dem ächt mailändischen Andenken erfreut werden sollen, so wird der Münzfreund kaum sein Vergnügen ausdrucken können.

Ohne pleonastisch zu seyn, um mit dem Preise anzufangen, so würde ich verlegen seyn, wenn ein Handelsmann das Doppelte dafür verlangte. Es sind die allermerkwürdigsten Exemplare, von der ältesten Zeit her, bis weit herauf, von der schönsten Erhaltung, und es ist nun, bey unserer lang stagnirenden Sammlung, wirklich eine neue Glücksepoche eingetreten.

Mahomet II. von Bertholdo ward, wenn ich nicht irre, schon zu deiner Zeit angeschafft; hier kommt nun gerade die merkwürdige Schaumünze des abendländischen Kaisers, welcher auf das Concilium von Flo renz kam um die sämmtliche Christenheit gegen jenen furchtbaren Andrängern aufzurufen. Dieß gelang nicht und Constantinopel ging bald darauf über.

[130] Die übrigen veranlassen hundertfache Betrachtungen, schon vorläufig gingen mir deren schon viele durch den Geist; mit Meyern wird sich's wiederholen, aber und abermal vervielfältigen. Es ist eine Freude deine Einsicht in diese Dinge zu sehn wie gut du unterscheidest und dich erinnerst. Auch in der Folge laß Anschauen und Beurtheilung, bey mäßigen Preisen, immerfort gleichfalls walten! Es ist nicht übertrieben wenn ich sage: daß, für mich, in Bezug unsres bisherigen Besitzes, dieses eine schon genügende Frucht deiner Reise sey.

Ferner halte ja deiner Tagebücher in derselbigen Maaße fort. Die letzten Briefe aus Venedig sind gleichfalls angekommen, und ich kann dir versichern daß sie allen, welche diese Blätter lesen, doppelt und dreyfach ergötzlich sind, indem du eben so unermüdet schriftlich aufbewahrst, was du siehst, als du unermüdlich alles zu sehen und gründlich in dich aufzunehmen trachtest. Sodann aber auch daß ein inneres Behagen sich bey dir hervorthut, worauf denn alles ankommt, damit wir den Tag schätzen und genießen lernen.

Die übersendeten Münzen werde besonders verwahren, so wie alles von dir Gesendete. Es belebt in der Folge die Unterhaltung und gibt Lust das Gedächtniß aufzufrischen, so wie in Kenntnissen vorwärts zu gehen.

Dein hübsches verträgliches Leben mit den Mailänder Wirtshausleuten und andern guten Menschen denen[131] du begegnest, so wie mit den österreichischen Offizieren, wird dich überzeugen daß jeder durch's überzeugen daß jeder durch's Leben gebildete Mensch, in friedlichen Zuständen, auf eine gewisse mäßige Weise seine Existenz fortsetzen und der Tage genießen will. Die Vetturine selbst geben das beste Beyspiel. Wer sich in die Welt fügt wird finden daß sie sich gern in ihn finden mag. Wer dieses nicht empfindet oder lernt, wird nie zu irgend einer Zufriedenheit gelangen. Nach deiner Art und Weise, wie du bisher verfuhrst, ist kein Zweifel daß du leiblich und geistig in einen erfreulichen Zustand gelangen wirst. Fahre in allem und jeden so fort und es wird ein freudiges Wiedersehen und Zusammenleben erfolgen.

Schon in meinem letzten Briefe gab ich dir meinen vollen Segen zur Weiterreise. Habe deine Zwecke im Ganzen vor Augen und lasse dich im Einzelnen durch die Umstände bestimmen. Ich freue mich schon auf alle Fortschritte im Guten und Heilsamen.

Die Kupfer habe ich auch schon entrollt und untergebracht. Es ist gar anmuthig auch hier zu sehen wie Zeichner und Kupferstecher dem Reisenden erleichtern, durch wenige Blätter die Erinnerung anzufrischen. Die große Reiterstandarte ist im Saale aufgeheftet und setzte die ersten Betrachtenden schon in Erstaunen und Bewunderung.

Und so fortan

G.[132]


47/107.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

danke vor allen Dingen auf's beste für die sehr willkommenen Nachbildungen einiger vorzüglichen Gemälde in Ihrem Besitz.

Sehr interessant ist es, zu sehen, wie schön der alte Künstler das Familienunglück, die Folge und Die Lösung darzustellen wußte. Dieß ist die rechte Art, dem Auge vorzuhalten, was da geschieht und was es heißen soll. Hier sind keine hinterwärtse, keine auswärtigen Gedanken nöthig.

Verwahren Sie gefällig die Weimarische Pinakothek, wie sie auch sey, zu unserm Andenken. Die Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens haben Sie selbst empfunden, und ich will das Weitere meinen Nachfahren überlassen.

Hiernächst auch ein Blatt in Bezug auf unsern Antheil an dem Sächsischen Kunstverein, welchem ich mich zu fernerer Geneigtheit bestens empfehle.

In vorzüglicher Hochachtung

gehorsamst

Weimar den 7. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Ew. Hochwohlgeboren

habe schuldigst zu vermelden:

1) Daß in diesen Tagen ein Gemälde der Demoiselle[133] Seidler nach Dresden abgeht; sie wünscht nur die Ehre und Freude es dort ausgestellt zu sehen. Unsere Frau Großherzogin hat es freygebig honorirt, und auch dieses sind wir unserm Anschließen an jenen edlen Verein schuldig.

2) Zugleich wird abgesendet: Die früher schon angekündigte Landschaft von Kaiser. Das dafür allenfalls gegönnte Honorar bitte mir zu übermachen, indem ich mit diesem guten Künstler in einigen Vorschuß-Verhältnissen stehe.

3) Zwey Bilder von unserm Preller in Rom erwarte täglich und hoffe auch diese noch zur rechten Zeit nach Dresden befördern zu können.

4) Ein Blatt, die gegenwärtige Stellung der Weimarisch-Eisenachischen Kunstfreunde, welche an dem Dresdner Verein Antheil nehmen, liegt hier bey; man bittet, die Nummern fortzusetzen; wobey zu bemerken, daß Prinzeß Wilhelm von Preußen geborene Prinzeß von Sachsen-Weimar-Eisenach, in fünf vakante Nummern eingetreten ist, und wären folglich auch dieselben, wie sie notirt sind, ihren Namen zu schreiben.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar den 7. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.[134]


47/108.


An Carl Friedrich Zelter

Auf deinen letzten werthen Brief, abgeschlossen Dienstag den 15. Juni, erwidere spät einige treue Worte. Zuerst danke schönstens für die Samenkörner womit Herr Professor Link mich hat erfreuen wollen; Meine Naturstudien nehmen einen etwas wunderlichen Weg, deswegen ich den Männern vom Fach nicht genug danken kann, wenn Sie mich freundlich fördern mögen. Auf ein beyliegendes Blättchen schreibe ich noch einen Namen. In einer so großen Anstalt wie die Berliner ist, findet sich wohl auch eine solche Rarität.

Sodann wäre das Zweyte zu sagen, daß Felix seine liebenswürdige Gegenwart durch einen sehr anmuthigen Brief von München erneuert; er spricht über jenen wundersamen Ort sehr verständig. Er befreundet sich vorzüglich mit Hofmaler Stieler, der, als er mein Porträt malte, bey einem mehr als achtwöchentlichen Aufenthalt, ganz der unsrige geworden ist. Es ist anmuthig zu erfahren was ein solcher Mann, in solcher Zeit, unter solchen Umständen zu finden glaubte und sich aneignen mochte.

Ferner hab ich wohl schon gemeldet, daß mein Sohn mit Dr. Eckermann seit Ende Aprils eine Reise nach Süden unternommen. Seine Tagebücher unterwegs[135] bis Mailand, von da bis Venedig, zeugen von seinen guten Einsicht in die irdischen Dinge, von besonnener Thätigkeit sich mit Menschen und Gegenständen bekannt zu machen und zu befreunden, Der große Vortheil für ihn und uns wird daraus entstehen daß er sich selbst gewahr wird, daß er erfährt was an ihm ist, welches in unsern einfach-beschränkten Verhältnissen nicht zur Klarheit kommen konnte. Zu allem diesen wirst du deinen Segen geben.

Herrn Director Klöden danke zum schönsten für die Mitheilung. Dergleichen Sendungen von vorzüglichen Männern lenken gar angenehm meine Aufmerksamkeit in solche Regionen, wohin ich aus eigenem Antrieb kaum mehr gelange.

Die Rolle an Hofrath Voigt in Jena ist gleichfalls abgegeben worden, und so wüßt ich für dießmal wenig mehr zu sagen.

Allein zu erfahren wünscht ich, wie der Gesang mit dem neu eingeleiteten und unterrichteten Chor abgelaufen und von welchem die Zeitung das allgemeine Vermelden, mit deinen Worten auf deine Weise zu vernehmen.

Und hiemit allen guten Geistern empfohlen.

treulichst

Weimar den 8. Juli 1830.

G.[136]


47/109.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

halte für nöthig hiermit anzuzeigen, daß die angemeldeten Paquete sowohl der 7. Lieferung meiner Werke als der Octavausgabe bis zum 25. Bande wohl angekommen sind. Das Eingeschlossene ist sogleich an die Adressen abgegeben worden.

Sodann aber habe anzuzeigen daß die drey ersten Bände der 7. Lieferung, 31. 32 und 33, zum Behuf der Octavausgabe gestern mit der fahrenden Post abgegangen sind.

Je näher wir also dem Abschlusse gelangen, habe nur gute Gesundheit zu wünschen, denn an Muth und Ordnung wird es beiden Theilen wohl nicht fehlen. Geneigtem Andenken vertrauend.

ergebenst

Weimar den 8. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


47/110.


An Wolfgang Kaspar Fikentscher

Ew. Wohlgeboren

haben, wie ich hoffe und wünsche, meine Sendung des vergangenen 21. Juni wohl erhalten und dieselbe weiter an die bekannte Glasfabrik befördert. Gegenwärtig befinde ich mich in dem gleichen Falle Dieselben nochmals[137] um die nämliche Gefälligkeit anzugehen. Es hat sich nämlich eine andere Behörde an mich gewendet um eine ähnliche Bestellung zu besorgen. Die Zeichnungen liegen bey mit einigen Bemerkungen, welche hier nicht wiederhole.

Durch Herrn Rath Grüner vernehme das Erwünschte von Ew. Wohlgeboren und Familie. An einem glücklichen Erfolg der wohl eingeleiteten Geschäfte kann es freylich nicht fehlen. Ihr Herr Sohn befindet sich in England, als ein vorzüglicher Deutscher, gewiß zu seinem Vortheile, und so habe nur gute Gesundheit und Fortsetzung solcher günstigen Umstände zu hoffen.

Hochachtungsvoll

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 9. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

[Concept.]

Nota zu den Zeichnungen der Gläser.

Die hiebey gezeichnet bestellten Gläser bittet man, besonders gepackt, zu adressiren an Herrn Geh. Hofrath Dr. Stark in Jena und zugleich mit denen für das Museum bestellt, ebenfalls besonders zupackenden Gläsern, seiner Zeit abzuschicken.

Die Bemerkung bey den vorigen Zeichnungen wegen gefälliger Aufmerksamkeit auf die Bänder werde hier gleichfalls wiederholt.[138]


47/111.


An Philipp Jacob Marstaller

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe hiedurch zu vermelden daß meine Weinschuld betragend zweyundvierzig Thaler Conv. an Herrn Banquier Ulmann in diesen Tagen abgetragen habe und gegenwärtig Dieselbigen ersuche: mir eine gleiche Sendung von 30 Flaschen des vorzüglichsten Madeira baldigst zu übermachen; auch würde mir es angenehm seyn wenn Sie auch einzelne Flaschen von süßen Dessertweinen, z.B. Tinto di Rota etwa beyfügen wollten, so daß etwa der ganze Betrag sich auf fünf Thaler beliefe.

Der ich übrigens unter den besten Wünschen mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar den 9. Juli 1830.


47/112.


An Johann Ludwig Deinhardstein

Ew. Hochwohlgeboren

habe schuldigst zu vermelden: das Vollständige Exemplar der Jahrbücher der Literatur bis Ende 1829 sey bey mir wohlbehalten angekommen.

Hiebey nun darf ich nicht verhehlen daß ich daraus, schon Jahre her, im Einzelnen, Belehrung, Anregung[139] und manches sonstige Gute gewonnen habe; nun aber, da ich die vollständige Folge vor mir sehe, halte mich überzeugt: hier sey der Fall gar manches Bedeutende nachzuholen und mich mit vielen Vorzüglichen, sowohl an Kenntnissen als Gesinnung zu befreunden.

Hofrath Meyer dankt für geneigte Zuschrift zum besten und wird die Vollendung eines Aufsatzes beeilen, der als Anfrage dienen kann: ob wohl Betrachtungen solcher Art, als den dortigen Zwecken gemäß anzusehen seyen.

Sollten wir das Vergnügen haben Ew. Hochwohlgeboren, wie mich das letzte Schreiben hoffen läßt, diesen Sommer bey uns zu sehen, so darf ich mir schmeicheln, ein hiesiger, nicht allzu kurzer Aufenthalt werde Dieselben von einem mannichfaltigen, in unsrer Gegend lebendigen Bestreben nicht unangenehm überzeugen; wie denn gewiß mit mir in jeder der unsrigen den Werth eines solchen Besuchs anzuerkennen nicht ermangeln wird.

Und so habe denn auch vor dem Abschluß zu vermelden: daß wir dem Glück entgegen sehen in diesen Tagen des Herrn Grafen Kaspar Sternberg Exzellenz nach beendigter Carlsbader Kur bey uns zu verehren.

So eben, indem ich endige, kommt mir das 1ste Stück des 49. Bandes zu Handen, für welches ich schon einen gefühlten Dank abstatten kann, indem ich bey flüchtiger Durchsicht Erwünschte, mit eigner[140] Überzeugung Einstimmende gefunden habe und dem weiteren Genuß so wie fernerer Belehrung mit Verlangen entgegen sehe.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 9. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


47/113.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

hätte gewünscht einige Nachricht von dem Fortschritt unseres typographischen Geschäftes mitzutheilen; es stockt aber am ersten bogen, da Herr Frommann, wie er sagt, einige Anordnung vermißt. Doch wird sich auch dieses hoffentlich nächstens auflösen. Wäre es möglich gewesen, bey Herrn Hofrath Sorets Hofverhältnissen, ein reines Manuscript der Übersetzung ausgefertigt zu sehen, so hätten wir solches sehr gerne nach Augsburg geschickt um Ihren Verhältnissen und Wünschen Genüge zu leisten.

Indessen habe noch zu versichern daß wir uns mit dem, im Schreiben vom 19. May beliebten Honorar gerne begnügen. Wobey ich noch bemerke, daß ich sowohl die Schuchardtische als die Genastische Pränumeration für den 6. 7. und 8. Termin an mich genommen, und für beide also 81 Thaler schuldig[141] bin; welche auf Michael, da ich jenes Honorar einzukassiren denke, ohne weiteres abgezogen werden können. Nach einer allenfallsig möglichen Einwirkung auf das Königreich der Niederlande habe mich sorgfältig erkundigt; man will mir aber zu keinem dergleichen Schritte rathen, indem es mehr aufregend und schädlich als ablehnend und förderlich wirken könne.

Der Frau Gemahlin bitte mich angelegentlich zu empfehlen und für die geneigte Vermittelung jenes Gedichtes zum allerschönsten zu danken. Es dient mir schon zur Beruhigung wenn Ihro Majestät sich überzeugen: daß die unmittelbare Gegenwart so mancher Beweise höchster Gunst und Gnade unsern Dank immer lebendig erhält, der sogar mir und meiner nächsten Umgebung zum täglichen Bedürfniß geworden.

Ich schließe mit dem Wunsche, daß in Ihren wichtigen ausgebreiteten Verhältnissen alles gedeihen und vollkommene Zufriedenheit bewirken möge.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 9. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


Verzeihen möge werden daß ich die Angelegenheit wegen des Damenkalenders nachschriftlich anbringe. Ich finde unter meinen kleinen Gedichten auch nicht das Mindeste, was sich zu einer solchen Mittheilung eignen könnte. Verfängliche Xenien liegen wohl noch[142] vor, es möchte aber weder räthlich noch schicklich seyn, gegenwärtig und in solcher Gesellschaft damit hervorzutreten.

Auch habe ich die fernere Bearbeitung des Fausts durchgesehen, ob irgend eine anmuthende Stelle sich daraus absondern ließe; aber auch da hat alles nur im Zusammenhang einige Geltung, Charakter und Ton des Einzelnen würde dorthin gleichfalls nicht passen. Ich muß also um Entschuldigung bitten, welche um so eher zu erlangen hoffe, als mir ein Versuch im Augenblick etwas gehörig Bedeutendes hervorzubringen nicht glücken wollte.


47/114.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Das schönste gearbeitete, einem Kunstfreund höchst willkommene Kästchen hätte freylich in schneller Erwiderung gefordert; doch ich bin wirklich, mitten im Continent, einem Schiffenden ähnlich, der bald von günstigen Winden befördert, von Windstille gefesselt, von widerwärtigen retardirt, wo nicht gar verschlagen wird.

Mein zweyter Enkel, als er bey Eröffnung des Kästchen das Vögelein sah, erkannt es zwar gleich, aus der frühzeitig ihm eingeprägten Naturgeschichte, daß es ein Wiedehopf sey, dabey blieb er jedoch nicht stehen, sondern sagte: »aber ich weiß es ist ein Liebesbote!«[143] Was sagen Sie zu der Cultur unsrer zehnjährigen Knaben? es ist eine hoffnungsvolle Nachkommenschaft.

Eine schöne Mondennacht am Rhein gönn ich Ihnen von herzen und theile die Empfindung als gegenwärtig, wie ich bey den Unbilden der Witterung gar öfters fürchte der Sommeraufenthalt auf der Mühle möchte Ihnen oft verkümmert werden.

Mein Sohn ist nach Italien gegangen und hat einige Tage im weißen Schwane verlebt; nicht ganz wohl und behaglich und ist daher zu entschuldigen, den werthen Freund frühere gute Aufnahme nicht verdankt zu haben. Der Vater hätte sich in solchem Falle gewiß eine liebevolle Wartung erbeten.

Mögen sie mir denn gelegentlich über die Sängerin Heinefetter einige aufklärende Worte sagen. Ich sprach diese Tage mit einem Cassler Musikus, welcher viel Gutes von ihr zu rühmen wußte, auch zugestand: sie sey aus einer guten Schule hervorgegangen. Was hat sie gewonnen seitdem sie daraus entlassen worden?

Nun aber möchte ich hoffen, denn eine solche Hoffnung verläßt den Autor niemals, daß Sie in der sechsten und siebenten Lieferung meiner Werke etwas Anmuthendes gefunden haben. Meine Freunde sind mir bey jedem Unternehmen der Art immer gegenwärtig, und es gibt mir neuen Lebensmuth, wenn ich erfahre daß es mir gelungen sey sie zu erreichen.

[144] Gar oftmals wird ein handschriftlich Blättchen von mir verlangt, dagegen wird es mir immer unmöglicher irgend ein Sprüchlein zu schreiben, das sich jedermann und niemand zu Herzen nehmen könnte. Deshalb hab ich mich an die Allhelferin die Lithographie gewendet. Da ist denn doch ein für allemal gethan und nach Umständen läßt sich wohl eins und das Andere an den rechten Mann bringen. Einige leg ich bey; verlangen Sie deren mehre, so werden sie gern folgen.

Und nun, damit das Blat nicht verweilen, die herzlichsten Grüße und Wünsche.

Weimar d. 10. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


47/115.


An Johann Heinrich Meyer

Danken Sie, werthester Freund, auf das verpflichtetste Ihro Kaiserliche Hoheit für die schöne Sendung und für das gnädigste Andenken.

Hiebey folgt einiges Unannehmliche aus der zweyten Classe der Zeichenschule, wollen sie darüber denken und Mittwochs geneigt Ihre Gesinnungen äußern.

Was mich betrifft, so wag ich noch nicht das Bett zu verlassen; solche Unbilden verlangen immer einen gewissen Decurs den man geduldig abzuwarten hat.

Noch einiges wichtige aus dem Felde der Kupferstecherkunst ist mir beygegangen und theile solches[145] nächstens mit. Möge Ihnen Wohlseyn und fröhliche Thätigkeit bescheiden bleiben.

treu verpflichtet

Weimar den 12. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


47/116.


An Carl Friedrich Christian Steiner

[Concept.]

[12. Juli 1830.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche durch Gegenwärtiges auf das höflichste unserm geschickten Schmeller einige Stunden zu gönnen, damit ich Ihr Bildniß auch in die Sammlung vieler werthen Zeitgenossen mit einfügen könne. Sie verbinden dadurch besonders.

Weimar den 11. Juli 1830.


47/117.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Dem eigentlichen Datum des Louisenfestes würde genauer nachzukommen seyn wenn man ausforscht in welchem Jahre die Wasserflut sich ereignet und an welchem Tage das hiesige Vogelschießen angefangen worden, zwischen beide hinein fällt ganz genau das Fest.

Weimar den 16. Juli 1830.

G.[146]


47/118.


An Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit um einige chemische Gefälligkeiten zu ersuchen. Die, in beykommender kleiner Schachtel, sehr kleinen befindlichen Mineralstückchen bitte geneigt zu untersuchen und deren Gehalt zu erforschen. Mit dem Buchstaben a sind Hornstein-Crystalle bezeichnet, mit dem Buchstaben b ist die Gangart auf welcher sie ansitzen, oder vielleicht richtiger zu sagen: aus welcher sie sich durch freye Gestaltung entwickelten.

Die Hauptsache wäre wieviel Kalk beide Musterstückchen erhielten? besonders aber das crystallisirte. Leider darf ich nicht wagen der sehr schönen Stufe mehr abzunehmen, da ihr durch Schlagen oder Brechen großer Schade geschehen könnte.

Mein zweyter Wunsch bezieht sich auf's Pflanzenreich. Es wäre mir nämlich sehr interessant zu erfahren: ob die Blasen der Colutea arborescens, welche, wie bekannt, nach der Befruchtung sich aufblähen, ob sie mit irgend einem besondern und entschiedenen Gaß angefüllt seyen? Bisherige Untersuchende wollen nur atmosphärische Luft darin gefunden haben, dieses will aber mit meinen sonstigen Überzeugungen nicht zusammen treffen. Sollten Ew. Wohlgeboren es auch[147] nicht anders finden, so muß ich mich wohl zufrieden geben. Für den Zweck einer solchen gefälligen Untersuchung liegt ein Blättchen an Herrn Hofgärtner Baumann bey, welcher auch schon mündlich von mir deshalb angegangen worden.

Weimar den 17. Juli 1830.


47/119.


An Franz Baumann

[Concept.]

Durch gegenwärtiges wird Herr Hofgärtner Baumann ersucht an Herrn Professor Wackenroder seiner Zeit soviel aufgeschwollen Blasen der Colutea arborescens abzugeben als zu einem zu unternehmenden chemischen Versuch nöthig seyn möchte.

Weimar den 17. Juli 1830.


47/120.


An Carl Friedrich Zelter

Greife eben zur Feder und tauche sie ein wie es gehen will! Ich begreife wohl daß du schwer dazu kommst, da es in deinem bewegten Leben wunderlich genug aussieht; mein unbewegtes ist doch schon, verhältnißmäßig, dergestalt beschäftigt daß mir nach außen zu wirken kaum noch einiges Behagen bleibt.

Deinen guten Taschenbuchs-Brüdern ist mir durchaus unmöglich etwas mitzutheilen. Willst du ihnen[148] Cantate und Lied zu deinem Ehrentage vergönnen so hab ich nichts dagegen. War es in einem gewissen Kreise bekannt, so ist's auch wohl schon vergessen; genug so meyn ich's, thue nach Belieben und Umständen.

Der treffliche Cotta brüstet sich in dem nächsten Damen-Taschenbuche mit königlichen Gedichten; ich konnte nichts dazu liefern und mußte die doppelt dringenden Anforderungen ablehnen. Was sie brauchen hab ich nicht und was ich habe können Sie nicht brauchen.

Glück zu deinem Studenten-Chor! ich glaube wohl daß die neuern Ohren, welche sich nur am Sehnsuchtsgeschleif und Gesäusel hinhalten, einen kräftigen Herz und Dach erhebenden Gesang schrecklich finden müssen; ihr Choralgesang bleibt doch immer: Ein laues Bad ist unser Thee, und dann denken Sie doch nebenher Sie hätten was von einer festen Burg und irgend ein Gott bekümmere sich um sie.

Die zwey letzten Lieferungen meiner Werke gehen sogleich ab. Mit dem 3. Bande des Briefwechsels ist's noch so eine Sache; ich will sehen auch hier nachzuhelfen. Sehr schwer ist's im laufenden Leben in solchen Dingen Ordnung zu halten.

Recht artig ist es daß du dein Maurer-Jubiläum zugleich mit dem meinigen gefeyert hast. Am Vorabende des St. Johannisfestes ward ich, vor 50 Jahren, hier in Ordnung aufgenommen. Die Herren haben mit der größten Artigkeit diese Epoche behandelt und ich erwiderte am andern Tage freundlich ihre Gesinnung.[149] Beides wirst du aus anliegenden Blättern ersehen. Kannst du aus den Strophen was machen, so thu's; ihr habt ja auch alle Augenblick 50 Jahr vorüber, und das Menschliche paßt überall hin.

Es thut mir Leid wenn meine Forschungen dem wohlwollenden Botaniker unbequem sind. Meine excentrische Bahn tritt irgend einmal in dieses wissenschaftliche System herein, und ich muß mir gefallen lassen nicht alles zu finden was ich suche. aber auch die Bemühung verdank ich schon, und [in] ihren weiten und breiten Verhältnissen sind sie sogar wohl im Falle, dergleichen, sich und andern zu Nutz, herbey zu schaffen.

Von meinem Sohn will ich noch soviel melden: daß er mit ruhiger Aufmerksamkeit sich umsieht und recht ausführlich Tagebücher schreibt, worauf doch alles ankommt; die Gegenstände schwinden und die Eindrücke verlöschen. Er ging von Mailand, nachdem er die Stadt, so wie die Umgegend, wirklich erschöpft hatte, über Brescia, Verona, Padua nach Venedig, welches er auch recht wacker durchstöberte. Sodann über Mantua, Cremona, Lodi nach Mailand zurück. Hier nahm er noch alle Überbleibsel auf, machte Bekanntschaft mit eurem Herrn Professor Mauch; sie gefielen sich und gingen etwa den 5. Juli nach Genua. Eckermann begleitet ihn bisher und auch so weiter. Mein Sohn ist wirklich als realistisch Reisender ganz musterhaft und fühlte erst jetzt wie viel[150] Kenntnisse er eingesogen hat Seine Ansicht bewies er auch dadurch daß er mir zu meiner Sammlung von Medaillen, besonders gegossenen, aus dem 15. und 16. Säculum beynahe 100 Stück von der wichtigsten Sorte, um einen leiblichen Preis, eingekauft hat, welche auch schon zu meiner großen Ergötzniß glücklich angekommen sind.

Was oben von Büchern und Blättern zugesagt ist folgt mit der fahrenden Post, und somit meines hochverehrten Herrn Doctors treu Angehöriger.

G.

Weimar den 18. Juli 1830.


47/121.


An Friedrich Jacob Soret

Obgleich, theuerster Herr und Freund, der jenaische Abdruck unserer Arbeiten noch immer stockt, so übersende doch die schon bekannte Confession meiner botanischen Studien, neu durchgesehen, zugleich mit Ihrer schon abgeschlossenen Übersetzung. Es sind in derselben auch die ehemals übersetzten Seiten mit eingebracht und alles möglichst geordnet.

Haben Sie die Güte, alles nochmals durchzugehen und die einzelnen Stellen zu berichtigen. Ist dieses geschehen, so wird alsdann, wenn der Druck einmal wieder im Gange ist, alles rasch fortschreiten können.

treulichst

Weimar den 19. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.[151]


47/122.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

durch gegenwärtiges frage kürzlich und freundlich an: ob Sie, zu Ihren kritischen Betrachtungen, des Probedrucks der Grablegung nach Rafael noch nöthig haben? Man wünscht dessen Absendung nach Nürnberg, welche nach erhaltener Antwort alsogleich besorgen würde.

Mit den treusten Wünschen.

Weimar den 19. Juli 1830.


47/123.


An Christian Sckell

[Concept.]

Sollte in Belvedere ein frischer oder getrockneter Stamm eines Pisangs, oder auch nur ein ellenlanger Theil desselben sich befinden und Unterzeichnetem mitgetheilt werden, so würde er es dankbar erkennen.

Auch wünscht er einige frische Blätter des Bryophyllum calycinum zu erhalten.

Weimar den 19. Juli 1830.


47/124.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, die Gefälligkeit haben gelegentlich die Namen beykommenden Verzeichnissen[152] näher anzusehen und an der Seite zu bemerken was allenfalls von diesen Personen, ihren Werken und Arbeiten Weiteres zu sagen wäre.

Alle Liebhaber, denen man die davidischen Medaillons vorzeigt, wünschen freylich, umständlicher als ich jetzo thun kann, von der Bedeutenheit dieser Gesichter unterrichtet zu werden.

Eilig und treulich

Weimar den 19. Juli 1830.

G.


47/125.


An Siegmund August Wolfgang Herder

Nachdem ich von Herrn Hofrath Soret alles Freundliche und Gute von Freyberg vernommen, will ich, theuerster Herr und Freund, nicht länger säumen, bestens für die angenehme, mir vor einiger Zeit durch Ihre Geneigtheit gewordene Gabe verpflichtet zu danken. Fürwahr, Sie haben sich auf das genaueste der Gegenstände erinnert, welche mir von jeher das größte Interesse abgewonnen. Krystallisationen aller Art suchte ich zu sammeln, welche man theils ursprünglich und natürlich, theils abgeleitet und künstlich hervorgebracht sieht, und welche zusammen für natürlich angesprochen werden müssen; nur daß in der großen Natur sich gewisse Bedingungen nicht ergeben, unter welchen gerade der Mensch alles, was ihm unter die Hände kommt, zu bearbeiten und zu modificiren weiß.

[153] Gegenwärtig aber war gar mannichfaltiges zu beachten: die Einwirkung eines geringen Theils Arsenik auf die Krystallisation des Bleyes, sowohl Gestalt als Oberfläche modificirend und in die sonst gestrickt genannten arsenikalischen Silbererze erinnernd. Ferner Hornsteinkrystalle von so eigner Art, daß man ihren eigenthümlichen Ursprung nicht denken konnte, sondern sie als abgeleitet, ja als abgebrochen sich vorstellen durfte. Nun der Schwefel irgend in seiner Elementar-Gestalt wieder hergerichtet, nachdem man ihm chemisch mancherlei zugemuthet hatte. Dieß alles sind Beispiele, die zu vielerlei Betrachtung Anlaß geben.

Ja, ich darf wohl gestehen, daß ich Einiges zu Papier brachte in der Absicht, solches zu übersenden. Näher angesehen, war es jedoch nicht von der Reise, um sich vor Meister und Gesellen sehen zu lassen; bisher aber fehlt es mir an Ruhe und Sammlung, um den kleinen Aufsatz zu vollenden. Daher will ich mich auch nicht, wie bis jetzt geschehen und welches Sie verzeihen werden, aufhalten lassen und nur mit wenigem noch versichern, daß jede Gabe von dorther mir im wissenschaftlichen Sinne wie als freundschaftliches Andenken höchst erwünscht seyn wird, besonders wenn es nicht gar in zu langen Zwischenpausen, sondern in meinem Alter angemessenen Intervallen ohne Beschwerde geschehen kann.

Vermindert bey mir sich nun immer mehr die Hoffnung, das gehaltreiche Freyberg zu besuchen, so kann[154] mir freylich nichts erwünschter seyn, als die Absicht, mich eines vieljährigen Freundes in Gesellschaft mancher andern werthen Personen hier am Orte baldigst zu erfreuen. Empfehlen Sie allen Ihren thätigen Geschäfts- und Lehrgenossen einen treuen dankbaren Jubilar der freyberger Schule, der sich durch das wildgräßliche Gepolter neuester Gebirgsaufwiegelungen, besonders des Herrn Elie de Beaumont, nicht im mindesten in Erschütterung bringen ließ.

Treu angehörig

Weimar den 21. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


47/126.


An Sulpiz Boisserée

Gegenwärtiges nur um einige so eben aus dem botanischen Garten erhaltene Blätter des Bryophyllum calycinum eilig zu übersenden. Eigne Pflanzen hab ich so schön von unten herauf in die Höhe gezogen, daß ich es nicht über das Herz bringen kann eins abzubrechen. Sie thun am besten wenn Sie ein Blatt der Länge nach in die Erde bringen, so daß die eine Hälfte in die Erde kommt, die andere außerhalb derselben bleibt.

Von den zugesagten lithographirten Blättchen liegt eine Parthie bey. Sie haben für mich selbst etwas Magisches, denn ich habe sie geschrieben und nicht geschrieben.

[155] Noch eine Frage laß ich diesem folgen: Man wünscht einem Liebhaber von Curiosis eine Artigkeit zu erweisen und hat sich eine solche Antiquität ausgedacht.

Die Frage ist: ob Sie nicht irgend ein altes Manuscript, auf Pergament, vom Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts nachzuweisen wüßten? Der Inhalt wäre gleichgültig, nur müßte solches wohl erhalten, inwendig mit Vignetten und Malereyen geziert, auch vielleicht recht eigen alterthümlich gebunden seyn.

Fände sich ein solches, so hätten Sie die Geneigtheit mir es zu schreiben und kürzlich zu melden; oder auch, wenn es sich thun ließe, wohleingepackt, mit Angabe des billigsten Preises, zuzuschicken, unfrankirt bis hierher. Sollte es nicht angenommen werden so sende es frankirt wieder zurück.

Handeln Sie hierinnen nach Umständen, vielleicht wäre es besser das Werk erst zu beschreiben und anzumelden und das Weitere abzuwarten.

Eilig wie treulich

Weimar den 23. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.


47/127.


An Marianne von Willemer

Ihr ausführlicher Brief, meine Theure, kommt in dem Augenblick, wo noch ein paar Blätter der vermehrungslustigen Pflanze vor mir liegen die ich alsobald[156] einpacken kann. Die Worte Ihres Briefes: »Die Blätter sind mit Erde bedeckt« lassen mich befürchten, die ersten seyen nicht zum Keimen gekommen, nur die Hälfte des Blatts wird in die Erde gebracht, die andere bleibt frey, oben aufliegend, doch so daß die Keimchen mit ihren Wurzeln die Erde berühren können.

Verlangte Blättchen liegen bey; auf mich machen sie einen wunderlichen Effect, wie eine Handschrift die man verleugnen möchte und doch anerkennen muß.

Mehr sag ich nicht damit das Blatt fortkomme. Die Überschwemmungen haben meinen Garten nicht erreicht, die Umgebung aber unerfreulich gemacht, so daß ich seit jener Zeit nicht hinabgekommen bin.

Möge alles Wohlergehen Sie am schönen Flusse umgeben und auch Sie auf einer zu unternehmenden Reise begleiten.

Mein Sohn hat die Lombardie mit Aufmerksamkeit durchwandelt und wird nun Genua erreicht haben. Gedenken Sie meiner überall zum besten. Nächstens noch eine Anfrage und Anerbietung. Folgen Sie mir immer freundlich in meinen vergangenen Zuständen und Thätigkeiten, lesen Sie hie und da zwischen den Zeilen, was nicht auf dem Blatte steht und glauben mich immer

so geschäftig als liebend

Weimar den 23. Juli 1830.

J. W. v. Goethe.[157]


47/128.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe zwar auch dießmal zu der nächstens angesetzten Auction von eingeschmelzten Glasmalereyen keine eigentliche Aufträge zu geben, wollte jedoch dieselben ersuchen mir nach Beendigung derselben einen Catalog mit beygeschriebenen Preisen zuzusenden.

Eine andere Frage will ich bey dieser Gelegenheit thun: ob Sie nicht irgend ein altes Manuscript, auf Pergament, vom Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts nachzuweisen wüßten? Der Inhalt wäre gleichgültig, nur müßte solches wohl erhalten, inwendig mit Vignetten und Malereyen geziert, auch vielleicht recht eigen alterthümlich gebunden seyn.

Fände sich ein solches, so hätten Sie die Geneigtheit mir es zu schreiben und kürzlich zu melden; oder auch, wenn es sich thun ließe, wohleingepackt, mit Angabe des billigsten Preises, zuzuschicken, unfrankirt bis hierher. Sollte es nicht angenommen werden so sende es frankirt wieder zurück.

Übrigens bleiben Ew. Wohlgeboren versichert, daß ich, wenn auch eine Zeitlang schweigsam, doch jederzeit unserer frühern Verhältnisse und wechselseitiger Leistungen mich mit Vergnügen erinnere.

Weimar den 23. Juli 1830.[158]


47/129.


An Sulpiz Boisserée

Ihr werthes Schreiben, mein Theuerster, vom 4. Juli erhalt ich freylich erst spät und wahrscheinlich haben Sie unter dieser Zeit meine zwey Sendungen erhalten. Eine vom 3. Juli, worin ich manches vertraulich meldete, eine vom 23. ejd., welcher ich die lebenslustigen Blätter beylegte.

Das Blatt von Mabuse, welches sie mir senden, ist, wie immer, bewundernswürdig; alle folgenden sollen mir in jedem Sinne willkommen seyn. Man wird auf eine wunderbare Weise in eine Zeit versetzt in der man nicht hätte leben mögen und an die man doch gern erinnert wird.

Die Schuld großherzoglichen Museums liegt parat, ich füge die meinige hinzu wenn das erbetene Papier anlangte.

Es geht mir verhältnißmäßig ganz gut und wer kann mehr sagen? Es hat mir die ganze Zeit her nicht an Interesse gefehlt, und nicht an Anregung dieß und jenes zu Papier zu bringen. Möge dereinst auch für Sie etwas daraus zu schöpfen seyn.

Von des Herrn Obrist Heideggers Arbeiten hör ich von mehreren Seiten das Beste; ich freue mich daß sie zu sehen Ihnen gegönnt ist. Ich habe früher einiges nach ihm lithographiert gesehen, welches sich freylich sehr vorzüglich darstellte.

[159] Mein Sohn ist auf dem Wege nach Genau, nachdem er sich die Lombardie recht ausführlich angesehen. Wenn er das Glück hat so fortzufahren, so bringt er sich einen großen Schatz des Lebens zurück.

Mich beschäftigt jetzt die im Kreise der französischen Akademie, zwischen Geoffroy de St. Hilaire und Baron Cuvier ausgebrochene Streitigkeit; sie ist für die Naturwissenschaften von großer Bedeutung. Ich suche in einem Aufsatz für mich und meine Nächsten diese Angelegenheit, die sich auf's widerwärtigste zu verwirren droht, in's Klare zu setzen und darin zu halten.

Dießmal nicht mehr, das Allerbeste wünschend!

Weimar den 27. Juli 1830.

G.


47/130.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Wollen Sie, mein werthester Herr Doctor, sich um nachstehenden kleinen Auftrag gefällig bemühen?

Bey der akademischen Bibliothek befinden sich wahrscheinlich, gewiß aber bey den Acten der Akademie, die sämmtlichen Lections-Cataloge seit längerer Zeit. Nun hat, wenn ich nicht irre in den 90er Jahren, der selige Geh. Hofrath Stark, eingedenk der ihm obliegenden Nominal-Professur der Botanik, über meine Metamorphose der Pflanzen Vorlesung gehalten, wozu ich ihm meine sämmtlichen Zeichnungen und[160] sonstigen Apparat mittheilte. Nun wäre mir dran gelegen genau zu erfahren welches Jahr dieß geschehen, wahrscheinlich im Sommersemester.

Sie verpflichten mich hiedurch, mein Werthester, und glauben mir Versicherung daß es mir sehr leid thut diese schönen Tage nicht in Ihrer Nähe zubringen zu können.

Weimar den 27. Juli 1830.


47/131.


An Johann Friedrich Cotta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

begrüße heute nur mit wenigen Worten zum allerbesten, indem ich eine eingetretene Hinderniß zu beseitigen wünsche.

Herr Frommann vermißt noch die Bestimmung wie stark die Auflage der Metamorphose seyn solle, und auf eine deshalb gethane Anfrage findet sich die Äußerung Ihrer Buchhandlung: »Herr v. Cotta müsse noch erst ein Schreiben von mir abwarten ehe er die Auflage bestimmen könne«.

Wenn ich meinen Erlaß vom 9. Juli ansehe so wüßte ich nichts worüber ich mich noch zu erklären hätte. Sollte es etwa nicht deutlich genug gewesen seyn daß ich versicherte: wir würden uns mit dem im Schreiben vom 19. May beliebten Honorar gern begnügen, so will ich hinzusetzen daß die von Ew. Hochwohlgeboren ausgesprochenen 500 Thaler damit[161] gemeint sind und wir dieselben hiemit nochmals acceptiren.

Sollte noch irgend etwas dem Entschluß entgegenstehen so bitten wir solches gefällig zu melden, da es wünschenswerth die gute Jahrszeit zu diesem Geschäft zu benutzen.

Durch Herrn Canzler v. Müller, der so eben nach Brückenau abgereist ist, hoffen wir von dem Befinden Ihro Majestät des Königs die nächsten und besten Nachrichten zu erhalten; wie ich den nichts mehr wünsche als von Ew. Hochwohlgeboren und Frau Gemahlin, welcher wir uns bestens empfehlen, günstiges Zeugniß eines ununterbrochenen Wohlbefindens zu erhalten.

Mich hochachtungsvoll unterzeichnend.

Weimar den 3. August 1830.


47/132.


An Friedrich Johannes Frommann

Ob mir gleich nicht ganz deutlich ist, was für eine Erklärung Herr v. Cotta von mir erwartet, so habe ich gleich deshalb an denselben geschrieben, das was ich allenfalls vermuthen konnte, gemeldet und so hoffe ich denn auch daß wir von dieser Sandbank loskommen werden.

Wollen Sie Herrn Hofrath Soret bey seiner nächsten Hinüberkunft den ersten Bogen nochmals vorlegen, so wird doch diese Zögerung vielleicht noch zu irgend einer nützlichen Bemerkung von seiner Seite Gelegenheit geben.

[162] Das Beste zu Ihrem gegenwärtigen liebenswürdigen Zustande wünschend und mich allseits zum schönsten empfehlend.

ergebenst

Weimar den 3. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/133.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Indem ich für die mir gegebene Nachricht bestens danke, füge meine treulichsten Glückwünsche hinzu und meine Hoffnung den Zuwachs einer werthen Familie auch mit sonstigem Guten erheitert zu sehen.

Können Sie auf eine schickliche Weise Herrn Göttling an die paar Bändchen die er in Händen hat erinnern, so geschieht mir ein besonderer Gefalle. Die Augsburger Setzer strecken ihre Krallen schon wieder darnach aus.

Mein lebhafter Wunsch, den Besuch in Jena zu wiederholen, ist mir noch nicht gewährt; einem so leichten als angenehmen Ausflug setzen sich, leider in meinen Zuständen, gar manche Hindernisse entgegen.

So schließ ich, meine besten Wünsche wiederholend, in aufrichtiger Ergebenheit.

Weimar den 3. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/134.


An Johann Michael Färber

Die in dem bezeichneten Zimmer besorgten Einrichtungen werden hiemit durchaus gebilligt, wie denn[163] die Deshalb eingereichte Quittung autorisirt und Demselben eingehändigt worden.

Folgendes jedoch wird dem Museumsschreiber Färber vorerst zu erkennen gegeben, daß unser gnädigster Erbgroßherzog sich einige Zeit in Jena aufhalten werde, welchem denn die Museen jederzeit offen stehen. Sodann ist der Begleiter desselben, Herr Hofrath Soret, als ein vorzüglicher Mineralog und Krystallograph befugt, sich auf jede Weise mit dem Kabinett bekannt zu machen und sich desselben zu seinem Unterricht zu bedienen. Nicht weniger wird Herr Professor und Hofrath Bachmann als Prodirector der mineralogischen Societät hiebey assistiren und in jedem Falle, wenn unsre höchsten Herrschaften das mineralogische Museum besuchen sollten, hiebey gehörig einwirken, da unserm guten würdigen Director Lenz sich öffentlich zu zeigen nicht mehr gegeben ist.

Alles übrige, was der Sorgfalt des Museumsschreibers und Custoden Färber obliegt, wird derselbe auf's reinlichste zu erhalten wissen und, welche Theile des Museums zu eröffnen ihm höchsten Ortes anbefohlen wird, in Bescheidenheit erwarten, auch von allem Vorkommenden ungesäumt Bericht erstatten.

Großherzl. S. Oberaufsicht:

pp. pp.

Weimar den 3. August 1830.

J. W. v. Goethe.[164]


47/135.


An Friedrich Jacob Soret

Nur mit dem Wenigsten will ich meine Vorbereitung zu Ihrem Eintritt in Jena so kurz und deutlich als mir möglich aussprechen.

1) An Färbern ist eine Verordnung ergangen wo unserm theuern Prinzen und Ihnen, wie es sich ja von selbst versteht, alle Facilität zu Besichtigung und Benutzung unsrer Museen noch besonders ausgesprochen ist. Wie denn zu mehrerer Deutlichkeit eine Abschrift hier beyliegt.

2) Herrn Hofrath und Professor Bachmann ist geschrieben, wenn er sich meldet nehmen Sie ihn freundlich auf und behandeln ihn als Directeur en Second unserer mineralogischen Gesellschaft; auch als solcher wird er den gnädigsten Herrschaften zu präsentiren seyn.

Sollte irgend etwas Weiteres zu bemerken seyn so [haben] Sie die Güte mich's wissen zu lassen.

Alle Zufriedenheit, wissenschaftliche und sonstige Unterhaltung in Jena wünschend empfehle mich zum allerbesten.

Herr Frommann ist bedeutet Ihnen einen Revisions-Bogen darzustellen; haben Sie die Güte solchen abzuverlangen.

treu verbunden

Weimar den 4. August 1830.

J. W. v. Goethe.[165]


47/136.


An Carl Friedrich Bachmann

Ew. Wohlgeboren

beeile mich durch Gegenwärtiges anzuzeigen daß unser hoffnungsvolle Erbgroßherzog einige Zeit in Jena verweilen und der dortigen wissenschaftlichen Vortheile mit Aufmerksamkeit genießen wird.

Dessen Begleiter Herr Hofrath Soret ist ein trefflicher Mineralog wie Krystallograph, deswegen ich Ew. Wohlgeboren mit demselben bald möglichst ein näheres Verhältniß wünschte, deshalb denn baldigst unserm werthen Prinzen aufzuwarten und eine Annäherung an Herrn Hofrath Soret zu bewirken gewiß eine willkommene Angelegenheit seyn wird.

Wie ich überhaupt über unser Geschäft denke und was ich deshalb für eine Einleitung getroffen, kann ich nicht besser aussprechen als wenn ich eine an Färber ergangene Verordnung abschriftlich mittheile und Ew. Wohlgeboren in diesem Sinne als Prodirector unsrer mineralogischen Societät zu handeln bitte, welches, wie Sie selbst bemerken werden, auf die Bestimmung unsrer nächsten Verhältnisse hindeutet.

Der ich Hoffnung und Aussicht nächstens Dieselben mündlich zu sprechen die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeboren

ganz ergebenster Diener

Weimar den 4. August 1830.

J. W. v. Goethe.[166]


47/137.


An Heinrich Steffens

[Concept.]

Eine eigene Zufälligkeit gibt mir augenblicklich den Anlaß, Sie, theurer verehrter Mann, wieder einmal freundlich zu begrüßen. Ein Italiäner, Namens Bernard Castelli, präsentirt sich bey mir, ohne weitere Empfehlung, es findet sich daß er ein mailändischer Exul sey, dessen Gesinnungen und Handlungen ihn zu jener trüben Zeit aus dem Vaterlande getrieben, der [sich] sodann in Frankreich, England, den Niederlanden als Lehrer der italiänischen und französischen Sprache durchzubringen getrachtet. Dasselbe kommt er nun in Deutschland zu versuchen, und hat sein Augenmerk auf Breslau gerichtet.

Empfehlen kann ich ihn nicht, aber Sie, als Herzenskündiger, werden ihn bald erforschen; seine Gegenwart hat etwas Geistlich-Gesittetes, daß mich wohl von ihm denken ließ, welches denn auch diesen Brief entschuldigen mag und, wenn es nicht hinreichend wäre, durch den Zusatz einiges Gewicht erhalten möge: daß ich in späten Tagen mein Andenken wieder bey Ihnen erneuern und die Versicherung übersenden möchte, wie ich mit fortwährendem Antheil Ihrer gedenke und aufrichtig wünsche, alle Ihre Bestrebungen mögen einen glücklichen Ausgang gewinnen.

Nochmals um Verzeihung bittend und eilig diesen Fremdling abfertigend.

Weimar den 6. August 1830.[167]


47/138.


An August von Goethe

[Concept.]

Nachdem wir uns an deinen Tagebüchern bis zum Abschied aus Mailand geletzt und die Freunde damit erfreut, regt mich deine Sendung von Genua aus meiner einsiedlerischen Ruhe, welche bey eingetretener großen Hitze freylich heilsam und ersprießlich ist. Eine gleiche Temperatur mag dir in deinem beweglichen Leben mitunter wohl beschwerlich fallen; doch ist ja in dem nahen Meere Kühlung zu finden, die herrlichen Gegenstände stärken den Geist und eine anhaltende Transpiration wird dir hoffentlich guten körperlichen Vortheil bringen.

Von uns hab ich wenig zu sagen, Frau und Kinder, außer dem herkommlichen Gebrechen, befinden sich munter und thätig; die Aprikosen unter meinen Fenstern sind zur Reife gediehen, die Knaben lassen sich solche schmecken, das Mädchen zieht die Kirschen vor. Die Geschäfte gehen den täglichen Gang, meine Correspondenz, so wie die zum Druck bestimmten Arbeiten, fordern immer mehr Zeit und guten Humor als mir grade zugetheilt ist; doch bleibt nichts stocken wenn es auch nur langsam vorrückt und so kommt doch eins um's andere zum Abschluß. Nach manchen Seiten hin haben sich neue und fruchtbare Verhältnisse aufgethan.

[168] Die Aushängebogen der letzten Lieferung kommen denn auch nach und nach, die Octavausgabe rückt zu und wirst du wohl den Abschluß bey deiner Rückkehr vorfinden. Möge diese für mich wichtige Epoche mit deiner völligen Wiederherstellung zusammentreffen.

Die Herrschaften leben in Belvedere, nach gewohnter Weise, still und anständig; es leitet sich eine Art von Geselligkeit dort ein die sich freundlich ausnimmt und den Menschen wohlthut. Es wird auch nach dir mit Anmuth gefragt, man freut sich über gute Nachrichten.

Die große papierne Reiterfahne von Mailand hängt noch immer im Saale und gibt zu mannichfaltiger Unterhaltung Anlaß. Die deiner Sendung beygefügten landschaftlichen und architektonischen Blätter auf Mailand und die Lombardie überhaupt bezüglich, geben auch gar hübschen Anlaß die Einbildungskraft dorthin zu wenden.

Vorzüglich aber machen mir und Meyern die gesendeten Medaillen große Freude, geben Belehrung und Aussicht. Findest du dergleichen auf deinen Wegen, so versäume nicht sie dir zuzueignen, selbst bey etwas höheren Preisen. Auch scheu dich nicht vor etwaigen Dubletten; bey der Seltenheit solcher Alterthümlichkeiten geben sie zu vortheilhaftem Tausch öfters Gelegenheit. Bey deiner Sendung waren nur dreye und zwar höchst merkwürdig, ich will sehen ob ich Herrn Friedländer in Berlin damit zu unserm Vortheile dienen kann.

[169] Der Genuß der frischen Austern gönn ich dir zwar, doch wünsch ich daß dir keine von den schädlichen möchten angeboten werden. Der Händedruck als Abschied vom Amerikaner war doch auch recht artig, es wird noch manches Erfreuliche begegnen; möge alles Widerwärtige abgewendet bleiben.

Das in diesen Tagen in Paris eingetretene Unheil, kann zwar auf deine Reise keinen weiteren Einfluß haben, da sich aber dadurch die Geister aller Parteien wieder heftiger aufregen, hat man freylich Ursache auf jede Weise vorsichtiger zu seyn.

Weimar den 9. August 1830.


Unsre Freunde und Brüder Freymaurer hatten ausgefunden daß den Tag vor Johannis mein 50jähriges Jubiläum falle; sie haben es mit einem wohlgeschriebenen Documente und mit Gedichten geehrt worauf ich glücklicherweise am Johannisfest selbst eine poetische Erwiderung überreichen konnte. Hier stehe sie zur Erfüllung des Raums.


47/139.


An Johann Peter Eckermann

[Concept.]

Es wäre freundlich gewesen, mein guter Doctor, wenn Sie auch ein Wörtchen Genießens und Behagens, bey so mannichfaltigen bedeutenden Weltscenen, hätten verlauten lassen. Mein Sohn hält sich wacker an[170] seine Tagebücher und macht uns dadurch großes Vergnügen; möge ich, wie noch von Genua, so auch fortan, gemeinsame Theilnahme an so vielem Guten fernerhin vernehmen.

Man bringt mir Briefe und Paquete adressirt an Sie; die ersten laß ich liegen, die zweyten nehm ich aus ihren Couverten mit allem Respect für den Inhalt, den Klagen über allzuschweres Porto auszuweichen. Wir haben wenig zu erzählen, und hätten viel zu sagen, wovon ich nur soviel vermelde, daß die classische Walpurgisnacht zu Stande gekommen, oder vielmehr in's Grenzenlose ausgelaufen ist. Hätten Sie solche noch vor Ihrer Abreise vernommen, so wären Sie vielleicht erstaunt; aber wie kann man den, der aus einer so weiten und großen Welt zurückkommt, noch in Verwunderung setzen.

Ich fahre fort in mancher Art von Mühseligkeit, aber doch behaglich genug. Möge euch dieser belehrende Reisegenuß inniger verbinden, damit ich auch bey eurer Rückkehr von der erworbenen Kenntniß und Thatlust meinen Vortheil ziehe und belohnt werde daß ich, auch für euch und statt eurer, so manche Last übernehme.

Diese lehre Seite will noch benutzen um dem Naturfreunde zu melden daß Herr Rothe bey einer Tour in's Unstrutthal einen Hornkern aufgefunden und eingebracht hat, den Rest eines Urstiers, dergleichen wir kenne aber nicht besitzen, und so wäre denn[171] auch eine sehr schöne Acquisition für dieses Fach eingegangen.

Indem ich nun eben abschließen will und mich bedenke womit noch etwa dieser kleine Raum zu füllen seyn möchte erhalt ich von Petersburg zwey kostbare Metallmassen, eine von gediegenem Gold, die andere von Platina von gleichem Gewicht, beide zusammen 14. Loth schwer. Es ist wohl keine Frage daß dieß wohl jetzt die vorzüglichsten Exemplare unsrer Sammlung sind, und mit diesen guten Aspecten allen freundlichen Dämonen empfohlen.

Weimar den 9. August 1830.


47/140.


An Heinrich Mylius

[Concept.]

Indem ich mir die Freyheit nehme abermals einen Brief an meinen Sohn Denenselben zu adressiren, vermelde zugleich daß ein Kästchen mit Büchern an die Herren Gruners Erben in Lindau so eben abgeht, nebst einem Avisbrief mit Bitte solches Ew. Hochwohlgeboren zukommen zu lassen. Mein Zaudern solche zu übersenden möge dadurch entschuldigt werden: daß ich gewünscht hätte das Ganze auf einmal in Ihren Händen zu sehen; die erste Lieferung besitzen Sie schon längst, gegenwärtig erfolgen 6 Lieferungen, die letzte wird gegen Ende des Jahrs gleichfalls zu Ihnen gelangen können.

[172] Mögen Sie darinne manche human-vaterländische Gesinnung antreffen und in Ihrer reizend einsamen Lage dabey einige Linderung der Trauer finden, welche leider die Gefährtin Ihrer Tage geworden ist; bleiben Sie dabey meines unverbrüchlichen Antheils gewiß.

So wie meinen verpflichteten Dank, für die Gefälligkeiten welche Sie meinem erwiesen haben, dem ich bitte die Inlage nachsenden zu lassen. Seine letzten Briefe von Genua bezeugen daß er, durch Ihre geneigte Empfehlung, überall auf das Beste aufgenommen und in seinen Zwecken gefördert wird.

Weimar den 9. August 1830.


47/141.


An J. M. Gruners Erben

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen: daß mit der heutigen fahrenden Post ein emballirtes Kästchen abgegangen, Sign. H. G. E. Lindenau, enthaltend Bücher, bestimmt für Herrn Heinrich Mylius in Mayland. Dieselben sind auch von seiner Seite schon längst auf die Sendung vorbereitet und ich darf deshalb nur bitten die schon früher mir erwiesene Gefälligkeit zu wiederholen und die Spedition in die Hände meines verehrten Freundes geneigt zu übernehmen.

[173] Der ich, mit Vorbehalt künftiger bescheidener Aufträge, die Ehre habe mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 9. August 1830.


47/142.


An Carl Emil Spiegel von und zu Pickelsheim

Ew. Hochwohlgeboren

würden mir eine besondere Gefälligkeit erzeigen, wenn Sie mir aus großherzoglicher Hofkellerey sechs Flaschen Dry Madeira gegen alsbaldige Bezahlung wollten zukommen lassen. Dieses dankbar anerkennend unterzeichne mich hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar, den 9. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/143.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

die mitgetheilten Bände dankbar zurücksendend, erbitte mir die Ehre auf morgen Mittag zu einem frugalen Familienmahle. Ich würde mich freuen einiges Interessante vorzuweisen so wie denn auch die Tage wichtige Unterhaltungen hervorrufen.

Weimar den 10. August 1830.[174]


47/144.


An Johann Heinrich Meyer

In schuldigster Erwiederung.

1. Der Temps von heut folgt hiebey,

2. auch die Papiere, den Blumen- und Gartenverein betreffend. Der darauf zu erlassende Beschluß will mir nicht ganz gefallen, habe aber ein Besseres noch nicht auszusinnen gewußt; deshalb Verzeihung!

Sie sind, mein theuerster, willkommen und von mancherley merckwürdigem erwartet

treulichst

Weimar d. 10. Aug. 1830.

G.


47/145.


An Friedrich Jacob Soret

Auf diese Weise, mein Theuerster, wäre das was uns bisher verdroß zu Glück geschlagen; Sie konnten noch den ersten Bogen revidiren, zum Vortheil des Ganzen, und wir können das Übrige nun geduldig abwarten.

Ich habe indessen den zweyten Nachtrag von der Wirkung des Büchleins, von der Belebung der Idee und was sich hierauf beziehen möchte, auch schon meist in guter Ordnung und Ausführung; so daß wenn Sie mit demjenigen, was schon in Ihren Händen ist, sich abgefunden haben alsdann keine Stockung eintreten kann.

[175] Ich erinnere mich nicht inwiefern Sie noch vor Ihrer Abreise Kenntniß genommen haben und von dem offenbaren Widerstreit der zwischen Baron Cuvier und Geoffroy de St. Hilaire in der französischen Akademie entstanden ist. Seit beynahe 40 Jahre leben und arbeiten sie neben einander, nicht Eines Sinnes, und sprechen es heftig aus, gerade zu einer Zeit, wo ganz andere Conflicte das Interesse der Menschheit aufrufen. Ich habe, um mein Selbst und der guten Sache willen, einen Aufsatz unternommen, um die Angelegenheit in's Klare zu setzen; es ist dieß schwer, denn beide Parteien streiten gewissermaßen im Dunkeln; ich will sehen ob es mir gelingt das Feld zu erhellen. Es kommt auch wohl eine Zeit zurück, wo man den wissenschaftlichen Angelegenheiten die Aufmerksamkeit wieder gönnen mag.

Ich habe einen muntern Brief von meinem Sohn aus Genua, der sich sehr im Meere gefällt und die unmittelbar gefangenen Austern, wie es scheint, allem übrigen Eßbaren vorzieht. Eckermann, den die Hitze in der Lombardey etwas gedrückt hatte, befindet sich auch wieder wohl und frisch.

Und so lassen wir denn die Franzosen sich wider sich rüsten und gelegentlich todtschlagen. Le Temps und Le Globe cursiren lebhaft, unsre schönen Freundinnen disputiren über die Vorfallenheiten, sind aber darin einig: daß sie als Pariserinnen durchaus Charpie zupfen würden, ohne des Beyspiels der Prinzessin von[176] Orleans zu bedürfen. Blickt man in jenes aufgeregte Nachbarreich, so sieht man wohl daß doch ganz andere Ursache war die Sturmglocke zu ziehen als dort, wo jener überfromme Geistliche dazu eigensinnig Anlaß nahm.

Meine besten Empfehlungen an unsern theuern Prinzen mit dem Wunsch eines erfreulichen Wohlseyns.

Und nun noch eilig von dem für mich sehr erfreulichen Ereigniß, daß ich Stufen gediegenen Goldes und gediegenen Platina, jedes 7 Loth schwer, von Petersburg erhalten habe, die ich dem Freunde vor Augen zu legen wünsche.

treu vereinigt

Weimar den 11. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/146.


An Caroline Sartorius

Im hohen Alter sich umsehen welche Freunde das Schicksal uns in dem auflösenden Laufe der Zeit noch übrig gelassen, und sogar unmittelbar zu vernehmen, daß sie unserer, in alter treuer Liebe, gedenken, ist durchaus das Erwünschteste, was uns begegnen kann. Nehmen Sie, verehrte Frau, meinen freudigen Dank für die würdige Sendung und die begleitenden theuren Worte.

Zu ernsten Betrachtungen gaben mir diese Bände Gelegenheit, indem mir dadurch die Erinnerung unmittelbar[177] aufgeweckt wurde mit welchem Ernst der treffliche Freund sein Leben verwendete, um solche grenzenlose Einzelnheiten zu entwirren und einen unübersehbaren Zustand dem Geiste des Beobachters einigermaßen faßlich zu machen.

Wenn ich Sie beide mit den lieben Ihrigen manchmal, gedankenweis, in jenen freundlichen Gegenden besuchte, wo Sie sich einen alle Behaglichkeit versprechenden Sitz gewählt und erworben hatten; so ist es mir desto schmerzlicher, Sie nun, einsam, in Ihre Wohnung zu Göttingen hingewiesen und daselbst nicht in dem gesundesten Zustande zu denken.

Doch Sie tragen dieß alles übermännlich und sehen dabey aufgerichtet Ihre lieben Kinder wünschenswerth herangewachsen, die Tochter zu unmittelbarer liebevoller Erleichterung, die Söhne wissenschaftlich und thätig vorstrebend.

Möge alles diesen Lieblingen gegönnte Gute auch Ihnen gemüthlich zu Hülfe kommen und eine leidliche Gesundheit Ihnen den Genuß der beschiedenen Tage freundlich vergönnen. Gedenken Sie mein, der auf seine alte Weise fortfährt; träten Sie als wohlwollender Gast, wie sonst, bey mir ein, so würden Sie kaum eine Veränderung finden. Eine paar coolste Gypsbilder mehr, sonst aber das alte Bekannte, an alter bekannter Stelle.

Mein Thun und Wirken der letzten Jahre liegt im Druck offen da, meine Freunde vorzüglich begrüßend[178] und den Unwandelbaren empfehlend; womit den abgeschlossen sey alle herzlichen Segnungen wiederholt hinzufügend.

in treuer Anhänglichkeit

Weimar den 12. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/147.


An Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch die Mittheilung der angestellten Versuche ein besonderes Vergnügen verschafft und ich bin überzeugt, da Sie selbst an diesen Betrachtungen ein wissenschaftliches Interesse nehmen, werden Sie geneigt seyn auch in der Folge durch Beantwortung solcher Fragen mich zu erfreuen und zu belehren. Das nächste Mal, wenn ich das Vergnügen habe Sie zu sprechen, gedencke ich mich darüber weiter zu äußern.

Gegenwärtig übersende ein kurzes Promemoria über einen andern Gegenstand, der mich gleichfalls sehr interessirt; mögen Sie demselben, wie es Ihre Zeit erlaubt, gleichfalls Ihre Aufmerksamkeit schenken, so klärt sich auch wohl ein solches Problem glücklich auf.

Weimar den 14. August 1830.


[Beilage.]

In dem amtlichen Bericht, welcher über die Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in[179] Hei delberg im September 1829 von den damaligen Geschäftsführern, den Herrn Professoren Tiedemann und Gmelin mitgetheilt worden, finde ich seit 66 unter der Rubrik: Geognosie, Herr Geh. Rath v. Leonhard habe von den sogenannten verglasten Burgen in Schottland nähere Kenntniß gegeben.

So wünschenswerth es mir auch gewesen wäre, hievon bestimmter unterrichtet zu werden, so mußte ich doch dessen bisher entbehren und ward um desto mehr aufgeregt, analoge Fälle, die mir zu thätiger geognostischen Zeit vorgekommen, mir und andern wieder in Erinnerung zu bringen. Ich erinnere mich noch gar wohl, daß der nachmalige Bergrath und Vorsteher des Ilmenauer Bergwerks Voigt bey seinen geognostischen Untersuchungen des hiesigen Landes, die er sorgfältig unternahm, auf den Höhen des linken Saalufers an einigen Stellen große Quarzmassen fand, die ihm außer der Regel schienen, weil in dieser Gegend ein anhaltendes Sandsteingebürge, aber keine Gebirgsart gefunden wurde, wozu dergleichen Quarztheile gerechnet werden konnten.

Ich weiß nicht wie lange dieses Gestein problematisch blieb, allein man kam endlich darauf, daß es ursprünglicher Sandstein sey, durch äußere Einwirkung der Atmosphäre und sonst, von außen mit einem Überzug versehen, welchen man wohl dem Fettquarze oder einen Chalcedon ähnlichen Wesen hätte vergleichen können.

[180] In dem Laufe meiner Studien und bey Vermehrung meiner Sammlung erhielt ich aus Polen Geschiebe, unter der Rubrik Grès Chalcedonique welches einzelne abgerundete, außen mit einem chalcedonartigen Überzug versehen Sandsteingeschiebe waren; diese sollten sich im Sande und Gerölle mancher dortigen Gegenden finden, besonders in dem Bezirk Dembink.

Ferner erinnere ich mich gelesen zu haben, daß man in Frankreich die Wände eines alten verlassen Sandsteinbruchs auf diese Weise überzogen gefunden habe; es war in irgend einer Zeitschrift, die ich nicht mehr anzugeben wüßte.

Es finden sich auch in meinen geognostischen Sammlung mehre dergleichen Sandsteinexemplare, die an einer Seite einen solchen Übergang darstellen.

In diesen Betrachtungen ist mir ein Gedanke beygegangen, welchen ich verfolgt wünschte. Der alte Eckthurm in Jena über dem botanischen Garten, der sogenannte Pulverthurm, steht nun so manche Jahre allen atmosphärischen Einwirkungen ausgesetzt, und ich wünschte wohl, daß ein umsichtiger Chemiker und Mineralog denselben genau untersuchte, inwiefern Sonnenschein und Schatten, Wärme und Kälte, Feuchtigkeit aller Art auf das Gestein in der Höhe einwirkt und vielleicht, auf irgend eine Seite, einen solchen chalcedonartigen Überzug hervorgebracht habe?

[181] Wir sprechen nicht mehr von einer Kieselerde, sondern von einer Kieselsäure, und sollte sich diese nicht hier in der Thätigkeit manifestiren? und sollte die Chemie nicht vielleicht ein Mittel finden, irgend einem Sandstein unsrer Nachbarschaft, ohne Feuergewalt, eine so modificirte Oberfläche zu geben?

Weimar den 14. August 1830.

G.


47/148.


An Christian Gottlieb Salomo Wangemann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

nehme mir die Freyheit eine Partie Oculirreiser zu übersenden, mit Bitte solche in Ihrem so wohl eingerichteten Baumgarten zu benutzen. Was diese Apfelsorte besonders interessant macht erklärt nächstens umständlicher; gegenwärtig war es nur zu thun diese Reiser so frisch als möglich in Ihre Hände gelangen zu lassen.

In vorzüglicher Hochachtung.

Weimar den 14. August 1830.


47/149.


An Joseph Sebastian Grüner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vertrauliches Schreiben hat mich, gleich bey der ersten Lesung, ich darf es wohl sagen, mit Betrübniß erfüllt,[182] da ich die Verhältnisse sämmtlich kennend wohl voraussehen mußte daß ich Ihre so ernsten als bedeutenden Wünsche zu fördern nicht im Stande seyn würde. Wäre vielleicht solches unter unserm höchsten seligen Herrn möglich gewesen, welcher, bey seiner entschiedenen Persönlichkeit und vieljähriger Regierungs-Erfahrung auch wohl einmal über manche Bedenklichkeiten hinausgehen mochte; so ist gegenwärtig, da alles in einen geregelten Geschäftsgang eingeleitet ist, von welchem Abweichungen nicht statt finden, für ein solches Gesuch keine günstige Entscheidung zu erwarten.

Die Bedenklichkeiten, die ihm entgegenstehen, mußten mir im ersten Augenblick vor die Gedanken treten; ich wollte mir aber allein nicht vertrauen und erwarten daher die Rückkunft der abwesenden Männer, welchen diese Geschäfte besonders anvertraut sind. Da hatte ich denn zu vernehmen was ich mir schon selbst sagen mußte und leider noch bestimmter und entschiedener als ich mir es ausgesprochen hatte. Sind nun Ew. Wohlgeboren von meiner aufrichtigen Neigung überzeugt so werden Sie empfinden wie Leid es mir seyn muß unser vieljähriges schönes, vertrauliches Verhältniß nicht, auf eine so würdige Weise, krönen und bestätigen zu können. Mehr will ich nicht sagen, als nur den Wunsch hinzufügen daß es Ihnen und den lieben Ihrigen nach Verdienst wohl gehen möge, welches von Zeit zu Zeit zu erfahren mir höchst angenehm seyn würde, da es mir in meinen[183] Jahren Sie wieder zu besuchen wohl schwerlich gelingen möchte.

Indem aber dieses niedergeschrieben wird kann ich mich nicht erwehren jener genußreichen Stunden freudig zu gedenken da wir dem Andalusit auf der Spur zu den wichtigen pseudovulkanischen Stellen gelangten die uns wunderbarsten problematischen Gegenstände finden ließen. Es waren gute Tage, deren Erinnerung uns jetzt noch aufrichten muß.

In vollkommenster Hochachtung.

Weimar den 15. August 1830.


47/150.


An den Baron Barclay de Tolly

[Concept.]

[16. August 1830.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch Übersendung einer von des Herrn Finanzminister Grafen Cancrin Exzellenz mir zugedachten höchst angenehmen Gabe mich zu lebhaftem Dank verpflichtet, welchen ich vorläufig hiedurch schuldigst abstatte, in Hoffnung hier am Orte denselben bey nächster Gelegenheit wiederholt zu versichern.

Beyliegendes Schreiben, die Anerkennung des kostbaren Geschenkes enthaltend, wird eine Kaiserlich Russische verehrliche Gesandtschaft nach Petersburg zu fördern wohl die Geneigtheit haben.

Ingleichen darf ich wohl hoffen des Herrn Gesandten von Schröders Exzellenz gleichfalls angelegentlichst[184] empfohlen zu werden; wie ich denn, verbunden mit allen wohlgesinnten Weimaranern, den Wunsch aussprechen darf Hochdieselben auf das baldigste, und zwar auf längere Zeit als bisher geschehen, verehren zu können.

Der ich in vorzüglichster Hochachtung.

Weimar den 14. August 1830.


47/151.


An den Grafen von Cancrin

[16. August 1830.]

Hochgeboren

Hochverehrter Herr.

Ew. Exzellenz empfunden gewiß, im Augenblick als Hochdieselben mir eine so bedeutende Gabe zudachten, die vollkommene Freude welche mir dadurch würde bereitet werden, und ich darf also die Worte eines verpflichteten Dankes eher mäßigen als sie in ihrer Fülle dem Papier überliefern.

Seit sechzig Jahren den Naturwissenschaften, besonders eifrigst der Mineralogie und Geognosie, bescheidentlich der Geologie ergeben, sammelte ich manches Bedeutende um durch stufenweis wachsende Kenntniß einer fortschreitenden Bildung theilhaft zu werden.

Nun will ich gerne gestehen daß die wichtigen Entdeckungen unschätzbarer Ausbeute in dem so ergiebigen[185] russischen Reiche meine ganze Aufmerksamkeit erregten, und daß, je mehr Kenntnisse mir davon zukamen, ich desto mehr mir auch den Besitz einiger Musterstücke wünschte, um durch unmittelbare Beschauung, gleichsam ein innigeres Gewahrwerden, eine gewisse Annäherung an diese bedeutende Naturerscheinungen zu gewinnen.

Ew. Hochgeboren machen mich geneigtest dieses Wunsches zu meiner Überraschung theilhaft, und wenn ich dabey denken darf Ihro Majestät der Kaiser haben auch nur einen Augenblick sich meiner erinnert, so werden mir jene glücklichen Stunden wieder lebhaft vorgeführt, in denen ich das Glück hatte das Allerhöchste Paar in meinem kleinen Gartenraum zu verehren; da mir denn die trennenden Fernen des Raums und der Zeit vor der Einbildungskraft in dem Gefühl wieder zusammengerückt werden.

Nun aber sey ich wohl daß ich mich in's Kurze zu fassen habe, und so versichere ich denn auf das ausdrücklichste, wie die mir gegönnten theuren Pfänder, die meiner wiederholten Ansicht als Wunder der Natur erscheinen, mir auch als Symbol allerhöchster Gnade und wünschenswerthester Gunst gelten müssen.

Vorgesagtes möchte ich nun gar zu gern im Laufe des Schreibens als Text einer weiter auszuführenden Anerkennung behandelt, jedoch bescheid ich mich hier zu schließen und Ew. Exzellenz für den Rest meines Lebens mich andringlichst zu empfehlen, nicht weniger[186] auch zu versichern, daß ich den Antheil, welchen Hochdieselben meinen Arbeiten Schenken wollen, mit innigstem Gefühl aufzunehmen und mich daran zu stärken wisse.

Verehrend

Ew. Exzellenz

ganz gehorsamster Diener

Weimar d. 15. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/152.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

[Mitte August 1830.]

Ew. Kaiserlichen Hoheit fühle mich durch gnädigste Mittheilung der hiebey zurückkommenden Bände auf's neue zu lebhaftestem Dank verpflichtet, indem ich dadurch in den Stand gesetzt werde im Einzelnen genau und ausführlich einzusehen, was ich im allgemeinen schon wissen und vermuthen konnte.

Sey mir gegönnt bey dieser Gelegenheit schriftlich auszudrucken was man, wenn es auch auf der Zunge, mündlich zu äußern Anstand nimmt. Über 50 Jahre bin ich dem Fürsten, dem hohen Hause, dem Lande angehörig und habe so manches gelingen und mißlingen sehen durch Verdienst und Schuld der Personen wie auch durch Einwirkung höherer Gewalten, dabey hat es mir nie an treuem Einwirken und an ernsten Wünschen gefehlt, deren Erfüllung[187] ich nun mit einiger Freude vor mir sehe. Einsicht und Übersicht, thätige Besonnenheit, reine Beharrlichkeit und wie viel andere treffliche Eigenschaften seh ich nicht wirksam zu klarsten edelsten Zwecken und genieße auf solche Weise eines Glücks, welches wohl selten einem Men schen zu Theil wird.

Hiezu füge nur noch den Wunsch, Ew. Kaiserliche Hoheit mögen einen ungestörten Genuß des glücklichen Gelingens Selbstempfinden, dessen sich alles Unternommene zunächst schon jetzt erfreut und sich in unausbleiblicher Steigerung zunächst erweisen wird; wobey mir die Hoffnung bleiben möge, nach Kräften in einem so herrlichen Kreise auch fernerhin mitwirken zu dürfen.


47/153.


An August von Goethe

[Concept.]

[19. August 1830.]

Um dir eine Brief nach Florenz zu senden ergreife ich selbst die Feder, da ich noch zaudere von dem Unfall andre zu benachrichtigen. Es ist die ängstlichste Beschäftigung der Einbildungskraft sich dahin versetzen zu wollen wo sie Hülfe nöthig findet, wenn sie sich zugleich von ihren völligen Ohnmacht zu überzeugen hat.

Wie du bisher deine Reise wacker nutztest so trägst du nun männlich das höchst unangenehme Ereigniß; möge in dem Augenblick da ich dies schreibe die[188] Besserung schon glücklich vorgeschritten seyn. Nun aber zu dem weitern. Ich billige deinen Vorsatz. Florenz und Bologna sodann München werden dir noch zu schaffen machen, den Ernst der Kunst wirst du an jenen beyden Orten erst gewahr werden, in der letzten eine eigene Lebhaftigkeit des Wirkens. Behandle das alles was du gewahr wirst wie bisher, so kanns nicht fehlen daß du wohl ausgestattet zurückkehrst. Mögest du alsdann an dem seligen Frieden unsers Hauses, wie wir ihn jetzt genießen, ganz hergestellt mit Liebe und Freude Theil nehmen.


47/154.


An Friedrich Theodor von Müller

Die wohlgerathenen Strophen zu dem glücklich ersonnenen Festspiel sende dankbar zurück, sie sind den Umständen ganz gemäß und glücklich.

Zugleich folgt das Musterblatt, das in Handschrift, Vortrag und Gesinnung wirklich von einem musterhaften Manne zeugt. Grüßen Sie unsern Rochlitz gelegentlich zum allerschönsten.

Wollten Sie nicht die letzte Seite dieses Briefs, abschriftlich unsrer gnädigsten Frau mittheilen; sie ist im eigentlichen Sinne klassisch d.h. für jetzt und für alle Zeit vollkommen gültig. Aus dem Briefe unsres theuren Grafen ergibt sich, was zu vermuthen war, daß er den Ausgang jener großen Irrsale[189] vorausgesehen; wäre nicht ein Wort weggerissen, so würde dieß noch deutlicher erscheinen.

Die letzten Briefe meines Sohnes habe nicht in Händen, sollen aber bald erfolgen. Manches Andere mündlich.

treu theilnehmend

Weimar den 20. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/155.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Die an mich gelangte Frage, mein Theuerster, setzt mich in einige Verlegenheit; wie ich die Sache auch nehme, so dächt ich man bliebe bey dem Einfachsten und kündigte an:

Götz von Berlichingen

Trauerspiel in fünf Acten

von Goethe.

Das Stück hat so viele Metamorphosen erlitten daß ich selbst nicht wüßte wie man die gegenwärtige besonders auszeichnen sollte.

Was die Anzeige der Personen auf dem Zettel betrifft, so war die Art, wie solche bey uns zum erstenmal geschehen, als das Stück auch im Ganzen aufgeführt wurde, zweckmäßig einleitend und dem Verständniß nachhelfend; die alten Zettel sind ja bey dem Hofmarschallamte vorräthig und es fragt sich ob man nicht jetzt auch Gebrauch davon machen wolle.

Mit den besten Wünschen eines guten Gelingens

Weimar den 24. August 1830.

J. W. v. Goethe.[190]


47/156.


An Friedrich Jacob Soret

Herr Frommann meldet mir, theuerster Mann, daß endlich die nöthigen Anordnungen von Stuttgart eingelaufen sind, wornach unser Geschäft fortgesetzt werden kann. Wir wollen suchen das Versäumte wieder einzuholen.

Deshalb sende denn sogleich das ganze Manuscript; ich habe einiges mit Bleystift beygeschrieben, beurtheilen Sie solches und machen Sie nach Gefallen davon Gebrauch.

Die Revision des Französischen sey Ihnen ganz überlassen, wir wollen dagegen das Deutsche sorgfältig durchsehen und die Angelegenheit wird dadurch gefördert, besonders da die trüben am Orte sind. Es wäre gar nicht nöthig den von Ihnen revidirten Bogen herüber zu senden; kommen Sie wieder zurück, so läßt sich das Weitere verabreden.

Herr Frommann wird anfragen wie viel Freyexemplare Sie verlangen. Ich nehme 12, sechs Velin und sechs ordinair Papier; brauchen Sie aber wegen Ihrer Verhältnisse mehr so genieren Sie sich ja nicht.

Soviel für heute; haben Sie sonst noch etwas zu bemerken, so erbitte mir's nächstens.

Die akademisch-französische, durch das politische Interesse jetzt so übertäubte Streitigkeit, fährt fort mich zu interessiren; das Ereigniß ist für die Wissenschaft[191] bedeutender als man denken möchte. Nun wird jedoch dabey nach allen Seiten hin gewiesen und es ist keine geringe Aufgabe, sich dergastalt zu rüsten daß man wagen dürfte sich drein zu mischen. Auf alle Fälle jedoch macht es mir Vergnügen eine so wichtige Angelegenheit wieder aufzunehmen, vor der ich mich, aufrichtig zu sagen, bisher gescheut habe.

Empfehlen Sie mich Ihrem werthen Zögling auf's allerbeste, gedenken mein und erfüllen bald die Hoffnung fröhlicher Zusammenkunft.

treu verpflichtet

Weimar den 25. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/157.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

danke zum schönsten für die erwünschte Nachricht daß unser Geschäft nunmehr vorwärts gehen kann und bemerke Folgendes:

1) Ich würde mich mit 6 Velin und 6 ordinair Papier begnügen.

2) Fragen Sie bey Herrn Hofrath Soret an, ob er vielleicht, bey seiner ausgebreiteten Bekanntschaft in diesem Fache, mehr zu erhalten wünsche.

3) Was die Revision betrifft so würden Sie Herrn Hofrath Soret einen Abdruck geben, so lange er in Jena ist, und wir würden uns bey seinen Verbesserungen beruhigen.

[192] 4) Senden Sie uns zwey Exemplare und wir werden uns des deutschen Textes annehmen.

5) Kommt Herr Hofrath Soret herüber, so ist die Sache zu arrangiren gleichfalls leicht.

6) Herrn Hofrath Soret übersende mit den heutigen Boten das ganze Manuscript da er vielleicht noch vor dem Druck daran etwas verbessern möchte. Sie erhalten also, nach seinem Entschluß, entweder theilweise das Nöthige, oder auch wohl das Ganze.

7) Für die Folge ist auch schon gesorgt.

8) Ich wünsche übrigens daß die Exemplare durchaus anständig geheftet würden wie die französischen sind, mit einem etwas gefütterten Umschlag. Über die äußere Verzierung desselben ließe sich wohl noch Rücksprache nehmen. Doch Sie kennen ja, dieß alles zu arrangiren, die besten Mittel.

Doppelte Aushängebogen mir auch in diesem Fall erbittend.

Mich den lieben Ihrigen zum allerschönsten empfehlend.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 25. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/158.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Allerdings war es ein Versehen daß hier nicht bemerkt worden, die Ausführlichere Schilderung von[193] Neapels Volksleben sey schon in den Reise-Notizen benutzt; Ew. Wohlgeboren werden daher ganz recht verfahren wenn Sie gedachte Stellen aus dem gegenwärtigen Bande weglassen und dadurch den Mißstand einer solchen Wiederholung vermeiden.

In Erwartung der angekündigten Fortsetzung vermelde Obiges nur kürzlich und Empfehle mich unter den besten Wünschen zu fernerem geneigtem Andenken.

Weimar den 27. August 1830.


47/159.


An Caroline von Wolzogen

Es thut mir herzlich leid, die verehrte Freundin heute nicht bey mir sehen zu können, da ich eben in dem wunderbarsten Geschäft befangen bin, mit einem durchreisenden Freunde naturphilosophisch-physikalische Betrachtungen anzustellen, die ich weder abbrechen noch unterbrechen darf. Möge mir bald das Glück Ihrer Gegenwart bescheert seyn.

Treu angehörig

Weimar den 27. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/160.


An Julius Eduard Hitzig

Möge beykommendes meine fortwährende stille Theilnahme an den ernsten Vorsätzen und Bestrebungen unsrer edlen Gesellschaft melden und bewähren. Was[194] kann mich mehr vergnügen, als wenn ich jene Überzeugungen, die ich für den schönsten Gewinn des Lebens halte, muthig fortwirken sehe. Empfehlen Sie mich Ihrem werthen Kreise und lassen mich erfahren, daß mein treues Wünschen und Wollen Ihre unermüdete Thätigkeit begleitend seine lebendig glücklichen Folgen gehabt habe.

Hoffend wie vertrauend,

Verpflichtet angehörig.

Weimar, den 28. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/161.


An Johann Gottlob von Quandt

Mit Ew. Hochwohlgeboren habe ich freylich zu bedauern, daß die zu so edlen Zwecken verwilligten Gelder von dem rechten Ziele auch wohl mitunter abgelenkt werden sollen. Ihre reinen Gesinnungen, theurer Mann, auf einen festen Charakter gegründet, werden gewiß auch zu Beruhigung aller Theilnehmer in diesem Falle wie in andern das wahrhaft Nützliche und Gehörige geltend zu machen wissen.

Noch zwey Actionärs bitte für dieses Jahr 1830 mit aufzunehemen:

Frau Hofräthin Voigt geb. von Loewenich in Jena

und

Herrn Hofmedicus Huschke,

für welche ich mich Loose und in der Folge Quittung[195] erbitte; unsre Zahlungen erfolgen im Spätjahr wie die vorigen Male.

Das Gemälde unsres Kaiser würde, dächt ich, billigermaßen mit hundert Thalern sächsisch zu honoriren seyn; die verwilligte Summe bitte mir zu übermachen, da ich mit dem jungen Künstler, wie mit andern, in Vorschuß und Berechnung stehe. Das Geld könnte durch die fahrende Post, unfrankirt, an mich gelangen.

Sowohl in eignen, als gemeinschaftlichen Geschäften die beste Förderniß und den so sehr verdienten Erfolg anwünschend, wie auch die Zunahme körperlichen Wohlbefindens, und mich in vorzüglichster Hochachtung unterzeichnend

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 28. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/162.


An Christian Parish und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende, dankbar für die bisherigen höchst sorgfältig spedirten Sendungen, abermals in Kästchen für Herrn Thomas Carlyle in Craigenputtoch in der Grafschaft Dumfries in Schottland bestimmt mit Bitte solches gleichfalls sicher dahin gelangen zu lassen.

Da meine frühere Schuld, wie man mir vorgelegt, dankbar abgetragen worden, so bitte gefällig seiner[196] Zeit was ich auf's neue schuldig werde anzuzeigen, da denn auch dasselbe sogleich berichtigt werden soll.

Mich fernerem geneigten Andenken bestens Empfehlend.

Weimar den 29. August 1830.


47/163.


An Heinrich Wilmans

[Concept.]

[29. August 1830.]

Ew. Wohlgeboren

habe ich mit den Freunden des Herrn Carlyle den schönsten Dank zu sagen und uns allen Glück zu wünschen, daß ein bisher durch mancherlei Umstände verzögertes Werk durch Ihre Sorgfalt endlich in einer Gestalt erscheint, welche den Inhalt empfiehlt und für das Publicum etwas anziehendes haben muß. So verpflichten Sie denn auch den Autor und Übersetzer durch die Aufmerksamkeit womit Sie die Vollendung herbeyführten.

Auch werden, so wie ich, die verbundenen Theilnehmer den Einband überraschend finden, der sich als musterhaft überall wird zeigen dürfen.

Möchten Sie mir noch einige geheftete Exemplare zuwenden, so würde ich mich der angenehmen Pflicht entledigen können, auch die freundlichen Künstler, die mir durch Zeichnungen beygestanden, auf eine willkommene Weise zu befriedigen.

[197] Mit Bedauern vernahm ich zugleich mit jener erwünschten Sendung den doppelten Unfall der Sie in zwischen betroffen. Möge eine fortgesetzte, durch Erfolg würdig belohnte Thätigkeit Linderung und Trost gewähren.


47/164.


An den Ernst Christian August von Gersdorff

[Concept.]

Indem ich Beykommendes Ew. Exzellenz wohlwollender Einwirkung zu empfehlen mich bereite, habe für die gestrigen Mittheilung verpflichtet zu danken, die ich nur, um sie abschreiben zu lassen, noch bey mir behalte.

Allerdings geben die Notizen des Herrn v. Piquot gute Hoffnung. Denn da man, bey Einsetzung der Bourbonen, die eignen Interessen gar wohl zu fördern und zu sichern verstand, so ist nicht abzusehen warum man die Orléans, wenn sie sich dessen bescheiden, nicht auch wollte gewähren lassen.

Wie wichtig mir in so bedeutender Zeit ähnlich Mittheilung und Äußerungen seyn mußten darf derjenige nicht betheuern, der sich in verehrender Anhänglichkeit getrost unterzeichne.

Weimar den 30. August 1830.[198]


47/165.


An Ernst Christian August von Gersdorff

[Concept.]

Ew. Exzellenz

vergönnen geneigt einen kurzen Vortrag mit bescheidener Bitte.

Mein Sohn hatte, wie er mir in verschiedenen Briefen gemeldet, seinen Reiseplan dergestalt eingerichtet und etwa zur Hälfte durchgeführt, daß er mit Verlauf seines Urlaubs, Ende Octobers, wieder hier einzutreffen und sich in seinen Geschäften wieder schuldig einzufinden hoffen konnte. Leider wurde er aber, zwischen Genua und Spezzia, von einem Unfall betroffen, der ihn am letzten Orte über vier Wochen zu verweilen nöthigte, von da er nun, nach Verordnung des dortigen Arztes, zu völliger Wiederherstellung die Bäder zu gebrauchen, wahrscheinlich nach Pisa abgereist ist.

Auf diese unwillkürliche Verspätung sich beziehend, glaubt er Ew. Excellenz Geneigtheit ansprechen und den Wunsch ausdrücken zu dürfen: es möge Hochdenenselben gefällig seyn eine Verlängerung seines Urlaubs, etwa bis zu Ende des Jahrs, zu bewirken, da er denn hofft, bey glücklicher Rückkehr, die erworbenen Kenntnisse, in seinen nur desto eifriger angegriffenen Dienstgeschäften unter günstiger Anleitung seines hohen Vorgesetzten zweckmäßig anwenden zu können.

[199] Der ich, meine Bitte den seinigen hinzufügend, mich in Vertrauen und Verehrung zu unterzeichnen mir zum Glück schätze.

Weimar den 30. August 1830.


47/166.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

angenehme Sendung schließt sich an das mannichfaltige Gute was mir, auch dießmal, zu meinem Geburtstage geworden ist. Ich habe dafür um desto lebhafter Dank zu sagen als ich mir wirklich eine griechische Münze besonders gewünscht und die mexicanische mich wirklich überraschte. Haben Sie die Güte in ähnlichen Fällen meiner zu gedenken. Sollten Sie mir durch Ihren Herrn Sohn, zu dessen guter Stellung in der fernen Welt ich Glück zu wünschen habe, eine Stufe gediegenen Silbers, aus den ehemaligen Bergwerk von Potosi oder sonst, etwa an Werth einer halben cölnischen Mark, um billigen Preis verschaffen können, so würde ich dadurch mich verpflichtet fühlen. Es kann nicht fehlen daß in Kabinetten, vielleicht auch im Handel, noch dergleichen, von früheren Zeiten anzutreffen und einem thätigen Freunde zugänglich seyn möchte. Man hat mich von Petersburg aus in diesen Tagen mit zwey bedeutenden gediegenen Stufen von Gold und Platina höchlich erfreut, eine dritte aus[200] jenem Welttheil dazwischen liegen zu sehen, würde seiner Zeit mir ein angenehmer und belehren der Anblick seyn.

Die übersendeten Blättchen kehren, nach Verlangen mit wenigen Worten und Ziffern bezeichnet zurück, und ich darf hoffen daß die übrigen Beylagen in demselbigen Sinne nicht unwillkommen seyn werden.

Auch mir, in meinen hohen Jahren, erregen die neusten Begebenheiten Antheil und Nachdenken; ich sehe so manche Jahre dem Gang der Gesinnungen und der Thaten zu und ich muß mich freuen das Wünschenswerthe immermehr durchdringen zu sehen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 31. August 1830.

J. W. v. Goethe.


47/167.


An Friedrich Theodor von Müller

Da, durch Serenissimi Gnade, der Urlaub meines Sohns bis zu Ende des Jahrs verlängert worden, dürfte nun wohl Ew. Hochwohlgeboren an jenes Document erinnern, welches wir früher besprochen; durch dessen Vollziehung mein Lebensgang diese Monate hin desto beruhigter und sicherer sich bewegen würde. Je eher dieß vollbracht werden könnte, desto dankbarer würde ich es anerkennen.

Dann möchte es denn auch wohl schicklich und freundlich seyn den hiesigen, wie den Frankfurter[201] feyernden Freunde etwas freundlich Erwiderndes zu erweisen. Finden Sie beykommendes lakonische Blättchen hinreichend, so wollte ich es zweymal eigenhändig schreiben und, zu weiterer geneigten Beförderung, bescheidentlich übergeben.

treu verpflichtet

W. d. 31. Aug. 1830.

J. W. v. Goethe.


47/168.


An Friedrich Theodor von Müller

[31. August 1830.]

Nicht zaudern will ich, hiermit anzumelden, daß Herr Professor Deinhardstein, Censor und erster Redacteur der Wiener Jahrbücher, bey uns angelangt ist. Seine Zwecke kennen wir und wir werden wohl thun wenn wir ihm auf das freundlichste begegnen. Ich habe ihn auf heute Abend zum Thee bey meiner Frau Tochter eingeladen, Riemer wird kommen und Sie werden uns beyzutreten die Gefälligkeit haben. Sonstiges wird zu bereden seyn. Soviel nur vorläufig.

So eben denk ich, ob es nicht artig wäre ihn heute Abend, anstatt ihn an die Theemaschine zu bannen, auf's Vogelschießen zu bringen. Ich habe ihm sechs Uhr als den Termin seines Wiedersehens bezeichnet, und da wären gerade noch ein paar Stunden bey zu hoffendem leidlichen Wetter draußen angenehm[202] zuzubringen. Mein Wagen würde bereit stehen, eine sich anschließende Gesellschaft würde sich wohl finden.

Geneigter Erwiderung

entgegensehend

J. W. v. Goethe.


47/169.


An Friedrich Theodor von Müller

Hiebey an die alt- und neuvaterstädtischen Freunde das Gedicht, wie es werden wollte, zu gefälliger und empfehlender Bestellung. Vielleicht sind einige Fac Simile's bey dieser Gelegenheit nicht unangenehm. Zugleich übersende Herrn v. Gagern wichtiges Werk zurück, muß mir es aber zunächst wieder ausbitten weil ich mein Interesse nicht so herumsenden darf, wie wohl die Jüngeren. Es liegt mir manches Unausweichliche zu thun ob, deswegen ich mir oft versagen muß das Vorzügliche zu betrachten.

Zu fernerer Geneigtheit mich angelegentlich empfehlend.

J. W. v. Goethe.

Weimar den 2. September 1830.


47/170.


An Frau von Münchhausen

[Concept.]

Könnten Sie, theuerste Freundin, sich recht deutlich vorstellen, welche vergnügliche Überraschung ich bey Ihrem schriftlichen Zuspruch empfunden, so würden[203] Sie nicht zweifeln daß jedesmaliges persönliches Eintreten mir die angenehmsten Augenblicke gewähre. Mögen doch die Umstände öfter als bisher eine Tour nach Weimar begünstigen; wie ich denn auch Ihren Herrn Gemahl, dem ich mich bestens zu empfehlen bitte, aufrichtig und dringend ersuche, derselbe möge, wenn ihn irgend ein Geschäft nach Weimar führt, auch unangemeldet mit unserm Familientisch vorlieb nehmen wo es uns immer zur Freude gereichen wird das Beste von Herrengosserstedt zu vernehmen. Erhalten Sie mein Andenken in Ihrem werthen Kreise und bleiben versichert daß ich wie immer, in treuster Anhänglichkeit verharren werde.

Weimar den 2. September 1830.


47/171.


An Ernst Christian August von Gersdorff

Ew. Exzellenz

verzeihen die etwas verspätete Rücksendung der bedeutenden Papiere und genehmigen die Bitte: mir von ähnlichen Ereignissen und Gesinnungen, in diesen bewegten Tagen, fernerhin geneigte Kenntniß zu geben.

Erlauben Hochdieselben, zugleich mit dem verpflichteten Danke für den so schleunig bewirkten Urlaub meines abwesenden Sohnes, die Meldung: daß er den 19. August, nach vollendeter Heilung, von Spezia entlassen worden. Er hatte das Glück von[204] einem sehr geschickten chirurgischen Arzte behandelt zu werden. Da er denn seinen Weg nach Livorno fortzusetzen in Begriff stand.

Er suchte sich seinen Aufenthalt so nützlich als möglich zu machen, und es gelang ihm, durch Empfehlungen, das Haus der Quarantäne zu besuchen und durchaus in Augenschein zu nehmen; hier und möchte es wohl Ew. Exzellenz ein lächeln abgewinnen, daß er das Zimmer betrat in welchem Herr v. Müffling 35 Tage, bey seiner Rückkehr von dem tüchtigsten Geschäft, zu verweilen hatte, da er denn freylich, bey Vergleichung seines eignen Schicksals, sich noch immer gewissermaßen im Vortheil befand.

Verzeihen Ew. Excellenz diese Mittheilungen, sie geschehen in dem Augenblick der erhaltenen günstigen Nachricht. Mich und das Meinige zu ferneren Hulden und Gunsten empfehlend

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 3. September 1830.

J. W. v. Goethe.


47/172.


An Carl Wilhelm Göttling

[Concept.]

[4. September 1830?]

Fast hätt ich, mein Theuerster, in Eil und Zerstreuung, vergessen Sie zu ersuchen: mir das angekündigte alte Manuscript, wohl eingepackt, zu übersenden,[205] zugleich auch einen billigen letzten preis, in rheinischen Gulden, hinzuzufügen. Der kleine Handel wird schnell abgeschlossen seyn. Dank für die Sorgfalt.


47/173.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

werden das von Berlin angekommene Paquet gefällig eröffnen, weil es allerdings für das botanische Museum bestimmt ist, solches durchsehend, über den Werth desselben Ihr einsichtiges Sentiment anher eröffnen. Das Nähere deshalb in der Folge, damit beykommendes nicht liegen bleibe.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 4. September 1830.


47/174.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende mit vielem Dank den anvertrauten würdigen Aufsatz zurück. Ich habe, bey dessen Lesung, einer schönen freyen Übersicht genossen des herrlichen Feldes, in welchem Sie so glücklich arbeiten. Möge das bedeutende, weitumfassende Unternehmen zum glücklichsten gelingen!

[206] Zugleich sende ein kleines nur allzulange bey mir verweilendes Heft zurück.

Nun möcht ich noch eine Frage zu geneigter Beantwortung vorlegen. Wann, und durch welche Veranlassung, ist der Beyname amphicarpus aufgekommen? ich kenne bis jetzt nur Lathyrus, Vicia und Milium damit bezeichnet. Soviel ich mir erklären kann, soll er heißen: um die Frucht, um das Samenkorn thue sich eine unregelmäßige Fructification hervor, welche nicht erst den ganzen Gang der geregelten Metamorphose zu durchlaufen braucht um den Kreis der Vegetation abzuschließen. Da nach meiner Ansicht diese Erscheinung weiter deutet, so würde ich mir hierüber nähere Auskunft erbitten; zugleich ob in dem botanischen ausgedehnten Kreise noch andere Pflanzen Beynamen führen?

Hiezu füge noch den Wunsch: Ew. Wohlgeboren möchten mir die verschiedenen monstrosen Zweige der aus Äsche sich entwickelnd Bischofsstäbe und sonstige andere Verbreitungen durch die Boten gefällig hierüber senden. Ich habe einige höchst merkwürdige Erscheinungen dieser Art erhalten und zeichnen lassen und würde jene hinzufügen.

Alles Briefliche und sonst zu versiglende würde künftig durch die Post gehen.

Das Beste wünschend und mich fernerer Geneigtheit angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 4. September 1830.[207]


47/175.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Beykommendes bitte mit gewohnter freundlicher Aufmerksamkeit durchzusehen indem ich es als Novissimum nun bald nach Berlin abzusenden denke.

Das Beste wünschend und schönstens grüßend

Weimar den 5. September 1830.

G.


47/176.


An Johann Friedrich Gille

Beykommender Brief, ohne Aufschrift, noch von Mailand gesendet und erst jetzt angekommen, möchte wohl an Ew. Wohlgeboren gerichtet seyn, deshalb ich denselben zur weiteren Disposition hiermit, schönstens grüßend, übersende.

Weimar den 5. September 1830.

J. W. v. Goethe.


47/177.


An Ernst Christian August von Gersdorff

Excellenz

Hätt ich mich nicht schon durchaus überzeugen können, daß Ew. Excellenz Thätigkeit Ihrem Wohlwollen völlig gleich sey, so würden mich die wiederholten Sendung beschämen; so aber darf ich wohl die Bitte wagen damit geneigtest fortzufahren.

[208] Besonders da auch in unserer Nähe sich Bewegungen ereignen, welche nur in stumpfer Überlieferung zu mir kommen; dagegen denn nichts wünschenswerther wäre, als solche Ereignisse, zuverlässig und mit einsichtigen Bemerkung begleitet, zu erhalten.

Verehrend wie vertrauend

Ew. Excellenz

ganz gehorsamst

Diener

Weimar den 7. September 1830.

J. W. v. Goethe.


47/178.


An Sulpiz Boisserée

Heute nur wenige Worte, auszusprechen meinen besten Dank für die zwey lieben Briefe und die Sendungen des schönen braunen Papiers.

Der Kassier ist beordert die beiden übersendeten Rechnungen zu bezahlen, welches er dann alsobald ausrichten wird. Alles Übrige nächstens.

Auf die leere Seite laß ich eine Parabel setzen, welche Neureuthern zu übergeben bitte. Ich hätte längst eine Zeichnung von ihm gewünscht, kann er diesem Gedicht, nach seiner Weise, etwas abgewinnen, so würde mir es sehr angenehm seyn wenn er mir damit noch ein Andenken zueignen wollte. Wir haben so eben Gelegenheit genommen, seines Talentes rühmlich zu gedenken, wie es denn auch wohl, früher oder später, zu ihm gelangen wird. Doch für heute nicht[209] weiter; leben Sie recht wohl und grüßen Hausgenossen und Freunde.

treu angehörig

Weimar den 7. September 1830.

J. W. v. Goethe.


Fast hätt ich, mein Theuerster, in Eil und Zerstreuung vergessen, Sie zu ersuchen: mir das Angekündigte alte Manuscript, wohleingepackt, zu übersenden, zugleich auch einen billigen letzten Preis, in rheinschen Gulden, hinzuzufügen. Der kleine Handel wird schnell abgeschlossen seyn. Dank für die Sorgfalt.

wie oben und immer

G.


Parabel.

Ich trat in meine Gartenthür,

Drey Freunde kamen, auch wohl vier,

Ich bat sie höflich zu mir ein,

Und sagte sie sollten willkommen seyn.

Da in der Mitte, im heitern Saal

Stünd grade ein hübsches Frühstücksmahl.

Wollte jedem der Garten wohl gefallen,

Darin nach seiner Art zu wollen.

Der eine schlich in dichte Lauben,

Der andere kletterte nach Trauben,

Sein Bruder nach hohen Äpfeln schielt,

Die er für ganz vortrefflich hielt.

Ich sagte: die stünden alle frisch,

Zusammen drinne, auf runden Tisch,

[210] Und wären ihnen gar schön empfohlen.

Sie aber wollten sie selber holen.

Auch war der Letzte wie eine Maus,

Ich glaube zur Hinterthür hinaus;

Ich aber ging zum Saal hinein,

Verzehrte mein Frühstück ganz allein.


47/179.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Verzeihung wenn ich nothgedrungen behellige. Da es gegen das Ende geht so wollen die Augsburger auch mit der Octavausgabe schnell vorrucken und dringen daher auf baldige Sendung der corrigirten kleinen Ausgabe; deswegen das in Händen habende Bändchen gefällig zu beachten.

Das Beste wünschend.

G.

Weimar den 8. September 1830.


47/180.


An Wilhelm Reichel

Wie unsre Angelegenheit nach Ew. Wohlgeboren letzten geneigten Bemerkungen stehen, so ist wohl kein ander Mittel aus der Sache zu kommen, als das ganze fünfte und sechste Fragment herauszulassen und mit dem 7tem vorzurücken.

Das in Kupfer gestochene Bild von Myrons Kuh bliebe weg, da die Münze, worauf man sich bezieht, dem Kenner bekannt ist und den übrigen Lesern weniger daran gelegen seyn möchte. Wie wir uns ja überhaupt,[211] wo es auch allenfalls hätte nöthig scheinen können, in bildliche Darstellung nicht eingelassen habe.

Soviel, mit Zurücksendung der abgedruckten Bogen.

Alles Angekündigte ist richtig angekommen. Die revidirten Bändchen der letzten Lieferung werden zunächst abgehen. Mit Wunsch und Dank auch dießmal schließend.

ergebenst

Weimar den 9. September 1830.

J. W. v. Goethe.


47/181.


An Ernst Christian August von Gersdorff

Excellenz

Jemehr sich diese wundersamen Ereignisse verwickeln und das in Frankreich entzündete Feuer sich, nicht sowohl verbreitet als verderblich überspringt; erwehr ich mich nicht der Erinnerung an jene, wie es damals schien, frevelhafte Äußerung Cannings, welche doch dahin deutete: es komme nur auf eine Anregung an, so wäre der ganze Norden in Revolution gesetzt.

Dieß alles bedenkend habe ich immer mehr die Geneigtheit zu verehren womit Hochdieselben mich mit dem Augenblick so einsichtig bekannt machen wollen.

Verpflichtet, angehörig,

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster

Diener

Weimar 9. September 1830.

J. W. v. Goethe.[212]


47/182.


An Carl August Varnhagen von Ense

Ew. Hochwohlgeboren

danke verpflichtet für die angenehmen Augenblicke welche mir die Gegenwart der fürstlich Carolathischen Familie verschafft hat. Freylich hätte man gewünscht daß, bey längerer Unterhaltung, sich ein zutrauliches Verhältniß mehr hätte entwickeln können; aber auch dieß war hinreichend den vortrefflichen Personen Verehrung und Neigung widmen zu können.

Herr v. Hennings hat mir, bey freundlicher Gegenwart, die böhmischen Acten wieder zugestellt. Die guten Prager mußten sich, wegen Mangel an Absatz, zusammenziehen. Es wird den Berliner Freunden nicht unangenehm seyn, wenn man am Ende des Jahrs der vier Stücke gedenkt, mit denen sie aufgetreten sind.

Auch hat Herr v. Hennings, wie es wohl durch mündliche Unterhaltung zu geschehen pflegt, mir Muth gemacht Ihren Jahrbüchern wieder einen Beytrag zuzudenken, ja ihm gleich einen angefangenen Aufsatz zu übergeben. Der Fall ist merkwürdig, und ich konnte nicht unterlassen mich selbst darüber aufzuklären, weil er bedeutende Folgen haben wird und muß.

Fänden Sie bedenken meinen Aufsatz abzudrucken, so haben Sie die Güte mir solchen zurückzusenden. Mögen Sie ihn aufnehmen, so folgt die Fortsetzung[213] mit der Zeit. Diese Bogen waren Anfangs Juli niedergeschrieben, das Ende des Monats machte freylich eine gewaltsame Diversion, man muß ein wenig zusehen bis das Wissenschaftliche sich dorrt wieder regt; denn, da wir Deutsche bey dieser Gelegenheit im Vortheil sind, dürfen wir die Absicht dorthin zu wirken nicht aufgeben.

Auch möchte ich, da meine morphologischen Hefte so lange stocken, einiges, nicht didaktisch-anmaßlich, sondern discursiv, als wenn es nicht wäre, ob es mir schon sehr auf dem Herzen liegt, bey dieser Gelegenheit aussprechen.

Mich nochmals auf Herrn v. Hennings Erklärung berufend, lege einige Blätter bey, die mir ein wunderliches, höchst interessante Büchlein abgelockt hat. Wie die vorigen gleichfalls zur Aufnahme oder Rücksendung übergeben.

Der früher angekündigte Herr de la Luz ist denn auch und zwar zur guten Stunde angekommen; ich fand gerade Gelegenheit ihn mehren Herren und Frauen vorzustellen, deren Bekanntschaft ihm interessant geworden. Wenn schon Fremdenbesuche, wie ich aufrichtig gestehe, mitunter sehr auf mir lasten, so soll doch ein jeder von Ihnen eingeführte, gewiß zu begrüßen werthe Mann freundlich empfangen seyn.

Die Geneigtheit des Herrn Minister v. Humboldt, über meinen zweyten Aufenthalt in Rom sich auszusprechen, ist mir von dem größten Werthe; denn[214] der nächst Genuß, den ich bey solchen Ausarbeitungen habe, ist doch immer der, mich mit meinen alten und entfernten Freunden im Stillen zu unterhalten.

Auch Ew. Hochwohlgeboren hätte noch manches mitzutheilen, besonders von jener sehr geglückten Darstellung einer sehr mißlungenen Existenz, welche vorzügliches versprach, manche Bemerkung. Doch der rasche Zeitenstrom führt mich gewaltig an Gegenden vorüber wo ich gern verweilen möchte. Möge die neue heftige Aufregung der Kinder dieser Welt uns andere in stiller Betrachtung nicht, allzusehr schüttelnd und rüttelnd, verhindern. Alles Gute und Wünschenswerthe

Ihnen und der theuren Ihrige.

Weimar den 10. September 1830.

G.


47/183.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

lege einen Brief des Herrn v. Cotta vor nebst einer darauf projectirten Antwort und bitte mir Ihre geneigte Meynung darüber aus.

Unter meinen Papieren ist durchaus nichts Brauchbares. Außer Invectiven und Lüsternheiten; an den ersten würde mancher Schadenfrohe Vergnügen finden, die zweyten dürften sich die Damen wohl im Stillen gefallen lassen, den Damenkalender jedoch würden sie diskreditiren.

[215] Für jetzt nichts weiter; vielleicht könnte mündlich noch darüber gerathschlagt werden; doch weiß ich keine Auskunft.

Mich zum besten und schönsten empfehlend, für so manche Gefälligkeiten dankbar.

treu ergeben

Weimar den 10. September 1830.

J. W. v. Goethe.


47/184.


An Carl Ludwig von Knebel

Erst jetzt, mein Theuerster, kann ich dich einladen mir einen Brief nach Rom anzuvertrauen; denn ich bereite die erste Sendung an meinen Sohn dahin. Sein letzter Brief ist aus Florenz, wo er sich, nach ausgestandenen einigen Unbilden, wohl und vergnügt befand, um jenes große Daseyn mit Sinn und Verstand in sich aufnehmen zu können.

Den Brief an Robinson bitte aus einem in sich selbst zusammengeschlagenen und mit Oblaten gesiegelten Briefblatt (single Sheet) bestehen zu lassen, da bey verstärkten Sendungen das Porto sich allzusehr steigert.

Ich lebe nach alter Art und Weise und habe mich über nichts zu beschweren, als daß ich verhindert bin mich vom Flecke zu bewegen und meine Freunde, die, von so vielfachem Interesse umgeben, sich so ganz nahe befinden, und besonders dich an deinem Stadtende zu besuchen.

[216] Beruhigt dich dein Bernhard wieder? der uns viel Sorge veranlaßte und dessen Herstellung, wenn wir davon Sicherheit erhalten, uns große Freude machen wird.

Zu Michael erscheint meine letzte Lieferung meiner Werke, die ich auf dem Bücherbrett zu schauen kaum hoffen durfte. Die Händel in der französischen Akademie zwischen Cuvier und Geoffroy de St. Hilaire haben mich aufgeregt und da ich, wegen der Soretischen Übersetzung meiner Metamorphose, mich ohnehin mit Ernst wieder in's Naturfach einlassen mußte, so fand ich mich auf halbem Weg und bereite einen Aufsatz, der seine Wirkung, den Gegenstand in's Klare zu setzen, nicht verfehlen möge. Geoffroy merkt und ahnet, daß er in den Deutschen Aliirte findet; ihn darüber aufzuklären und uns von der rechten Seite zu zeigen ist eigentlich meine Absicht. Was auch daraus entstehe, man muß immer da beyzutragen suchen, wo man im Augenblicke glaubt nützlich seyn zu können.

Jene im Februar entstandene Akadem. Streitigkeit ward freylich im Juli stark übertäubt, und auch wir kommen in eine Lage, wo es aussieht, als wenn wir auf den Kopf gestellt werden könnten, so daß die Kephalopoden, worüber jener Streit begann, uns zur schlimmen Vorbedeutung werden könnten. Es ist zwar bemerkenswerth, aber nicht wunderbar, daß wir die Reprise der Tragödie von 1790 wieder erleben[217] müssen; indessen ist es weder Wahl noch Schuld von unsrer Seite und wir wollen uns das alte Wort durate! gesagt seyn lassen.

Mit den besten Wünschen und Hoffnungen

treu angehörig

Weimar den 12. September 1830.

Goethe.


47/185.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

übernehme eine kleine Angelegenheit in unsern künstlerischen Verhältnissen. Unser Kaiser hatte auf die nach Dresden gesendete Landschaft 100 Thaler Courant Vorschuß erhalten, also

94 rh. 2 Groschen 10 Pf. sächsisch.

Da nun von dorther 100 Thaler sächsisch eingegangen sind so erhält derselbe noch

5 rh. 21 Groschen 2 Pf.

um jene Summe auszugleichen.

Ich nehme mir die Freyheit diesen kleinen Betrag zu übersenden, mit Bitte ihn dem guten und geschickten Künstler zukommen zu lassen.

Mit vorzüglichster Hochachtung.

Weimar den 13. September 1830.[218]


47/186.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

für die mir schleunig gegebene, so wichtig als unangenehme Nachricht zum besten dankend, sehe dem einsichtigen Sentiment des Herrn Verlegers entgegen, wie in dieser bedeutenden Angelegenheit gemeinsam zu verfahren seyn möchte.

Auch lege die beiden an die Herren Genast und Schuchardt gerichteten kleinen Rechnungen bey, mit dem Bekenntniß den Betrag von 81 rh. sächsisch einkassirt zu haben. Welche Summe ich an einem in Leipzig Michael zu erhaltenden Honorar von 500 Thalern zurückzulassen und mich dergestalt dieser Schuld zu entledigen gedenke.

Mit vorzüglichster Hochachtung mich unterzeichnend.

ergebenst

Weimar den 13. September 1830.

J. W. v. Goethe.


47/187.


An Luise Seidler

[Concept.]

Demoiselle Seidler erhält hierbey die beiden Actienkarten für Frau Hofrath Voigt und Herrn Dr. Huschke und wird die Gefälligkeit haben, seiner Zeit für die Zahlung gegen zu überreichende Quittungen zu sorgen.

Weimar den 13. September 1830.[219]


47/188.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Weimar den 13. September 30.

Hiebey übersende den zweyten Druckbogen der Metamorphose. Der deutsche Text ist, soviel ich weiß, noch in Ihren Händen; auch liegt das französische Manuscript bey. Herr Soret revidirt zwar den französischen Text, es ist aber doch gut daß wir gleichfalls aufmerken, denn ich finde in dem ersten Aushängebogen ungeachtet aller unsrer Sorgfalt doch Übersetzungs-Versehen, nicht gerade auffallend so daß es hingehen mag. Die Schwierigkeiten sind zu groß und wer hat bey solchen Revisionen die Aufmerksamkeit immer scharf auf die Sache gerichtet. Morgen das Weitere.

G.


47/189.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen, wenn ich in so prägnanten Augenblicken, da ich öffentlichen Angelegenheiten alle Ihre Aufmerksamkeit fordern, dieselbe für einen Augenblick einem Privatgeschäft zuzuwenden bitte.

Schon vor so vielen Jahren erwiesen Dieselben sich geneigt mein Gesuch um ein schützendes Privilegium für meine sämmtlichen Werke, welches ich, sowie an[220] die höchsten deutschen Bundesglieder, so auch vorzüglich an Ihro Königliche Majestät von Sachsen gelangen ließ, durch Ihre Vermittelung zu befördern. Ich ward des allgemeinen sowohl, als besonderen Wunsches gewährt und es erscheint zu Michael die letzte Lieferung.

Nun aber findet sich in einer Beylage des »Hamburger Correspondenten«, welche mir abschriftlich, ohne Bezeichnung zugekommen, folgende Anzeige:

»Einladung zur Subscription auf eine schöne und wohlfeile Ausgabe von Goethe's Schriften.

Des Hochgefeierten Werke, die früher unvollständig 80 Mark kosteten, erscheinen jetzt, um sie auch Minderbegüterten zugänglich zu machen, vollständig in einer eleganten Taschenausgabe, der Band von 300 Seiten, sauber geheftet, zu nur 1 Mark.

Vom 15. September an liefern wir wöchentlich einen solchen Band, so daß die respectiven Subscribenten nach Verlauf von ohngefähr 16 Monaten im Besitz der sämmtlichen Werke sind. Probeexemplare liegen zur gefälligen Ansicht bereit. Bestellungen erbitten bald

Schuberth und Niemeyer

in Hamburg und Itzehoe.«

Einem solchen kühnen, gesetzwidrigen Unternehmen hat man allerdings entgegen zu arbeiten, wobey ich mir Ew. Hochwohlgeboren geneigten Rath und kräftige Mitwirkung[221] erbitte, und deshalb anfrage: ob nachfolgende Expeditionen nach Ew. Hochwohlgeboren Überzeugung nöthig und nützlich seyn möchten.

1) Ein Schreiben an das königliche Consistorium zu Dresden in Bezug auf das von demselben ausgefertigte Privilegium, begleitet von dem Ansuchen, die dem Büchercomissar zu Leipzig damals gegeben Befehle bey gegenwärtiger Gelegenheit, besonders auch bey bevorstehender Messe wiederholt einzuschärfen.

2) Ein Schreiben an den Büchercommissarius selbst mit dem Ersuchen, seine Aufmerksamkeit zu verdoppeln, daß weder ein solches Musterbändchen in Leipzig vorgewiesen, noch viel weniger eine Subscription darauf eröffnet werde. Bey dieser Gelegen heit würde zu bemerken seyn, daß das ihm gebührende, bisher zurückgelegte Exemplar, sobald das Werk vollständig sey, abgeliefert werden solle.

3) Ein Schreiben an den Magistrat nach Hamburg in Bezug auf das von demselben, eben wie von allen Gliedern des durchlauchtigsten Bundes, ertheile Privilegium, mit bitte, die schon gedruckten Theile zu confisciren, den Nachdruck zu bestrafen und die weitere Fortsetzung ernstlich zu verbieten.

4) Ein gleiches an die oberste Justizbehörde in Itzehoe. Vielleicht könnten Hochdieselben mir anzeigen, ob dort ein Stadtmagistrat oder ein königlicher dänischer Oberamtmann deshalb anzugehen sey? Wie ich mir denn wegen dem Inhalt dieser Ausfertigung Ew. Hochwohlgeboren[222] Rath und einsichtige Bemerkung erbeten haben will.

Uns allen, und in diesem Augenblick den königlich sächsischen Landen besonders, baldige Beruhigung der öffentlichen Angelegenheit wünschend und mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Nach allem diesen, welches eilig vermelden zu müssen glaubte, geht mir noch bey: ob nicht Ew. Hochwohlgeboren die Gefälligkeit hätten, den Herrn Büchercommissarius von dieser Angelegenheit vorläufig zu benachrichtigen und seine Aufmerksamkeit darauf zu lenken? da Michael herannaht, und jene Wege, besonders bey jetzigen Zeitläufen, nicht sobald als zu wünschen wäre an's Ziel führen dürften.

Einem geprüften Wohlwollen und anerkannter Thätigkeit mich und das Meine auch fernerhin angelegentlich empfehlend.

In vollkommenster Hochachtung

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 14. September 1830.


47/190.


An Carl Ludwig von Knebel

Auszug aus dem Tagebuch meines Sohnes

vom 25. August 1830.

»Als ich dieß gethan, betrat ich den Saal der Niobe; das erste was ich erblickte, war der Engländer[223] Robinson und noch ein anderer Engländer, der auch in Weimar gewesen ist. Wir erfreuten uns an der Erinnerung der in Weimar verlebten Tage. Er empfiehlt sich Ihnen, lieber Vater, Ottilien, Herrn v. Froriep, und lud mich auf morgen zum Kaffe ein.«

Den andern Tag, schreibt er, habe er bey diesen guten Leuten angenehm gefrühstückt. Dieses vermelde eilig, weil ein Brief nach Florenz, an Herrn Robinson adressirt, ohne weiteres an ihn abgegeben werden wird, weil er dort allgemein bekannt und in dem englischen Kreise angesehen ist.

Mehr nicht für heute als die besten Grüße.

treu angehörig

Weimar den 15. September 1830.

J. W. v. Goethe.


47/191.


An Carl Leopold von Beust

Hochgeborner Graf

Hochverehrter Herr.

Ew. Excellenz erlauben, in einer Angelegenheit, welche Sie schon früher begünstigen wollen, abermals Dero geneigte Mitwirkung bescheidentlich zu erbitten.

In den Jahren 1825 und 1826 erhielt ich von den sämmtlichen höchsten und hohen Gliedern des deutschen Bundes streng verfaßte Privilegien, für die projectirte Ausgabe meiner Werke, deren letzte Lieferung nunmehr Michael, bisher unangefochten, erscheinen wird.

[224] Nun aber theilt man mir einen Auszug mit aus einer Beylage des Hamburger Correspondenten, ohne jedoch die Nummer zu melden, worin folgendes verfaßt seyn soll:

»Einladung zur Subscription auf eine schöne und wohlfeile Ausgabe von Goethe's Schriften. Des Hochgefeierten Werke, die früher unvollständig 80 Mk. kosteten, erscheinen jetzt, um sie auch Minderbegüterten zugänglich zu machen, vollständig in einer eleganten Taschenausgabe, der Band von 300 Seiten, sauber geheftet, zu nur 1 Mk. Vom 15. September an liefern wir wöchentlich einen solchen Band, so daß die respectiven Subscribenten nach Verlauf von ohngefähr 16 Monaten im Besitz der sämmtlichen Werke sind. Probeexemplare liegen zur gefälligen Ansicht bereit. Bestellungen erbitten bald

Schuberth und Niemeyer

in Hamburg und Itzehoe.«

Ich habe, vor allen Dingen, bey der hohen Behörde in Dresden, auch bey dem Bücher-Commissarius in Leipzig, bey Letzterem besonders wegen bevorstehender Messe, alsobald die Sache zur Sprache gebracht und gedenke nunmehr den Magistrat zu Hamburg und die dänischen Behörden zu Itzehoe, gleichermaßen anzugehn.

Wie nun fernerhin, nach einer so allgemein erfolgten Bundestags-Verwilligung (ich will nicht sagen[225] Beschluß, obgleich diese Benennung hie und da vorkommt) zu verfahren seyn möchte, erbitte mir Ew. Excellenz erleuchtetes Sentiment. Dürfte es wohl vorerst der Sache angemessen seyn, wenn ich an die beiden Herrn Bundestags-Gesandten, sowohl den der freyen Stadt Hamburg, als den königlich dänischen, geziemend anginge und sie, meine schon gethanen Schritte, bey ihren hohen Committenten und sonst zu begünstigen bäte?

Hätten Ew. Excellenz alsdann die Geneigtheit, gegen die übrigen Herrn Gesandten, mit einigen empfehlenden Worten, der Angelegenheit zu erwähnen, so würde ich solches auf's dankbarste anerkennen.

Sollten jedoch Ew. Excellenz eine andere Behandlung anrathen, so würde ich der mir gegebenen Andeutung Folge zu leisten nicht ermangeln. Wie ich denn Gegenwärtiges, als zu einiger Einleitung Dienendes, eilig zu verfassen für nöthig erachtet habe.

Der ich, mir ein fortgesetztes wohlwollendes Andenken erbittend, die Ehre habe mich dringend zu empfehlen.

Verehrend wie vertrauend

Ew. Exzell.

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 16. September 1830.[226]


47/192.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

verehrliches Schreiben setzt mich wirklich in Verlegenheit; denn was könnte mir erwünschter seyn als in so herrlicher Gesellschaft vor der gebildeten Welt zu erscheinen. Wie ich jedoch schon früher meldete, findet sich unter meinen Papieren durchaus nichts Würdiges zu solchen Zwecken, um aber meinen besten Willen zu zeigen wäre die Frage: ob das durch den Herrn Canzler erhaltene Gedicht, welches Sie für's Morgenblatt bestimmen, in Gesellschaft des Beykommenden späteren in dem Damenkalender Platz finden könnte; ob ich gleich solche untergeordnete Productionen ganz von freyen Stücken nicht rühmen noch dazu rathen möchte.

Hätte mir's glücken wollen etwas auf Ihro Majestät Bezügliches dichterisch vorzutragen, woran ich die Zeit über wohl gedacht, so würde ich es ohne weiteres zudringlich angeboten haben.

Dieser gute Wille gibt mir einigen Muth, Verzeihung zu erbitten und zu hoffen. Sollten die beiden Gedichte für den Damen-Almanach nicht geeignet seyn, so stehen sie für's Morgenblatt zu Diensten. Wie es mir denn jederzeit höchst angenehm seyn würde etwas Ihren Wünschen gemäß leisten zu können.

[227] Dem verehrten Paare mich angelegentlich empfehlend.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 16. September 1830.


47/193.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren erhalten die besprochenen und geneigt zu befördernden Blätter.

Mich bestens empfehlend.

Weimar den 16. September 1830.

G.


47/194.


An Wilhelm von Humboldt

Weimar, den 17. September 1830.

Ein Wort! Ein Händedruck! und tausendfältiger Dank! Der erste freye behagliche Augenblick soll treu freudiger Erwiderung gewidmet seyn.

G.


47/195.


An Johann Gottlob von Quandt

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

hiernächst eine Quittung über die mir für den Maler Kaiser übersendeten einhundert Thaler Conv. danckbar,[228] das Fernere hoffend, zustellend; nicht weniger die beiden letzten Actienkarten No. 700 und 701 erhalten zu haben bekennend, wünsche nichts mehr als von Denenselben selbst zu vernehmen: wie Sie bey diesen Erschütterungen, Mit Ihren schönen und werthen Besitzungen unangetastet geblieben sind. Daß wir Ihrer, in diesen Tagen, mit der aufrichtigsten Besorgniß, in unserm Kreise gedacht haben, davon sind Sie überzeugt.

Möge, in diesem vertheilten Deutschland, dieses heimliche übel auch theilweise seine Krisen durchführen; möge das Ganze in seinem Zustand bleiben, der immer noch dankes- und ehrenwerth zu nennen ist. Soviel für dießmal mit Gruß und Vorbehalt.

Weimar den 18. September 1830.


[Beilage.]

Quittung.

Einhundert Thaler sächsisch, als geneigtes Honorar für ein von dem weimarischen Maler Kaiser zur Ausstellung nach Dresden gesendetes Bild, durch des Herrn Hofrath v. Quandt Hochwohlgeboren erhalten und dem Künstler zugestellt zu haben bescheinige und bekenne hiermit.

Weimar den 17. September 1830.[229]


47/196.


An Friedrich Theodor von Müller

Das neulich mitgetheilte Stück des Freymüthigen mir wieder erbittend. Ich werde deshalb gemahnt.

Weimar den 18. September 1830.

G.


47/197.


An Ernst Christian August von Gersdorff

Ew. Excellenz

die geneigtest mitgetheilten Papiere, mit wiederholtem Danke, zurücksendend, erbitte mir eine fernere unschwere, gelegentliche Communication solcher Nachrichten, Papiere und Documente, welche hoffentlich auf eine gewünschte Entwirrung öffentlicher Zustände hindeuten. Möge sich fernerhin, ohne vergossenes Blut und wilde Zerstörung, das Unvermeidliche baldigst entfalten.

In dankbarer Anerkennung

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster

Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 18. September 1830.


47/198.


An Caroline von Egloffstein

Hierbey, meine Beste, das von Ihro Kaiserlichen Hoheit mir mitgetheilte Blatt, welches freylich von[230] verständiger Bedeutung ist. Unser werther, oft fördernder, wohl aber auch retardirender Freund übernehme die Schuld der Verspätung.

Darf ich bey dieser Gelegenheit um ein gefälliges Vorwort bitten? Ihro Kaiserliche Hoheit hatte ich vor Höchst-Ihro Abreise nach Dornburg ein Bändchen zugestellt: Briefe eines Verstorbenen. Schwerlich ist dieses in dem Augenblicke für Ihro Hoheit interessant, da man mit den Lebendigen soviel zu thun hat. Dürft ich bitten Sich für dessen Rückgabe zu verwenden; ich werde deshalb gemahnt, und es steht in ruhigern Augenblicken wieder zu Diensten.

treu angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 18. September 1830.


47/199.


An Johann Ludwig Deinhardstein

Ew. Hochwohlgeboren

möge Gegenwärtiges, bey Ihrer frohen Rückkunft in die Kaiserstadt, freundlichst begrüßen, mit der Versicherung: daß Ihre Gegenwart in unserm Kreise ein Andenken zurückgelassen hat, welches mit dem Wunsche des Wiedersehns, und also auch fernerer wechselseitiger Theilnahme innigst verbunden ist.

Mit der fahrenden Post geht nunmehr die Rolle mit unsres werthen Hofrath Meyers kritischer Anzeige neuer und neuster Kupferstiche, mit historischer Einleitung, an Dieselben ab. Wir wünschen daß sie[231] genügen möge. Sie zögert etwas länger, weil die Absicht war sie nach allen Seiten hin mannichfaltig auszustatten.

Ew. Hochwohlgeboren Reise ist, wir hoffen, glücklich vollendet worden. Bey überall günstigem Empfang kann sie nicht anders als höchst angenehm und Ihren Absichten entsprechenden vollbracht worden seyn.

Die in der Beylage näher entwickelte Angelegenheit darf ich nicht, wie ich überzeugt bin, weiter empfehlen. Ich werde sowohl am hohen Bundestage, als bey obern und untern Behörden das Nöthige vorstellen. Der Bücher-Commissarius in Leipzig ist, wegen der Michaelismesse, davon schon unterrichtet und was die Kaiserlich Königlichen Staaten belangt, so liegt solches am sichersten in Ew. Hochwohlgeboren Hände.

Dem aufrichtigsten Wunsche zu jenen Zwecken, welchen Ew. Hochwohlgeboren Reise gewidmet war, auch fernerhin beytragen zu können, füge ich die Bitte hinzu mich höchsten Orts zu gnädigstem Andenken geziemend zu empfehlen.

Die glückliche Ankunft der abgesendeten Rolle mit wenigem mir anzuzeigen ersuchend.

in vollkommenster Hochachtung

Ew. Hochwohlgeb.

ganz ergebenster

Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 19. September 1830.[232]


[Beilage.]

Geneigtest zu gedenken.

In den Jahren 1825 und 1826 erhielt ich von den sämmtlichen höchsten und hohen Gliedern des deutschen Bundes streng verfaßte Privilegien, für die projectirte Ausgabe meiner Werke, deren letzte Lieferung nunmehr Michael, bisher unangefochten, erscheinen wird.

Nun aber theilt man mir einen Auszug mit aus einer Beylage des Hamburger Correspondenten, ohne jedoch die Nummer zu melden, worin Folgendes verfaßt seyn soll:

»Einladung zur Subscription auf eine schöne und wohlfeile Ausgabe von Goethe's Schriften. Des Hochgefeierten Werke, die früher unvollständig 80 Mk. kosteten, erscheinen jetzt, um sie auch Minderbegüterten zugänglich zu machen, vollständig in einer eleganten Taschenausgabe, der Band von 300 Seiten, sauber geheftet, zu nur 1 Mk. Vom 15. September an liefern wir wöchentlich einen solchen Band, so daß die respectiven Subscribenten nach Verlauf von ohngefähr 16 Monaten im Besitz der sämmtlichen Werke sind. Probeexemplare liegen zur gefälligen Ansicht bereit. Bestellungen erbitten bald

Schuberth und Niemeyer

in Hamburg und Itzehoe.«[233]

Soviel zum Verständniß der, in dem Schreiben selbst befindlichen, auf diese Beylage sich beziehende Stelle.

G.


47/200.


An Johann Ludwig Deinhardstein

[Concept.]

In Abwesenheit des Herrn Hofrath Meyer sende ich Beykommendes durch die fahrende Post und beziehe mich übrigens auf das heut durch die reitende abgegangene ausführlichere Schreiben. Die Unterschrift des Aufsatzes möchte wohl am schicklichsten seyn

Heinrich Meyer, Director.

Wäre sonst noch etwas zu bedenken, so bitte um geneigte Anzeige, mich aber und abermals zum allerbesten empfehlend und für das hier in Weimar hinterlassene freundliche Schreiben verbindlich dankend.

Weimar den 19. September 1830.


47/201.


An Friedrich Theodor von Müller

Dem Vorschlag den Zwiebelmarckt in den Raum um das Schieshaus zu verlegen, möchten große Schwierigkeiten entgegenstehen, weniger wenn man den Marckt, nicht auf den Carlsplatz sondern in die Carlsstraße, von der Apotheke bis zur Schule bringen wollte. Er könnte auch künftig dort bleiben,[234] weil der jezige Raum beengt, unzugänglich in jedem Falle gefunden wird. Die Stadt ist erweitert, man erweitere die öffentlichen Anstalten! Zu geneigter Prüfung und Förderniß.

gehorsamst

W. d. 21. Sept. 1830.

Goethe.


47/202.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Dürft ich nur mit einem Worte die Bejahung oder Verneinung erbitten, ob der großherzogliche in Hamburg angestellte Consul Herr Swaine der Schwiegersohn unsres Geh. Rath Schmidts ist oder nicht.

Mich bestens empfehlend.

Weimar den 21. September 1830.


47/203.


An Franz Paula von Gruithuisen

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

verpflichten mich abermals durch die Übersendung des 6. Heftes Ihrer höchst schätzbaren Analecten. Da ich diesen ersten Band sogleich wollte binden lassen, bemerke ich leider daß das 5. Heft mir abgeht und ich wage es daher Sie um die abermalige Sendung desselben zu bitten, damit dieser Band, der soviel[235] leistet, auf soviel hinweist, anders andeutet, mir nicht unvollständig bleibe.

Ew. Hochwohlgeboren Bemühung, uns den Äther näher kennen zu lehren, sind auch mir von dem größten Werthe. So hätten wir denn endlich eine erste Materie, welche, durch das Differenzieren ihrer selbst, alles andere wo nicht hervorzubringen doch zu beleben die uranfängliche Eigenschaft besitzt. Mir wenigstens gibt es Stoff zu mancherlei Betrachtungen und Anwendungen der Art, ob ich mich gleich in die himmlischen Angelegenheiten nicht eigentlich mischen darf.

Weimar den 22. September 1830.


47/204.


An Heinrich Wilmans

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke auf das verbindlichste für die beiden letztern Sendung; die zweyte des vorzüglichen Weines wird mir Gelegenheit geben in Gesellschaft werther Freund mich Ihrer zu erinnern und anerkennend zu gedenken. Wie ich mich denn zu fortdauerndem Andenken hiermit bestens empfohlen haben will.

Weimar den 22. September 1830.[236]


47/205.


An Johann Georg Cotta

[Concept.]

Hochwohlgeboren

hochzuehrender Herr Cammerherr.

Ew. Hochwohlgeboren konnten mir keinen entschiedenern Beweis von der Neigung und dem Vertrauen geben, womit Sie nebst Ihrer theuren Gemahlin und dem hochgeschätzten elterlichen und dem hochgeschätzten elterlichen Paar mich beehren, als daß Sie bey einem so wichtig-freudigen Familien-Ereigniß meiner gedenken und bey der frommen Einweihung eines neuen Welt- und Staatsbürgers mich als Zeuge mit zulassen wollen. Sie knüpfen, durch ein neues geistiges Band, die schönen bedeutenden Verhältnisse, welche mich so viele Jahre mit Ihrem Herrn Vater verbinden, nur desto besser; welches ich nicht genug schätzen kann, weil solche Bezüge, über das Leben des Einzelnen hinaus, sich zu wahren Familien- und Stammesverbindungen qualificiren. Lassen Sie mich bey diesem so froh eingetretenen Feste auch künftig immer gegenwärtig seyn und von Zeit zu Zeit mich erfahren, daß die schönen Hoffnungen dieses Ereignisses, eine nach der andern glücklich erfüllt worden.

Mit allseitigen Empfehlungen.

Weimar den 22. September 1830.[237]


47/206.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

längst anerkannter Thätigkeit und der, in jetzigen Zeiten doppelt hoch zu schätzenden Bereitwilligkeit eines verehrten Stadtmagistrats zu Leipzig weiß ich nicht genug zu danken.

Ganz eigen sind die Ausflüchte des vorgeforderten Buchhändlers, worüber ich mich nicht weiter äußere, da ich so glücklich bin im Augenblick ein Schreiben des Herrn v. Cotta zu erhalten, worin er seine Mißbilligung des gedachten Nachdruckes deutlich genug ausspricht, indem er mich auffordert in Hamburg und Kopenhagen dagegen zu wirken. Es liegt dasselbe, um jene Einstreuungen zu beseitigen, in vidimirter Abschrift bey.

Die durch Ew. Hochwohlgeboren eingeleitete Wirkung in Leipzig ist von erster und größter Bedeutung und bitte daher derselben fernere Folge zu geben. Nach Hamburg hab ich die Angelegenheit an Herrn Consul Swaine gebracht, auch Herrn Mylius begrüßt; vielleicht trägt die Anwesenheit der Naturforscher daselbst auch etwas Günstiges bey.

Wie ich mich denn eilig, damit Gegenwärtiges nicht zaudre, nur noch zum Schlusse auch fernerer wohlwollender Mitwirkung angelegentlichst empfehle.

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 22. September 1830.[238]


47/207.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Wär es möglich daß beykommende Abschrift eines Briefes des Herrn v. Cotta an mich baldigst vidimirt würde, damit ich solche heute Abend noch versenden könnte. Die Nothwendigkeit dieser baldigen Expedition verfehle nicht mündlich zu erklären.

Weimar den 22. September 1830.


47/208.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

haben gestern eiligst die vidimirte Abschrift eines Briefs von Herrn v. Cotta zu übersenden mir die Freyheit genommen, und es möchte nun wohl, nach ausdrücklicher Erklärung sowohl des Autors als des Verlegers, kein weiteres Bedenken seyn, jene Ausgabe als Nachdruck zu erkennen und gegen dieselbe durch Insinuation des bedrohlichen Verfahrens zu verfahren.

Leider ist aus diesem Vorfalle zu ersehen, was man den Buchhändlern zutraut, indem der Leipziger Commissionair Taubert der Cotta'schen Buchhandlung offenbar eine Collusion hinter dem Autor her mit jenen Buchhandlungen zutraut.

[239] Verzeihung diesen Betrachtungen, bey welchen mich Dero fortgesetzte thätige Theilnahme gründlich beruhigt.

In vorzüglichster Hochachtung

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 23. September 1830.


47/209.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

wünscht über die Angelegenheit, womit gestern schon beschwerlich fiel, einige belehrende Worte zu vernehmen; wäre es gefällig unsern frugalen Mittagstisch durch Ihre Gegenwart zu beehren, so würde eine erfreuliche und fördernde Unterhaltung in jedem Sinne zu hoffen seyn.

Treu angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 23. September 1830.


47/210.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

habe in betreff der eingetretenen unangenehmen Angelegenheit, Folgendes zu vermelden: Gleich als ich durch Dero Buchhandlung in Stuttgart von diesem Unterfangen benachrichtigt wurde, suchte ich durch unsern thätigen General-Consul, Herrn Küstner, die[240] Sache vor allen Dingen in Leipzig, wegen der bevorstehenden Messe, zur Sprache zu bringen, welches denn auch, wie Beylage Nr. 1 beweist, alsobald geschah. Auch wurde, von Seiten des Magistrats der Stadt Leipzig, darauf nach Nr. 2 sogleich reflectirt und, dem Privilegium gemäß, ein Circular-Verbot an die dortigen Buchhändler entworfen, leider aber, auf die sonderbare Erklärung des Buchhändler Tauberts, als Commissionair von Schuberth und Niemeyer in Hamburg und Itzehoe: Nr. 3, diese angezeigte Ausgabe sey keine andere als die Cottasche selbst, mit der Insinuation Anstand genommen.

Glücklicherweise kam Ew. Hochwohlgeboren Schreiben vom 18. September zu gleicher Zeit bey mir an, welches ich, in vidimirter Abschrift, alsobald an Herrn General-Consul Küstner übersendet, und man wird hoffentlich, nach einstimmiger Erklärung des Autors und Verlegers, jene Ausgabe nicht mit der rechtmäßigen für identisch halten, welches übrigens unter den gegebenen Umständen keineswegs, auch sonst nicht im mindesten wahrscheinlich wäre. Denn was würde dieß für ein wunderbares Verhältniß Ihrer Handlung mit jener voraussetzen.

Da sich aber aus diesen Anfängen schon ergibt was für Ausflüchte man zu erwarten habe, so gebe zu bedenken: ob Ew. Hochwohlgeboren nicht eine förmlichere Erklärung, mit Unterschrift, Siegel und sonst legalisirt, mir wollten zukommen lassen, um solche,[241] für den Nothfall, bereit zu halten. Indessen geht das Nöthige an unsern Herrn Consul Swaine, zu Hamburg, für genannte Stadt und Itzehoe. Auch werden sonstige Freunde daselbst mitzuwirken nicht abgeneigt seyn.

So eben erhalte ein Schreiben des Herrn Grafen v. Beust, Excellenz, welchem ich unsre Angelegenheit zu geneigter Mitwirkung empfohlen, wozu er sich denn auch auf das freundlichste bereit finden lassen. Dieses Schreiben jedoch enthält folgende bedenkliche Stelle, welche sogleich mitzutheilen nicht ermangele: »Sonderbar genug soll man in Hamburg behaupten: daß die angekündigte Ausgabe im Einverständniß mit dem rechtmäßigen Verleger geschehe.«

Hieraus scheint hervorzugehen daß jene kühnen Unternehmer ein solches Gerücht, gleichlautend, auszustreuen gewußt, indem der Leipziger Commissionair und Personen in Frankfurt gleiche Sprache führen.

Möchten deshalb Ew. Hochwohlgeboren mir einen entscheidenden Artikel zusenden, den man gerade in jene Beylage des Hamburger Correspondenten und sonstige öffentliche Blätter könnte einrucken lassen.

Vorstehendes geneigter Aufmerksamkeit und mich einem fortgesetzten gewogenen Andenken bestens empfehlend.

Ew Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 24. September 1830.[242]


[Beilage.]

[Concept.]

Ein heiteres Blättchen füge hinzu, meinen verpflichteten Dank auszusprechen: daß Sie und die lieben Ihrigen, bey einem so ersehnten und bedeutenden Feste, mich, als frommen Zeugen, mit berufen wollen. Möge alles der theuren Familie so wohl und würdig erworbene Gute von nun an erst recht begründet und genußvoll erscheinen.

Weimar den 25. September 1830.


47/211.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

bey eingetretener Michaelsmesse um gefällige Einsendung der Rechnung über meine bisherige Schuld hiedurch ersuchend, bringe noch einen Punct zu Sprache.

Es ist nämlich, wenn ich nicht irre, durch Dieselben ein Exemplar des Temps in Paris bestellt worden. Nun findet sich aber in keiner Ihrer Rechnungen daß der damalige Pränumerationspreis auf die Hälfte, von 40 Francs, sogleich erlegt worden sey, welches auch nicht wahrscheinlich ist, weil wir gegenwärtig über das Ganze von Paris gemahnt werden. Mögen Sie die Gefälligkeit haben mich deshalb näher aufzuklären, so würde ich von hier aus jene Zahlung nach Paris besorgen lassen.

[243] Auch wünschte zu erfahren ob das Publicum bald wieder ein Heft jener vorzüglich schön gezeichnetem und lithographirten Aussichten und Ansichten meiner Vaterstadt zu erwarten habe.

Weimar der 25. September 1830.


47/212.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Herr Dr. Weller erhält, mit der morgenden fahrenden Post, die nöthige Aufklärung und das Gewünschte welches schon eingepackt ist.

Weimar den 25. September 1830.

G.


47/213.


An Friedrich Theodor von Müller

Beykommendes so eben angelangte Exemplar steht als erb- und eigenthümlich zu Diensten

Weimar den 25. September 1830.

G.


47/214.


An Johann Joseph Schmeller

[Concept.]

Herrn Dupré würde Herr Schmeller von meiner Seite schönstens begrüßen und mit demselben einige Stunden Verabreden worin dessen Porträt gezeichnet werden könnte.

Weimar den 25. September 1830.[244]


47/215.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Verzeihen Sie, theuerster Mann, wenn ich beschwerlich bin, ich muß aber anzeigen daß ich, heute früh, meine ungedruckten Arbeiten, um solche zu ordnen, durchgesehen habe und mich sehr in Verlegenheit befand, die Ihnen zum Gebrauch des hiesigen Theaters übergebene, für mich so einzig wichtige Abschrift des umgearbeiteten Götz von Berlichingen nicht darunter zu finden. Haben Sie die Güte mir baldigst dieses Exemplar wieder zu verschaffen, welches ich vor eintretendem Michaelis-Termin höchst nothwendig brauche. Nochmals Verzeihung und geneigte Förderniß.

Weimar den 26. September 1830.


Vorstehendes habe geschrieben um Ihnen, mein Werthester, etwas in die Hände zu geben, um diese, mir immer bedenklicher werdende Angelegenheit freundlich zu meiner Beruhigung zu beendigen.


47/216.


An Friedrich Theodor von Müller

Dürft ich Ew. Hochwohlgeboren nochmals beschwerlich fallen und um gefällige Vidimation beykommender beiden Abschriften bitten. Sie erzeigen mir in dieser unangenehmen Sache, die mir manchen[245] guten Augenblick raubt aber hoffentlich bald abgethan seyn wird, eine besondere Gefälligkeit.

Der gestrigen angenehmen lehr und einflußreichen Stunden mich mit Vergnügen erinnernd und ein lebenswerthes mir bald zurückerbetenes Heft zugleich übersenden.

Unwandelbar

Weimar den 26. September 1830.

J. W. v. Goethe.


47/217.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

[26. September 1830.]

Das Geschäft dem Sie gegenwärtig, mein Theuerster, so glücklich vorstehen, ist für die meiner Sorgfalt übertragenen wichtigen jenaischen Besitzung von solcher Bedeutung daß ich allerdings die Befugniß habe, Sie aus der oberaufsichtlichen Casse zu unterstützen. Sie erhalten daher mit dem gegenwärtigen fünfundzwanzig Thaler sächsisch, worüber Sie mir nur einen einfachen Schein, ohne Bezeichnung des Zweckes, ausstellen. Verwenden Sie solche nach Überzeugung und melden mir von Zeit zu Zeit das Weitere.

Weimar den 25. September 1830.


47/218.


An Eugen Napoleon Neureuther

Auf dem folgenden Blatte Stehendes wird, mein theuerster Herr Neureuther, in den Wiener Jahrbüchern[246] bey Gelegenheit einer Rezension der neusten Kunstblätter und zwar zunächst erscheinen, deswegen ich bitte das Blatt nicht aus Händen zu geben, damit es nicht etwa vorläufig in einem andern Journale abgedruckt werde, welches der dortigen Redaction nicht gefallen würde.

Hier nun ist von den zwey ersten Heften die Rede, indessen sind die beiden letzten angekommen, wo sich der Künstler völlig gleich gehalten, ja wenn man sagen wollte, sein Talent noch als gesteigert erwiesen hat.

In einer guten Stunde hoff ich Ihnen das Zeugniß zu geben: daß Ihre Randzeichnung mit unter diejenigen Ereignisse gehören, die mir eigentlich das Schicksal erfreulich machen, so hohe Jahre erreicht zu haben.

Mit einem Schreiben vom 7. September hab ich Herrn Dr. Boisserée eine Parabel gesendet mit Bitte: Sie möchten solche mit einer Randzeichnung illustriren, wenn sie Ihnen anmuthen. Ihr Schreiben meldet nichts davon, haben Sie die Güte darnach zu fragen.

Soviel für heute mit der Versicherung daß ich Ihrem Lebens- und Kunstgange so lange mir's gegeben ist mit dem aufrichtigsten Antheil folgen werde.

Weimar den 26. September 1830.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Unter den vor kurzem erschienenen Steindrücken von vorzüglichem Verdienst welche die gegründetsten Ansprüche haben,[247] Kunstfreunde zur Beachtung empfohlen zu werden, nennen wir die zwey Hefte: Randzeichnung zu Goethes Balladen und Romanzen. Vom Erfinder und Zeichner Herrn Eugen Neureuther dem Herrn von Goethe zugeeignet. Jeder Heft besteht aus acht Tafeln Umrißzeichnungen, außerdem reich verziertem Titelblatt welches gleichfalls für eine Tafel gelten kann. Zum ersten Heft kommt noch das eben so reich mit Ornamenten versehene Dedicationsblatt hinzu.

Daß jenes hochgeschätzte, mit Randzeichnung von Albrecht Dürer herrlich geschmückte Gebetbuch, welches auf der königlichen bayerischen Bibliothek zu München bewahrt wird, den Herrn Neureuther zu diesen seinen Umrißblättern fruchtbringend erregt geht aus der ganzen Anordnung der Ornamente hervor, aus den rankenden Pflanzen und Schreibemeister-Zügen, mit denen er die Schriftkolumnen begleitet, den leeren Raum, welchen Figuren und Landschaften übrig lassen, geschickt ausfüllt; inzwischen ist Herr Neureuther keineswegs ein unbeholfener flacher Nachahmer der vortrefflichen Dürerischen Vorbilder, sondern hat den Geist derselben erfaßt, schöpft aus eigner vollströmenden Quelle und schließt sich mit seinen Bildern Goethes Dichtungen auf eine erfreuliche Weise an. Wahrlich es möchten nur wenige Kunsterzeugnisse unsrer Zeit hinsichtlich auf Zweckmäßigkeit und Anmuth des mannichfaltigen Bilderreichthums einen glücklichen Wettstreit mit diesen Randzeichnungen bestehen. Auch die Ausführung derselben befriedigt, die Figuren sind meistens gut, einige vorzüglich gut mit Geist und passendem Ausdruck gezeichnet; die Landschaften reich und gefällig, Pflanzen und Blumen meisterhaft.

Wolle man ja nicht glauben daß der Verfasser hiermit den erwähnten Arbeiten des Herrn Neureuther zu reichliches[248] Lob spendete; was Günstiges gesagt worden, ist nichts weiter als Anerkennung des tüchtigen Kunstvermögens und in Bildern sich aussprechenden Dichtertalents.


47/219.


An Johann Peter Eckermann

Nur mit dem Wenigsten vermelde: daß Ihre beiden Schreiben von Genf glücklich angekommen sind, freylich erst am 26. September. Ich eile daher nur so viel zu sagen: bleiben Sie ja in Frankfurt, bis wir wohl überlegt haben, wo Sie Ihren künftigen Winter zubringen wollen.

Der Ihnen von hier aus gethane Antrag war mir bekannt, ob ich gleich auf diese neue Anstalt nicht den mindesten Einfluß habe. Daß eine solche Stelle Ihnen nicht conveniren würde sah ich voraus.

Doch ich gehe schon zu weit und lege für dießmal nur ein Blättchen an Herrn und Frau Geh. Rath v. Willemer bey, welches ich baldigst abzugeben bitte; Sie werden ein paar Freunde finden die im edelsten Sinne mit mir verbunden sind und Ihnen den Aufenthalt in Frankfurt nützlich und angenehm machen können.

Soviel also für dießmal. Schreiben mir alsobald wenn Sie diesen Brief erhalten haben.

Unwandelbar

Weimar den 26. September 1830.

Goethe.[249]


47/220.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Herr Dr. Eckermann wird dieses Blättchen überreichen; ich empfehle ihn als einen geprüften Haus- und Seelenfreund, als den Begleiter meines Sohns bis Genua. Er wird gar manches zu erzählen haben und auch von mir und meinen Zuständen genau Rechenschaft zu geben wissen.

Mit möglichster Entschuldigung versäumter Rückschrift und schuldiger Dankworte für die mir und andern, auch der Jugend höchst willkommenen Sendungen. Nach beseitigten mannichfaltigen Hindernissen, bald möglichst das Weitere.

In alter Treue und Anhänglichkeit

J. W. v. Goethe.

Weimar den 26. September 1830.


47/221.


An Johann Heinrich Meyer

Zwey neue Hefte von Neureuther sind angekommen die den ersten nichts nachgeben. Auch ist einiges Bedeutende zu besprechen, weshalb Sie, theuerster Herr und Freund, nach Tafel bey mir zu sehen wünsche.

Weimar den 26. September 1830.

G.[250]


47/222.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben baldigst zu erwidern, äußere meine Gedanken, die mitgetheilten Druckbogen zurücksendend, folgendermaßen. Die Stelle: Volksgesang Seite 193-197 möchten stehen bleiben, da sie kurz ist und doch gerade nicht dieselbige.

Die Stelle jedoch Seite 215 des Joseph Balsamo, genannt Cagliostro Stammbaum pp. bliebe weg, weil sie mit der schon gedruckten identisch ist. Den Schluß von Seite 234 bis 240 ließe man gleichfalls weg, als eine Privatangelegenheit, welche die Sache nicht weiter aufklärt.

Indem ich nun bedaure daß hiedurch einiger Aufenthalt verursacht worden, so kann ich Ew. Wohlgeboren fortgesetzte Aufmerksamkeit nicht dankbar genug anerkennen. Die übersendeten Druckbogen beyfügend, den Abgang des 36. und 40. Bandes, mit der nächsten Post, ankündigend, das Weitere erwartend, dem Abschluß des Ganzen als einem erwünschten Neujahrsgeschenk entgegen sehend, alles Gute wünschend, empfehle mich zum besten.

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 27. September 1830.[251]


47/223.


An Friedrich Theodor von Müller

Hierbey ein sehr interessanter Brief von Herrn Hofrath v. Quandt, so wie auch eine poetische Äußerung eines Patrioten. Sollte es wohl schicklich seyn, diese wohlgemeinten Zeilen in das Chaos aufzunehmen, oder sollte man sich ganz dieser Rubrik enthalten?

Treulichst

W. d. 28. September 1830.

G.


47/224.


An Robert Victor Swaine

[Concept.]

Wohlgeborner

Insonders Hochzuehrender Herr.

Ew. Wohlgeboren Gefälligkeit nehme hiemit bescheidentlich, ohne Bedenken in Anspruch, Ihren Bezug zu dem großherzoglich Sachsen – Weimarischen Geschäftskreis bedenkend und zugleich des freundlichen Verhältnisses mich gern erinnernd, welches mir ehmals zu Ihren theuren Eltern gegönnt war.

Aus beyliegenden Blättern werden dieselben zu ersehen belieben, daß die nunmehr vollendete, unter dem Schutze des durchlauchtigsten Bundes veranstaltete Ausgabe meiner sämmtlichen Werke von Hamburg und Itzehoe aus, mit freventlichem Nachdruck bedroht worden.

[252] Nun ist mein Wunsch Ew. Wohlgeboren möchten schleunigst die Anzeige hievon bey den Behörden zu thun sich bemühn, welche, auch ohne meine Anregung, sobald Ihnen die Sache bekannt geworden, von Amtswegen werden eingegriffen haben.

Ist dieser Schritt geschehen, so würde Ew. Wohlgeboren die Güte haben mich zu benachrichtigen was erfolgt und was von meiner Seite noch allenfalls zu thun sey. In Leipzig ist schon auf einfache Anzeige unsres General-Consuls für Sachsen, Herrn Küstners, durch den Herrn Bücherkommissarius das nöthige Verbot ergangen.

Mehr füge dießmal nicht hinzu, als die Entschuldigung des gegenwärtigen, nothgedrungenen, eiligen Auftrags, meine vollkommenste Hochachtung und Dankbarkeit versichernd.

Weimar den 29. September 1830.


[Beilage]

In den Jahren 1825 und 1826 erhielt ich von den sämmtlichen höchsten und hohen Gliedern des deutschen Bundes, also auch von der hochansehnlichen freyen Stadt Hamburg und also auch von Ihro Königlichen Majestät in Dänemark in Bezug auf Dero Herzogthümer Holstein und Lauenburg, streng verfaßte Privilegien für die projectirte Ausgabe meiner Werke, deren letzte Lieferung nunmehr Michael, bisher unangefochten, erscheinen wird.

[253] Nun aber theilt man mir einen Auszug mit aus einer Beylage des Hamburger Correspondenten, ohne jedoch die Nummer zu melden, worin Folgendes verfaßt seyn soll.


»Einladung zur Subscription


auf eine schöne und wohlfeile Ausgabe

von Goethes sämmtlichen Schriften.

Des Hochgefeyerten Werke, die früher unvollständig 80 Mk. kosteten, erscheinen jetzt, um sie auch Minderbegüterten zugänglich zu machen, vollständig in einer eleganten Taschenausgabe, der Band von 300 Seiten, sauber geheftet, zu nur 1 Mk. Vom 15. September an liefern wir wöchentlich einen solchen Band, so daß die respectiven Subscribenten nach Verlauf von ohngefähr 16 Monaten im Besitz der sämmtlichen Werke sind. Probeexemplare liegen zur gefälligen Ansicht bereit. Bestellungen erbitten bald

Schuberth und Niemeyer

in Hamburg und Itzehoe.«


In Gefolg dessen ersuche Herrn Robert Victor Swaine, Ihro des Herrn Großherzogs von Sachsen-Weimar-Eisenach Königliche Hoheit betrauten Consul, dem hohen Senat der freyen und Hansestadt Hamburg hievon geziemende Anzeige zu thun mit hinzugefügter Bitte: dem Inhalt des, unter dem 23. November 1825 erhielten günstige Privilegiums [gemäß], dem Hamburger Buchhändler Schuberth den angekündigten[254] Nachdruck zu verbieten, die vorhandenen Exemplare zu confisciren und, vorbehältlich eines zu erweisenden Schadenersatzes, mit einer angemessenen Geldbuße zu belegen, welches, wie solches geschehen, von mir auf das dankbarlichste anerkannt wird. Damit jedoch zu gleicher Zeit kund werde daß Autor und Verleger diesem Nachdruck zu steuern gleiches Interesse haben; so liegt die vidimirte Abschrift eines Schreibens des Herrn v. Cotta zu Stuttgart bey, worin derselbe mich in dieser Sache zu handeln allerdings beauftragt.


47/225.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

erhalten anbey den revidirten 3. Bogen zurück; das fernere Manuscript soll nächstens folgen; es ist noch in den Händen des Herrn Hofrath Soret zu nochmaliger Durchsicht. Ich habe es abverlangt und send es wie ich es empfange.

Mein treuster Wunsch ist daß die obwaltende Unannehmlichkeit Sie und die lieben Ihrigen nicht berühren mögen.

Weimar den 29. September 1830.[255]


47/226.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

[29. September 1830.]

Ew. Wohlgeboren

zeige hiedurch an daß ich eine Assignation auf die Herren Frege und Comp. in Leipzig auf 365 Thaler für Rechnung der J. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart bereit liegen habe, welche dieselben von mir erhalten können.

Dabey bemerke jedoch daß ich für die Summe von zweyhundert Thalern vollwichtige Ducaten wünsche, das Übrige was mir zukommt in sächsischem Gelde. Wollen Sie diese Angelegenheit hiernach arrangiren, so sollte es mir sehr angenehm seyn.


47/227.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe schuldigst zu vermelden daß ich dem hiesigen Banquier Herrn Julius Elkan eine Anweisung auf 365 Thaler sächsisch, gerichtet an Dieselben, für Rechnung der J. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart, eingehändigt habe, welche gefällig zu honoriren bitte.

Mit Vergnügen hab ich, nach eingezogener Erkundigung, vernommen daß die neulich unruhigen Auftritte Dieselben nicht berührt, wozu ich aufrichtig Glück wünsche.

Weimar den 29. September 1830.[256]


47/228.


An Friedrich Jacob Soret

Erlauben Sie, mein Theuerster, ein frühmorgendliche Anfrage.

Man verlangt von Jena die Fortsetzung des Manuscripts Ihrer Übersetzung. Nun finde ich die Reinschrift derselben nicht an dem Orte wo alles Botanische beysammen liegt. Sollte ich Ihnen gedachtes Manuscript zu weiterer Durchsicht zurückgegeben haben, so erbitte mir solches, wo nicht, so werde fernere Nachsuchung thun.

Mich zum allerbesten und schönstens empfehlend.

treulichst

Weimar den 29. September 1830.

Goethe.


47/229.


An Friedrich Jacob Soret

Nicht goldene Aepfel, mein theuerster, kann ich Ihnen anbieten, wohl aber zarte, vergilbte Blätter, die, wenn sie, im Herbste, von hesperischen Bäumen abfallen, von sorgfältigen Gärtnern der reichen Gefilde nicht ungern aufgelesen werden. Nehmen Sie diese mit Freundlichkeit an, und lassen uns fernerhin den unsterblichen Wärterinnen des ewig keimenden, blühenden und fruchtenden Reiches treu und angehörig bleiben! Am heutigen Festtage uns allen das Beste wünschend!

Weimar d. 30. Sept. 1830.

J. W. v. Goethe.[257]


47/230.


An August von Goethe

[Concept.]

[2. October 1830.]

Da ich nunmehr deinen Urlaub bis zu Ende des Jahrs durch die schnelle wirkende Gunst des Herrn v. Gersdorff Excellenz in Händen habe, so begrüße ich dich damit hoffentlich in Rom, wenn dir leidige Dämonen nicht neue hindernde Prüfungen zugedacht haben. Du kannst dir leicht denken welchen Antheil wir an deinem Unfall genommen, wir secretirten ihn, aber von Mylius wurde an den Canzler berichtet. Doch weil wir schwiegen ging es als ein Geheimniß herum und kam ich ohne Rede und Widerrede über meinen Geburtstag hinaus, den ich mit vielen Freunden um desto heiterer beging, als sowohl dein, wie Sterlings Brief, deine leidlichen Zustände berichtete.

Wer in Rom eingetreten ist, dem kann man nichts sagen. Wenn er fühlt daß er neu geboren ward, so ist ers werth und mag denn auch bey einem längeren Aufenthalt in allem Guten fortwachsen. Alles übrige würde an die Rhetorik des Polonius erinnern, eine Rolle die ich (wer kann sagen mit Recht oder Unrecht) niemals übernommen habe, die heute aber, den dritten September, gar nicht statt fände, da dein tröstlicher Brief, abgeschlossenen Spezia den 18. August, uns deine Genesung zugleich mit dem guten Gebrauch der Zeit und Umstände klar und deutlich berichtete.

[258] Heute feyern wir wie vor Alters und Geburtstag unsres alten Herrn mit der gewohnten Ausstellung, mit treuen Erinnerungen im Stillen. Mein Geburtstag ward auch sehr lebhaft begangen, ich entschloß mich hier zu bleiben; warum soll man so viel Gutem und Lieben ausweichen. Viele Gönner und Freunde, die ich vielleicht des Jahrs nur selten sehe, traten ein; auch unsre gnädigsten Herrschaften. Viele Geschenke prunkten, ein wohlgearbeiteter silberner Pokal war von Frankfurt Wohlwollenden gesendet, dahinter vier und zwanzig Flaschen Stein- und sonstigen edlen Frankenweines, von alten und neuen Jahrgängen. Prächtige Kissen, Rouleaux und dergleichen, nur zu kostbar um mit Behagen gebraucht zu werden, überdieß andere gute, wohl auch scherzhafte Dinge.

Das Kästchen von Mailand ist auch angekommen und wird nach deiner Anordnung in einem spätern Briefe eröffnet und behandelt werden.

[3. September 1830.]


[17. September 1830.]

Nun kommt zu unserer besondern Zufriedenheit dein Brief aus Florenz an, und wir freuen uns daß du das Bild dieser großen Existenz in dich ruhig aufnimmst und das herrliche Gefühl solcher Zustände sich bey dir entwickelt.

Nun kommen deine löblich fortgesetzten Tagebücher bis zum 28. August, da du denn gerühmt seyn sollst:[259] daß du diesen Tag, in so herrlicher Umgebung, anmuthig gefeyert hast.

Durch deine Beschreibungen wird mir Florenz wieder lebendig, das ich nicht so ausführlich und gründlich gesehen habe wie du; denn, auf meiner Hinfahrt, riß mich's unwiderstehlich nach Rom, und, auf der Rückreise, war ich mit Tasso beschäftigt, so daß ich, durch das innere poetische Leben, gegen diese herrliche Außenwelt mich gleichsam verdüstert fand. Es ist ein schönes glückliches Ereigniß deiner Reise, daß weder ein innerer noch äußerer Zwiespalt deine Aufmerksamkeit zerstreut, und du, obgleich unterrichtet genug, doch immer noch als ein Naturkind gegen die ungeheure Kunst stehst. Den Anblick des riesenhaften Pferdebändigers gönn ich dir, ob ich ihn gleich niemals so günstig beschauen konnte; in Rom wird er dir wieder neu und durch eine solche Vorbereitung begreiflicher werden.

Was soll ich von unsern Zuständen sagen! im Hause, bey Hof und in der Stadt kommt nichts vor als was nicht aus den Zuständen ganz folgerecht hervorginge. Im allgemeinen hat ein alberner Nachahmungstrieb überall, mehr oder weniger, Rottirungen, wilde Händel, Brennereyen hervorgebracht und die Widerwärtigkeiten gegen die Regierungen haben sich, wie in Brabant, an mehreren Orten, mit Grund und Ungrund, hervorgethan. In Leipzig haben sie Häuser gestürmt, in Dresden das Rathhaus verbrannt und die[260] Polizeyarchive zerstört. In einigen Fabrikorten sind auch dergleichen Auftritte gewesen.

In Braunschweig geschah das Absurdeste; die Feuerlustigen manövrirten neben den Kanonen vorbey, die man gegen sie aufgeführt hatte, und brannten die eine Seite des Schlosses ganz ruhig und ungestört nieder. Sie hätten auch die andere angesteckt, unterließen's aber, um die nahe gegenüberstehenden Bürgerhäuser nicht in das Hofunheil mit zu verschlingen.

Im Allgemeinen haben, nach dem Vorgange Preußens, Rußland und Österreich den König der Franzosen anerkannt und nun kommt alles darauf an, daß die Niederlande, von Holland getrennt, als zwey besondere Staaten, einem König aus dem Hause Nassau untergeben bleiben. Es ist zu hoffen daß die Nothauch hier das Nützliche und allen Theilen billig und gleichmäßig Vortheilhafte bewirken wird.

Ich schreibe diese Hauptpuncte umständlich, damit du bey allen Zeitungs-Nachrichten, bey manchen hin und wieder schweblenden Kannegießereyen, doch wissest wie es im Grund steht und, wie du bisher gethan, die dir gegönnte Zeit mit offnen Augen, Glauben und Vertrauen, auf die Außenwelt wie auf dich selbst, verharrend genießest und nützest, unbekümmert um alle Zufälligkeiten. Denke nur daß Meyer in Florenz fleißig arbeitete und studirte, als Napoleon die Stadt eingenommen, den Palast Pitti geleert und seine Abgeordneten sehr übel behandelt hatte: daß die Tribuna[261] verschont worden. Die Venus Medicis hatte man nach Sicilien geflüchtet, sie mußte aber wieder beygeschafft werden.

Was ich in deinen Schreiben vermisse ist die Nachricht daß [du] unser erstes Schreiben, welches wir gleich nach deinem Unfall abgelassen, von der Post, in Florenz, wo es zu finden war, nicht abgeholt habest. Vielleicht gibt dein nächster Brief, den wir noch abwarten wollen, davon Nachricht.

Daß die beiden Kästchen, die du abgesendet hast von Mailand und Florenz, heute, den 17. September, noch nicht angekommen sind, schreibe hier einsweilen nieder. Die Avisbriefe und Anzeigen sind angelangt, die Kästchen scheinen in Frankfurt oder sonst wo zu stocken.

Da es Platz ist, füg ich noch einige Publica hinzu: die Unruhen und Unthaten in Braunschweig und Dresden haben sich, der Legitimität unbeschadet, durch eine Veränderung des Gouvernements beruhigt. In Braunschweig hat man, nach dem Entweichen des Herzogs, seinen jüngern Bruder von Hamburg berufen. In Dresden ist Prinz Friedrich, nachdem sein Herr Vater Max auf die Succession Verzicht gethan, zum Mitregenten angenommen worden. Die Gebäude mögen sie wieder aufbauen, nach verbrannten Acten und Rechnungen wieder von vorne zu regieren anfangen.[262]


Weimar den 30. September 1830.

Vorstehendes blieb mehrere Tage liegen; deine sehr löblichen journalartigen Briefe bis Montag den 13. September sind in vollständiger Ordnung zu unsrer Freude und Zufriedenheit angelangt, und wir können nun auf eine gleich Fortsetzung hoffen.

Daß du mit Zahn zusammentriffst ist freylich ein wünschenswerther Umstand; er wußte wohl schon daß ich seine Hefte in den Wiener Jahrbüchern umständlich angezeigt habe. Nun wirst du durch ihn in Pompeji ganz und gar einheimisch werden.

Möge dir alles glücken und zu einer Einfahrt in Rom, wo unsre Gedanken dich schon suchten, diese herrlich Vorbereitung dich zum schönsten fördern; so wie wir dir Glück wünschen, nach ausgestandenem grandiosen Sturm, durch den Anblick des herrlichen Neapels erquickt worden zu seyn.

Von unsern Zuständen muß ich dir sagen was dir vielleicht schlimmer zu Ohren käme. Jenes oben gemeldete Übel ist uns immer näher gerückt. Gera, Altenburg, besonders letztes ist stark beschädigt worden. In Jena ist schon über 14 Tage unruhig, die Besseren haben das Mögliche gethan, doch mußte man zuletzt Militair hinüber schicken. Auch hier am Orte waren schon die wildesten Drohungen ausgestreut, die Personen genannt, welche man, in und mit ihren Häusern, zu beschädigen gedächte. Der Großherzog war abwesend, doch nach einigem Zaudern entschloß[263] man sich unser sämtliches Militair heranzuziehen; achthundert Mann im Ganzen. Da mit und mit sonstiger Vorsicht hoffen wir durch zu kommen. Eisenach und Ilmenau mußten durch Klugheit beschwichtigt werden. Wohl dir daß du indessen in dem herrlichen Companien hausest, obschon die großen Paraden und Revüen, von denen du Zeuge warst, auch auf dortige Vorsichsmaßregeln zu deuten scheinen.

Soviel für dießmal; in Beyliegendem empfiehlt sich die Familie.

Ottilie, treu ihren Consular- und Redactionspflichten, nicht weniger an Galatagen sich gränzenloser Hüte befleißigend, die Knaben gutartig-gesellig, fortschreitend in der Musik, wie es mit den übrigen Studien gelingt ist abzuwarten. Das Mädchen zum Bewundern gescheut, von lebhaftem Willen, sehr leicht auf einen andern Gegenstand zu lenken, deshalb ihre Gegenwart höchst anmuthig.

Weimar den 31. September 1830.


47/231.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

Ew. Hochwohlgeboren

beykommende Mittheilungen dankbarlichst zurücksendend, ersuche Dieselben, Ihre bisherigen, so zweckmäßigen Bemühungen die Krone aufzusetzen, indem Sie mir ein Zeugniß zusenden: das bisher zurückgehaltene,[264] an die Leipziger Buchhandlungen gerichtet Circular sey nunmehr wirklich erlassen worden.

Von Herrn v. Froriep, welcher sich mit seiner liebenswürdigen Tochter in Hamburg gegenwärtig befinden, gehen auch die tröstlichsten Nachrichten bey mir ein. An förmlicher Einleitung durch Herrn Consul Swaine habe ich es auch nicht ermangeln lassen.

Die mir mitgetheilten Gesinnungen des Ehrenmannes, den ich zum allerschönsten dankend begrüße, nehmen sich so gut in Versen aus, als sie sich in thätiger Prosa beweisen würden.

Wie viel bleibt zu sagen! und wie wünscht man nicht in diesen Stunden sich mit einsichtigen Freunden zu unterhalten.

In gefühltester Hochachtung

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 2. October 1830.

J. W. v. Goethe.


47/232.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Frommanns sende eine zweyte Revision des 3. Bogens, aber Ihre erste nicht mit. Ich lege daher zu mehrerer Bequemlichkeit die Soretische bey. Um geneigte Förderniß bittend.

G.

Weimar den 2. October 1830.[265]


47/233.


An Sulpiz Boisserée

Obgleich auch nicht rein genug im Geiste um eine heitere Wirkung in die Ferne zu versuchen, so will ich doch wenigstens einiges der obwaltenden Fragen und Zustände berühren. Herr Hofrath Thiersch hat mir gar manches Gute mitgebracht, danken Sie den ansehnlichen Gliedern des höchst löblichen Kunstvereins, auch Herrn v. Hormayr bitte mich zu empfehlen. Neureuther macht mich durch das 3. und 4. Heft seiner Randzeichnungen wahrhaft glücklich, da kann man denn doch einmal sagen: Es ist alles was es an seiner Stelle seyn soll und mehr und über alle Erwartung.

Sie fragen nach denen Heften die wir auszugeben im Gange waren; ich mußte sie für den Augenblick aufgeben da die Sorge für die letzten Sendungen meiner Werke eher sich steigert als abnahm. Indessen haben wir Einzelnes den Wiener und Berliner Jahrbüchern überlassen, um zu versuchen wie unsre Worte aus einer andern Weltgegend her klingen. Reichen sie bis zu Ihnen so werden sie gewiß keinen fremden Eindruck machen.

»Ein gutes Wort findet eine gute Statt« und so hat auch Ihr liebes vermittelndes Schreiben gewirkt; eins aber muß ich hinzufügen. In den hohen Jahren werden mir alle halbe Verhältnisse ganz unmöglich durchzuführen; das famose leben und leben lassen,[266] wodurch wir unsre Tage zu Grunde richten, geht nicht mehr; was nicht rein aus der Seele kommt kann nicht ausgesprochen werden.

In jenen Aufsätzen werden Sie den Werth Ihrer Bemühungen treufreundlich beachtet finden.

Über den naturwissenschaftlichen Streit in Paris finden Sie eine Andeutung in den Berliner Jahrbüchern. Die Fortsetzung ist geschrieben und bedarf jetzt nur einer sinnigen Redaction. Doch sind wissenschaftlichen Händel nicht von der Art zur Zeit so großer Ereignisse ein lebhaftes Interesse zu unterhalten. Ich arbeiten unterdessen im Stillen fort, denn diese Differenz der Ansicht wird im Fortgange der Wissenschaften immer wieder hervortreten.

Die vierzig Gulden für das wirklich interessante Gebetbüchlein auszuzahlen hat der Kassirer Auftrag erhalten. Auch die frühere Schuld wird hoffentlich durch denselben schon getilgt seyn.

Meinem Sohn ist bisher, nach einigen Zwischenfällen und Unfällen, nach überstandenem Sturm zwischen Livorno und Neapel, mit dem Dampfschiff in der herrlichen Bay zu landen wirklich Gelungen. Er fand sogleich Herrn Zahn, der, nach beendigtem großen Werk in Berlin, sich dorthin wieder begeben hat. Mein Sohn ist also, sowohl über als unter der Erde, wohl empfohlen. Kunst und Natur von Jugend auf anzuschauen gewöhnt, hat er, ohne viel zu raisonniren, einen guten praktischen Blick in die Welt und hat[267] mir von den Medaillen des 15. und 16. Jahrhunderts beynahe 100 Stücke gesendet, worunter wenig Doubletten, die doch auch im Norden, zum Tauschen mit Liebhabern, höchst angenehm sind.

Von Mahomet II. sende gelegentlich einen Gypsabguß. Die gemeldeten drey Könige sind auch recht hübsch durchgezeichnet.

Für die zwey Hefte der Denkmale am Niederrhein danke zum schönsten. Die Verhältnisse dieser schätzbaren Zeugnisse voriger Tage werden, durch Ihre Sorgfalt, immer klarer, faßlicher und annehmlicher.

Ihre anmuthige Beschreibung der traditionellen Aufführung eines geistlichen Dramas ist sogleich in den Abgrund der chaotischen Verwirrung verschlungen worden, woraus sie nächstens brillant hervorsteigen und sich zu Ihnen an den Fuß der Alpen begeben wird.

Da man den ersten Wochen-, nicht Jahrgang entgegenschreitet und stark in den Vierzigen begriffen ist, so werden für das nächste Jahr auch die Bedingungen der Mitglieder beygefügt seyn.

Ermangeln Sie ja nicht von Zeit zu Zeit etwas Einzelnes, was sich so hübsch als ein Ganzes auffassen läßt, geschlossen darzustellen und mitzutheilen. Dergleichen gibt dem Leben einen neuen Reiz, besonders für uns andere, die wir uns in die Weite und Breite quälen, ohne doch recht einzusehen was es eigentlich heißen soll.

[268] Merkwürdig ist es daß gerade die Vorlesung Villemains mir zur Hand kommt, über denselben Gegenstand. Er hebt, auf eine hübsch-gallische Weise, vielbesprochene Hroswitha, Aebtissin von Gandersheim, hervor und ihre christlichen Dramen, die sie, angeregt durch Terenz, mit heiterem Geist und religiosem Sinn vortrug. Ich will sehen ob ich in einem guten Stündchen Ihrem Aufsatz dadurch etwas Paralleles an die Seite stellen kann.

Da noch Platz ist laß ich die Stelle ausschreiben, das Heft möchte Ihnen schwerlich zu Handen seyn.

Unwandelbar

d. 3. October 1830.

Goethe.


[Beilage.]

Ainsi, en Allemagne, dans un monastère qui comptait cinquante religieuses de noble famille, il paraît que, vers 1080, on avait dressé un petit théâtre, comme à Saint-Cyr, sous madame de Maintenon, et que là quelques jeunes sœurs, ayant sans doute obtenu dispense pour s'habiller en hommes, représenterent une espèce de tragédie, la Conversion de Gallicanus. Voici le sujet de la pièce: Constantin le Grand avoit promis de donner la belle Constantia, sa fille, à un jeune Romain de haute naissance et de grand courage, mais encore attaché au culte des faux dieux. Une guerre suspend ce projet: le jeune amant y vole et se couvre de as gloire dans un combat, où il est miraculeusement sauvé. Touché de ce secours de la Providence, il se laisse convertir a la foi par deux officiers de l'empereur, Paul et Jean. Dans sa pieuse ferveur, il renonce à la main de la princesse, qui, de son côté, se consacre à la vie religieuse. Voilà le premier acte, où l'unité de temps, comme vous le voyez,[269] n'est pas fort rigoureuse. C'est une pièce libre qui, en tout, dure vingt-cinq ans. Au second acte, trois empereurs ont déjà passé; c'est Julien qui règne. Julien, après avoir exilé Gallicanus, le fait tuer en Égypte. Puis sa persécution s'attache avec plus de violence et de haine aux deux officiers du palais qui avaient autrefois accompli l'heureuse conversion de Gallicanus. On ne voit pas le motif de cette colère. Mais l'auteur, dans la prose assez correcte de son drame, fait habilement parler Julien. Il y a là un sentiment vrai de l'histoire; Julien ne paraît pas un féroce et stupide persécuteur, comme l'auraient imaginé les légendaires du VIe siècle. La religieuse de Gandersheim avait saisi le caractère de Julien; on le voit avec sa modération apparente, son esprit impérieux et ironique. Il ne peut triompher de l'obstination chrétienne des deux officiers de l'empereur; il les exile. en laissant prévoir leur supplice.

|: Folgt die Scene :|


47/234.


An Carl August Varnhagen von Ense

Weimar den 3. October 1830.

Es war im eigentlichen Sinne des Worts recht liebenswürdig von Ihnen und der Direction, daß Sie meine Rezension nach der Ihrigen abdrucken ließen; ich erinnere mich dabey der venetianischen Rechtspflege wo der eine Advocat die Sache ruhig und gründlich vorträgt, damit man wisse wovon die Rede sey, der andere aber in lebhafter Peroration das Publicum auf eine leichtere Weise in's Interesse zu ziehen sucht. Verfasser und Verleger können zufrieden seyn, denn wer wird dieß Buch jetzt nicht lesen.

[270] Wundersam deutet schon im Februar der Zwiespalt zweyer Naturforscher auf den ungeheuren Zwiespalt des Reiches zu Ende Juli, davon uns denn die Nachricht obruiren und unser Interesse verschlingen, da ja überdieß die Folgen uns selbst zu Leibe gehn.

Glücklicherweise hatt ich, gleich im ersten Anlauf, das Ganze was zu thun wäre überdacht und in seinen wichtigsten Puncten fertig geschrieben. Nun muß ich erst aufpassen wenn der rechte Moment sich einstellt, wo mit einer Fortsetzung hervorzutreten wäre. Abschließen werden und wollen wir nicht. Wir haben Widersacher, sind aber keine Widersacher, wir halten an der Sache, sind für die Sache, insofern es den Menschen gegeben ist.

Herrn A. v. Humboldt kann dieses Ereigniß nicht freuen. Zu componiren ist nicht in diesem Streite, alles käme darauf an daß beide Theile sich einander gelten ließen. Das geht aber nicht, niemand mag sich gern bescheiden, und dem Streite folgt wohl der Sieg; da denn dem Überwindenden Ehre, Ruf, Ruhm, Ansehn und Pfründen zu Theil werden. Die vergangenen und gegenwärtigen Zustände aufzuklären wird meine Bemühung seyn.

Die von Herrn Minister v. Humboldt zugegangene Auszeichnung und die Hoffnung ihn wieder in äußerer Thätigkeit zu sehen, freut auch mich von Herzen. Seine Anzeige meines 29. Bandes hat mir viel Vergnügen[271] gebracht. Sich wieder einmal in einem verwandten, so lange geprüft verbundenem Geiste zu spiegeln ist vollkommen behaglich fördernd.

Die bildende Kunst ist eine Asträa die einmal aus himmlischen Regionen mit ihren Fußspitzen auf den Erdball getippt, bald aber weiß man nicht wo sie hingekommen ist. Mir hat zunächst Eugen Neureuther durch seine Randzeichnungen zu meinen Balladen und Romanzen und einige Tyroler Liedern besondere Freude gemacht. Kann ich in diesen Tagen einige ruhige Stunden finden, so sende Ihnen davon eine An zeige. Bey diesen Heften kann man wenigstens sagen: was es ist, ist vollkommen, Bewunderung erregend, überraschend und zum Erstaunen hinreißend. Hier liegt die Erklärung bedeutender Kunstregel ganz nah, ich werde mich wohl aber hüten das Wort auszusprechen, das den Menschen oft noch räthselhafter vorkommt als das Räthsel selbst.

Soll ich aufrichtig gestehen so ist mein Antheil an der neueren Kunst jetzt ganz eigentlich symbolisch, ich sehe immer mehr worauf die Arbeiten hindeuten, als was sie sind. Ob auf Geist? that is the question.

Verzeihung diesen extemporirten Äußerungen! wer kann sagen daß er sich in diesen Augenblicken völlig rein zusammenfasse? Und doch soll man nicht säumen freundliche Mittheilungen treulichst zu erwidern wie es der Augenblick geben will.

[272] Auch des Monuments zu Igel bin ich eingedenk und hege es meiner Gegenwart. Ferneres Ein- und Mitwirken mir erbittend; die Nächsten und Nahen zum schönsten grüßend.

Und so fort an,

Goethe.


47/235.


An Johann Gottlob von Quandt

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

mit freudigem Dank schönstens begrüßend, habe die besondere Freundlichkeit anzuerkennen, womit Sie mich über Ihre gesicherte Lage in so bedenklichen Augenblicken gefälligst beruhigen wollen. Wir am Orte dürfen hoffen ohne Beschädigung diese wunderlichen Tage zu überleben; ob das Übel vorübergeht, oder von bedeutender Einwirkung ist? weiß noch kein Mensch zu sagen.

Zugleich habe noch eine Theilnehmerin anzumelden, für

Frau Generalin v. Seebach

mir Nummer, Karte und Quittung erbittend, damit ich seiner Zeit alles in Ordnung verfügen und abthun könne.

Mehr sag ich heute nicht und füge nur in treuster Gesinnung die treusten Wünsche hinzu.

Weimar den 4. October 1830.[273]


47/236.


An Carl Friedrich Zelter

Ich verglich dich neulich, in guter Gesellschaft, einer wohleingerichteten Mühle, die zu dem Umschwung ihres Rädewerks Wasser braucht und, damit ihre Steine sich nicht selbst aufreiben, Waizen die Fülle nöthig hat. Ob du nun gleich, als ein Organisches Wesen, dieß alles selbst besitzest und hegst, so forderst du doch von außen Zufluß in deinen Mühlgraben und zahlreiche Mahlgäste. Dafür mag denn das Theater und das ergo bibamus gelten. Den besten Waizen wünschen wir dir auch, an gelehrigen Schülern, die du freylich nicht zermalmen, aber desto erwünschter schroten und zurichten mögest. Nimm vorlieb mit diesem Gleichniß, welches ich, nach Galls Ausspruch, in meinen Äußerungen nicht vermeiden konnte.

Ich habe diese Tage wieder in Sterns Tristram hineingesehen, der, gerade als ich ein unseliges Studentchen war, in Deutschland großes Aufsehen machte. Mit den Jahren nahm und nimmt meine Bewunderung zu; denn wer hat Anno 1759 Pedanterey und Philisterey so trefflich eingesehen und mit solcher Heiterkeit geschildert. Ich kenne noch immer seines Gleichen nicht in dem weiten Bücherkreise.

Verzeihe! es ist Sonntag Morgens und von außen beunruhigt mich nichts; denn fast sind wir schon der neusten in der Volks- und Pöbelmasse aufgeregten[274] Wildheiten gewohnt, auch Durchmärsche nehmen wir als bekannt an. Wundersam kommt mir freylich vor daß sich nach vierzig Jahren der alte tumultuarische Taumel wieder erneuert.

Seitdem Herr v. Henning bey mir gewesen, hab ich manches nach Berlin zu den Jahrbüchern gesendet; sie haben es freundlich aufgenommen, und so empfehl ich dir's, damit du erfahrest womit ich mich abgebe. Ich bin wieder in die Naturbetrachtungen gerathen, welches für mich, der ich ein nachdenklicher Mensch bin, doch immer das Beste bleibt, je tiefer man in ihr Gebiet dringt, desto wahrer wird sie. Sie wehrt sich zwar gewaltig gegen den unfähigen täppischen Menschen, der Beharrlichkeit gibt sie nach, um ihr Geschlecht zu rechtfertigen.

Die Campanella haben sie in's Chaos aufgenommen, schicktest du die Composition dazu so sähe man doch einmal ein Notenblatt. Der Abschluß des Jahrgangs d.h. 52 Blätter ist vor der Thüre, ich animire sie fortzufahren, es beschäftigt die kleine Gesellschaft und wirkt nach vielen Orten hin. Das Titelblatt wird, wie man Windrosen zeichnet, eine Ortrose als Vignette bringen, wo auf den Strahlen die Orte bezeichnet sind wo sich die Mitarbeiter aufhalten.

Die Frankfurter Gönner und Freunde haben mir zum Geburtstag einen bedeutenden silbernen Becher und viele Flaschen guten Weins gesendet, mit Verslein[275] in Bezug auf die Generalbeichte; so klingt das hin und wieder und endlich wohl auch ergötzlich einmal an die Felsenquellen zurück.

Grüße mir deine guten jungen Leute und hilf ihnen auf, so gut es gehen will.

Vorstehendes liegt schon viele Wochen. Das Pariser Erdbeben hat seine Erschütterung durch Europa lebhaft verzweigt; ihr habt davon ja auch einen Fieberanstoß empfunden. Alle Klugheit der Bestehenden liegt darin, daß sie die einzelnen Parorysmen unschädlich machen, und das beschäftigt uns denn auch an allen Orten und Enden. Kommen wir darüber hinaus, so ist's wieder auf eine Weile ruhig. Mehr sag ich nicht.

Außerhalb Troja's versieht man's und innerhalb Troja's dergleichen.

Reineke Fuchs. d. 5. Octb. 1830.


47/237.


An Thomas Carlyle

Und so geht denn auch, mein Theuerster, abermals ein Kästchen an Sie ab, indessen mein Brief vom 7. Juni und das Kästchen, abgegangen den 13., wohl schon bey Ihnen angekommen sind und ich nun bald die Meldung des Empfangs brieflich von Ihnen hoffen darf.

Das Gegenwärtige, gleichfalls der Sorgfalt Herrn Parish's Überlassene, enthält denn endlich das so lange[276] vorbereitete und immer verspätete Leben Schillers, in deutscher Übersetzung. Mögen Sie zufrieden seyn mit der Art wie ich wünschte Sie und meine Berliner Freunde in lebhaftem und fruchtbarem Verhältniß zu sehen. In meinen Jahren muß es mir angelegen seyn, die vielen Bezüge, die sich bey mir zusammenknüpften, sich anderwärts wieder anknüpfen zu sehen und zu beschleunigen was der Gute wünscht und wünschen muß: eine gewisse sittliche freysinnige Übereinstimmung durch die Welt, und wär es auch nur im Stillen, ja oft gehindert, zu verbreiten; dergestalt damit sich manches friedlich zurechtlege, um nicht erst zerstreut umhergetrieben und kaum in's Gleiche, nach großem Verlust, gesetzt zu werden. Möge Ihnen gelingen, Ihrer Nation die Vortheile der Deutschen bekannt zu machen, wie wir uns immerfort thätig erweisen den unsrigen die Vorzüge der Fremden zu verdeutlichen.

Da Sie Ihre Geschichte der deutschen Literatur nicht zu beeilen brauchen, so wird Ihnen, zu weiterer Einsicht in dieselbe, das Werk von Wachler höchst wichtig seyn. Was in diesem Fach vorhanden ist sehen Sie deutlich verzeichnet; Ihr Geist, Ihr Gemüth wird Ihnen andeuten um was zunächst von diesem allen Sie sich umzuthun haben. Alsdann werden Sie finden was Ihre Nation interessiren könnte, ausführlicher oder kurzgefaßter, wobey es denn immer doch zu jeder Zeit und an jedem Orte darauf ankommt, daß etwas[277] menschlich wohlgesinntes durchgeführt, überliefert und wo möglich bestätigt werde. Die wilde Unterbrechung der deutschen Bildung, besonders vom Anfang des 17. Jahrhunderts bis in's 18. hinein. wird Sie betrüben. Wie sich ein Volk nach und nach wieder hilft ist aber desto merkwürdiger. Hiemit nun allen guten Geistern und Einflüssen empfohlen.

Die Berliner Freunde haben meine Widmung Ihres Schillerischen Lebens gar geneigt aufgenommen und sind zu allen wechselseitigen Mittheilungen erbötig. Sie haben mir ein Diplom zugeschickt, worin sie Herrn Thomas Carlyle zu Craigenputtoch zum auswärtigen Ehrenmitglied ernennen. Dieses werthe Blatt sende mit dem nächsten Kästchen das wohl vor Winters noch zu Ihnen kommt, es wird die letzte Lieferung meiner Werke enthalten, der ich noch einiges Ineressante hinzuzufügen hoffe.

Da die Briefpost nicht so wie der andere Transport im Winter unterbrochen wird, so lassen Sie mich von Zeit zu Zeit etwas von sich wissen, ehe wir wieder völlig einschneien, wozu für diesen Winter, ob ich gleich nicht gerne Witterung voraussage, abermals bedenkliche Aussichten sind.


Abschrift.

In der heutigen Sitzung der Gesellschaft für Vaterländische Literatur wurde Herr Thomas Carlyle von Craigenputtoch in Schottland durch einmüthigen Beschluß sämmtlicher anwesenden Mitglieder zum auswärtigen Mitgliede dieser[278] Gesellschaft ernannt. Dieselbe hofft mit Zuversicht, daß dieser ausgezeichnete Gelehrte, der von Goethe an ihn ergehenden Einladung entsprechend, zur Beförderung Ihrer Zwecke, so weit sie auf die Kenntniß und Verbreitung der englischen Literatur in Deutschland, und der deutschen in Großbritannien gerichtet sind, gern die Hand bieten, und so zur Erreichung des gemeinsamen Zieles allgemeiner Bildung thätig mitwirken werde.

Herr Carlyle wird hiervon durch Abschrift dieser Verhandlung in Kenntniß gesetzt.

So geschehen Berlin in der Versammlung vom 24. September 1830.

Die Gesellschaft für ausländische Literatur.

Hitzig.


Nach Abschluß dieses Blattes, das ich gleich senden will, damit es dem Kästchen, welches am 29. August an die Herren Parish abgegangen ist, nach- oder voreile, grüße ich beide liebe Gatten zum schönsten.

Herr Carlyle wird, meinem Wunsch gemäß, den werthen Berlinern ein freundlich Wörtchen sagen. Dem Gegenwärtigen lasse bald ein anderes folgen. Ein talentvoller junger man und glücklicher Übersetzer beschäftigt sich mit Burns; ich bin darauf sehr verlangend. Leben Sie recht wohl, schreiben Sie bald, denn für mich werden Tage und Wochen immer kostbarer.

Und so denn, fort an!

Weimar den 5. October 1830.

Goethe.[279]


47/238.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

In diesen Tagen hab ich dem guten Dr. Eckermann, einem treuen Haus- und Studienfreunde, der meinen Sohn bis Genua begleitete und von da wieder zurückkehrte, ein Blättchen an meine theuren Freunde gesendet, bin aber zweifelhaft, ob er dort angekommen, und, wenn er ankam, ob er die paar Worte abgegeben hat. Junge Leute sind wunderlich, waren wir's doch auch.

Hundertmal sind meine Gedanken bey Ihnen gewesen; nun aber find ich einen ruhigen Augenblick, der mich befähigt es auszusprechen. Das gewaltige Pariser Erdbeben, das ganz Europa erschütterte, nöthigt einen jeden nach seinen Mauern zu sehen, ob nichts reißt, und nach seinen Dächern, ob nichts den Einsturz droht.

Auch uns sind die Unruhen nahe genug gerückt; bis Jena muß ich bekennen. Doch hat sich alles, ohne bedeutenden Schaden, durch ernste Vorsicht und mäßige Vorkehrungen in's Gleiche gestellt. Alsobald will ich daher für das liebenswürdige Andenken und die wiederholten Sendungen zum schönsten danken, die ich mit Freunden und Kindern als seltene Gaben heiter genießen kann.

Möge die Witterung, in jenen freyen Gegenden, Ihre Sommer- und Herbsttage besser begünstigt haben,[280] als uns im hügelreichen Thüringen. Nur sparsam konnte man irgend einer Gartenanmuth genießen, nur selten eine Landpartiewagen; doch muß ich gestehen, mir ist in meinem Hause viel Erfreuliches geworden, vielfache Sendung von alten und neuern Kunstwerken, da ich denn auch noch des anmuthigen Frauenpaars zu gedenken habe, welches mir zum 28. August gar liebenswürdig erschien.

Meine werthen Frankfurter Freunde haben mich mit bedeutenden Gaben überrascht: einem geschmackvoll bedeutenden Becher mit würdigem Weine.

Unter den Theilnehmern, die mir verrathen wurden, befindet sich auch Herr Burgemeister Thomas, der Ihnen so nah steht, daß ein freundliches Wort durch Sie am wärmsten zu ihm gelangen kann. Sagen Sie ihm ausdrücklich, damit es auch die übrigen Freunde vernehmen, wie sehr mich dieses Andenken erfreut hat, und wenn es gleich meinem Alter nicht mehr zuträglich seyn will aus solchen Pokalen bescheid zu thun, so ist es doch ein angenehmer Anblick die rüstigen und muntern Jüngern, auch nur durch ein bescheidenes Nippen, zur Fröhlichkeit aufzufordern.

Ferner darf ich auch wohl unter die günstigen Ereignisse der vergangenen Monate zählen, daß ich von werthen alten Freunden und sonst würdigen Personen fleißig besucht worden, wodurch man zum Gefühl kommt, daß Zeit und Raum immer mehr in's Enge gebracht wird. Ein junger Mann, der vor acht Tagen[281] aus London abging, im Norden von Deutschland gute Geschäfte gemacht hatte, nach Verlauf einer Woche also bey mir eintraf, und flugs wieder zu Hause seyn wollte, gab mir einen recht deutlichen Begriff wie es jetzt in der Welt schnell hergeht. Sowie die höchsten Gebirge gleichfalls leicht meabel sind, und man jetzt in offener Kalesche bequem dahin fährt, wo wir mühseligen Fußgänger, mit Maulthieren um die Wette mühselig steigen mußten und, in den Tiefen neben an, vom Wasserschaum bespritzt Drachenhöhlen zu befürchten hatten.

Leider sind diese Lichtigkeiten der Bewegung nicht in die Jahre meiner Mobilität gefallen, sonst hätten die Freunde, an den sonnigen Ufern des Maynstroms, mich diese Jahre her gar öfters eintreffen sehen. Und so fort an aus der Ferne treu angehörig

Weimar den 8. October 1830.

J. W. v. Goethe.


47/239.


An Carl Ernst Schubarth

Wenn es mir gleich, in meinem hohen Alter, unmöglich fällt auf Mittheilungen und Anfragen, wie ich sonst wohl gern gethan, mit schriftlicher Erwiderung zu dienen; so unterlaß ich doch nicht älterer guten Verhältnisse zu gedenken und, wo möglich, mich für dieselben thätig zu erweisen.

Desto angenehmer war mir aus folgender Stelle eines Schreibens von Berlin zu vernehmen, Ihnen[282] sey Gelegenheit gegeben worden zu zeigen daß Sie sich zu einer gewünschten Schulstelle qualificiren und sich einem solchen besondern Geschäft zu widmen geneigt sind, da man Ihre schöne Fähigkeiten, in's Allgemeine zu wirken, niemals bezweifelt hat.

»Es ist angeordnet, daß man p. Schubarth an dem Gymnasio zu Hirschberg, wo er vorzugsweise angestellt zu werden wünscht, einige für ihn passende Lektionen einstweilen übertragen werden, auch sind ihm, um seine äußere Subsistenz während dieser Probezeit gegen niederdrückende Sorgen zu sichern, eine außerordentliche Unterstützung von 300 Thalern bewilligt. Es ist sehr wünschenswerth, wenn mit dem p. Schubarth eingeleitete Versuch so günstig aus fällt, daß ihm nach Verlauf des Probejahrs ein bestimmter, seinen Wünschen entsprechender Wirkungskreis im höhern Lehrfache anvertraut werden kann.«

Da Sie Hirschberg so genau kenne und sich dort für Ihre höhern Ansichten ein Publicum zu gewinnen vermocht, so muß es Ihnen ganz klar seyn, was und wie man's gerade an der Ihnen gegönnten Stelle gelehrt haben will, und ich zweifle nicht daß Sie, nach so manchen literarischen Versuchen, in vorgerückten Jahren, diese Gelegenheit ergreifen werden Ihr künftiges Schicksal zu bestimmen.

Geben Sie mir einige Nachricht wie Sie es angreifen und wiefern es Ihnen glückt. Für die übrigen Sendungen, besonders die von Faust, statte meinen[283] besten Dank ab. Es muß mir immer merkwürdig bleiben, was dieses wundersame Werk aufregt und zu was für Betrachtungen es Veranlassung gibt.

Das Beste wünschend,

treu theilnehmend

Weimar den 8. October 1830.

J. W. v. Goethe.


47/240.


An Antoine Leonard de Chézy

Sie werden nicht zweifeln, verehrter Mann, daß ich mit dankbarem Herzen die schöne Gabe empfing, die Sie mir auf das geneigteste zudachten. Unerwartet erfolgt jedoch gleich darauf die große Epoche, die uns für unsere werthen Freunde in Paris besorgt machen mußte. Jetzt aber, da sie den allgemeinen Wünschen gemäß vorübergegangen, und ich mich vergewissern kann, daß sie keinen der Männer, die mir zunächst am Herzen liegen, schädlich berührt hat, kann ich mich desto freyerem Geiste Gegenwärtiges erlassen und darf aussprechen, welch ein ganz vorzügliches Geschenk Sie mir durch die Übersetzung der Sakuntala verliehen haben.

Das erste Mal als ich dieses unergründliche Werk gewahr wurde, erregte es in mir einen solchen Enthusiasmus, zog mich dergestalt an, daß ich es zu studiren nicht unterließ, ja sogar zu dem unmöglichen Unternehmen mich getrieben fühlte, es, wenn auch nur einiger Maßen, der deutschen Bühne anzueignen. Durch[284] diese wenn gleich fruchtlosen Bemühungen bin ich mit dem höchst schätzbaren Werke so genau bekannt geworden, es hat eine solche Epoche in meinem Lebensgange bestimmt, es ist mir so eigen geworden, daß ich seit dreyßig Jahren weder das Englische noch das Deutsche je wieder angesehen habe.

Nun aber begrüßt Ihre unmittelbare durchstudirte Übersetzung mich in hohen Jahren, wo der Stoff eines Kunstwerks, welcher sonst den Antheil meistens bestimmt, für die Betrachtung fast Null wird, und man der Behandlung allein, aber in desto höherem Grade, Ehre zu geben sich befähigt fühlt.

Soll ich meine Betrachtungen hier im Kurzen zusammenfassen: Ich begreife erst jetzt den überschwenglichen Eindruck, den dieses Werk früher auf mich gewann. Hier erscheint uns der Dichter in seiner höchsten Function, als Repräsentant des natürlichsten Zustandes, der feinsten Lebensweise, des reinsten sittlichen Bestrebens, der würdigsten Majestät und der ernstesten Gottesbetrachtungen: zugleich aber bleibt er dergestalt Herr und Meister seiner Schöpfungen, daß er gemeine und lächerliche Gegensätze wagen darf, welche doch als nothwendige Verbindungsglieder der ganzen Organisation betrachtet werden müssen.

Dieses alles wird uns nun erst recht eingänglich durch die anmuthige, in so hohem Grade gebildete französische Sprache, und es ist uns im Augenblick zu Muthe, als wenn wir alles Heitere, Schöne,[285] Kräftige, was wir jemals in diesem Idiom vernommen, nochmals anklingend empfänden.

Ich könnte noch lange fortfahren und gar manches Bedeutende hier anknüpfend; allein ich will abbrechen und nur noch wiederholt versichern: daß Ihre Sakuntala unter die schönsten Sterne zu rechnen ist, die meine Nächte vorzüglicher machen als meinen Tag.

Ich schreibe Gegenwärtiges in der Sprache, in der ich am sichersten Gedanken und Empfindungen ausdrücke. Ich würde es thun, wenn ich auch nicht vermuthen müßte, daß das schöne, von Ihnen so zart und bedeutend ausgesprochene Verhältniß zu einer werthen, schmerzlichen vermißten Gattin, die zu den unsern gehörte, Sie auch mit unsrer Sprache, unsrer Art und Wesen näher befreundet habe.

Dankbar, hochachtungsvoll

verpflichtet

Weimar den 9. October 1830.

J. W. v. Goethe.


47/241.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

habe hiedurch anzuzeigen daß ich das Honorar für die Metamorphose der Pflanzen und Übersetzung von Herrn Frege in Leipzig zum Theil bezogen habe und zwar mit:

365 rh. – – sächsisch

Hiernächst durch Zurechnung für mehrere Lieferungen[286] meiner Werke, deren Pränumeration ich von denen Herren Schuchardt und Genast erhoben

ältere mit54 rh. – – sächsisch

neuere –81 rh. – – sächsisch

500 rh. – – sächsisch

worüber denn hiemit dankbarlichst quittire.

Zugleich habe zu vermelden daß ein hiesiger Freund, welcher die Gesellschaft der Naturforscher in Hamburg besucht, unsre Angelegenheit, den Nachdruck meiner Werke betreffend, in Anregung gebracht, worauf die Buchhändler vorgefordert worden, welche aber den schon bekannten Vorwand angebracht. Sie hätten nämlich eine große Masse meiner Werke von der Verlagshandlung acquirirt und gedächten solche nun einzeln an das Publicum zu bringen, welches Ihnen wohl nicht zu verargen seyn möchte.

Da indessen die Angelegenheit durch unsern Consul Herrn Swaine in aller Form angebracht worden, so möchte das Weitere nun zu erwarten seyn. Die Verlagshandlung wird am besten ausweisen können, ob so eine große Masse von Original-Exemplaren an jene Buchhandlung abgegangen, welche aber doch zuletzt nur als Vorwand eines heimlichen Nachdrucks benutzt werden könnten.

Weiterer Aufklärungen auch von Seiten Ew. Hochwohlgeboren entgegensehend.

So weit war ich gekommen, als mir ein Erlaß zu Handen kommt, welcher an Herrn Burgermeister[287] Smidt zu Frankfurt a/M. als Geschäftsführer der freyen Stadt Hamburg, auf unsre Anregung gelangt ist.

»Ich erhalte annoch Mittheilung der Vernehmung der hiesigen Buchhändler Schuberth und Niemeyer wegen des selbigen beygemessenen Nachdrucks der Goetheschen Werke. Sie erklären darin, es sey ihnen unbegreiflich, wie man aus ihrer Annonce (im Hamburger Correspondenten am 10. September Nr. 166.) abnehmen könne, es sey von ihnen ein Nachdruck quaestionis veranstaltet. Es sey die richtige Cottasche Ausgabe, welche von ihnen im Correspondenten empfohlen worden und überall kein Nachdruck. Die Art der Anzeige sey ihre Speculation, wodurch sie den Ankauf erleichterten: es sey sogar der letzte Ladenpreis, zu dem sie die Ausgabe verkaufen wollten und da sie den ersten Pränumerations-Termin bezahlt hätten, so könnten sie selber noch wohlfeiler, als angezeigt worden, verkaufen.«

In dem Pränumeranten-Verzeichniß, welches Ew. Hochwohlgeboren mir gefällig mitgetheilt, steht Schuberth in Hamburg mit 117 Exemplaren der kleinen Ausgabe, welches keine Masse zu einem solchen Unternehmen ist. Buchhändler Taubert in Leipzig spricht von 14 Centner meiner Werke, welche an Schuberth zu Anfang des Jahrs sollten spedirt worden seyn. Wie sich das alles entwirren wird ist zu erwarten.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 9. October 1830.

J. W. v. Goethe.[288]


47/242.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie wohl, mein Theuerster, das Deutsche ansehn, zum französischen sende das Manuscript nach.

W. den 9. October 1830.

G.


47/243.


An Friedrich Jacob Soret

Dürft ich bey Rücksendung der Revision abermals um einiges Manuscript bitten.

W. den 9. October 1830.

G.


47/243a.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

Der Herr Geh. Hofrath Helbig beliebe aus beykommenden Abschriften zu ersehen, daß Ihro Königliche Hoheit der Großherzog, unser gnädigster Herr, den Aufenthalt des Maler Preller in Italien auch noch in Italien auch noch für das Jahr 1831 gestattet, demselben auch 200 Thaler aus großherzoglicher Kammerkasse, nicht weniger 200[70] fernere, wofür großherzogliche Oberaussicht zu sorgen hat, mildreich bewilligt.

Da nun nach Serenissimi gnädigsten Absichten dieses Geschäft auch künftig wie bisher durch Herrn Geh. Hofrath Helbig besorgt werden soll; so haben wir denselben hiedurch geziemendermaßen in Kenntniß [setzen], auch bemerken wollen daß dem diesseitigen Cassirer Controleur Hoffmann die Verordnung zugegangen, auf Autorisation des gedachten Herrn Geh. Hofrath zu stellende Anweisungen bis auf die Summe von 200 Thaler ohne Weiteres auszuzahlen; mit dem Wunsch daß diese gnädigste Vergünstigung dem jungen Künstler zum wahren Vortheil gereichen möge.

Weimar den 9. October 1830.

G. H. S. Oberauf

sicht pp.


47/243b.


An den Großherzog Carl Friedrich

[11. October 1830.]

Durchlauchtigster Großherzog

gnädigster regierender Landesfürst und Herr!

Der als Custos des in den Sälen des großen Jägerhauses eingerichteten Kupferstich- und Zeichnungskabinetts angestellte Registrator Christian Schuchardt hat, von Gründung dieser Anstalt an, seit dem Jahre 1824 sich bei derselben eifrig bemüht und ist auch von uns zu Secretariats- Arbeiten zugezogen worden.

[71] Nun hat er schon seit einigen Jahren wiederholte Male um Verbesserung seiner Lage und Erhöhung einer geringen in 200 Thalern bestehenden Besoldung dringend gebeten. Wir würden auch der Billigkeit gemäß schon vorlängst Ew. Königlichen Hoheit deshalb günstigen Vortrag gethan haben, wenn wir uns nicht vorher hätten zu überzeugen gehabt daß eine, an andern Capiteln erreichte Ersparniß, uns die Sicherheit gebe: durch diese neue Verwilligung werde der Etat nicht überschritten und die Reservekasse keineswegs geschmälert.

Da jedoch das gedachtem Schuchardt übertragene Geschäft völlig neu, die Vorsteher desselben obliegende Beschäftigung ganz eigen und im Geschäftskreise einzig sind, so haben wir für nöthig erachtet, in einem kurzem Aufsatz, die eigentlichen Umstände sowohl für jetzt als zu künftiger Norm ausführlich darzulegen. Weshalb wir denn der Beylage gnädigste Aufmerksamkeit zu schenken die submisse Bitte uns wohl erlauben dürfen.

In Gefolg dieses umständlichen Vortrags getrauen wir uns denn den Wunsch auszusprechen: Ew. Königlichen Hoheit möge es gefallen zu seiner bisher genossenen Besoldung von 200 Thalern gedachtem Schuchardt von Michael an eine Zulage von 200 Thalern anderweit gnädigst zu gewähren, so daß er, mit Beybehaltung seiner in freiem Logis und 2 Klaftern Holz bestehenden Emolumente, den Subjecten seiner Classe billigermaßen[72] gleichgestellt, für die seiner Bildung gewidmete Aufopferungen entschädigt und in seiner Lage gegründet werde. Welches für uns wünschenswerther ist als sein Geschäft auf eine frohe, anhaltende, aufmerksame Thätigkeit und guten Willen hauptsächlich Anspruch macht und hierauf von seinen Vorgesetzten vorzüglich zu rechnen und zu wünschen ist daß er nicht um Nebendienst sich zu bemühen genöthigt von seinem Hauptzweck abgeleitet werde.

Die wir in tiefster Ehrfurcht verharren als

Ew. Königlichen Hoheit

unterthänigst treugehorsamste

Ober-Aufsicht der unmittelbaren Anstalten

für Wissenschaft und Kunst.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Geneigtest

zu gedenken.

Christian Schuchardt geboren 1799, zu Buttstedt, bezog, als er hier seine Schulstudien vollendet hatte, die Akademie Jena und befleißigte sich daselbst mit Eifer der Rechte. Im Jahr 1824, nach gut bestandenen Examen, ward er bey großherzoglicher Regierung allhier als Accessist zugelassen, kaum hatte er ein halbes Jahr zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten gearbeitet als bey großherzoglicher Ober-Aufsicht die Frage entstand: wen man zum Custoden bey den ansehnlichen[73] Kupfer- und Zeichnungssammlungen, die von großherzoglicher Bibliothek in die Säle des Jägerhauses gebracht worden, sogleich anstellen könnte?

Herr Hofrath Meyer, welchem Schuchardt, als ein ehemaliger Schüler bey der hiesigen Freyen Zeichen-Anstalt, bekannt war, nicht weniger daß derselbe in Jena Zeichenstunde gegeben und sich dadurch einigen Zuschuß wie auch die Zufriedenheit dortiger angesehner Familien erworben hatte, schlug denselben dazu vor, welche er zuerst, mit der geringen Besoldung von 200 Thalern annahm, in Hoffnung einiges Nebenverdienstes, nach der ihm gegebenen und von großherzoglicher Regierung bestätigten Zusicherung, daß ihm der Rücktritt zum Instizfach mit Vorbehalt Stellung frey bleibe. Wie er dann auch in Bezug auf jene Verhältnisse künftig bedacht werden solle.

Seit jener Zeit sind beynache 6 Jahre vorübergegangen und sind manche Beförderungen bey großherzoglicher Regierung vorgekommen, so daß Jüngere, nach ihm examinirt und Angestellte, wohl auf das Doppelte seines Gehaltes geschätzt werden können.

Um nun von seinen Beschäftigungen ausführlicher zu sprechen; so versieht derselbe, neben den Secretariats-Arbeiten, die Custode des großherzoglichen Kupferstichs- und Handzeichnungs-Kabinetts. Hievon ist aber Folgendes zu sagen.

Diese Sammlungen waren früher auf großherzoglicher Bibliothek und weil kein Raum zu einer geregelten[74] Aufstellung war, ohne entschiedene Ordnung verwahrt gewesen; diese aber nach der Translocation in's Jägerhaus zu bewirken fühlte Schuchardt [sich] nicht sogleich im Stande, da derselbige sich erst von einem solchem Geschäft einen Begriff machen und eine Übersicht des Ganzen gewinnen mußte.

Hiezu hat er sich nach und nach dergestalt gebildet, daß er das Vorhandene, nach einem von großherzoglicher Oberaufsicht gebilligtem Plane, nach und nach ordnen konnte.

Zuvörderst ward über einige Tausend Handzeichnungen ein vollständiges Verzeichnen gefertigt, dieselben numerirt und überhaupt so hergestellt, daß jedermann jedes einzelne Blatt zu finden Stand gesetzt ist.

Jedem Meister hat er eine kurze Biographie und Charakteristik desselben vorgesetzt, Auszüge aus gedruckten Werken, unter Leitung des Herrn Hofrath Meyer, gefertigt.

Auf gleiche Weise ist er mit den Kupferstichen verfahren, deren Anzahl bey weitem größer und wovon das Verzeichniß fast noch schwieriger ist, wegen der Unzahl von sogenannten Monogrammen, wegen Unterscheiden der Originale von den Copien.

Hier ist er mit etwa zwey Drittel zu Ende, ungerechnet das Einrangiren des bedeutenden Zuwachses, der sich während seiner Verwaltung auf 854 Kupferstiche, beynache eben so viel Handzeichnung und auf 65 Kupferhefte beläuft.

[75] Erforderlichen Falls hat er die Blätter, ohne Beyhülfe, auf frische Übersetzbogen gezogen und überhaupt keine Mühe gescheut für Erhaltung und angenehmes Aussehen der Exemplare zu sorgen. Eine bedeutende Menge in Fetzen sich vorfindender Sachen hat er durch wochenlanges Bleichen und Waschen, mit unsäglicher Mühe hergestellt. So gibt es eine Menge immer wiederkehrender oft unangenehmer Arbeiten.

Daneben hat er unverdrossen jede andere Arbeit übernommen: er hat ein halb Jahr, bey Abwesenheit zweyer Lehrer, die Zeichenstunden gehalten, ist bey Ausstellungen, Besuch des Museums, das er dreymal wesentlich umgeordnet, überall, auf Befehl und freywillig, zur Hand gewesen.

Um aber überhaupt diese Geschäfte verrichten zu können hat er sich durch unaufhörliches Lesen und Arbeiten die Kenntnisse nebenbei erwerben müssen, die man außerdem in einem weiten Kreise durch praktische Übung sich bequem erwirkt. Zu seiner ferner Bildung hat er zweymal eine Reise nach Dresden unternommen, zwar mit einiger Unterstützung, doch größtentheils auf eigne Kosten. Er hat, durch kostspieligen Privatunterricht, sich die vollständigere unerläßliche Kenntniß der franzosischen Sprache zu erwerben gesucht, und so nichts für sein Geschäft verabsäumt.

Bey'm Fortbestehen dieser Sammlungen wird es aber auch in Zukunft nie an Beschäftigung fehlen, wenn derselbe auch in einigen Jahren mit Instandsetzung[76] des Ganzen fertig werden sollte. Denn, abgerechnet, daß das Einrangiren, Aufziehen, Verzeichnen des Zuwachses an und für sich Beschäftigung gibt, daß das Besuchen von Fremden und Einheimischen, Ausgeben und dergleichen viel Zeit wegnimmt; so verursacht auch oft ein zu großer Zuwachs in einer einzelnen Abtheilung ein Weiterrücken des Ganzen. Ferner wird zur vollständigen Sammlung ein zweyter Catalog deshalb nöthig, weil jedes doppelter Beziehung, als Kupferstich und als Abbild eines Kunstproductes vorkömmt und von sehr wenigen nur doppelte Exemplare vorhanden sind. Die Anfertigung eines solchen zweyten Verzeichnisses würde aber auch einige Jahre beschäftigen.[77]


47/244.


An Johann Peter Eckermann

Zum allerschönsten begrüße ich Sie, mein Theuerster, in meiner Vaterstadt und hoffe, Sie werden die wenigen Tage in vertraulichem Vergnügen mit meinen vortrefflichen Freunden zugebracht haben.

Wenn Sie nach Nordheim abzugehen und daselbst einige Zeit zu verweilen wünschen, so wüßt ich nichts entgegen zu setzen. Wollen Sie sich in stiller Zeit mit dem Manuscripte beschäftigen, das in Sorets Händen ist, so soll es mir um desto angenehmer seyn, weil ich zwar keine baldige Publication desselben wünsche, es aber gern mit Ihnen durchgehen und rectificiren möchte. Es wird seinen Werth erhöhen, wenn ich bezeugen kann, daß es ganz in meinem Sinne aufgefaßt sey.

[289] Mehr sage ich nicht, überlasse Ihnen und erwarte das Weitere. Man grüßt Sie freundlich aus meinem Hause; von den übrigen Theilnehmern habe, seit dem Empfang Ihres Briefes, niemand gesprochen.

Alles Gute wünschend.

treulichst

Weimar den 12. October 1830.

J. W. v. Goethe.


47/245.


An Friedrich Jacob Soret

Darf ich wohl hoffen, mein Theuerster, mit Ihnen, diese Woche, die wenigen dunklen Stellen des in Ihren Händen befindlichen Aufsatzes aufzuklären und zu berichtigen, um das Manuscript zum Druck bald möglichst zu ajustiren.

Das Beste wünschend

treu ergeben

Weimar den 13. October 1830.

J. W. v. Goethe.


47/246.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

werden aus beykommenden Abschriften ersehen, welche unangenehme Wendung unser Geschäft, ohngeachtet aller angewendeten Thätigkeit, genommen hat. Ich enthalte mich aller Bemerkungen, unterlasse aber doch nicht auszusprechen: daß, wenn die Geschäfte auf diese[290] Weise behandelt werden, es niemand wundern darf wenn die Staaten, in denen es geschieht, als höchst gefährlich krank angesehen werden müssen. Dieses Actenstückchen ist, ob es uns gleich verdrießen muß, ein Muster ganz unschätzbar.

In Hamburg ist die Sache auch durch unsern Consul angebracht, der gleichfalls den redlichsten Willen beweist; wahrscheinlich aber auch nichts ausrichten wird. Klären Ew. Hochwohlgeboren mich auf über die Möglichkeit eines solchen Scheinunternehmens und dirigiren meine ferneren Schritte. Weiter compromittiren möchte ich mich nicht gerne.

Mich zu fernerem Andenken und Theilnahme bestens empfehlend, besonders auch Ihre Frau Gemahlin von mir und den Meinigen die aufrichtigsten Grüße zu vermelden bittend.

gehorsamst

Weimar den 14. October 1830.

J. W. v. Goethe.


[Beilage.]

Verzeichniß

der hier beyliegenden Documente und Belege.

1) Eine beglaubigte Copie des Verbots an sämmtliche hiesige Buchhändler.

2) Ein gedrucktes Circular von Schuberth und Niemeyer in Hamburg.

3) Abschrift des Protocolls, die Anfrage des Buchhändler Taubert, als Commissionair der Herren Schuberth und Niemeyer, betreffend.

[291] 4) Abschrift einer Ankündigung des Buchhändler Herold in Hamburg.

5) Copie des Circulars, die Aufhebung des Verbots betreffend.

6) Zufertigungs-Schreiben an mich.


Copie.

In der Beylage des Hamburger Correspondenten befindet sich die Ankündigung einer Ausgabe von Goethes sämmtlichen Schriften und eine Einladung zur Subscription und eine Einladung zur Subscription darauf mit der Unterschrift Schuberth und Niemeyer, Hamburg und Itzehoe. – Da diese Ausgabe von des Herrn Staatsminister v. Goethe Excellenz für einen Nachdruck erklärt und dagegen auf das von Sr. Königlichen Majestät von Sachsen, Unserm allergnädigsten Herrn, unter'm 11. July 1825 ertheilte Privilegium Beziehung genommen worden ist, so wird die Sammlung von Subscribenten auf diese Ausgabe, deren Debit und Vertrieb des Herren Buchhändlern bey Verlust der an sie gelangenden Exemplare und bey Vermeidung von 30 rheinischen Gold-Gülden Strafe hiermit untersagt.

Leipzig den 25. September 1830.

Die Bücher Commission.

Dr. Chr. Dan. Beck. Der Magistrat der Stadt Leipzig.

Folgen die Unterschriften der Leipziger Buchhändler.


A.

In Folge einer Anzeige im hiesigen Correspondenten, wo wir Goethes Werke, Taschen-Format, dem hamburgischen Publikum lieferungsweise, geheftet anbieten, gefiel es einigen Vorwitzigen, diese angekündigte Cotta'sche Ausgabe, der Leipziger Bücher-Commission als einen Nachdruck verdächtig[292] zu machen. Ungeachtet nun der Preis, Format und die Seitenzahl laut unserer Anzeige mit der Cotta'schen genau stimmen, und unser Commissionair, F. A. Taubert, bewies, daß er vor mehreren Monaten ca. 16 Centner Goethe's Werke von Cotta'schen Commissionair, Herrn Kummer, für uns empfangen und an uns abgesandt hat, so ist doch die Leipziger Bücher-Commission unvorsichtig genug, ohne einmal Antwort auf die bey unserer Behörde eingereichte Anklage abzuwarten, und ohne fernere Erkundigungen eingezogen zu haben, ein Umlaufschreiben gegen uns ergehen zu lassen. Diesen nun frühzeitig genug zu begegnen, bemerken wir hiermit, daß: 1) wir von der Cotta'schen Buchhandlung im Ganzen 123 Exemplare Goethe's Werke in den verschiedenen Ausgaben bezogen und diese größtentheils, pränumerando für 40 rh. bezahlten was uns die Cotta'sche Buchhandlung, der Wahrheit gemäß, bezeugen muß; 2) die letzten 50 im August 1829 pränumerirten Exemplare erst (durch den frühzeitigen Winter auf der Elbe eingefroren) am 2. April d. J. hier ankamen, und wir noch jetzt hinlänglich Vorrath haben; 3) wir den Band mit 1 Mark berechnen, also 40 Theile mit 40 Mark hiesig Courant oder 16 Thalern, wie sie jetzt im Ladenpreise von der Verlagshandlung verrechnet werden. Wir wiederholen übrigens, daß wir aus Grundsatz durchaus keinen Nachdruck führen, und sind gern bereit, für jeden anerkannten Nachdruck, den man bey uns findet, 100 Thaler zu zahlen.

Hamburg und Itzehoe, den 30. September 1830.

Schuberth & Niemeyer.


Leipzig den 5. October 1830.

Brachte bey der Bücher-Commission der Buchhändler Herr F. A. Taubert an : Die Herren Schuberth und Niemeyer[293] hätten nunmehr unter'm 30. vorigen Monats in Absicht auf den ihnen Schuld gegebenen Nachdruck von »Goethe's sämmtlichen Schriften« ein gedrucktes Circular, zum Vertrieb durch ihn, anher gesendet, wovon er ein Exemplar sub A überreiche und wodurch sich im Vergleich mit dem 1. Bande gedachter Schriften bey Cotta 1828 jener angebliche Nachdruck als identisch mit diesem Originale ausweise. Bey dieser Gelegenheit übergab er zugleich eine Ankündigung des Buchhändlers Herold in Hamburg sub B, nach welcher die Cotta'sche Ausgabe weit wohlfeiler, als sie von Schuberth und Niemeyer angeboten worden sey, verkauft werde. Da jenes Circular, wie dem Unterzeichneten schien, der Bücher-Commission Unvorsichtigkeit zum Vorwurfe macht, erhielt Herr Taubert die Bedeutung sich des Vertriebs dieses Circulars bis auf Resolution zu enthalten, um deren baldigste Ertheilung er jedoch bat, weil außerdem sein Committent in großen Schade versetzt werde. Zugleich überreichte er den Ersten Band der Cotta'schen Ausgabe von »Goethe's Werken« vom Jahre 1828 von welchem er jedoch den Umschlag sofort abnahm, auf welchem ebenfalls anstößige Bemerkungen über das Verbot der Bücher-Commission geschrieben waren.

actum ut supra.

J. F. W. Müller.

Actuar jur.


B.

Die Cottasche Buchhandlung benachrichtigt das Publikum, daß von Goethes sämmtlichen Werken nur folgende Original-Ausgaben durch den Buchhandel zu beziehen sind:

1) Die bis zum 25ten Bande erschienene Ausgabe in Groß-Octav auf 3 verschiedene Papiersorten (laut Anzeige).

[294] 2) Die nächstens beendigte Ausgabe in Taschen-Format, davon 35 Bände erschienen sind.*)

Die Original-Ausgaben sind stets vorräthig bey Herold in Hamburg.

*) Für die letzte Lieferung (Band 36-40) zahlen die Subscribenten wie früher bey der Ablieferung 4 Mark 8 ß, also weniger als 1 Mark pro Band.


Circular.

Das auf Antrag des Herrn Staats-Minister v. Goethe Excellenz von Uns in Betreff der von den Herren Schuberth und Niemeyer in Hamburg und Itzehoe in einer Beylage zum Hamburger Correspondenten angekündigten Ausgabe von Goethe's sämmtlichen Schriften wird hiermit, nachdem nunmehr die diesfallsige Ankündigung der Herren Schuberth und Niemeyer, welche zum Antrag auf das Verbot Veranlassung gegeben hatte, durch ein gedrucktes Circular derselben vom 30. September laufenden Jahres erläutert worden ist, wieder aufgehoben und außer Wirksamkeit gesetzt.

Leipzig den 6. October 1830.

Die Bücher-Commission.

Dr. C. D. Beck. Der Magistrat der Stadt Leipzig.


Das von uns erlassene Verbot der Sammlung von Subscribenten auf die von Schuberth und Niemeyer zu Hamburg und Itzehoe in der Beylage zum Hamburger Correspondenten angekündigte Ausgabe von Goethe's sämmtlichen Schriften, ihres Debits und Vertriebs hat ein gedrucktes Circular dieser Herren Buchhändler zur Folge gehabt, wovon Ew. Wohlgeboren Wir in Anschluße 1 Exemplar nebst[295] Abschrift des über diesfallsige Anfrage ihres Commissionairs, des hiesigen Buchhändlers Taubert, aufgenommenen Protokolls mittheilen. Bey dieser Bewandniß der Sache haben wir das Verbot wieder aufzuheben kein Bedenken haben können wir legen von der Verfügung deshalb hier Abschrift bey, mit der Bemerkung, daß wir an den hochlöblichen Senat der freyen Stadt Hamburg Requisition zum Behufe der Rectification der Ausgeber des Circulars, wegen dessen um so unschickliche rer Abfassung, je mehr sie durch ihre unbestimmte und undeutliche Ankündigung der Ausgabe der Goethe'schen Schriften in der Beylage zum Hamburger Correspondenten Anlaß zum Verbot gegeben hatten, werden abgehen lassen.

Zu ferneren Erweisungen bereit und in vollkommener Hochachtung verharrend.

Leipzig den 6. October 1830.

Die Bücher-Commission.

Dr. C. D. Beck. Der Magistrat der Stadt Leipzig.


47/247.


An Friedrich Jacob Soret

Sie erhalten hierbey, mein Theuerster, den noch durchzugehenden Rest von Original und Übersetzung, wobey ich zu bemerken habe, daß von fol. 10b, wo die Linie mit Bleystift gezogen ist, bis fol. 13b, wo abermals eine Bleystift-Linie gesehen wird, die ganze Stelle welche sich auf Rousseau bezieht neu und also erst zu übersetzen ist.

Verzeihen Sie diese Bemühung, ich hoffe sie wird nicht ganz unangenehm seyn.

[296] Mit gutem Muth und fortgesetztem Antheil werden wir wohl unsern Zweck erreichen.

treu ergeben

W. d. 14. Octbr. 1830.

J. W. v. Goethe.


47/248.


An Friedrich Jacob Soret

Wollten Sie wohl, theurer Mann, beykommende kurze Einschaltung, übersetzt baldig zurücksenden, damit ich mit der Revision unsrer Arbeiten zunächst fortfahren könne.

Das Beste wünschend

Weimar den 15. October 1830.

G.


47/249.


An Thomas Carlyle


Abschrift.

Wie in unsrer Zeit eine auf Literatur, Wissenschaft oder Kunst gerichtete Bestrebung nicht wohl entstehen oder vorschreiten kann, ohne dem belebenden Einflusse Ew. Excellenz zu begegnen, so mußten auch wir bey unsrer ersten Vereinigung, so bescheiden ihr Zweck war, sogleich dieses Einflusses gedenken, ja sie gleichsam darauf gründen, und durften uns erlauben, dieses zutrauensvoll auszusprechen. Die hierauf erfolgte, auf unsre Vorsätze so aufmerksam eingehende und auf ihre Förderung bedachte Theilnahme erhöhte das Gefühl dankbarer Verehrung, wovon jeder von uns schon erfüllt war.

[297] Wie wir nun unser eignes Streben und unser Verhältniß zu Ew. Excellenz betrachten, dieses ist von Mitgliedern unsrer Gesellschaft bey der Feyer des Festes, das für Deutschland ein Nationalfest geworden ist, so ausgesprochen worden, wie es die beygehenden Blätter bekunden. Eben waren wir im Begriff, Ihnen von jener Feyer, von welcher unser Mitglied Carl Streckfuß vorläufig mündlichen Bericht zu erstatten übernahm, durch die Anlage Rechenschaft abzulegen, als uns durch ein, fortgesetztes freundliches Andenken bezeugendes, Schreiben Ew. Excellenz vom 28. August d. J. und das demselben beygefügte Geschenk die freudige Überraschung zu Theil wurde, daß Sie an jenem denkwürdigen werthen Tage selbst in liebreicher Theilnahme unsrer gedacht, und dadurch einer so köstlichen Gabe den höchsten Werth zu verleihen, ja daß Sie unsere Bestrebung durch öffentliche Billigung anzuerkennen, und durch die eingeleitete Verbindung mit einem durch Ihre Freundschaft begünstigten Manne fruchtbar zu fördern gewürdigt haben. Wenn nun wahrhafte Dankbarkeit für jede edle Gabe am besten durch eine dem Sinn und der Absicht des Gebers entsprechende Benutzung bewiesen wird, so glauben wir die unsrige am deutlichsten dadurch zu erkennen zu geben, daß wir unsre Thätigkeit sofort nach dem angedeuteten Ziele hinrichten. Eines unsrer Mitglieder, Phillipp Kaufmann, hat sich durch eine so ehrenvolle Aufforderung sogleich veranlaßt gefunden, eine Nachbildung der Gedichte von Robert Burns zu unternehmen, und wird uns Proben seiner Arbeit in den nächsten Sitzungen vorlegen. Um jedoch den Beruf dieses jungen Gelehrten zu einer solchen Arbeit durch frühere Leistungen zu begültigen, erlauben wir uns, hierbey den ersten Band der von ihm begonnenen und mit Beyfall aufgenommenen Übersetzung des Shakspeare zu überreichen.

[298] Herrn Th. Carlyle, der das unschätzbare Glück genießt, seine literarische Thätigkeit durch Ihren Rath geleitet, durch Ihre Mitwirkung gefördert, durch Ihre Freundschaft erhöht und belebt zu sehen, und der dieser Gunst des Geschicks so würdig ist, glaubten wir unsre hohe Achtung und den Wunsch einer nähern Verbindung mit ihm am deutlichsten dadurch zu beweisen, daß wir ihn einmüthig zum auswärtigen Mitgliede unsrer Gesellschaft ernannten. Nachdem Ew. Excellenz diese Verbindung eingeleitet, ja durch die Aneignung seines unserm unvergänglichen Schiller geweihten Werkes ihn gleichsam schon zu dem unsrigen gemacht haben, dürfen wir hoffen, daß er unsrer Einladung zur gemeinsamen Förderung des hohen Zweckes folgen werde, und bitten Sie dieses unser lebhaftes Verlangen durch Ihre gütige Vermittelung an ihn gelangen zu lassen.

Wir schließen mit dem Wunsche, der für jeden edelgesinnten Deutschen zum Gebet wird, daß der Himmel dem Vaterland Ihr Leben noch lange Jahre erhalten möge, dieses Leben, wovon jeder Moment ein befruchtender Keim ist zur Veredlung und Erhebung für Zeit und Nachwelt.

Beschlossen Berlin in der Versammlung vom 24. September 1830.

Die Gesellschaft der ausländischen Literatur.

Hitzig.


Mein letztes Schreiben vom 5. October wird indessen zu Ihnen, mein Theuerster, gelangt seyn, worin ich zugleich das Decret abschriftlich eingeschaltet habe, welches Sie zum auswärtigen Mitgliede der Gesellschaft für ausländische Literatur zu Berlin ernennt. Gegenwärtig theil ich das Schreiben gleichfalls in Copia mit, wodurch jenes eingesendet ward. Ich freue[299] mich daß Sie durch diese Vermittlung ein Verhältniß in Deutschland gewinnen das Ihnen in der Folge in manchen Fällen nützlich werden kann.

Wenn uns die Zeit mit dem Verluste älterer Freunde bedroht, so müssen wir suchen uns jüngeren anzuschließen. Von der Société St. Simonienne bitte sich fern zu halten. Auch hierüber gelegentlich das Nähere.

Treulichst

Weimar den 17. October 1830.

J. W. v. Goethe.


Einen unvergleichliche schwarze Haarlocke, veranlaßt mich noch ein Blättchen beyzulegen und mit wahrhaftem Bedauern zu bemerken: daß die verlangte Erwiederung leider unmöglich ist. Kurz und mißfärbig, alles Schmuckes entbehrend, muß das Alter sich begnügen wenn sich dem Innern noch irgend eine Blüte aufthut, indem die äußere verschwunden ist. Ich sinne schon auf irgend ein Surrogat, ein solches zu finden hat mir aber noch nicht glücken wollen. Meine schönsten Grüsse der würdigen Gattin.

Möge das Kästchen glücklich angenommen seyn!

G.


47/250.


An Sulpiz Boisserée

Aus der Beylage ersehen Sie, mein Theuerster, daß die lebhafte Redaction sich alsobald der allerliebsten[300] Erzählung bemächtigt hat. Schon rechtfertigt der allgemeine Beyfall diese Kühnheit. Thun Sie es ja um Ihrer und um anderer willen, solche Lebens- und Sittenzüge, sobald Sie nur Stimmung haben, auch aus der Erinnerung, aufzuzeichnen und was dergleichen im Tage begegnet fest zu halten. Sie sind weit herumgekommen und haben manches bemerkt, lassen Sie es nicht gern untergehen. Selbst ist für dergleichen das südliche Deutschland fruchtbarer als das nördliche; es gehört eine mittlere Unschuld dazu, wenn dergleichen hervortreten soll. Was von Blättern noch vorhanden ist, wird nachgesendet.

eilig wie treulich

Weimar am 17. October 1830.

G.


So eben als ich siegeln will, nimmt Herr Geh. Legations-Rath v. Conta Abschied nach München zu gehen, um daselbst gewisse Gränz- und Zolldifferenzen in's Gleiche zu bringen. Es ist ein trefflicher Geschäftsmann, in dergleichen Dingen viel gebraucht, der noch nie in München war und sich deshalb sehr dorthin freut. Er wird sich durch Bestimmtheit und Anmuth selbst empfehlen; helfen Sie ihm von Ihrer Seite nach was möglich ist.

W. d. 17. Octbr. 30.

G.[301]


47/251.


An N.N.

[Concept.]

Unter einen Laufzettel.

In Beantwortung des Vorstehenden vermelde, daß ein Paquet aus Frankfurt a/M. nach Ausweis des hiesigen Postbuchs, am 18. Juli d. J. in meinem Hause abgegeben und daß dieses geschehen durch Unterschrift eines Hausgenossen: C. Klugen bestätigt worden.

Da ich aber bey öfters gehäuften Sendungen, die bey mir einlaufen, mich nicht erinnern was solches Paquet könnte enthalten haben und deshalb persönlich nicht bezeugen kann daß solches in meine Hände gekommen, so werden die dortigen Herren Absender auf das höflichste ersucht, sich zu nennen und gefällig zu melden, woher solches Paquet an Dieselben gekommen, da mir denn der Inhalt klar würde und ich bezeugen könnte daß derselbe wirklich in meinen Besitz gekommen. Der ich mich den Herren Absendern bestens empfehle und für die erwiesene Aufmerksamkeit meinen Dank hiedurch verbindlich ausspreche.

Weimar den 17. October 1830.


47/252.


An Wilhelm von Humboldt

Wie oft, mein theurer verehrter Freund, habe ich diese Woche her mich an Ihre Seite geflüchtet, Ihre[302] trefflichen Blätter wieder vorgenommen und mich daran erquickt.

Wie das Erdbeben von Lissabon fast im Augenblick seine Wirkung auf die entferntesten Seen und Quellen spüren ließ, so sind auch wir von jener westlichen Explosion, wie vor vierzig Jahren, unmittelbar erschüttert worden.

Wie trostreich, in solchen Augenblicken, mit Ihre unschätzbaren Blätter zu Handen kommen mußten, werden Sie selbst empfinden und sich geneigtest aussprechen. Durch den entschiedensten Gegensatz ward ich in jene Zeiten zurückgeführt, wo wir uns zu einer ernsten gemeinsamen Bildung verpflichtet fühlten, wo wir, mit unserm großen edlen Freund verbunden, dem faßlich Wahren nachstrebten, das Schönste und Herrlichste, was die Welt uns darbot, zu Auferbauung unsres willigen sehnsüchtigen Innern, zu Ausfüllung einer stoff- und gehaltbedürftigen Brust, auf das treulichste und fleißigste zu gewinnen suchten.

Wie schön und herrlich ist es nun daß Sie auf jenen glücklichen Boden Ihre letzte Darstellungen gründen, daß Sie mich und meine Bestrebungen in jener operosen zeit zu entziffern und das, was daran zufällig, ermangelnd eines Zusammenhangs, einer Folge scheinen möchte, auf einige geistige Nothwendigkeit, auf individuelle charakteristische Verknüpfungen, aufmerksam und liebevoll, zurückführen mochten.

Hier läge nun zu mündlicher Unterhaltung das[303] schönste Thema. Niederzuschreiben ist es nicht, wie ich mich in Ihren Worten bespiegelt, wie ich über vieles aufgeklärt, zugleich auch wieder aufgefordert wurde, über manches Räthselhafte, das dem Menschen in ihm selbst jederzeit übrig bleibt, nachzudenken und den innern Zusammenhang mancher sich im Individuum kreuzenden und, trotz eines gewissen Widerspruchs, sich umschlingenden und vereinigenden Eigenschaften ernstlich nachzudenken.

Hierher gehört vorzüglich mein Verhältniß zur bildenden Kunst, dem Sie eine so dankenswerthe Aufmerksamkeit geschenkt haben. Es ist wunderbar genug daß der Mensch auch unwiderstehliche Triebe fühlt, dasjenige auszuüben, was er nicht leisten kann, dadurch aber doch in seinen eigentlichen wahren Leistungen auf das reellste gefördert wird.

Damit aber dieser lange verzögerte Brief nicht noch ferner zurückbleibe, so will ich schließen, aber doch zugleich vermelden, daß, indem ich Vorstehendes ausgesprochen, ich wieder zu Ihren Blättern zurückkehre und durch eine frische Abspiegelung zu neuen Betrachtungen aufgefordert und an jene Zeiten mächtig erinnert werde, wo wir, zwar nicht persönlich, aber doch im Sinne vereint, jener idyllischen Tage, schon im Alter beide vorgeschritten, mit Jugendkraft und Lust genossen.

Mein Sohn nimmt nun schon seit sechs Monaten an der Fülle Theil, die, auf der unschätzbaren Erdzunge,[304] Natur und Jahrhunderte an Leben gehäuft und zerstört, an Künsten erbaut und eingerissen, an Menschenschicksalen, Nationalität und Persönlichkeiten auf das wunderbarste durch einander gewürfelt haben.

Er ging mit dem Dampfschiff von Livorno nach Neapel, wo er sich noch gegenwärtig aufhalten mag, ein Entschluß, der, gelungen, ganz besondere Vortheile gebracht hat. Er fand Professor Zahn daselbst, und sich, bey dessen Leitung über und unter der Erde, völlig einheimisch.

Da Sie sich nun auch, mein Theuerster, an's Dictiren gewöhnen, so wenden Sie, in guter freyer Stunde, manchmal ein freundliches Wörtchen an mich; damit man des lange schon gegönnten Zusammenseyns auf diesem Erdrunde von Zeit zu Zeit öfter und entschieden gewahr werde. Ungern reiß ich mich von dieser Mittheilung los; wieviel ich zu sagen habe, schwebt mir vor, doch will ich dießmal nur noch den Glückstern segnen, der sich, in diesen Augenblicken, über Ihnen und Ihrem würdigen Herrn Bruder so glänzend hervorhebt. Möge Ihnen und uns allen das so schön Eingeleitete zu folgereichem Genuß gedeihen.

und so fortan!

Weimar d. 19 Oktbr. 1830.

J. W. v. Goethe.[305]


47/253.


An Felix Ferdinand Heinrich Küstner

[Concept.]

[21. October 1830.]

Ew. Hochwohlgeboren

bin für die unermüdete Sorgfalt, welche Sie dem unangenehmen Geschäfte widmen wollen, höchstens verpflichtet, wenn auch der Erfolg uns nicht zu Gunsten ausfiel. Möchte ich doch dagegen auch etwas Angenehmes zu erzeigen wissen.

Ganz beruhen kann ich die Sache nicht lassen und [will] wenigstens das, was in der Unterbehörde geschehen, an das Königliche Ober-Consistorium in Dresden bringen, damit man eine solche wunderbare Behandlungsweise dort kennen lerne.

Sollten einige Kosten gefordert werden, bitte dieselben auszulegen, baldigste Erstattung zusichernd.

Wegen der Ihren Händen sich befindende Mineralien von Mexico nehme mir nächstens die Freyheit einen Vorschlag zu thun.

Weimar den 15. October 1830.


47/254.


An den FreiherrnAugust Carl von und zu Egloffstein.

[Concept.]

Des Herrn General v. Egloffstein Excellenz werden hiedurch geziemend ersucht, dem geschickten Porträtzeichner Schmeller einige Sitzungen zu gönnen, damit[306] das werthe Bildniß, einer bedeutenden Sammlung von einheimischen und fremden geschätzten Personen, mit eingefügt werden könne.

Weimar den 25. October 1830.


47/255.


An Friedrich Johannes Frommann

Ew. Wohlgeboren

den wohlerhaltenen Correkturbogen 5 hierbey zurücksendend, vermelde zugleich, daß die Aushängebogen 3 und 4 bey mir richtig angelangt sind.

Ew. Wohlgeboren überzeugen sich daß mir nichts angenehmer seyn könnte als Ihnen, in dem neuen heiteren Laden, zur angetretenen frischen Lebensweise Glück zu wünschen. Möge sich die Ganze werthe Familie auf gleiche weise erfrischt und zufrieden finden.

Aus der Nollendorfer Einsamkeit muß man sich freylich erst an die thätige Bewegsamkeit des Marktes gewöhnen. Für die Nachricht: daß Frau v. Löw, für die wir wirklich besorgt waren, in Ziegenberg unangefochten geblieben, habe, mit allen Verehrern dieser würdigen Dame, zum besten und schönsten zu danken.

Das Erfreuliche wünschend und Ihrem werthen Kreise mich angelegentlichst empfehlend.

Aufrichtig theilnehmend

ergebenst

Weimar den 27. October 1830.

J. W. v. Goethe.[307]


47/256.


An Carl Friedrich Zelter

Du thust mir einen wahren Freundschaftsdienst, wenn du mir manchmal das lebendige Berliner Treiben, als Schattenspiel, durch meine Einsiedeley führst; kaum das ich mein kleines Hinterzimmer verlasse, das du kennst, Tag und Nacht beschäftigt die Kräfte zu nutzen die mir geblieben sind. Gar manche Forderungen, von innen und von außen, setzen sich fort, erneuern sich auch wohl, und so geht ein Tag, oft ein Theil der Nacht hin, wo ich deiner viel gedenke und oft wünschte mich mit dir auszureden; wozu deine Briefe gar löblichen Text enthalten. Und so will ich denn das Nächstvergangene vornehmen.

Die werthe Milder habe einen Augenblick bey mir gesehen, leider aber nicht gehört; in's Theater komm ich nicht mehr und ein Concert bey mir einzurichten wollte sich nicht machen. Auch deine früher empfohlene Frau v. Wohl, wie mir Ottilie meldet, aus Italien munter und wohl zurückgekehrt, konnt ich dießmal nicht sprechen. Laß mich entschuldigt seyn. Fremde Zustände mir zu vergegenwärtigen, will mir nicht mehr gefallen; ich habe an meinen eignen zu richten und zu schlichten.

Mich freut daß du v. Humboldt, wegen seiner Äußerungen über meinen römischen Aufenthalt, etwas Freundlich-Dankbares gesagt hast, mir haben sie zu[308] Erinnerung und Nachdenken viel Gelegenheit gegeben. Es ist merkwürdig, wie er alles an- und aufregt, wie er sich in die dortigen Zustände versenkt hat und mich daselbst betrachtet. Ihm von innen heraus entgegen zu gehen fand ich alle Ursache, und bin auf mancherlei Betrachtungen über mich selbst dadurch zurückgeführt worden.

Wie gern möcht ich in eurem unschätzbaren Museum mein Erkennen und Wissen recapituliren, meine Unwissenheit gestehen, meine Begriffe bereichern und vervollständigen, am meisten aber einen freyen Genuß einmal, ohne Kritik und Geschichte, mir gewinnen. Das Denken über ein Kunstwerk ist eine schöne Sache; der Beyfall aber muß vorausgehen und das Urtheil folgen.

In meiner Beschränkung mußte ich mir, um vorwärts zu kommen, ganz besondere Wege eröffnen; so habe ich mich auf die Perlenfischerey gelegt, d.h. zu versuchen: ob, aus klaffenden Schaalen und halbverfaulten Massen, nicht etwa ein Juwel zu erlangen sey; und das ist mir gelungen. Ich habe besonders Zeichnungen gewonnen von der Art die man sein Lebenlang nicht wieder von sich läßt. Von Jul. Roman ein ausgeführtes Blatt, vorstellend den Genius der Poesie, vollkommen dem tüchtigen, im Ernste halb ironischen Sinne jenes Meisters gemäß. Der hingelehnte Jüngling in sich versenkt scheint auf eine gute Eingebung zu harren, indeß der Pegasus gelangweilt[309] daneben steht und an den Zweigen des Lorbeerhaines knuspert. Anderes Unschätzbare dieses Blattes berühr ich, ja verrath ich nicht, wenn die guten Dämonen dich wieder zu uns führen, so sollst du es sehen und erstaunen.

Und so muß ich mich denn am Geiste der Erfindung in diesem Fache ganz im Stillen befriedigen, indem ich dir dein rauschend harmonisches Leben von Herzen gönne. Hiemit sey für dießmal geschlossen; manches andere zunächst.

Deshalb so fort an!

Weimar den 29. October 1830.

G.


48/1.


An Carl Wilhelm Holdermann

[Concept.]

Herr Hoftheater-Mahler Holdermann wird hiedurch höflichst ersucht, das erste Dutzend der mailändischen Decorationen auf kurze Zeit gefällig mitzutheilen.

Das Beste wünschend.

Weimar den 2. November 1830.


48/2.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

möchten wohl eine freundliche Bemühung übernehmen, worum ich Sie in Nachstehendem ersuche.

Herr Professor Goldfuß zu Bonn (ein vorzüglicher Naturforscher und gegenwärtig, in Abwesenheit des Herrn Professors Nees v. Esenbeck, Besorger der wichtigen Acten der Leopoldinischen Gesellschaft) sandte mir vor einigen Jahren eine kleine Schrift, worin er die verschiedenen Methoden zusammenstellte und in's[1] Klare setzte, nach welchen man das Pflanzenreich zu ordnen und zu systematisiren in der neuern Zeit versucht hatte. Dieses Werkleins bedarf ich nun grade in diesem Augenblick, und es findet sich leider unter meinen Büchern nicht mehr, wie es wohl manchmal mit größeren und kleineren Bänden geschieht.

Unglücklicherweise ist mir aber auch der Titel entfallen, und ich wollte Sie daher geziemend ersuchen: sich nach diesem Werklein zu erkundigen; wahrscheinlich ist es in Eduard Webers Verlag erschienen, welcher die Verhandlungen der Naturforscher in Commission hat.

Ew. Wohlgeboren werden um desto geneigter seyn sich um gedachte Schrift umzuthun, da ich sie zu Förderung der gegenwärtig im Druck begonnen Arbeiten höchst nöthig habe.

Mit den besten Wünschen für das Wohlbehagen Ihrer theuren Familie, in den neuen Wohnungs-Verhältnissen, schließe hochachtungsvoll.

Weimar den 3. November 1830.


48/3.


An Carl Friedrich Zelter

Fortsetzung.

Von dem Zweige deiner Liedertafel zu sprechen, mit dem du nicht unzufrieden bist, möchte ich sagen: daß diese guten jungen Leute, der fortschreitenden Zeit gemäß, natürlicherweise auch vorwärts wollen; aber[2] wohin? das ist die Frage. Wir andern, wie alle unsre Lieder zeugen, verlangten eine gesellig-abgegränzte Heiterkeit und setzen uns in die unschuldige Opposition mit den Philistern. Diese sind zwar weder überwunden noch vertilgt, aber sie kommen nicht mehr in Betracht. Nun suchen sich die neuen Muntern auf einer höhern Stufe ihre Gegner, und es sollte mich wundern, wenn deine Schüler nicht auf die Sprünge von Béranger kämen. Das ist freylich ein Feld, wo noch was zu thun ist und wo sie uns überbieten können, vorausgesetzt daß sie soviel Talent haben als der Genannte; dieses aber so wie manches Andere sey den Dämonen empfohlen, die ihre Pfoten in all dem Spiel haben.

Daß Bürgers Talent wieder zur Sprache kommt, wundert mich nicht; es war ein entschiedenes deutsches Talent, aber ohne Grund und ohne Geschmack, so plat wie sein Publicum. Ich habe gewiß, als junger Enthusiast, zu seinem Gelingen vor der Welt viel beygetragen; zuletzt aber war mir's doch gräßlich zu Muthe, wenn eine wohlerzogene Hofdame, im galantesten Négligé, die Frau Fips oder Faps, wie sie heißt, mit Entzücken vordeclamirte. Es ward bedenklich den Hof, den man ihr zu machen angefangen hatte, weiter fortzusetzen, wenn sie auch übrigens ganz reizend und appetitlich aussah.

Schiller hielt ihm freylich den ideellgeschliffenen Spiegel schroff entgegen, und in diesem Sinne kann man sich Bürgers annehmen; indessen konnte Schiller[3] dergleichen Gemeinheiten ohnmöglich neben sich leiden, da er etwas Anderes wollte, was er auch erreicht hat.

Bürgers Talent anzuerkennen kostete mich nichts, es war immer zu seiner Zeit bedeutend; auch gilt das Echte, Wahre daran noch immer und wird in der Geschichte der deutschen Literatur mit Ehren genannt werden.

Daß unsre sechs Bändchen, die du nun verschlungen hast, dich im Innern zugleich erfreuen und peinigen, liegt in der Natur der Sache. Wenn du nun überlegst, daß Schiller gerade in der rechten Zeit von hinnen ging und uns die Epoche von 1806 u.s.w. auf dem Halse ließ, so kannst du allerlei denken, da dir diese Folge auch genugsam gelastet hat.

Meine Farbenlehre war bis etwa in den 10. Bogen abgedruckt, die dazu gehörigen Papiere waren das Erste, was ich rettete. Wundersam genug fand sich, daß irgend jemand anders auch dieses Asyl für bedeutende Dinge gesucht, mein Geflüchtetes beseitigt hatte. Es war auch so gerettet. Ich fand mich in Stand gesetzt, das ganze Werk nach bester Überzeugung vier Jahre hernach herauszugeben, ich wüßte noch jetzt nicht viel daran zu ändern. Was zu suppliren war, hab ich anderwärts gethan, und noch weiß vielleicht niemand vollkommen, was er damit machen soll.

Mit diesem Besondern sprech ich aus: daß wir seit Schillers Ableben nicht aufgehört haben uns tausendfach zu bemühen, bis auf den heutigen tag, der nach seiner Art gleichfalls auf uns lastet.

[4] Erlaube mir diese wunderbar hin- und herspringende manier, es gibt sonst kein Gespräch und keine Unterhaltung; ich erlaube dir desgleichen ohne viel Besinnen.

Es gilt am Ende doch nur Vorwärts!

W. d. 6. Nov. 1830.

G.


48/4.


An Giuseppe de Valeriani

[Concept.]

[6. November 1830.]

Herrn Professor Joseph de Valeriani wünsche ich unter die Wohlwollenden zählen zu können, welche verzeihen, wenn es mir unmöglich fällt, in meinen hohen Jahren, unter dem Drang unabweislicher Obliegenheiten, Zuschriften und Sendungen nicht mit einer Theilnahme, wie ich wohl wünschte, erwidern zu können.

Dankbar hochachtungsvoll.

Weimar den 3. November 1830.


48/5.


An Christian Gottfried Ehrenberg

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben sich durch die reichhaltige Sendung ein großes Verdienst um mich erworben; es sind vierzig Jahre verflossen, seit ich mich auch um jene geheimnißvollen[5] Tiefen bemühte, als ein treffliches Mikroskop auf einer Reise mir dergestalt beschädigt wurde, daß eine verspätete und nicht einmal glückliche Wiederherstellung mich von ganz andern Beschäftigungen und Neigungen befangen antraf, und ich bisher alle einzelnen Versuche mich wieder dorthin zu begeben vereitelt sah.

Nun aber kann ich mit größter Bequemlichkeit und Klarheit mich wieder ungescheut in solche Abgründe wagen, deren Schätze Sie uns zugänglich an das Tageslicht hervorheben.

Sehr schön und tröstlich für denjenigen, der im Allgemeinen einen ewigen Zusammenhang zu finden glaubt, ist die Bemerkung, daß in dem Wasser unter allen Himmerlsstrichen sich gleiche einfache Gestalten hervorthun, die sich denn hernach durch Entwicklung und Assimilation, als den Haupt-Wirksamkeiten des Lebendigen, auf das wunderbarste vermannichfaltigen mögen. haben Sie Dank für die Facilität, wie wir uns diese Geschöpfe näher gebracht sehen.

Eben so war es mir und meinen Freunden höchst erfreulich, wie Sie uns die Phänomene der Wüste, von allem Imaginativen und Apprehensiven entkleidet, in näherer Wirklichkeit heranführen, daß wir sie als dem gemeinen Leben verwandt gleichfalls betrachten können. Wie vieles wäre zu sagen, weshalb ich denn wohl mich in die Gegenwart eines solchen Forschers wünschte, um an jenen Entdeckungen, deren eine aus der andern sich nothwendig entwickeln muß, gleich bey[6] dem ersten Gewahrwerden theilnehmen zu können. Denn obgleich die Mittheilung durch den Druck zu unsrer Zeit große Bequemlichkeit bietet, so begreif ich doch gar oft, wie ältere und neuere Forscher sehr wohl handelten, wenn sie sich selbst auf den Weg machten, um diejenigen in ihren Werkstätten zu besuchen, welche mit ihnen gleiche Zwecke zu erreichen strebten.

Wie manche Betrachtungen muß ich ablehnen und darf meine Dankbarkeit gegen Herrn Professor v. Froriep wegen gefälliger Vermittelung nur mit dem Wenigsten aussprechen, um recht bald mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 6. November 1830.


48/6.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

brauchen zunächst wieder Manuscript; die Beylage in 4° zeigt den Übergang von der Abhandlung zu den Nachträgen und Zusätzen.

Die erste Seite enthielte den Schluß der Metamorphose,

Seite 2 und 3 Inhalt und Table.

Dabey fragt sich: ob Sie das Wort Capitel und Chapitre immer wiederholen oder oben nur einmal setzen und dann mit Strichelchen hinabgehen wollen; dieß sey Ihnen ganz überlassen.

[7] Seite 4 ein verbindendes Motto, schicklich in die Mitte des Raums zu setzen.

Seite 5 allgemeiner und dießmal auch besonderer Titel für das Folgende.

Seite 6 Anfang des Nachtrags. Die beiden andern Paquetchen enthalten das Deutsche und Französische, soviel davon in meinen Händen ist.

Leider hat Herr Soret, als er sich eilig zu seinem todtkranken Vater auf die Reise begab, die Folge des manuscripts eingeschlossen; wir werden also, bis zu seiner zu hoffenden baldigen Rückkunft, wohl eine Pause zu machen haben; welches voraus vermelde, um deshalb Ihre Einrichtung machen zu können. Um aber, was uns betrifft, die Angelegenheit möglichst zu fürdern, folgt hier der Bogen 6, sorgfältig revidirt, zu geneigter weiterer Besorgung.

Weimar den 7. November 1830.


48/7.


An Sulpiz Boisserée

[7. November 1830.]

Hiebey, mein Theuerster, die unvollständigen sibylinischen Blätter des Chaos; kein ganzes Exemplar ist nicht mehr vorräthig; im Anfang wurden wenige gedruckt, man ging noch überdieß etwas leichtsinnig damit um. Die Folge hoffe ununterbrochen übersenden zu können.

[8] Wenden Sie ja Ihre Aufmerksamkeit auf irgend einen interessanten Gegenstand und einige Stunden auf die Darstellung desselben, die Ihnen die Bedinungen, zu welchen die Beytretenden sich verpflichten. Für dießmal will ich von Ihnen nicht das strenge Geheimniß fordern, das hier am Orte unter den Mitgliedern möglichst bewahrt wird, nur geben Sie kein Blatt aus der Hand, damit nichts abgeschrieben oder wohl gedruckt werde. Hie und da ist es auswärtig geschehen und hat Verdrießlichkeiten und Ausschließungen nach sich gezogen. Hiebey muß ich bemerken: daß ich nur Mitglied bin und mit Redaction und Direction gar nichts zu thun habe. Diese sind ganz frauenzimmerlich, mitunter ein bißchen eigen.

Auch lege eine Nachbildung der drey Könige bey. Ich finde den Gedanken so schön, daß, wenn mit den jungen Künstler etwas zu thun wäre, ich einen ersuchen würde: diese Composition, aber genau diese, zu reproduciren und in's Vollkommene zu steigern. Die großen Alten scheuten sich nicht, dem Guten, Löblichen nachzugehen und, was einmal gelungen war, wieder hervozubringen, welches immer sehr viel vorausetzt; unsre Neuern sind dagegen lauter Originale, und doch können sie mitunter über das Buch Tobiä nicht hinauskommen, welches Rembrandt auf seine Weise unvergleichlich genutzt hat.

[9] Noch ein Wort von unserm Bildchen! Der Engel spricht dem Jüngsten in's Ohr, den Ältesten faßt er bey'm Kopfe, der Mittlere (zur Ausfüllung des Raums etwas lang gerathene) wendet sich aufwärts nach der Botschaft und scheint sie im Traum zu sehen und zu verstehen. Höchst merkwürdig ist die Caravane, die, schon aufgebrochen, in's Gebirg zieht; auch die Masse ist schon geistig aufgeregt und dirigirt.

Da ich entfernt bin von allem bedeutend Geleisteten, so halte ich mich an die geistreichen Vorsätze, von denen mich solche Blätter überzeugen. Auch hab ich das Glück, ganz unschätzbare Dinge, um derentwillen man länger leben möchte, in meinen Besitz gebracht. Den Genius der Poesie von Julius Roman. Gedanke! vor dem man die Kniee beugt, mit der sorgfältigsten Federausführung. ich besitze vielleicht hundert seiner Blätter, einige von ihm, viele nach ihm, aber als glücklichem Wurf ist diesem kaum eines zu vergleichen. Ich sehe deshalb sorgfältig nach und wäge die Motive mit Genauigkeit. Es ist eine angenehme Beschäftigung, das Vortreffliche mit dem Vortrefflichen zu vergleichen.

Nun aber will ich aufhören, damit das Paquet abgeschlossen werde. Lassen Sie bald von sich hören und, wo möglich, verleihen Sie mir auch irgend ein Bildliches, woran ich mich herzlich ergetzen kann. Von der Art sind denn doch Neureuthers Randzeichnungen. Ich habe gewünscht etwas von ihm zu[10] sehen, das nicht von mir veranlaßt worden, damit das Ich bey dem Urtheil ganz aus dem Spiel wäre; ein paar Tiroler Lieder sind mir dabey zu Hülfe gekommen. Soviel für dießmal. Möge Ihnen alles zu Theil werden.

und so fort an!

Weimar d. 4. Nov. 1830.

J. W. v. Goethe.


48/8.


An Carl Friedrich Zelter

Du bist so freundlich, mir das Schattenbild deiner Wunder-, That- und Klangwelt in meine Clause vorzuführen; da hast du Cephalus und Prokris, nach meiner Art entwickelt. Stelle dich davor, ein Stäbchen in der Hand, und denke, bänkelsängerisch deutend, so wird es für den Augenblick wenigstens genügen. Aber hier, wo ich aufhöre, sollt es eigentlich anfangen, die Großheit der Darstellung eines darzustellen kaum Möglichen!

Laß mich einen Sprung zu der Samariterin thun! Jedes Auftreten von Christus, jede seiner Äußerungen gehen dahin, das Höhere anschaulich zu machen. Immer von dem Gemeinen steigt er hinauf, hebt er hinauf, und weil dieß bey Sünden und Gebrechen am auffallendsten ist, so kommt dergleichen gar manches vor.

Dieser große sittliche Propheten-Act ist aber sinnlich gar nicht darzustellen, und solche Bilder werde[11] nur gemahlt, weil sie schon oftmal gemahlt worden sind, und weil man eine appetitliche Frau frömmelnd wiederholen will. Sieht man die Vielmännerey der Samariterin an, so weiß man freylich nicht recht, was ihr der zahme Prophet soll. Es mag ein gut Bild seyn, aber es sagt nichts. Davon haben die modernen Künstler keinen Begriff und müssen sich am Ende deine Auslegung des Beywesens gefallen lassen. Hier aber liegt der Grundirrthum der deutschen Künstler seit beynahe 40 Jahren. Was gehen sie mich an! haben wir doch auch unsern Moses und unsre Propheten.

Ich will nicht zu sagen unterlassen, was mir gerade einfällt. Schillern war eben diese echte Christus-Tendenz eingeboren, er berührte nichts Gemeines, ohne es zu veredeln. Seine innere Beschäftigung ging dahin. Es sind noch manuscripte Blätter da, aufgezeichnet von einem Frauenzimmer, die eine Zeitlang in seiner Familie lebte. Diese hat einfach und treulich notirt, was er zu ihr sprach, als er mit ihr aus dem Theater ging, als sie ihm Thee machte und sonst; alles Unterhaltungen im höheren Sinne, woran mich sein Glaube rührt: dergleichen könne von einem jungen Frauenzimmer aufgenommen und genutzt werden. Und doch ist es aufgenommen worden und hat genutzt; gerade wie im Evangelium: Es ging ein Säman aus zu säen pp.

Nun mahle man Schillern bey'm Theetisch einem jungen Frauenzimmer gegeneüber! Was ist denn da[12] auszudrücken; obgleich ein junges unschuldiges Kind einem vorzüglichen Manne gegenüber, für dessen Worte sie Respect hat, sie auffassen und bewahren möchte, immer noch ein löblicherer Gegenstand ist, nur kein mahlerischer.

Nimm einsweilen hiemit vorlieb und kehre zu deinem Julius Roman zurück, da wirst du dich gegen jene Saalbadereyen gestärkt fühlen.

Hab ich dir einmal das Kupfer nach Leonardo da Vinci: den Reuterstreit um die Standarte gesendet? Es ist eine glücklich erhaltene Nachbildung des Cartons von Leonardo da Vinci (siehe den 35. Band meiner kleinen Ausgabe S. 311). Hast du's noch nicht, so wirst du gewiß Lust darnach emfinden; melde solches, alsobald soll das Blatt folgen, denn es muß sich doppelt in meiner Sammlung aufhalten.

Bis hieher gelangt eiligst

Weimar den 9. November 1830.

G.


[Beilage.]

Cephalus und Prokris nach Julius Roman.

Cephalus, der leidenschaftliche Jäger, nachdem er das Unglück, welches er unwissend in der Morgendämmerung angerichtet, gewahr worden, erfüllte mit Jammergeschrey Felsen und Wald. Hier, auf diesem nicht genug zu schätzenden Blatte, nachdem er sich ausgetobt, sitzt er, brütend über sein Geschick, den Leichnam seiner Gattin entseelt im Schoße haltend.[13]

Indessen hat sein Wehklagen alles, was in den waldigen Bergeshöhen lebt und webt, aus der morgendlichen Ruhe aufgeregt. Ein alter Faun hat sich herangedrängt und repräsentirt die Leidklagenden mit schmerzlichen Gesichtszügen und leidenschaftlichen Gebärden. Zwey Frauen, schon mäßiger theilnehmend, deren eine die Hand der Verblichenen faßt, als ob sie sich ihres wirklichen Abscheidens versichern wollten, gesellen sich hinzu und drücken ihre Gefühle schon zarter aus. Von oben herab, auf Zweien sich wiegend, schaut eine Dryas, gleichfalls mitbetrübt; unten hat sich der unausweichliche Hund hingelagert und scheint sich nach frischer Beute lechzend unzuschauen. Amor, mit der linken Hand der Hauptgruppe verbunden, zeigt mit der Rechten den verhängnißvollen Pfeil vor.

Wem zeigt er ihn entgegen? Einer Caravane von Frauen, Waldweibern und Kindern, die, durch jenes Jammergeschrey erschreckt, heran gefordert, die That gewahr werden, sich darüber entsetzen und in die Schmerzen der Hauptperson heftig einstimmen. Daß ihnen aber noch mehrere folgen und den Schauplatz beengen werden, dieß bezeugt das letzte Mädchen des Zugs, welches von der Mutter mit heraufgerissen wird, indem es sich nach den wahrscheinlich Folgenden umsieht. Auf den Felsen über ihren Häuptern sitzt eine Quellnymphe traurig über der ausgießenden Urne; weiter oben kommt eine Oreas eilig, sich verwundert umschauend, hervor; die hat das Geschrey[14] gehört, aber sich nicht Zeit genommen ihre Haarflechten zu endigen; sie kommt, das Langhaar in der Hand hebend, neugierig und theilnehmend. Ein Rehböcklein steigt gegenüber ganz gelassen in die Höhe und zupft, als wenn nichts vorginge, sein Frühstück von den Zweigen. Damit wir aber ja nicht zweifeln, daß das alles mit Tagesanbruch sich zutrage, eilt Helios auf seinem Wagen aus dem Meere hervor. Sein Hinschauen, seine Gebärde bezeugen, daß er das Unheil vernommen, es nun erblicke und mitempfinde.

Uns aber darf es bey aufmerksamer Betrachtung nicht irren, daß die Sonne gerade im Hintergrunde aufgeht, und das ganze oben beschrieben Personal wie vom Mittag her beleuchtet ist. Ohne diese Fiction wäre das Bild nicht, was es ist, und wir müssen eine hohe Kunst verehren, die sich gegen alle Wirklichkeit ihrer angestammten Rechte zu bedienen weiß.

Noch eine Bemerkung haben wir über den Vordergrund zu machen. Hier findet sich die Spur benutzender Menschenhände. Die Hauptgruppe ist vor dem tieffsten Walddickicht gelagert, der Vordergrund ist als ein einjähriger Schlag behandelt; Bäume sind, nicht weit von der Wurzel, abgesägt, die lebendige Rinde hat schon wieder ihren Zweig getrieben. Diesen fortmäßigen Schlag legte der Künstler weislich an, damit wir bequem und vollständig sähen, was die Bäume, wenn sie aufrecht stünden, uns verdecken müßten. Eben so weislich ist im Mittelgrund ein Baum abgesägt,[15] damit er uns hintere Landschaft nicht verberge, wo Gebäude, Thürme, Aquäducte und eine Mühle, als Dienerin der allernährenden Ceres thätig, uns andeuten: daß menschliche Wohnungen zwar fern seyen, daß wir uns aber nicht durchaus in einer Wüßte befinden.

s. m.

treu angeeignet

Weimar den 9. November 1830.

J. W. v. Goethe.


48/9.


An Marianne von Willemer

Die lustigen Italiäner sendete ich auf Ihren Wink, meine Theuerste, alsobald ab und füge nur hinzu: Sie mögen einige angenehme Unterhaltung und Erinnerung durch diese neckische Leutchen gewinnen! Wenn sie in der Hälfte januars wieder zu mir kommen, so treffen sie just in die Epoche, wo man ihrer bedarf, weil man ihrer bedarf, weil man denn doch immerden vergebenen Versuch erneuert, so neckisch zu seyn wie sie. Da gehörten aber freylich leichtere Glieder und Gemüther in einer behaglichen Atmosphäre dazu.

Den guten Eckermann hätt ich Ihnen näher bekannt gewünscht. Das Problematische an ihm löst sich auf, wenn man erkennt, daß er eine einfach reine Seele ist, diemit sich und der Welt ebenfalls gern rein seyn möchte. Wie wenige jedoch gelangen dazu![16] Ein Wesen wie das seinige kann sixh nur nach und nach offenbaren.

Ich weiß nicht genug zu danken für die von Zeit zu Zeit übersendeten Stachelgewächse; sie halfen mir manchen freundlichen Mittag erheitern. Wenn man die Früchte besserer Climaten genießt, so wird man augenblicklich hinüberversetzt und die Einbildungskraft erhöht den Genuß.

Eben so soll auch der zugesagte Senf willkommen seyn; welchem allem aber ich noch einen Wunsch hinzufüge. Mein Arzt verlangt, ich soll manchmal von eingemachtem Ingber etwas genießen, wie wir ihn sonst aus Indien von holländischen Gönnern erhielten. Diese Quelle versiegte nach und nach, gewiß aber werden die Frankfurter Conditor dergleichen eben so gut bereiten. Mögen Sie ein Glas oder Tüpfchen mir einpacken lassen, so denken Sie dabey, daß Sie mcih oft bey'm Dessert erfreuen.

Boisserée erfuhr jetzt erst, durch jene werthe Reisende, daß seit jenen schönen Zeiten immer noch eine Ordinari-Post zwischen der Mühle und Weimar im Gange sey. Der Gute scheint nicht geahnet zu haben, daß es außer Herrn v. Nagler noch treffliche Postdirectoren gibt; ja man kann behaupten, daß ihn Hudhud mitunter beschäme.

Mein Sohn hat auf eigne Weise, mit Heil und Unheil, zu Land und Wasser, seine Reise über Neapel[17] nach Rom vollbracht, von da er nn wohl sachte zurückkehren wird.

Sterne hat uns Beywörter von allerlei Reisenden gegeben; ich möchte diesen den Kühnen, Vollständigen benamsen; wenn er zuletzt glücklich nach Hause gelangt, so soll er willkommen seyn. Er hat alles gesehn und durchgeschaut, woran ich vorüberging. Die Aufgabe, die auf mir lag, war freylich bedeutend. Sie haben wohl in meinem kleinen Büchlein, vielleicht auch da oder dort, den Zuständen, in welchen ich mich befand, einige Aufmerksamkeit geschenkt.

Nun aber wollen wir abschließen, damit jene lustigen Vögel nicht einen allzu großen Vorsprung gewinnen.

Noch eine Frage: haben Sie den berühmten Berliner Prachtaufzug Lalla Rookh, der vor einigen Jahren aufgeführt wurdee, schon gesehen? Wo nicht, so soll er, wenn jene Hasenfüße zurückkehren, ungesäumt in aller seiner Herrlichkeit vor Ihnen auftreten. Zugleich auch eine gränzenlose Ritterschaft, welche nicht schlecht paradirt und sich, zwar modern, doch dem Mittelalter genugsam angenähert erweisen wird.

und so fort an!

Weimar den 9. November 1830.

Goethe.[18]


48/10.


An Marianne von Willemer

Meinem letzten Schreiben Gegenwärtiges nachzusenden, veranlaßt mich eine häusliche Verlegenheit. Ich bedarf diesen Winter einen Fußteppich; die von Leipzig eingegangenen Muster sind alle zu prächtig und bunt und würden das Zimmer zum Zimmer hinausjagen.

Wollten Sie deshalb mir einige Muster der allerbescheidensten Fußteppiche zusenden, weder auffallend durch Farbe noch Dessin, so mäßig, daß man gern drauf hingehen mag, und daß es die übrigen Möbels nicht beschämt, so thun Sie mir einen sehr großen Gefallen und geben Gelegenheit zu freundlichem dankbarem Erinnern.

Mehr sag ich heute nicht und wünsche das schönste und beste Behagen. Nächstens, wie ich hoffe, manche freundliche Mittheilung.

Eckermann wird in diesen Tagen wieder bey uns eintreffen.

Und so fort an!

treulichst

Weimar den 11. November 1830.

Goethe.[19]


48/11.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

möge es gefallen, morgen Freytags ein frugales Mittagsmahl einzunehmen; auch deshalb sich um eine Stunde später zu der verabredeten Besprechung geneigtest einzufinden.

Hochachtungsvoll

vertrauend

gehorsamst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 18. November 1830.


48/12.


An Carl Friedrich Zelter

Nemo ante obitum beatus ist ein Wort, das in der Weltgeschichte figurirt, aber eigentlich nichts sagen will. Sollte es mit einiger Gründlichkeit ausgesprochen werden, so müßte es heißen: »Prüfungen erwarte bis zuletzt.«

Dir hat es. mein Guter, nicht daran gefehlt, mir auch nicht, und es scheinet, als wenn das Schicksal die Überzeugung habe, man seye nicht aus Nerven, Venen, Arterien und andern daher abgeleiteten Organen, sondern aus Draht zusammengeflochten.

Dank für deinen lieben Brief! hatt ich dir doch auch einmal eine solche Hiobsbotschaft als gastlichen[20] Gruß einzureichen. Dabey wollen wir es denn bewenden lassen.

Das eigentliche Wunderliche und Bedeutende dieser Prüfung ist, daß ich alle Lasten, die ich zunächst, ja mit dem neuen Jahre abzustreifen und einem jünger Lebigen zu übertragen glaubte, nunmehr selbst fortzuschleppen und sogar schwieriger weiter zu tragen habe.

Hier nun allein kann der große Begriff der Pflicht uns aufrecht erhalten. Ich habe keine Sorge, als mich physisch im Gleichgewicht zu bewegen; alles Andere gibt sich von selbst. Der Körper muß, der Geist will, und wer seinem Wollen die nothwendigste Bahn vorgeschrieben sieht, der braucht sich nicht viel zu besinnen.

Weiter will ich nicht gehen, behalte mir aber doch vor, von diesem Puncte gelegentlich fortzuschreiten. Meine herzlichsten dankbaren Grüße an alle so treulich Theilnehmende.

treu angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 21. November 1830.


48/13.


An Carl Emil Helbig

Ew. Hochwohlgeboren

habe schuldigst zu vermelden, daß Ihro Kaiserliche Hoheit die regierende Frau Großherzogin geruht[21] haben, das von dem Landschaftsmahler Kaiser zur Ausstellung eingesendete Bild sich anzueignen und dafür an mich einhundert Thaler Conv. auszahlen lassen. Die Summe würde sogleich Ew. Hochwohlgeboren zu weiterer geneigter Besorgung gegen Quittung zu übergeben seyn.

Wobey ich denn Dieselben zugleich ersuchen wollte, mir mit wenigem schriftlich das, was für Demoiselle Facius erreicht worden, mitzutheilen, da ich denn sogleich die Verordnung an unsren Cassirer erlassen würde, die dießseitig zugestandene Summe von 200 rh. an Dieselben von Zeit zu Zeit, wie sie verlangt wird, auszuzahlen.

Unter den besten Wünschen mich angelegentlichst empfehlend.

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 22. November 1830.


48/14.


An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow

Ew. Excellenz

mit einem bescheidenen Schreiben anzugehen war ich schon mehrmals in Versuchung gerathen. Das Glück, unsre durchlauchtigste Frau Großherzogin persönlich zu verehren, und manches, was durch Sie von Nordosten her auch mir zu Gute kommt, verbindet mich, wie so viele, nach jenen fernen Gegenden hinzublicken[22] auf die mannichfaltigste Weise. Jetzt aber werd ich durch jenen bedeutenden Umstand angeregt, daß einer der gefährlichsten Krankheitszüge dort sich kaum abweisen läßt. Alle Welt ist um jene bedrohten Gegenden bekümmert, sowohl um des dortigen traurigen Zustands willen, als aus heimlicher Furcht, das Übel möchte sich weiter nach Westen verbreiten.

Bey dem lebhaften Antheil, wozu Wohldenkende besonders aufgefordert sind, ist meine Correspondenz mit vertrauenswürdigen Ärzten mit Betrachtungen hierüber beschäftigt, um so mehr, als von dort her selbst eine allgemeinere Theilnahme ausdrücklich aufgerufen worden.

Beykommendes Blatt ist ein Resultat solcher vertraulichen Mittheilungen, welches Hoch Denselben zu übersenden ich mir die Freyheit nehme, zu geneigter Beurtheilung und allenfallsiger Beförderung an die dieses Geschäft behandelnde Stelle. man beeilt sich ohne die mindeste andere Absicht einen Gedanken und Vorschlag mitzutheilen, der, wenn er auch nur geeignet wäre, gesunde Personen, welche das gefährliche Geschäft des Wartens und Pflegens auf sich zu ermuthigen, schon einen erwünschten Zweck erreicht haben würde.

Gar manches möcht ich hinzufügen, hielt ich nicht für Pflicht, keinen Augenblick also sende ich schleunigst in die Ferne, wo sie nützlich werden, auf jeden Fall aber ein Zeugniß[23] ablegen möge von dem Antheil, den ich an jenem ahnungsvollen bedrohenden Zustande mit manchem einsichtsvollen manne zu nehmen nicht verfehlen konnte.

Ew. Excellenz

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 28. November 1830.


48/15.


An Johann Heinrich Meyer

Herr Hofrath Meyer wird höflichst ersucht, mit dem Zeichner Starke beykommende Mappe zu durchgehen und über einen billigen Preis mit ihm übereinzukommen. Er hat einigen Vorschuß, das Übrige würde ihm sogleich auszahlen. Die Blätter sind unten numerirt, darnach kann die kleine Rechnung gestellt werden.

Mir geht's den Umständen nach sehr leidlich.

Weimar den 29. November 1830.

G.


48/16.


An Johann Peter Eckermann

Haben Sie die Güte, mein bester Docktor, beykommende schon bekannte Gedichte nochmals durchzugehen, die voranliegenden neueren einzuordnen, damit es sich zum Ganzen schicke. Faust folgt hierauf!

Ein frohes Wiedersehen!

W. d. 30. Nov. 1830.

Goethe.[24]


48/17.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie wohl, mein Theuerster, Beykommendem Ihre geneigte Aufmerksamkeit schenken, bis es uns vergönnt ist gemeinschaftlich darüber zu berathen.

Dem lieben Frauchen die schönsten Grüße von dem gar löblich wieder genesenden.

W. d. 30. Nov. 1830.

G.[25]


48/17a.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Unterthänigster Vortrag.

Die Überzeugung, daß der jungen Künstlerin, Angelika Facius, zum besondern Vortheil gereichen werde, auch noch das nächste Jahr 1831 in Berlin ihre Studien fortzusetzen, hat zu folgender gnädigster Entschließung den Anlaß gegeben.

Ihro Königliche Hoheit der regierende Großherzog verwilligen eine Summe von 100 Thalern aus der Cammer-Central-Casse; Ihro Kaiserliche Hoheit die regierende Frau Großherzogin verwilligen desgleichen 100 Thaler aus der, großherzoglicher Oberaufsicht[77] anvertrauten Separatkasse, wie denn aus der Oberaufsichtlichen Hauptkasse gleichfalls 100 Thaler bestimmt worden.

Diese Summe von 300 Thalern Cassegeld werden, aus den erwähnten Cassen, an Herrn Geh. Hofrath Helbig, als welcher bisher dieses Geschäft mit Herrn General von Lestocq verhandelt, vierteljährig gegen Quittung ausgezahlt.

Verehrend

Ew. Kayserlichen Hoheit

unterthänigster

Weimar d. 30. Nov. 1830.

J. W. v. Goethe.[78]


48/18.


An Carl Friedrich Zelter

Noch ist das Individuum beysammen und bey Sinnen. Glück auf!

Mit der leidigen Kranckheitsgeschichte verschon ich dich, Hier! was mein trefflicher Artzt von der löblichen Genesung sagt:


Man kann behaupten, daß jetzt alle Functionen in Ordnung sind. Der Schlaf ist gut, der Appetit nicht unbedeutend, die Verdauung regelmäßig. Die Kräfte sind bey weiten nicht so geringe, als man bey solchen Vorgängen befürchten mußte. Die vortreffliche Constitution des verehrten Kranken läßt eine baldige vüllige Wiederherstellung mit gutem Grunde hoffen.

Weimar den 29. November 1830.

Dr. Vogel.


Und so steht es noch heute, den 1. Dez. Also, bis auf weitere Ordre.

Treulichst so fort an!

Goethe.[25]


48/19.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Daß ich noch lebe und liebe kann ich vermelden! Mit der Kranckheits Geschichte verschon ich die Freunde. Hier! was mein trefflicher Arzt von der löblichen Genesung meldet.


Man kann behaupten, daß jetzt alle Functionen in Ordnung sind. Der Schlaf ist gut, der Appetit nicht unbedeutend, die Verdauung regelmäßig. Die Kräfte sind bey weitem nicht so geringe, als man bey solchen Vorgängen befürchten mußte. Die vortreffliche Constitution des verehrten Kranken läßt eine baldige völlige Wiederherstellung mit gutem Grunde hoffen.

Weimar den 29. November 1830.

Dr. Vogel


Lebhaften Danck für manches Angenehme Gesendete. Auch bis heute d. 1. Dec. geht es erwünscht. Herzlichst

Goethe.


48/20.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Gefällig zu gedenken.

Auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt werden gewiß solche Kästchen zu haben seyn, worin mancherlei Geräthschaften zu Taschenspieler-Künsten mit Anweisung zum Gebrauch beysammen sind. Nun wünschte ein solches, und zwar wie es einem Anfänger, einem[26] Knaben von 12 Jahren genügen könnte, wohlgepackt, baldigst durch die fahrende Post, mit beygelegter, alsogleich zu bezahlender Rechnung zu erhalten.

Weimar den 2. November 1830.

J. W. v. Goethe.


Aus Beygehendem, theuerste Freunde, ersehen Sie, daß uns nicht anders übrig bleibt als nach Meiden, Scheiden, Leiden, wieder an Freuden zu denken, wenn auch nicht für uns, doch für andere.

Hier ist es nun zu thun, das Weihnachtsfest den Enkeln, nach ihrem Sinne, möglichst auszuschmücken, welche, so froh, als lange nichts hinter ihnen, dieser so ersehnte Epoche lernend, musicirend, spielend entgegen leben.

Zu Beruhigung der geliebten Freunde darf ich vermelden: daß, verhältnißmäßig zu der Lage, ich mich nicht besser befinden konnte.

Nochmals für alles freundlich Gesendete dankend, zeige an: daß die zugesagten Festbilder nächstens ankommen werden. Eingepackt in die Teppichmuster, welche ich dankbar, ohne weitere Bestellung, zurücksende. Das grüne würde ich gewählt haben, wenn es Zeit wäre das Haus zu schmücken.

Und so fort an!

treu angehörig

Weimar den 2. December 1830.

J. W. v. Goethe.[27]


48/21.


An Gustav Friedrich Richter

Ew. Wohlgeboren

bekenne mcih zu verpflichten Danke schuldig für die so lehrreich geordnete, nunmehr angelangte Sammlung von Gebirgs- und Gangarten, auch hinzugefügten Mineralien, und vermelde, daß zu Bezahlung der 150 rh. sächsisch alsbald Ordre gegeben worden.

Ein schwerer, indeß erduldeter Krankheitsanfall hindert mich gegenwärtig an weiteren Äußerungen.

Wie ich denn auch dringend zu bitten habe, Ew. Wohlgeboren mögen mich bey Herrn Oberberghauptmann Freyherrn v. Herder bestens entschuldigen, daß ich auf seinen so werthen und willkommenen Brief nicht sogleich, wie ich gewünscht, auf das lebhafteste erwidert.

Sobald es mir nur möglich, werde nicht verfehlen meinen besten Dank für die Mittheilung des wichtigen Gutachtens abzustatten, welches mit Aufmerksamkeit und Bewunderung gelesen.

Leider entfernt sich Wunsch und Hoffnung, Freyberg zu besuchen, immer mehr; um desto mehr hab ich mich den dortigen würdigen Männern und Freunden angelegentlich zu empfehlen.

Hochachtungsvoll ergebenst

Weimar den 3. December 1830.

J. W. v. Goethe.[28]


48/22.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Stellen Sie, mein Theuerster, dies unschuldige Kunstwerck bey Sich auf, erfreuen Sich, mit den lieben Ihrigen, des zierlichen Anblicks; in Hoffnung und Aufsicht den alten treuen Freund noch eine Zeitlang in Ihrer Nähe zu wissen.

Unwandelbar

Weimar d. 5. Dez. 1830.

J. W. v. Goethe.


48/23.


An Anton Bernoully

[Concept.]

Herr Anton Bernoully hat vor einem Jahre auf Verlangen an Herrn Staats-Minister v. Goethe in Weimar eine Sendung Zuckerwaren abgehen lassen.

Nach Ausweis der Rechnung enthielt die vorige


2 1/4 Pfund Confect in Figuren 3 fl. –

1 1/2 Pfund Brenten 1 fl. 48 kr.

Kästchen und Wachstuch 40 kr,


und wird derselbe hiedurch ersucht, eine gleiche Abschickung gegenwärtig baldigst zu besorgen.

Weimar den 5. December 1830.[29]


48/24.


An Friedrich Theodor Kräuter

[Concept.]

Ich Unterzeichneter wünsche, Herr Bibliothek-Secretär Kräuter möge die Custodie und Sorgfalt für meine sämmtlichen Sammlung in der Maaße und gleicher Verpflichtung wie die der großherzoglichen Bibliothek übernehmen.

Meinen Bücher-Vorrath hat geaordnet, wie derselbe sich im hintern Zimmer befindet.

Gleichfalls meine Privat-Scripturen, Acten, Collectaneen, Tagebücher, eingegangene und abgesendete Briefe; sie sind in dem gewölbten Zimmer reponirt.

Zu meinen Sammlung folgen anbey die meisten Schlüssel. Wie denn überhaupt diese Angelegenheit noch im Einzelnen weiter verhandelt werden soll.

Weimar den 5. December 1830.

J. W. v. Goethe.


48/25.


An Carl Friedrich Zelter

Es wird sich wohl einleiten lassen, daß unsre Mittheilungen nicht unterbrochen werden. Ich schreibe manches mit Bleystift, welches mundirt wird. Alles kommt darauf an, daß die Kräfte, die mir gebleiebn sind und die sich allmählig verstärken, wohl genutzt werden, denn es bedarf deren. Die mir auferlegten Lasten vermindern sich nicht, doch vertheil ich sie auf[30] Wohlgesinnte, die sich an diesem Falle doppelt erproben. Nach und nach hörst du das Weitere. Schon seit einiger Zeit trau ich dem Landfrieden nicht und befleißige mich, das Haus zu bestellen; das geht nun fort, rein und stetig, zu meiner großen Beruhigung.

Wegen unsrer Correspondenz ist Vorsorge getroffen. Willst du, wie ich denke, den künftigen nicht unbedeutenden Betrag des Erlöses auch für Doris bestimmen, so drücke es in einem legalen Document gegen mich aus, damit es sich an die andern Verfügungen gesetzlich anschließe, wodurch ich möglichst die wunderliche Complication der Zustände für die nächste Zukunft zu sichern für Pflicht halte.

Freylich geht's dir wie mir in Absicht auf Sammlungen; wir besitzen das für uns Kostbarste, das aber sich nicht taxiren läßt.

Soviel für dießmal. Ich lege das Original bey, damit du sihst, wie wir uns behelfen.

Schritt vor Schritt!

Wie immer

Weimar den 6. December 1830.

G.


48/26.


An Henriette von Beaulieu-Marconnay,geb. von Egloffstein

Nur mit den wenigsten Worten, verehrte Freundin, mein danckbarstes Anerkennen. Ihr theures Blatt[31] mußte ich, mit Rührung, an die Lippen drücken. Mehr wüßt ich nicht zu sagen. Ihnen aber möge, zu geeigneter Stunde, als genügender Lohn, Irgend eine eben so freudige Erquickung werden!

Verpflichtet

Weimar am 7. Dez. 1830.

J. W. v. Goethe.


48/27.


An Thomas Carlyle


Eckermann an Carlyle.

Mein theurer Herr und Freund!

Verzeihen Sie, daß ich mit einer Antwort auf Ihr letztes werthes Schreiben bis jetzt in Rückstand geblieben bin. Ich erhielt es im April einen Tag vor meiner Abreise nach Italien mit Herrn v. Goethe, dem Sohn. ich bin in voriger Woche von dieser Reise nach Weimar zurückgekehrt, jedoch allein, indem jeneer Freund, wie Sie vielleicht auch aus den Zeitungen werden gesehen haben, in Rom seine irdische Bahn beschlossen hat. Seine Familie hat diesen Verlust eines geliebten Mitgliedes schmerzlich empfunden, sich jedoch nach und nach in das Unabänderliche, Geschehene ergeben und sich nunmehro ganz wieder dem Lebendigen und Thätigen zugewendet. Besonders ist Goethe's hohes Wirken keinen Tag unterbrochen worden, wie man denn an Ihm überhaupt die Maxime zu verehren hat, jedes unnütze Leiden durch nützliche Thätigkeit zu überwältigen.

Kaum war ich nun einige Tage wieder hier, als Goethe in der Nacht vom 25. auf den 26. November mit einem heftigen Blutsturz erwachte, so daß Sein Leben in Gefahr schwebte und nur ein schneller Aderlaß und eine so kräftige Natur wie die Seinige Ihn retten konnte. Sie mögen[32] denken, daß ganz Weimar dadurch in große Aufregung und in nicht geringe Sorge versetzt wurde. Am zweyten Tage jedoch ließ uns die beruhigende Aussage seines trefflichen Arztes, des Hofrath Vogel, schon wieder die beste Hoffnung schöpfen, und so ist denn Goethe von Tag zu Tag seiner vollkommenen Genesung entgegenneschritten, so daß Er jetzt schon wieder auf, und in gewohnter Weise beschäftiget ist, wiewohl Er sich noch stille bey Sich hält und wie billig noch alle äußere Anregung vermeidet. Die Krankheit war also nicht zum Tode, sondern zur Ehre Gottes, und wir schöpfen aus diesem glänzenden Sieg Seiner unvergleichlichen Natur die sicherste Hoffnung, Ihn nunmehro noch manches schöne Jahr in vollkommenen Kräften thätig voran zu sehen.

Vor allen freue ich mich nun auf die Vollendung des Faust, woran jetzt soviel gethan, daß sie nicht ferner zu den Unmöglichkeiten zu rechnen ist. Ich freue mich dazu als zu einem Werk, das an Umfang und innerem Reichthum nicht seines Gleichen haben ird, indem es nicht allein nach allen Verhältnissen der geistigen und sinnlichen Welt hinrührt, sondern auch die menschliche Brust mit allen ihren Leidenschaften und Thätigkeiten, mit ihren Richtungen auf das Wirkliche, so wie auf die imaginären Regionen des Glaubens und Aberglaubens vollkommen ausspricht, und zwar in allen denkbaren Formen und Versen der Poesie. Deutschland wird sich daran üben, um es zu verstehen und vollkommen zu genießen, und die Nachbarnationen werden es ihren vorzüglichsten Talenten danken, wenn sie dieses deutsche Product durch immer gelungenere Versionen bey sich national machen.

Es steht mir zwar nicht zu, Ihnen zu rathen, wäre ich jedoch an Ihrer Stelle, so würde ich sicher für meine Nation etwas Dankbares unternehmen, wenn ich die schönsten Mußestunden[33] einiger Jahre auf eine treue Übersetzung des Faust verwendete. Die Proben Ihrer Helena haben zur Genüge gezeigt, daß Sie nicht allein das deutsche Original vollkommen verstehen, sondern auch Ihre eigene Sprache genugsam in Ihrer Gewalt haben, um das Empfundene und Verstandene anmuthig und geistreich wieder auszudrücken. Die Übersetzung des Lord L. Gower mag denen genügen, die das Original nicht kennen, und man mag sie als Vorläufer eines Besseren schätzen, allein genau beshen mag es ihm gefehlt haben, beides, an Einsicht wie an Muth.

Man soll aber nie fragen, ob eine Nation für ein Werk reif sey, bevor man wagen will, es ihr zu bringen. In solcher Erwartung hätte Goethe noch lange Zeit haben mögen. Die Nationen aber reifen an ihnen kühnen Werken heran, und man soll ihnen daher das Beste nicht vorenthalten.

Ich hatte vor, Ihnen noch manches von meiner Reise zu schreiben, ich wollte Ihnen von manchem großen Eindruck erzählen, den ich gehabt, wie mich der Mont Blanc und Monte Rosa, so wie der Garda- und Genfer See in Bezug auf die Farbenlehre beschäftiget; auch daß ich auf meiner Rückreise mich der Übersetzung Ihres Lebens von Schiller erfreut; allein es fehlt mir heute an Raum wie an Zeit; und ich schließe für dießmal mit den herzlichsten Grüßen an Sie und Ihre Frau Gemahlin, und mit dem Wunsch, recht bald wieder von Ihnen zu hören.

Ihr treuer Freund Eckermann

Weimar den 6. December 1830.


Glücklicherweise kann ich eigenhändig hinzufügen daß ich lebe und hoffen darf noch eine Zeitlang in der Nähe meiner Geliebten zu verweilen, Gruß und Segen! den theuern Gatten!

[34] Ihre beyden Briefe sind angelangt, der nach Berlin bestellt.

Weimar. d. 7. Dec. 1830.

J. W. v. Goethe.


48/28.


An Friedrich Theodor von Müller

Herrn Geheimen Rath v. Müller wünscht gegn Abend bey sich zu sehen

Weimar den 7. December 1830.

J. W. v. Goethe.


48/29.


An Johann Heinrich Meyer

Indem ich das versprochene Buch hiebey überschicke, füge ich, mein Theuerster, die Bitte hinzu, Sie mögen bey'm Lesen ein Blättchen neben sich legen und das, was Ihnen neu darin vorkommt, ist kein Wunder, da ich das Bekannte nicht hell und klar vor mir habe.

In Hoffnung baldigen Wiedersehens die treusten Wünsche.

Weimar den 9. December 1830.

G.


48/29.


An Johann Heinrich Meyer

Nehmen Sie gefälligst Gelegenheit, mein Theuerster, beykommenden Versuch eines Schreibens an Herrn[35] v. Barhagen unsrer gnädigsten Dame vorzulegen und, wenn es anders gewünscht werden sollte, es mir zu vermelden. Das Buch bitte gleichfalls an Höchst Dieselbe abzugeben und zu versichern, daß es höchst wichtig und für die Bibliothek wünschenswerth sey. Ich habe es ganz durchgelesen und bin auf die folgenden Theile sehr neugierig. Man sieht in die wunderbarsten bedeutendsten Zustände klar hinein, von denen man sonst nur die düstersten Begriffe sich machen konnte.

Eine baldige ausführliche Unterhaltung wünschend.

treulichst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 11. December 1830.


48/31.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Daß Ihro Königliche Hoheit gnädigst regierender Herr an den mich betroffenen krankhaften Zuständen gnädigsten Antheil genommen, hat mich, selbst in den bedenklichsten Stunden, tröstend aufrecht erhalten. Wenn mir aber eine gleiche Höchste Gesinnung durch Ew. Excellenz Vermittelung nunmehr geneigtest zu Theil wird, habe meinen gefühltesten Dank dafür doppelt und dreyfach abzustatten.

Was das fragliche Geschöft betrifft, so darf ich wohl bekennen, daß ich, in bedrohlicher Stunde, mir einen Mann zuzugestellen gewünscht, auf welchen ich mich meiner Sorge deshalb für den Augenblick entladen,[36] nicht weniger für die Folge einiges vorsorglich vorbereiten könnte. Hier nun lag es in den Umständen, daß meine Gedanken sich auf den Hofrath und Leibarzt Vogel richten mußten, welcher, seit Jahren, auf alle Weise mein Vertrauen zu verdienen gewußt hat, mir welchem mich einiigermaßen zu erklären im Falle gewesen wäre.

Auch gegenwärtig, da die nächste Gefahr durch seine angewandte Hülse und Sorgfalt vorüber zu seyn scheint, und ich Muße genug finde, die Angelegenheit zu überdenken, haben sich meine Gesinnungen und Überzeugungen nicht verändert, und ich getraue mich daher, auf die an mich gerichtete höchstverehrliche Anfrage erwidernd, denselben hiermit zum Assistenten der oberaufsichtlichen Geschäfte geziemend vorzuschlagen. Dieses geschieht aber um so eher, als besonders die jenaischen Anstalten, ihrer ersten Anlage und dem dabey gehegten Zwecke gemäß, eigentlich zu Förderniß medicinischer Studien eingeleitet worden. Nun legitimirt sich gedachter Mann als praktischer und überschauender Arzt genugsam, hat auch bey seiner Stellung zur großherzoglichen Landes-Direction gar öfters unmittelbaren Einfluß auf die jenaischen akademischen Anstalten amtlich auszuüben.

Sollten Ihro Königliche Hoheit daher zu einer solchen Anstellung geneigt seyn, so würde ich's mir zur Pflicht machen, den Zugegeben mit Sachen und[37] Personen, mit Besitzthümern und Verhältnissen, den Acten, Repertorien, Registranden der laufenden Angelegenheiten genau bekannt zu machen und mich seiner Mitwirkung bey vorkommender Gelegenheit bedienen. Dadurch gewönne ich die Versicherung, daß dieses Geschäft in der Folge, zu jeder Zeit, in seiner Ordnung und Klarheit, wie man es bis jetzt zu erhalten gesucht, Ihro Königlichen Hoheit könne schuldigst vorelegt und zu künftigen Anordnung geziemend anheim gegeben werden.

Nehmen Ew. Excellenz bey dieser Gelegenheit die dankbarste Anerkennung Ihrer lebhaften Theilnahme an meinem Unfalle und die aufrichtigste Versicherung einer unwandelbaren Anhänglichkeit in gefühltester Hochachtung, womit sich unterzeichnet

Ew. Excell

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 12. December 1830.


48/32.


An Carl Gottfried Theodor Winkler

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe hiedurch schuldig zu melden, daß mit der dienstägigen Post den 14. December dieses die Summe von 300 rh. sächsisch an Sie abgehen wird. Ich beeile diese Hauptzahlung und werde nicht ermangeln, den[38] Rest, etwa 50 rh. betragen, baldigst nachzusenden. Er war wegen neuer Meldungen und Entfernung einiger Theilnehmer nicht sogleich beyzubringen.

Der ich in Versicherung weiterer thätiger Theilnahme und Bitte, mich den verehrten Mitgliedern des geschätzten Vereines bestens zu empfehlen, die Ehre habe mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 12. December 1830.


48/33.


An Johann Friedrich Gille

Beykommendes freundliche Kunstwerk ist Ew. Wohlgeboren nicht unbekannt; Sie haben es als Zierde in dem wohlgeschmückten Zimmer gesehen, wohin der werthe Freund nicht wieder zurückgekehrt ist. Stellen Sie es bey sich auf und gedenken mit den werthen Ihrigen liebevoll eines jungen Mannes, der Ihnen so anhänglich war und welchem Ihre nachsichtige Freundschaft über manche getrübte Stunden hinausgeholfen. Auch erinnern Sie sich dabey desjenigen, der sich dankbar unterzeichnet.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.[39]

Weimar den 12. December 1830.


48/34.


An Friedrich Theodor von Müller

Mögen Sie, verehrter Freund, beykommende Handlung und Absicht vorläufig überlegen und bestimmen, wie diese Einleitung zu legalisiren sey, in Erwartung aller übrigen nähern Bestimmungen und Anfugen.

Es war in den Sternen geschrieben, daß unsre frühere Vorsorge nicht gelten, sondern eine fernere sich nöthig machen sollte. Haben Sie die Güte, mir weiterhin beyzustehen, es wird noch manches zu bedenken und zu besorgen geben.

anhänglichst

Weimar den 13. December 1830.

J. W. v. G.


48/35.


An Carl Friedrich Zelter

Du hast vollkommen recht, mein Bester! Wenn ich das Uhrwerk meiner Lebensbetriebe nicht gehörig in Ordnung hielte, so könnt ich in einem dergleichen leidigen Falle kaum weiter existiren. Dießmal aber hat der Zeiger nur einige Stunden retardirt, und nun ist alles wieder im alten mäßigen Gange.

Jedoch hab ich dir vom Verlauf des Novembers noch einiges zu bekennen. Das Außenbleiben meines Sohns drückte mich, auf mehr als Eine Weise, sehr heftig und widerwärtig; ich griff daher zu einer Arbeit, die mich ganz absorbiren sollte. Der vierte Band[40] meines Lebens lag, über zehn Jahre, in Schematen und theilweiser Ausführung, ruhig aufbewahrt, ohne daß ich gewagt hätte Arbeikt wieder vorzunehmen. Nun griff ich sie mit Gewalt an, und es gelang so weit, daß der Band, wie er liegt, gedruckt werden könnte, wenn ich nicht Hoffnung hätte den Inhalt noch reicher und bedeutender, die Behandlung aber noch vollendeter darzustellen.

So weit nun betracht ich's in vierzehn Tagen, und es möchte wohl kein Zweifel seyn, daß der unterdrückte Schmerz und eine so gewaltsame Geistesanstrengung jene Explosion, wozu sich der Körper disponirt finden mochte, dürften verursacht haben. Plötzlich, nachdem keine entschiedene Andeutung, noch irgend ein drohendes Symptom vorausging, riß ein Gefäß in der Lunge und der Blutauswurf war so stark: daß, wäre nicht gleich und kunstgemäße Hülfe zu erhalten gewesen, hier wohl die ultima linea rerum sich würde hingezogen haben. Nächstens noch von andern Dingen, worauf ich den vergangenen sonnenlosen Sommer aufmerksamen Fleiß gewendet, zu vorläufiger und, wie ich fernerhin hoffe, zu künstiger Zufriedenheit.

Weimar den 10. December 1830.


Schon manchmal hab ich bedacht, wie wir beiden gleichsam an die entgegengesetzten Enden der socialen Welt angewiesen sind; du, in die kreiselnde Bewegung einer volkreichen Königstadt verschlungen, hast alles[41] persönlich zu bestehen, unterrichtest und lehrst, gibst und genießest, arbeitest und vollbringst, versammelst und diridirt, gebietest und herrschest und was nicht alles; hiezu noch der Familiencirkel und fremde Gelage gerechnet, da gibt es denn schon etwas auszuhalten. Indessen ich einsam, wie Merlin vom leuchtenden Grabe her, mein eignes Echo ruhig und gelegentlich, in der Nähe, wohl auch in die Ferne vernehmen lasse.

Von dieser Betrachtung laß uns zum gemeinsamen, nciht unbedeutenden Geschäft hinüber gehen, zu dessen völliger Einleitung ich nächstens einen Aufsatz vorlege, ihn, der weiteres Vorschreiten befördern wird, deiner Einstimmung empfehlend.

Der getreue Eckart ist mir von großer Beyhülfe. reinen und redlichen Gesinnungen treu, wächst er täglich an Kenntniß, Ein- und Übersicht und bleibt, wegen fördern Theilnahme, ganz unschätzbar; so wie Riemer, von seiner Seite, durch gesellige Berichtigung, Reinigung, Revision und Abschluß der Manuscripte, so wie der Druckbogen mir Arbeit und Leben erleichtert. Möge uns beiden so viel Kraft und Behagen verliehen seyn, um bis an's Ende wirksam auszudauern.

Deshalb denn, manchmal zurückschauend, in diesem

Gänsespiel getrost Vorwärts.

Weimar den 14. December 1830.

J. W. v. Goethe.[42]


48/36.


An Adele Schopenhauer

Herr Professor Goldfuß zu Bonn sandte mir vor einigen Jahren eine kleine Schriften, worin er die verschiedenen Methoden zusammenstellte und in's Klare setzte, nach welchen man das Pflanzenreich zu ordnen und zu systematisiren in der neuern Zeit versucht hatte. Dieses Werkleins bedarf ich nun grade in diesem Augenblick, und es findet sich leider unter meinen Papieren nicht mehr, wie es wohl manchmal mit größeren und kleinern Bänden geschieht.

Unglücklicher Weise ist mir auch der Titel entfallen, deshalb ich im Buchhandel nicht nachkommen kann. Wahrscheinlich ist es in Eduard Webers Verlag erschienen, welcher die Verhandlungen der Naturforscher in Commission hat. Sollten Sie jedoch mit Hern Professor Goldfuß oder einem seiner Freunde in Verhältniß stehen, so gelingt es Ihnen ja wohl, von diesem theuern Manne mir ein zweytes Exemplar zu verschaffen, welches ich dankbarlichst erkennen werde. Oft ruht jahrelang ein Studium bey mir und dann tritt es auf einmal mit allen seinen Bedürfnissen wieder hervor.

Ottilie schreibt, und Sie werden daher mit unsern weimarischen Zuständen genugsam für dießmal bekannt werden. Von mir sag ich nur soviel: daß ich, nach großem Verlust und bedeutender Lebensgefahr, mich[43] wieder auf die Füße gerichtet und den Kopf aufrecht erhalten habe. Ihrer Frau Mutter und dortigen werthen Freunden die treulichsten schönsten Grüße.

Wenden Sie auch ein Stündchen

wieder einmal an den Alten.

Weimar den 14. December 1830.

G.


48/37.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

sende leider die mithetheileten Druckschriften zurück; sie sind nicht das Gewünschte, und freylich ist es eine wunderliche Sache ein Buch zu verlangen, dessen Titel man nicht weiß. haben Sie, wie für so viele andere Bemühungen, den schönsten Dank.

Dürft ich mir zum Weihnachtsgeschenk ein paar Dutzend grüßere und kleinere eingerahmte Blättchen hiemit ausbitten?

Zugleich finde nöthig Dieselben mit Folgendem bekannt zu machen: die erste Absicht, so wie auch die Verabredung mit dem Verleger lautet, war: die Zusätze zur Metamorphose bis auf 30 Bogen hinaufzutreiben, dem Zweck gemäß eine tüchtige Ladung von Erfahrungen und Gedanken dem großen Publicum zu überliefern. Die erste Retardation durch verspätete Erklärung des Herrn Verlegers über die Anzahl der Exemplare, die zweyte durch die schnelle Abreise und[44] Abwesenheit des Herrn Soret, die dritte und schlimmste durch den Verlust in meiner Familie und eignen schweren Krankheitsfall, machen eine solche Ausdehnung unmöglich. Wir werden uns wohl mit der Hälfte begnügen müssen. Ich melde dieß voaraus, damit Sie Ihre Anstalten wegen des Papiers darnach richten mögen.

Ich freue mich aufrichtig, Ihnen und den sämmtlichen lieben Ihrigen auch dießmal zu den fröhlichen Weihnachtsfeyertagen und dem neuanzutretenden Jahre, welches Sie mir durch Ihre freundlichen Calender schon angekündigt, herzlich Glück wünschen zu können.

Weimar den 14. December 1830.


48/38.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey die beiden revidirten Bogen mit dem Ersuch, mir noch einen Abdruck von dem 8. zu abermaliger Durchsicht zu übersenden. Herrn Soret erwartet man nächste Woche, und wir können alsdann den noch übrigen Raum auf der 128. Seite, wie es gehörig und schicklich ist, voll füllen.

Den kleinen Betrag der Note lege dankbar bey und bitte um gefällige Quittung.

Auf das mahlerische Relief der Schweiz haben wir[45] subscribirt uns sind im Besitz von 2 Stücken; es ist wirklich sehr vorzügliche Arbeit.

Möge uns allen mit dem wachsenden Tage guter Muth zu fortgesetzter Thätigkeit zu statten kommen.

Weimar den 18. December 1830.


48/39.


An Carl Ludwig von Knebel

[18. December 1830.]

Da wir, mein Theuerster, mit gutem Glück auch über diesen Sturz hinausgekommen sind, so wollen wir der Tage genießen, die uns noch gegönnt seyn mögen, es auch an Thätigkeit für uns und andere nicht fehlen lassen.

Der neuen Ausgabe deines Lucrez haben wir uns zu freuen; sende mir den fraglichen Brief, damit ich sehe, ob nicht noch etwas Behusiges hinzuzufügen sey. Leider hab ich die guten Intentionen, deren ich einmal in Kunst und Alterthum bey Gelegenheit deines Lucrez gedachte, nicht durchführen können. Vielleicht wären sie gerade gegenwärtig am Platz gewesen, wo aber nicht Raum noch Muth zu solchen Betrachtungen blieb. Gelange glücklich mit den Deinigen in's neue Jahr und gedenke mein freundlichst wie immer.

treu angehörig

Weimar den 15. December 1830.

J. W. v. Goethe.[46]


48/40.


An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Dürft ich hoffen, theurster Freund, Sie heute Abend unter dem Schuspiel bey mir zu sehen. Es gibt doch manches zu besprechen und, wo nicht zu beschließen, doch vorzubereiten.

Weimar den 18. December 1830.


48/41.


An Friedrich Theodor von Müller

Dürft ich heute gegen Abend das Vergnügen Ihrer Gegenwart mir erbitten, das bewußte Geschäftliche und einiges dergleichen in belehrender Unterhaltung durchzusprechen.

treulichst

Weimar den 18. December 1830.

Goethe.


48/42.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Tausend Dank für die gefällige schnelle Besorgung meiner kleinen Aufträge, mit Bitte beyliegende Rechnungen im Einzelnen bezahlen zu lassen, deren Betrag mit dem Postwagen sogleich erfolgen wird:

An Herrn Albert, Taschenspieler-Apparat

8 fl. 30 kr.

An Herrn Bernoully, für Confect pp.

5 fl. 28 kr.

Summa 13 fl. 58 kr.[47]

Von meinen Zuständen kann ich das Beste versichern. Da die Krisis einmal vorüber ist, läßt sich denken, daß ich mich besser befinde als vorher, wo doch immer etwas unbestimmt Bedrohliches im Körper lag. Doch ist mir nicht beschieden, ein meinem Alter und Kräften gemäßes behagliches Leben zu führen. Die äußere Welt fragt nicht, wo man die Kräfte hernimmt, ihre Forderungen bleiben gleich; es thäte Noth, man wäre immer dreyßig Jahre alt. Doch suche ich mit Mäßigung und Gleichheit über die Verschränkungen und Beschränkungen hinauszukommen, die mich seit zwey Monaten umfangen und festhalten. Bleiben Sie mir liebend und gewogen jetzt und künftig. Doctor Eckermann ist angekommen, empfiehlt sich zum schönsten und ist mir von bedeutender Beyhülfe.

treu angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 19. December 1830.


48/43.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Wohlgeboren

lege hier das Gutachten des Zelterischen Rechtsfreundes, welcher mir die Sache umgekehrt zu nehmen scheint, und Zelters Entsagung, die den rechten Punct treffen möchte, zur Beurtheilung und gefälligen Benutzung vor.

Auch lege die neusten Schriften von St. Hilaire bey; dasjenige, wovon wir gesprochen, steht auf den[48] allerletzten Blättern, den Seiten 5. 6. 7, das Vorhergehende beschäftigt sich mehr mit der wissenschaftlichen Angelegenheit selbst.

Mich zum allerbesten, zu fernerer freundschaftlich rechtlichen Theilnahme empfehlend.

treu ergeben

Weimar den 19. December 1830.

G.


48/44.


An Carl Ludwig von Knebel

Deine lieben Mittheilungen, mein trefflicher unermüdeter Freund, zaudre ich nicht hier wieder beyzulegen. Was einmal gut gedacht und gesagt ist, soll man beruhen lassen und nichts daran mäkeln und ändern.

Möge die neue Ausgabe deines Lucrez dir und uns zum Vergnügen gereichen und uns wieder den außerordentlichen Mann vor's Gedächtniß führen, der uns die Denkweise der ersten Männer seiner Zeit so entschieden frisch zur Anschauung bringt.

treulichst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 22. December 1830.


48/45.


An Friedrich Jacob Soret

Darf ich Sie, theuerster Mann, freundlichst ersuchen, [durch] den Überbringer, was Sie noch von[49] deutschen und französischen Blättern auf unsere Arbeit bezüglich in Händen haben, mir zu übersenden, damit der achte Bogen des Werkleins, denn so weit sind wir gekommen, abgeschlossen werden könne.

treulichst

Weimar den 23. December 1830.

Goethe.


48/46.


An Friedrich Theodor von Müller

Ich kann nicht umhin, das Concept eines an Herrn Kestner in Rom gerichteten Schreibens hiemit vertraulich vorzulegen, mit bescheidentlicher Anfrage, ob Sie etwas daran zu erinnern wüßten oder vielleicht ein paar Worte belegen möchten.

Mich angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 23. December 1830.

Goethe.


48/47.


An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

haben zu meinen wahrhaft freundschaftlich empfunden, daß bey wiederkehrenden Lebenskräften auch Neigung und Verlangen nach dem Wissenswerthen wiedekehrt. Das mir übersendete Werk hat mir schon, an einigen stillen Abenden, zu vergnüglicher Unterhaltung gedient; es überliefert mir die neusten Erfahrungen und Überzeugungen, von welchen, selbst[50] im hohen Alte, Kenntniß zu nehmen als entschiedene Pflicht zu achten ist.

Die angekündigte kleine Abhandlung über die verglasten Burgen in Schottland lag nicht bey; sie würde mir, mit einigen veschlackten Bruchstücken, baldigst zu erhalten höchst angenehm seyn.

Meinen verehrten und werthen Freunden darf ich mit den schönsten Grüßen versichern, daß ich, nach überstandenem harten Strauß, mich verhältnißmäßig zu meinen Jahren recht wohl befinde, ja besser als vorher, wo mich ein so bedeutendes Übel ahnungsvoll bedrohte und zwar dergestalt im Allgemeinen, daß man keine Vorkehrung dagegen treffen konnte.

Mögen mir für die Tage, die mir noch gegönnt sind, wichtige Mittheilungen meiner würdigen Freunde nur um desto lebhafter zu Gute kommen.


So eben, als ich schließen will, kommt der nachgesendete erwünschte Aufsatz an, und mir bleibt nichts übrig als die Hoffnung auf Mittheilung einiger Musterstück, wär es auch zu theilweiser Zurücksendung, wenn sie dort nicht zu entbehren wären.

unwandelbar

J. W. v. Goethe.[51]

Weimar den 24. December 1830.


48/48.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mit den zu revidirenden Bogen sende die vorhergehenden sämmtlichen Aushängebogen, um nochmals gefällig nahczusehen, ob denn wirklich, wie jene behaupten, Temps ohne p bisher abgedruckt worden, in welchem Falle wir es denn auch künftig wegzulassen hätten. Das Weitere näherer Untersuchung anheimgebend. Das Manuscript zur Ausfüllung der 128. Seite lege Absendung der Revision bey.

Weimar den 24. December 1830.

G.


48/49.


An Julius Adolph Völkel

[Concept.]

Die mir auf höchsten Befehl mitgetheilten Blätter sende hiebey schuldigst zurück. Nach meiner Ansicht sind die Bestrebungen des guten Pastor Kummer zu Erfurt zwar wohlgemeynt und löblich; allein an geschmackvoller Ausbildung fehlt es dem guten Manne durchaus, und ich glaube nicht, daß Ihro Kaiserlichen Hoheit anzurathen sey, eine Widmung seiner Fabeln anzunehmen.

Mäßiges Gratial zu irgend einer Beyhülfe möchte dem, wie es übrigens scheint, guten manne wohl zu gönnen seyn.

Weimar den 27. December 1830.[52]


48/50.


An Georg August Christian Kestner

Je länger ich aufschiebe, theuerster Mann, Ihnen zu schreiben, desto schwerer wird es mir und es möchte mir zuletzt ganz unmöglichen werden, wenn ich mich nicht entschlösse geradehin auszusprechen, wie es mir eben zu Sinne kömmt. Es bleibt eine schwere Aufgabe, nach bedeutenden Unfällen sich wieder zu fassen und zu sammeln, da man denn erst später zur Besinnung kommt, wem man dabey eigentlich den größten Dank schuldig ist. Es tritt dann zugleich die Überzeugung ein, daß Worte nicht hinreichen denselben abzustatten.

Wenn ich mich zu Ihnen nahc Rom denke, so muß ich mir den bänglich zweifelhaften Zustand wieder vor die Seele führen, in welchem ich die acht vergangenen Monate verlebte. Mein Sohn reiste um zu genesen, seine ersten Briefe von jenseits waren höchst tröstlich und erfreulich, er hatte Mailand, die Lombardei, ihre fruchtreichen Felder, ihre bewundernswürdigen Seen mit einem tüchtigen frohen Antheil bereist und beschaut, war ebnermaßen bis Venedig und nach Mailand wieder zurückgekommen. Sein ununterbrochenes Tagebuch zeugte von einem offenen, ungetrübten Blick für Natur und Kunst; er war behaglich bey Anwendung und Erweiterung seiner früheren mehrfachen Kenntnisse. Eben so setzte sich's fort bis Genua, wo[53] er mit einem alten Freunde vergnüglich zusammentraf und sich darauf von seinem bisherigen Begleiter, dem Doctor Eckermann, welcher nach Deutschland zurückging, trennte.

Der Bruch des Schlüsselbeins, der zwischen gedachtem Ort und Spezia sich leider ereignete, hielt ihn hier an vier Wochen fest; aber auch dieses Unheil, so wie eine sich dazu gesellende Hautkrankheit, beides in der großen Hitze sehr beschwerlich, übertrug er mit mönnlich gutem Humor; seine Tagebücher blieben vollständig, und er verließ gedachten Ort nicht eher, bis er sich in der Umgegend vollkommen umgesehen und sogar das Gebäude der Quarantaine besucht hatte. Einen kurzen Aufenthalt in Carrara, einen längern in Florenz benutzte er musterhaft, durchaus mit folgerechter Aufmerksamkeit; sein Tagebuch könnte einem ähnlich Gesinnten Wegweiser dienen.

Hierauf war er, von Livorno mit dem Dampfschiffe abreisend, nach ausgestandenem bedenklichen Sturm, an einem Festtage in Neapel gelandet. Hier fand er den wackern Künstler, Herrn Zahn, der bey seinem Aufenthalt in Deutschland zu uns das beste Verhältniß gefunden hatte, ihm freundlichst entgegen kam und sich nun als erwünschester Führer und Beystand vollkommen legitimirte.

Seine Briefe von dorther wollten mir jedoch, wie ich gestehen muß, nicht recht gefallen; sie deuteten auf eine gewisse Hast, auf eine krankhafte Exaltation, wenn[54] er sich auch in Absicht auf sorgfältiges Bemerken und Niederschreiben ziemlich gleich blieb. In Pompeji ward er einheimlich; seine Gefühle, Bemerkungen, Handlungen in jener Stadt sind heiter, ja lustig-lebendig.

Eine Schnellfahrt nach Rom konnte die schon sehr aufgeregte Natur nicht besänftigen.

Leider schließen sich Ihre freundschaftliche Behandlungen, Ihre Fördernisse, Ihre Sorgfalt, Ihre Beyhülfe, Ihr Schmerz an meine Brieffschaften schmerzlich an, und ich fahre nicht weiter fort als um zu sagen, was sich von selbst versteht, daß, nachdem ich die gehegte Hoffnung verloren, ihn bey seiner Rückkehr gesund und munter zu begrüßen, ihm seinen Theil an gemeinsamen Geschäften, die Führung des Haushalts, die Unterstützung siner Gattin, die Erziehung seiner Kinder für die Zukunft zu übergeben, dieses alles nunmehr lastend auf mir zurückbleibt, und ich täglich und stündlich mühsam veranstalten muß, was ich, im Ganzen, jüngeren Thätigkeiten zu übertragen gedachte.

Fügen Sie hinzu, daß ich an meinen dichterischen und wissenschaftlichen und sonstigen geistigen Arbeiten ncoh gar manches zu ergänzen, zu ordnen habe, manches redigiren und zurechtstellen, für die Zukunft der Meinigen sorgen muß, auch noch gegen die gesellige Außenwelt mich gewissen Verhältnissen nicht ganz entziehen kann, so werden Sie sich überzeugen, daß ich ein operoses Leben führe, als meinen hohen[55] Jahren zuzumuthen billig ist. Da uns Erdebewohnern aber Kampf und Strauß bis an's Ende zu bestehen nicht erlassen wird, so überfiel mich am Schluß des vorigen Monats sogar eine bedenkliche Krankheit, von der ich mich schnellmöglichst zu erholen das Glück hatte, und nun in dem Falle bin, am Ende meiner tage noch als wie zu einem neuen Anfang mich einzurichten.

Hier muß ich schließen, indem ich nochmals versichere, daß ich alles dasjenige, was von römischen Gönnern und Freunden meinem Sohn in den wenigen Tagen Ergetzliches und Hülfreiches geschehen, so wie das, was nach seinem gründlichen Werthe vollkommen anerkenne. Denen Herren v. Bunsen, Platner, Riccardi, Thorwaldsen und allen und jeden meine dankbarsten Empfehlungen; den guten und geschickten Preller mit eingeschlossen, der wie ich höre, auch von einer Krankheit angefallen worden. haben Sie die Güte, einem so schönen Talente mit einsichtigem Rath beyzustehen, welchen zu beherzigen freylich unsre Jugend selten ein Ohr hat.

In der Überzeugung und dem Bewußtseyn, daß Herr Geh. Rath v. Müller alles dasjenige, was zu beobachten und zu erstatten gewesen, gefällig werde besorgt haben, fühle ich mich in etwas beruhigt, indem ich meiner traurigen Pflicht, wenn auch nur einigermaßen, genug gethan zu haben hoffen darf.

[56] Mich aber und abermals dankbar angehörig bekennend.

Eben als ich abschließe, erhalte ich ein Exemplar des 1. Bandes eines längst erwarteten Werkes: Beschreibung der Stadt Rom, durch Vermittelung derJ. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart, jedoch, wie zugleich gemeldet wird, in Auftrag der trefflichen Herren Verfasser. Haben Sie, theuerster Mann, die Güte, meinen verpflichteten Dank dafür auszusprechen, mit der Versicherung: daß ich mir Leben und Kräfte wünsche, um aus dieser sorgfältigen Arbeit auch für mich fernerhin Nutzen und Belehrung ziehen zu können.

Solche ernste Studien und gründliche Forschungen heißen mich auf ein vergangenes Leben zurück sehen, wo ich auf derselben Stelle, mit gleichem Eifer, mich bemühte und manches von dem in Ahnunh vorzuschauen glaubte, was gegenwärtig, durch die Bemühungen vieler Jahre, in's klarste Licht gestellt wird, wodurch ich denn auch, obgleich später, zu einer deutlichern und vollständigern Ansicht zu gelangen das Glück hoffe.

Da noch einiger Raum ist, lege die Zeichnung eines Lampen-Fragments bey, welches vor kurzem zu mir gekommen ist. Leider verstand der zeichner das nackte nicht, wie, besonders an der Hüfte, ein Kenner leicht bemerken und verbessern wird. Interessant war mir, und wird vielleicht auch den dortigen Kunstfreunden[57] seyn, die Vergleichung dieses Gegenstandes mit der 8. Tafel des 1. Bandes der Lucernae fictiles Musei Passerii. Offenbar sind beides geistreiche Variationen desselben plastischen Gedankens. In genanntem Werke sind die Genien in Bewegung, und der mit der Fackel fortschwebende scheint das Erwachen anzudeuten, da auf meinem Fragmente der Genius sowohl als die Nymphe im tiefen Schlafe begriffen sind.

Geht es mir doch wie dem cananäischen Weiblein, welche es nicht erniedrigend findet, sich von Brosamen zu nähren, die von einem reichen Gastmahl abfallen. Möge Ihnen und Ihren edlen Freunden alles Glück beschert seyn, um die Fülle, mit der Sie gesegnet sind, auf das behaglichste zu genießen.

treu geeignet

J. W. v. Goethe.

Weimar den 27. December 1830.


48/51.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Wenn ich in bedenklichen Augenblicken, die mich von dem Erdkreis abzurufen schienen, nochmals auf demselben meine Gedanken und Erinnerungen umher schweifen leiß, mußte ich nothwendig auf den Hauptpuncten länger verweilen, wo ich von edler Theilnahme verehrter Günner und geliebter Freunde mich gewiß fühlen konnte. Daß ich alsdann in dem Bezirk von München vorzüglich festgehalten ward, darf ich nicht erst versichern, indem ich jenen erheiternden Trost an[58] einem Orte fand, wo so große und würdige Unternehmungen und Einleitungen fortdauernd wirksames Leben bethätigen.

Ew. Hochwohlgeboren versichern mich nun eines solchen entschiedenen Antheils durch ein geneigtes Schreiben, und ich darf wohl dagegen den Wunsch äußern, Ihro Majestät dem Könige betheuert zu wissen, daß Allerhöchst Ihro Gunst und Gnade mir auch da vorleuchtete, wo die Sonne des Lebenstages für mich unterzugehen schien.

Die Dauer dieser höchsten Gesinnungen wird mich über die mir noch gegönnten Stunden hinausbegleiten und mich vor der Vergänglichkeit sichern, da mein Daseyn in der Erinnerung eines solchen Geistes fortgeführt zu werden das Glück hat.

Wenn meine neusten üffentlichen Bemühungen in der wissenschaftlichen Region den beyfall eines einsichtigen Mannes erhalten haben, so will ich gern gestehen, daß ich mir noch einiges Leben wünsche, weil ich gerade in diesem Augenblick, nach manchem Seiten hin, mich nützlich zu erweisen hoffen dürfte.

Auch die Versicherung, daß eine schöne Frauenseele meine Arbeiten mit ihren Gesinnungen und Überzeugungen harmonisch gefunden, dient mir zu inniger Beruhigung; indem dadurch mir die Sicherheit gegeben wird, miene Absicht sey erreicht, die ich von jeher gehegt: dasjenige darzustellen und zu fixiren, was die Frauen von edlen Anlagen, unter jeden Bedingungen,[59] in und an sich selbst auszubilden wünschen und trachten.

Haben Ew. Hochwohlgeboren ja die Güte, mich den verehrten und werthen Gönnern und Freunden in München dankbarlichst zu empfehlen. Alle und jede Sendungen sind mir lieb und werth, besonders wenn sie mir die erfreulichen Zustände gleichzeitiger Kunst vor Augen bringen; und wenn es mir ganz unmöglich fällt, einzeln meine Ansichten und Überzeugungen auszusprechen, sobleibt es mir doch das Wünschenswertheste, man möge selbst mein Schweigen als eine reine Anerkennung des Vorzüglichsten geneigtest auslegen.

Manches vorbehältlich

Danckbar vertrauend

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 27. December 1830.


[Beilage.]

Zum Beweis, daß mit dem Leben auch Luft und Neigung zu Natur und Wissen sogleich zurückkehren, möchte ich die bittende Frage hinzufügen: ob nicht Her Bergrath Kleinschrodt mir einen solchen Hippuriten, wie sie bey jener Versammlung der Naturforscher in München zur Sprache gekommen und vorgezeigt worden, verschaffen könnte? Ich würde denselben mit besonderm Vergnügen der vorzüglichen[60] Sammlung von Fossilien, welche bey mir verwahrt sind, dankbar einverleiben.

Verzeihung

J. W. v. Goethe.

Weimar den 24. December 1830.


48/52.


An Johann Friedrich und Elisabeth Cotta

Die beiden an ich von einem hochverehrten Freundepaar erlassenen Schreiben wieder vor mich legend, wird mir die Erinnerung des doppelten Unfalls, welcher mich vor kurzem betroffen, auf's neue lebendig; zugleich aber auch der tröstende Gedanke, welche herzliche Theilnahme bey weitentfernten Gönnern und Freunden unter solchen Umständen sich erwiesen. Jene Blätter sind mir deswegen vielfach werth, weil, vin lieber Hand geschrieben, sie mir von der allerhöchsten Gnade die treuste Versicherung geben, eines Gutes, das mir für mein ganzes Leben ein unerläßliches Bedürfniß geworden. Können Sie, meine Theuerster, am rechten Orte zu gelegener Zeit dasjenige aussprechen, wozu mir die Worte fehlen, so werd ich im höchsten Grade verpflichtet seyn.

Sagen Sie sich selbst das Verbindlichste und verzeihen, wenn ich mich dießmal in wenig Worten zusammenfasse. Die wiederholten Unbilden, die mich betroffen, versetzen mich in einen Zustand, dem ich nach allen Seiten hinzu genügen mir kaum die Kraft fühle.

[61] Erhalten Sie mir bis zu geruhigen Tagen und weiteren Verhandlungen einen geneigten wohlwollenden Antheil.

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster

Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 28. December 1830.


48/53.


An Carl Friedrich Zelter

Unsre Angelegenheit, mein Theuerster, ist nun der juristischen Werkstatt übergeben, wo sie hoffentlich bald fix und fertig für künftige Zeiten dauerhaft und hinreichend hervorgehen soll.

Indessen kann ich zu deiner Beruhigung und Zufriedenheit vermelden, daß ich mich für das Verhältniß verwundersam wohl befinde, unter der Bedingung einer ganz eigenen diätetischen Selbstverläugnung, wozu ich mich jedoch verpflichtet fühle, um die vielfachen Obliegenheiten, die sich mir aufdringen, geziemend zu bestehen.

Die mitgetheilten Gedichte sind recht hübsch und den Zuständen angemessen. Der Berliner Musenalmanach nimmt sich dießmal ganz wunderlich aus, wenn man Anfang und Ende zusammenhält. Er beginnt mit ernstem funfzigjährigen Rückblick und endigt mit der Gelbschnabeley der Sancta juventus; nach funfzig Jahren werden sie anders pfeifen. Mit Neujahr[62] packe, mein Guter, ja sogleich meine Briefe zusammen, damit der durchlebte und durchgeschriebene Jahrgang alsobald ajustirt und mundirt werde.

Ich beinde mich, wie gesagt, verhältnißmäßig sehr wohl und würde meine Tage sogar behaglich zubringen können, wenn nicht mein ohnehn opreoses Autor- und Geschäftsleben durch das Außenbleiben meines Sohnes noch mehr belastet wäre; doch wollen wir uns durchhelfen und allenfalls durchwürgen. Schreibe nur noch von deinen lebhaften Zuständen und dortigen Begebenheiten, damit ich, in meinen beschneiten Klostergarten schauend, ein buntes Tagewesen in der Einbildungskraft vor mir sehe.

Euer Devrient ist hier; von ihm vielleicht nächstens. Gestern kam Wölfchen von Schewa gerührt und entzückt nach Hause, kindlich erfreut, daß seine Stimme die zweyte gewesen, die den trefflichen Künstler herausgerufen habe. Soll dieses Blättchen heute fort, so muß ich schließe, obgleich ich noch Gränzenloses mitzutheilen hätte.

Doch will ich nicht verhehlen, daß ich deine Correspondenz und die Schillerische in Gedanken verglichen habe; wenn ich dir das mittheile, so wirst du dich dabey ganz wohl befinden. ich wollte nur, meine Gedanken hätten eine Geschwinschreiber, ohne daß ich sie ausspräche. Möge dir alles nach deiner Art, Weise und Bedürfniß wo nicht gut, doch leidlich gelingen.

[63] Seit acht Wochen les ich keine Zeitungen mehr, wie ich vor Jahren auch that und mich wohl dabey befand. Wir andern Philister sind doch immer nur wie die Fleige auf dem fortrollenden Reisewagen, welche sich einbildete, solche Wolken Staubs zu erregen. Die Freunde finden nun ein wahrhaftes Interesse mich von allem Bedeutenden geschwind zu benachrichtigen. Und so findet sich denn gerade noch ein freyes Viertelstündchen nach dem andern, um diese Seiten nicht ganz blank zu dir wandern lassen. Doch wollen wir endigen; es möchte in der Stimmung, in der ich bin, vielleicht zu weit führen.

also treulich fernerhin

J. W. v. Goethe.

Weimar den 28. December 1830.


48/54.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, mir achtzehn Stück vollwichtige Ducaten gegen alsbaldige Erstattung zu überschicken.

Weimar den 29. December 1830.


48/55.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey das, neulicher Besprechung gemäß, ajustirte Concept. Sie geben vielleicht einer nochmaligen[64] Unterredung Raum, eh es in ein reineres Concept geschrieben wird; auch wäre wegen Rom und dem dortigen Nachlaß einiges zu verhandeln.

Dankbar vertrauend

treu ergeben

J. W. v. Goethe.

Weimar den 29. December 1830.


48/56.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey a) das bewußte Concept zu weiterer freundschaftlicher Fürderniß. b) Den autorisirten Frachtbrief, den Betrag bey unserer Casse zu erheben. c) Nach näherer Überlegung finde doch gerathen, die Kiste vorerst bey mir niederstellen zu lassen, bis diese Angelegenheit mehr eingeleitet ist; ich werde sie deshalb abholen lassen. Es würde vortheilhaft seyn, wenn Sie gelegentlich Ihro Kaiserlichen Hoheit von dem wirklich bedeutenden Geschenk des Herrn Grafen einige Vorkenntniß geben wollten; von dem wissenschaftlichen Werthe desselben würde in der Folge, besonders durch Herrn Soret, das Geeignete auszusprechen seyn.

Mich ferner wohlwollender Theilnahme angelegentlichst empfehlend.

treulichst angeeignet

J. W. v. Goethe.

Weimar den 30. December. 1830.[65]


48/57.


An Johann Friedrich Röhr

[Concept.]

Ew. Hochwürden

erhalten hiebey das von Rom eingegangene Zeugniß in originali zu gesetzlichem Gebrauch. Der ich bey dieser traurigen Gelegenheit mich und die Meinigen zu fortgesetzter wohlwollender Theilnahme angelegentlichst hochachtungsvoll empfehle.

Weimar den 30. December 1830.


48/58.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

zum allerschönsten dankend für die Aufmerksamkeit, welche Sie unsern Druckbogen zu widmen fortfahren, entschließ ich mich dahin, die Stelle quaestionis im Original ganz wegzustreichen, nachdem hinter war ein Punctum gesetzt worden. Mit Hiebey finge man einen neuen Absatz an, die dadurch entstehenden Räume werden Sie typographisch zu benutzen wissen.

Unsern jungen Ehleuten wie uns selbst haben wir einen glücklichen Eintritt in das neue Jahr zu wünschen, auf welchen Pfaden es uns auch überraschen möge.

In treuer Theilnahme.

Weimar den 31. December 1830.[66]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 48, S. 25-67.
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