[32] Phokas. Artabanus. Cato.
PHOKAS.
Herr, dieser Tag beginnt das Ungemach zu dämpfen:
Ein neuer Beystand kömmt und hilft uns künftig kämpfen.
Du weist es selber wohl, wenn sich dein Geist besinnt:
Als deine Gattin starb, blieb dir ein junges Kind.
Des Crassus Ehgemahl erzog es bey den Schaaren,
Die wider den Arsaz mit ihm zu Felde waren,
Im fernern Orient. Und damals ists geschehn,
Daß wir von Parthern uns durchaus umringt gesehn.
Die Festung ward bestürmt, darinn wir uns befanden:
Das Schwert fraß alles weg: es war kein Rath vorhanden!
Ich ganz allem entkam dem grimmigen Geschick,
Und brachte dir bestürzt die böse Post zurück!
CATO.
Warum erneuerst du ein traurig Angedenken?[32]
Und warum soll mich noch der alte Kummer kränken?
Da wars, wo ich mein Kind, die Porcia verlohr!
PHOKAS.
Ich hab es auch geglaubt; und konnte nichts davor:
Allein sie lebet noch!
CATO.
Wie? Freund, mein Kind am Leben?
Was sagst du?
PHOKAS.
Allerdings! Du siehst mich selber beben;
Ich bin so wohl erstaunt, als dich mein Wort erschreckt:
Nur Artaban hat mir die Heimlichkeit entdeckt.
Ich hab ihn hergebracht, dir alles zu erklären:
Was du nur wünschen kannst, das kann er dir gewähren.
Er riß mich dazumal, als er mein Sieger war,
Mit großmuthvoller Faust aus tödtlicher Gefahr.
Nun hat Arsaces selbst ihn zu dir hergeschicket,
Und ich erkannt ihn gleich, so bald ich ihn erblicket.
ARTABANUS.
Arsaces hatte nur ein einzig Ehepfand,
Ein wohlgerathnes Kind, an Schönheit und Verstand:
Das starb in seinem Arm. Ich hab es selbst gesehen!
Und also war es fast um Thron und Reich geschehen.
Ein jeder Prinz und Fürst, der seinen Hof betrat,
Zertheilte schon vergnügt der Parther weiten Staat.[33]
Ein unbeerbtes Reich hätt jeder gern gewonnen;
Und zeitig einen Grund zum Aufstand ausgesonnen.
Drum machte man den Tod Arsenens nicht bekannt;
Bis bald darauf Arsaz die Römer überwand.
Der Himmel und der Sieg erfüllten sein Verlangen,
Und ich bekam im Streit die Porcia gefangen.
Dieweil sie nun, mein Herr, an Jugend und Gestalt,
Arsenen ähnlich war; so hab ich sie alsbald
Arsacen überbracht. Der nahm die junge Schöne
Vergnügt zur Tochter auf, und nannte sie Arsene.
Dieß hat er sterbend dir im Schreiben kund gethan,
Das dir noch mehr entdeckt, als ich berichten kann.
Er überreichet dem Cato das Schreiben.
CATO liest.
Arsaces an den Cato.
Es würde grausam seyn, wenn ich erblassen sollte,
Und deine Tochter dir noch länger bergen wollte.
Durch ihre Tugenden ist sie der Ehre werth,
Die ihr durch deine Huld und Liebe wiederfährt.
Erkenne dann dein Blut, und lieb es in Arsenen!
Und will sie meinen Thron und Purpur nicht verhöhnen,
So nimm doch ihrer Hand der Parther Zepter nicht:
Indem ihr Regiment der Welt viel Heil verspricht.
ARTABANUS.
Nunmehr erweg es selbst, ob du es willst entdecken?
Wo nicht, so kann man es noch fernerhin verstecken.
Befiehl nur, was du willst. Ich bin sogleich bereit,
Und führe willig aus was Cato mit gebeut.
Er geht ab.
Buchempfehlung
Libretto zu der Oper von Anton Schweitzer, die 1773 in Weimar uraufgeführt wurde.
38 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro