[241] Eugenie. Hofmeisterin.
EUGENIE.
Sei mir gegrüßt! du Freundin meines Herzens,
An Mutter Statt Geliebte, sei gegrüßt.
HOFMEISTERIN.
Mit Wonne drück' ich dich an dieses Herz,
Geliebtes Kind, und freue mich der Freude,
Die reich aus Lebensfülle dir entquillt.
Wie heiter glänzt dein Auge! Welch Entzücken
Umschwebet Mund und Wange! Welches Glück
Drängt aus bewegtem Busen sich hervor!
EUGENIE.
Ein großes Unheil hatte mich ergriffen:
Vom Felsen stürzte Roß und Reiterin.
HOFMEISTERIN.
O Gott!
EUGENIE.
Sei ruhig! Siehst du doch mich wieder,
Gesund und hochbeglückt, nach diesem Fall.
HOFMEISTERIN.
Und wie?
EUGENIE.
Du sollst es hören, wie so schön
Aus diesem Übel sich das Glück entwickelt.
HOFMEISTERIN.
Ach! aus dem Glück entwickelt oft sich Schmerz.
EUGENIE.
Sprich böser Vorbedeutung Wort nicht aus!
Und schrecke mich der Sorge nicht entgegen.
HOFMEISTERIN.
O möchtest du mir alles gleich vertrauen!
EUGENIE.
Von allen Menschen dir zuerst. Nur jetzt,
Geliebte, laß mich mir. Ich muß allein
Ins eigene Gefühl mich finden lernen.
Du weißt, wie hoch mein Vater sich erfreut,
Wenn unerwartet ihm ein klein Gedicht
Entgegen kommt, wie mir's der Muse Gunst
Bei manchem Anlaß willig schenken mag.
Verlaß mich! Eben schwebt mir's heiter vor,
Ich muß es haschen, sonst entschwindet's mir.
HOFMEISTERIN.
Wann soll, wie sonst, vertrauter Stunden Reihe
Mit reichlichen Gesprächen uns erquicken?
Wann öffnen wir, zufriednen Mädchen gleich,
Die ihren Schmuck einander wiederholt
Zu zeigen kaum ermüden, unsres Herzens[241]
Geheimste Fächer, uns bequem und herzlich
Des wechselseit'gen Reichtums zu erfreuen?
EUGENIE.
Auch jene Stunden werden wiederkehren,
Von deren stillem Glück man mit Vertrauen,
Sich des Vertrauns erinnernd, gerne spricht.
Doch heute laß in voller Einsamkeit
Mich das Bedürfnis jener Tage finden.
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