[82] Welchergestalt Springinsfeld und Courasche zween Italiener bestohlen.
Als wir uns versahen, wir würden noch lang vor Casal liegen bleiben müssen, lagen wir nit nur in Zelten, sondern ihrer viel baueten ihnen auch sonst Hütten aus andern Materialien, sich desto besser in die Länge zu behelfen. Unter anderen Schacherern befanden sich zween Mailänder im Lager; die hatten ihnen eine Hütte von Brettern zugerichtet, ihre Kaufmannswaren desto sicherer darin zu verwahren, welche da bestunde in Schuhen, Stiefeln, Kollern, Hemdern und sonst allerhand Kleidungen, beides, vor Offizierer und gemeine Soldaten zu Roß und Fuß. Diese täten mir meines Bedunkens viel Abtrag und Schaden, indem sie nämlich von den Kriegsleuten allerhand Beuten von Silbergeschmeid und Jubeln um den halben, ja den vierten Teil ihres Werts an sich erhandelten, welcher Gewinn mir zum Teil zukommen wäre, wann sie nit vorhanden gewesen. Solches nun gedachte ich an ihnen auf wenigst zu wuchern, weil in meiner Macht nit stunde, ihnen das Handwerk gar niederzulegen.
Unten in der Hütten war die Behaltnus ihrer War, und[82] dasselbige war auch zugleich ihr Gaben; oben auf dem Boden aber unter dem Dach war ihr Liegerstatt, allwo sie schliefen, wohinauf ungefähr sieben oder acht Staffeln giengen; und durch den Boden hatten sie ein offenes Loch gelassen, um dadurch nicht allein desto besser zu hören, wann etwan Mauser einbrächen, sie zu bestehlen, sondern auch solche Diebe mit Pistolen zu bewillkommen, mit welchen sie trefflich versehen waren. Als ich nun selbst wahrgenommen, wie die Tür ohne sonderlichen Rumor aufzumachen wäre, machte ich meinen Anschlag gar gering. Mein Springinsfeld mußte mir eine Welle scharpfer Dörner in Mannslänge zuwegen bringen, woran auch beinahe ein Mann zu tragen hatte, und ich füllete eine messene Spritze, die eine Feldmaß hielte, mit scharpfem Essig. Also versehen, giengen wir beide an die gedachte Hütte, als jedermann im besten Schlaf war. Die Tür in der Stille zu öffnen, war mir gar keine Kunst, weil ich zuvor alles fleißig abgesehen; und da solches vollbracht und geschehen, stackte Springinsfeld die Dornwell vor die Stiegen, als welche vor sich selbst keine Tür hatte, von welchem Geräusch beide Italiener erwachten und zu rumpeln anfiengen. Wir konnten uns wohl einbilden, daß sie zum ersten zu obigen Loch herunterschauen würden, als dann auch geschahe; ich aber spritzte dem einen die Augen alsobald so voller Essig, daß ihm seine Vorsichtigkeit in einem Augenblick vergieng; der ander aber liefe im Hembd und Schlafhosen die Stiegen hinunter und wurde von der Dornwell so unfreundlich empfangen, daß er, gleichwie auch sein Kamerat, in solcher unversehenen Begebenheit und großem Schrecken sich nichts anders einbilden konnten, als es wäre eitel Zauberei und Teufelsgespenst vorhanden. Indessen hatte Springinsfeld ein Nutzet zusammengebundene Reuterkoller erwischt und sich damit fortgemacht; ich aber ließe mich mit einem Stück Leinwat genügen, drehete mich damit aus und schlug die Tür hinter mir wieder zu, die beide Welsche also in ihrer Anfechtung hinterlassend, wovon der eine ohne Zweifel die Augen noch gewischt, der ander aber noch mit seiner Dornwell zu handeln gehabt haben wird.
Schaue, Simplice, so konnte ichs! und also habe ich den Springinsfeld nach und nach abgerichtet. Ich stahle, wie gehöret, nicht aus Not oder Mangel, sondern mehrenteils darum, damit ich mich an meinen Widerwärtigen revangieren möchte; Springinsfeld aber lernete indessen die Kunst und kam so meisterlich in die Griff, daß er sich unterstanden hätte, alles zu Mausen, es wäre dann gar mit Ketten an das Firmament geheftet gewesen. Und ich ließe ihn solches auch treulich genießen, dann[83] ich gönnete ihm, daß er einen eigenen Säckel haben und mit dem halben gestohlenen Gut (maßen wir solche Eroberungen mit einander teilten) tun und handeln dürfte, was er wollte. Weil er aber trefflich auf das Spielen verpicht war, so kam er selten zu großem Gelt, und wann er gleich zuzeiten den Anfang zu einer ziemlichen Summa zuwegen brachte, so verblieb er jedoch die Länge nicht in Possession, sintemal ihm sein unbeständig Glück das Fundament zum Reichtum durch den unbeständigen Würfel jederzeit wieder hinwegzwackte. Im übrigen verblieb er mir ganz getreu und gehorsam, also daß ich mir auch keinen besseren Sklaven in der ganzen Welt zu finden getrauet hätte. Jetzt höre auch, was er damit verdienet, wie ich ihm gelohnet und wie ich mich endlich wieder von ihm geschieden.