[48] Chach Abas. Seinelcan.
Der SchauPlatz verändert sich in das Königl. Gemach.
CHACH.
So liß der Reusse sich auffs letzte noch bewegen?
SEINELCAN.
Nicht sonder Muh! jedoch weil man das Schwerdt zu legen
Kein ander Mittel fand; gab er diß Stück vns zu.
Vnd so erlangen wir von diser Seiten Ruh.
CHACH.
An einer Seiten Ruh! Ach Ruhe! wenn wir krigen!
Wenn wir besprungen Tag vnd Nacht zu Felde ligen.
SEINELCAN.
Der eine Feind beut vns numehr als Freund die Hand /[48]
Nu fält die gantze Macht die wir vor dem getrant
Auff den der vns noch dreut. Der / welchen Zwey nicht zwingen /
Läst jhm von einem nicht den werthen Sig abdringen.
Bißher griff man getheilt der Türcken Läger an.
Nun fecht der gantze Perß.
CHACH.
Wo er nicht sigen kan.
SEINELCAN.
Wie? hofft der keinen Sig vor dem die Welt erzittert?
Auff dessen Wort der Grund der Erden sich erschüttert?
Vor dem der Feinde Macht vnd Anschlag stets gefehlt!
Der mehr Triumph / als Jahr / als Tag' als Stunden zehlt?
CHACH.
Vnd numehr vnterligt.
SEINELCAN.
Wer wird die hohen Sinnen
Den vnerschöpfften Mutt die Tugend binden können
Die in dem Hertzen lebt?
CHACH.
gelebt! vnd nu nicht mehr
Sie schmachtet. Sie vergeht / sie stirbt.
SEINEL.
Was greifft der Ehr
Der grossen Seelen ein?
CHACH.
Diß was kein Schwerdt wird dämpffen
SEINELCAN.
Kan Osman wider vns mit einem Vortheil kämpffen?
CHACH.
Ach leider! du verstehst die Hertzens Wunde nicht.
Meint man das Osman vns die starcken Kräffte bricht?
Diß Kind dem wir gewohnt obsiegend zugebitten?
Dem wir sein Land mit Asch vnd Pfeilen überschütten?
Daß vnter disem Fuß sol schwer von Ketten stehn?
Vnd noch den sauren Gang deß Bajazeten12 gehn.[49]
Nein! Osman! nein! gejrrt! Es sind weit schärffer Klauen /
Die vns durch dise Brust biß in das Hertz gehauen /
Es ist ein ander Feind der dise Seele plagt;
Der disen Leib zerfleischt vnd an den Glidern nagt;
SEINELCAN.
Es sind / wie ich versteh / die Königlichen Sorgen.
CHACH.
Ists möglich daß dir noch sey vnser Leid verborgen?
SEINELCAN.
Ein grosses Hertz' erschrickt nicht über grosser Last.
CHACH.
Vns hat ein höher Schmertz die Glider angefast /
SEINELCAN.
Find't jhre Majestet mit Kranckheit sich beschweret?
CHACH.
Ein jnnerlicher Brand hat vnser Marck verzehret.
SEINELCAN.
Schafft dem kein Artzt nicht Rath?
CHACH.
Der Artzt sucht vnsern Tod
Er schertzt mit vnser Angst / er lacht in vnser Noth.
SEINELCAN.
Solt' einer diß zu thun sich dörffen vnterstehen?
CHACH.
Du sihst wir müssen nur in höchstem Ach vergehen!
SEINELCAN.
Man suche disen Brand zu dämpffen durch sein Blut
Vnd mehrer Aertzte fleiß.
CHACH.
Kein ander lescht die Glut.
Die Hand die vns verletzt weiß einig rath zu finden /
Die vns die Wunde schlug kan einig vns verbinden.
SEINELCAN.
Wehm hat deß Himmels schluß so grosse Macht verlihn
CHACH.
Die mir an Himmels statt / der Fürstin Catharin.
Holdseeligste Feindin! vnüberwundne Schöne!
Haubt das verdint daß Phrat vnd Rha vnd Tyger kröne![50]
Gefangne die vns fing! die vns in Ketten schlegt!
Anmuttig wenn sie weint! frisch wenn jhr Grimm sich regt!
Vnd für jhr Ehre steht. Die nicht zu überbitten
Durch den der alles zwingt! die auff kein grimmes Wütten
Deß rauhen Eyfers gibt. Wir haben zwar dein Land
Doch du hast vnser Hertz / Rach über Rach! verbrand!
Princessin wir gestehns'. Du hast vns vor bekriget!
Doch hat dein Auge mehr als deine Faust gesiget.
Doch als dein hoher Geist sich in die Worte fand;
Verging Chach Abas gantz. Es mangelt' vns Verstand
Es fehlt vns an Vernunfft / noch fehlt es vns an Kräfften
Die mächtig deine Seel' an vnsern Geist zu häfften /
Vns steht das grosse Reich auff wincken zu gebott /
Wir selbst stehn dir zu Dinst / vnd finden nichts denn Spott.
SEINELCAN.
O Persens heisse Pest! ist diß was Abas drücket?
Warumb das Vnthir nicht stracks von der Welt gerücket?
CHACH.
O Blinder! du verstehst nicht was die Liebe kan!
Kom her bethörter Mensch; schaw deinen Fürsten an!
Gib acht auff sein Gesicht / auff sein stets-heisses sehnen /
Auff den erblasten Mund / vnd jmmer neue Thränen /
Auff den der Chaldar13 offt mit Flam vnd Schwerdt gedreut /
Der keiner Feinde Grimm / ja nicht den Tod gescheut /
Der wo der Tag entsteht vnd weicht / die Welt gezwungen /
Der gegen Sud vnd Nord die Waffen fort gedrungen /
Vnd auff der Völcker Kopff mit stoltzen Füssen sprang!
Den hält die strenge Macht der stoltzen Lib' im zwang.
SEINELCAN.
Ists möglich das diß Weib / die nur der Persen schaden /
Die so erhitzt gesucht in vnserm Blut zu baden /
Die mit den Feinden spilt / vnd feindlich vns verletzt /
Die sich dem Siger selbst hochmüttig widersetzt /[51]
Die voll von Aberwitz ein Creutz pflegt anzubeten
Die nur nicht werth / mein Fürst / für sein Gesicht zu tretten;
Sey Vrsach diser Pein?
CHACH.
Wie? darfst du für vns schmehn /
Die dein geborner Fürst mit Lust pflegt anzusehn?
Vnd mit entsetzung ehrt? darff sich ein Knecht vermessen
Zu lästern was vns lib? hast du so bald vergessen
Wer Abas sey vnd du. Kom aber zeig vns an
Ob du ein Weib gesehn daß man jhr gleichen kan?
SEINELCAN.
Mein Fürst / ich geb es nach daß keine sey zu finden
An Schönheit / an Verstand.
CHACH.
an Kunst zu überwinden.
SEINELCAN.
An Tugend.
CHACH.
Vnd an Zucht.
SEINELCAN.
An Herrligkeit.
CHACH.
An Ruhm
SEINELCAN.
Die nicht / weit vnter jhr.
CHACH.
O aller Blumen Blum!
CHACH.
Welch Alabaster kan der Stirnen Schnee erreichen?
SEINELCAN.
Die zarte Lilie muß den edlen Wangen weichen.
CHACH.
Der Nasen Helffenbein.
SEINELCAN.
Die Lippen von Corall
Der Augen helle Stern.
CHACH.
das Hertze von Metall!
Das Hertz ist nur zu hart. Wie wol pflegt sie zu gehen?
SEINELCAN.
Man siht die Majestet Personlich in jhr stehen.
CHACH.
Die Weißheit schmückt jhr Haupt.
SEINELCAN.
Wolredenheit den Mund
CHACH.
Ach! der mein blödes Hertz biß auff den Tod verwund
SEINELCAN.
Die Salbe zu der Wund' ist in deß Fürsten Händen.
Die dise Pein erregt kan auch die Schmertzen wenden.
CHACH.
Sie kan! ja wenn sie wil.
SEINELCAN.
Man thut gezwungen woll[52]
Wenn man den Ernst verspürt; was man frey willig soll.
CHACH.
Die Libe läst sich nicht durch Zwang zu wegen bringen.
SEINELCAN.
Wie manche wündtschet ihr daß man sie möchte zwingen!
CHACH.
Die ist auß manchen nicht / was blib wol vnversucht?
Was hat man nicht gewagt? doch sonder eine Frucht.
Sie wündtscht ehr Flammen Pfahl vnd höchste Noth zu leiden;
Als daß sie wolt ein Har von jhrer Ehr' abscheiden.
Sie fält wo man mit Macht jhr raubt das werthe Pfand /
Durch Rew vnd Eyfer hin / wo nicht durch eigne Hand.
SEINELCAN.
Die Zeit wird unverhofft noch jhren Hochmutt wenden.
CHACH.
Sie kan die Schönheit wol / nicht vnsre Schmertzen enden.
SEINELCAN.
Ein Weib verändert leicht.
CHACH.
Was kan verstockter seyn
Als ein hartnäckicht Weib?
SEINELCAN.
Ihr Ehrgeitz wurtzelt ein
Weil jhre Majestet sie als ein Diener grüsset.
Die Gunst sterckt jhren Trotz / so bald der Frevel büsset;
Betraur't er den Verlust! man sucht was man verlacht;
Wenn Zeit vnd Mittel fort. Der Fürst schlag auß der acht
Das angenehme Bild.
CHACH.
Was sagstu?
SEINELCAN.
Diß / er stelle
Sich nur als ob sein Hertz die Band' /
CHACH.
O bitter Helle
SEINELCAN.
Zurissen vnd /
CHACH.
Was denn?
SEINELCAN.
Daß er von Libe frey.
Ihr Wahn wird bald vergehn.
CHACH.
Ha! schlechte Phantasey![53]
Läst sich wenn Haus vnd Dach entbrand die Flamme decken?
Läst sich der lichte Blitz bey trüber Nacht verstecken?
Ein Wort / ein schneller Blick / ein Seufftzer macht zu nicht
Was ein erdichtet Haß vnd falscher Zorn verricht.
Imanculi. Seinelcan. Chach Abas.
IMANCULI.
Durchläuchtigster Monarch der Reuß ist gleich ankommen.
SEINELCAN.
Er hat gesetzte Zeit sehr wol in acht genommen.
CHACH.
Ruff Imanculi stracks der Länder Fürsten ein.
Seinelcan du schaff an daß der Gesandt erschein.
Chach Abas mit den Fürsten auß Persen / Der Gesandte auß Reussen.
Der SchauPlatz bildet ab den Königl. Verhör Saal.
GESANDTE.
Der hochgewündtschte Tag / hochmächtigster der Helden
Die Persen je gekrön't / Fürst den mit Ruhm wird melden
Was nach vns leben sol / der offtbegehrte Tag
Der Wolg vnd Phrat14 verknüpfft / vnd auff den Donnerschlag
Der Waffen / vns entdeckt die angenehme Sonne /
Deß Fridens hohe Lust / der grossen Völcker Wonne;
Der Tag ist numehr dar / der / dem das weite Land
Der Reussen zu Gebot; reicht die vertraute Hand
Als Bruder vnd vmbfast mit frölichstem Gemüte
Eu'r wolgeneigtes Hertz das voll von fester Güte
Sich vns zu Pfande gibt / der Feinde Trotz verschwindt.[54]
Nu sich der strenge Nord vnd reiche Sud verbind.
Wer gräntzt vnd ferne wohn't! wer von dem Schluß wird hören;
Wird beider eine Macht mit ernstem Schrecken ehren /
Vnd fürchten die er Hass't vnd zitternd schau'n wie sehr
Sich beider Prächtig Reich / durch Einigkeit vermehr.
Vergön't dann höchster Fürst / das weil ich frölich scheide;
Mir nicht sey unerlaubt zu rühmen was beneyde
Der nichts denn Vnheil sucht / vergönt daß man erfahr
Das Czar15 euch Ewig Hold / das Chach biß auff die Bar
Für vnserm Czaren steh. Vergönt daß ich erzehle
Daß es dem werthen Pers an keiner Tugend fehle
Daß an dem grossen Hoff mir so viel Gunst erzeugt;
Als auch den Vndanck selbst zu Danck vnd rühmen neigt.
Doch eh ich gantz zurück / O Ruhm der Helden / kehre;
Ist Noth daß ich zuletzt höchst bittend was begehre /
Doch mehr mein Czar durch mich / er der so viel nachgibt;
Der mehr gemeine Ruh als grossen Vortheil libt;
Helt an / vmb eine Fraw / der Bande zu entschlagen /
Die in Iberien vor dem die Cron getragen /
Vnd nun gefangen traur't. Es sey daß Sie verletzt
Den der sie jtzt noch strafft! daß sie sich widersetzt
Der höhern Majestet! wir suchen nicht zu rechten /
Vil minder jhre Schuld weitläufftig zu verfechten /
Czar bildet fest' jhm ein daß Abas mehr verzeih'
Als eine Fraw verwürckt; wie schuldig sie auch sey.
Er wo man Bürgen heischt bürgt künfftig für Verbrechen
Die sie verschwern sol. Da Czar auch anzusprechen
Durchlauchtigster Monarch vmb etwas das jhr sucht;
Versichert euch diß fest / ihr sucht nicht sonder frucht.[55]
CHACH.
Was vnserm Bruder Czar ohn alles Falsch versprochen;
Sind wir für vnser Theil steiff / fest vnd vnverbrochen /
Zu halten stets gemeint. Eur wolgemeinter Fleiß /
Verdint mehr Ehre denn Chach selbst zu geben weiß.
Der mächtigste Monarch der Reussen müsse leben!
Die / die Er frey begehrt / hat (wie die Recht' es geben)
Reich / Cron vnd Hals verschertzt / doch lassen wirs geschehn /
Daß sie vor Abends noch sich möge freye sehn.
Wie Czar so embsig sucht. den Gott der höchst erhebe!
GESAND.
Der Persen Sonn vnd Wonn Chach Abas herrsch' vnd lebe.
Chach Abas. Seinelcan.
Der SchauPlatz verändert sich in das Königl. Gemach.
CHACH.
O Teu'r! vnd mehr denn teu'r von vns erkauffter Frid!
O Grausamster Verlust den je diß Hertz erlid!
Tyrannin vnser Seel! kömst du auß Abas Händen!
Sol man vmb Persens Heil dich in dein Land heim senden!
Dich! die durch Blut vnd Krig kaum in die Fessel bracht!
Dich vmb die vnsre Seel so jämmerlich verschmacht!
Daß dich dein Gurgistan gekrönt vnd jauchtzend schaue /
Vnd ruffe daß der Arm zu schwach für eine Fraue?
Erweicht ein bebend Weib nun weder Glimpff noch Pein?
Muß Chach nach so vil Sig / Knecht oder Hencker seyn?
Muß Reussen bald auff Land bald auff vns selber Wütten?
Muß er bald Feind bald Freund mit kämpffen vnd mit bitten
Diß was man libt vnd hass't vns auß der Faust entzihn?[56]
Muß Ruh' vns in der Schlacht vnd in dem Frid entflihn?
Ha Frid! vnd warumb hat vom Friden man gehöret?
Warumb hat diser Traum den weisen Kopff bethöret.
Weg Friden! greifft zur Wehr! es gelte Blut vnd Brand!
Es gelte Reich vmb Reich! last vns mit frischer Hand
Zureissen was man schrib. Stost alles über Hauffen
Was Rha vnd Tyger schloß! wenn nichts dadurch zu kauffen
Als vnser Leid vnd Schmach. Wie rasen wir so blind;
Wenn wir die höchste Schuld an vnserm Vnheil sind!
Was schreibt man Reussen zu was diser Mund verbrochen?
Wo wandelt' vnser Geist als wir so bald versprochen
Leichtfertig / sonder Noth / was der Gesandte bat?
Czar bitte! wenn nur Chach Macht abzuschlagen hat!
So Reussen auch mit Recht vmb dise Fraw darff bitten /
Kan Abas mit mehr Recht auff sie den Grimm außschütten;
Auff sie / die / was vns trew leichtfertig vmbgebracht
Vnd dise Cron getrotzt / vnd dises Schwerd verlacht /
Vnd disen Thron geschimpfft / die frembden Schutz gesuchet
Die vns noch täglich höhnt / vnd in den Banden fluchet.
(Ergrimme rechte Rach!) es schaw die grosse Welt /
Was Abas pochen sey. Der harte Donner fält
Auff den verdamten Kopff. Sie sol auch sterbend fühlen
Wie heiß der Zorn entbrand / den nicht jhr blut zu kühlen /
Ja nicht jhr Tod vermag! Gefang'ne du bist hin!
Du hast den kurtzen Rest der Stunde zu Gewin
In der man sich bedenckt wie deine Zeit zu schlissen.[57]
Du solst für Reich vnd Sohn du solst für Meurab büssen.
Für Meurab! aber Ach! was geht der Hund dich an?
Ist so ein scharffes Recht das jemand straffen kan /
Der von der Schuld nicht weiß / vil minder selbst verbrochen!
Gesetzt auch! daß du Mann vnd Schweher hart gerochen /
Vnd für dein Königreich dich wider vns gesetzt!
Du hast dein Schwerdt mit Recht / wir stehn es zu / gewetzt.
Princessin Ach diß Hertz! diß Hertz muß leider brechen!
Dein Richter muß für dich vnd deine Fehler sprechen!
Princessin! Ach der Grimm der heisse Zorn verschwind't
So bald dein süsser Nahm sich auff die Lippen findt.
Sol Chach denn / höchste Lust! Ach! sol dich Chach denn lassen!
Verdinet seine Gunst nichts als ein strenges hassen?
Ist dir diß grosse Land? diß weite Reich zu klein?
Wilst du vil liber frey als vnsre Fürstin seyn?
Ja wol! biß! biß denn frey! vnd trag diß libe Zeichen
Mit dir auß Persen weg; das alle Schlösser weichen
Wenn sie die Lib' auffsprengt / vnd dencke wer dich libt
Vnd wer dich / werthe Fraw / dich teuren Schatz / dir gibt!
Geh' vnd zeig allen an / daß Abas nicht sein Leben
So würdig schätzt als dich / vnd doch dich dir gegeben
Der Abas selbst zu schlecht! Geh vnd zeig allen frey
Daß Abas halt' auff Wortt' vnd selbst sein Meister sey!
Geh' hoher Geist geh hin! hilff Phrat vnd Rha verschlissen!
Geh! werd' ein FridePfand / ein Zil dem Blutvergissen
Das Perß vnd Reussen kränckt. Geh! schaff vns beyden Ruh
Vnd bringe selbst die Zeit in höchster Wollust zu!
Doch wird Chach ohne dich / wird Chach auch leben können?[58]
Chach dem der Himmel nicht dich Lust der Welt wil gönnen?
Läst Chach dich selber denn auß seinem Reich entflihn?
Vnd (wo der Wahn nicht falsch) villeicht zu andern zihn /
Die minder sind denn er? Ach was sind alle sachen
Die Fürsten hir berühmt! die Fürsten herrlich machen!
Was ist doch jhre Lust als eine leere Pracht!
Man gibt auff jhren Glantz nicht auff die Bürden acht /
Man siht auff jhr Gesicht / nicht auff verdeckte Schmertzen
Nicht auff die rauhe Qual durch Angst bestürmter Hertzen /
Man wündtscht zum Frid vns Glück; wir finden nichts denn streit.
Gantz Persen jauchtzt in Wonn'; hir raset grimmes Leid /
Der Reuß ist vnser Freund vnd schlägt vns dise Wunden
Die nicht der Feind vermag. Die Fürstin ist gebunden;
Vnd zwingt den / der sie band Wie ein zuschmettert Schiff
Auff hart-bewegter See bald in das Schwartze tiff
Deß grausen Abgrunds stürtzt / bald durch die blauen Lüffte
Mit vollem Segel rennt / bald durch die engen Klüffte
Der scharffen Klippen streicht; so handelt vns die Noth
Versprechen / Eyfer / Lib / Haß / Rache / Qual vnd Tod.
Schaw an die Seelen Angst! wo sind wir hin verdrungen?
Wir sind durch eignen Mund zu diser That gezwungen
Die vnser Geist verflucht! er macht vnd bricht den Schluß.
Er thut nicht was er wil; vnd wil nicht was er muß.
SEINEL.
Hochmächtigster Monarch! wofern ein Knecht darff wagen
Rath bey so schwerem Werck / dem Fürsten vorzuschlagen.
So steh es / bitt ich frey / was mich sein werthes Heil
Vnd aller Wolfart heist. Mir ist diß Leben feil
Für Abas Cron vnd Haupt.
CHACH.
Wir kennen deine Treue[59]
Erklär vns was dich dünckt. Meld ohne Furcht vnd scheue
Machst du durch deinen Schluß auch die Gefangne loß?
SEINELCAN.
Durchlauchtigster Monarch; zwar jhre Schuld ist groß /
Doch grösser ist die Gunst die Abas zu jhr träget /
Noch grösser ist jhr Trotz der dise Gunst außschläget.
Wie daß sein hoher Geist denn die so trefflich acht
Die Persens Königreich vnd König selbst verlacht?
Wie aber? schickt man sie denn vngestrafft von hinnen?
Kan man wol harter Straff' als Freyheit hir ersinnen?
(Wofern es Freyheit heist den meiden der vns ehrt /
Der ein gebunden Weib als eine Göttin hört.)
Die jtzt vor Ubermuth wer Chach vnd sie vergessen;
Wird wenn sie nur von hir jhr Vnglück recht ermessen;
Vnd fühlen das sie hir im Kercker mehr denn frey /
Doch dort in Gurgistan / mehr als gekerckert sey!
Chach wird sich zweyfels ohn nicht sonder Schmertzen finden;
Doch wissen wir daß Chach sich selbst könn' überwinden /
Den Niemand überwand! Abwesend seyn vnd Zeit
Lescht alle Flammen auß. Man sigt in libes Streit
Wenn man den Feind nicht siht. Itzt rühm ich nicht den Helden16
Den Trapezunt mit Ruhm / mit zittern Stambol melden /
Deß Bosfers grosse Stadt war nu in seiner Hand
Als sein ruhmdürstigs Hertz auff die Iren'17 entbrand /
Der Brand nam überhand / doch fil die Lust zu krigen /
Die Tapfferkeit schliff ein / vnd starb in so vil sigen;
Biß jhn sein Mustaphas als auß dem Traum erweckt /[60]
Vnd / das die Läger voll von Murren / frisch entdeckt.
Wol sprach er! rufft herbey die Völcker die vns dinen /
Die frech jhr Oberhaubt zu meistern sich erkühnen!
Der Tag sol zwischen vns vnd jhnen Richter seyn
Ob Wollust oder Wir dem Regiment zu klein.
Alsbald das Heer sich fand ist Mechmet selbst erschinen
Irene neben jhm voll funckelnder Rubinen
Voll schimmernd-heller Pracht / doch gläntzt jhr Angesicht
Mehr als der Kleider Gold vnd Diamante Licht.
Wer nur vorhanden; start auff Anblick diser Sonnen /
Die auch das kaltest' Eyß mit einem Stral gewonnen /
Ein jeder gab sich bloß vnd schalt den Fürsten frey /
Vnd rieff; das seine Lib an nichts zu tadeln sey!
Die ists! sprach Mechmet / die vns einig kont enttzünden
Doch lernt; das nichts vermag' vns Sinn vnd Hand zu binden /
Das Mechmet allzeit sein! eh' man es recht gewar
War schon die Sebel bloß / die Faust in jhrem Har /
Der Stahl in jhrem Hals! hir sah man jhre Leichen /
Vnd dort in seiner Hand der Wangen röth' erbleichen.
CHACH.
Er war in disem Stück ein Vnmensch gleich als du.
SEINELCAN.
Es ist die Meynung nicht das man was Mechmet thu
Nur (was vil leichter scheint.) man lasse willig fahren
Was selbst nicht bleiben wil vnd man nicht kan bewahren.
CHACH.
Bewahren? wie? wer führt wer hilfft jhr auß dem Ort?
SEINELCAN.
Ach! jhre Majestet / vnd jhr außdrücklich Wort.
CHACH.
Geredet eh' bedacht vnd in der Eil gesprochen!
SEINELCAN.
Der Persen grosser Fürst hat nie sein Wort gebrochen!
CHACH.
Wir wurden übereilt wie man außdrücklich sah.
SEINELCAN.
Diß laufft der Majestet deß Fürsten vil zu nah.[61]
CHACH.
Wird diß was vns so werth auß vnser Hand genommen?
SEINELCAN.
Vmb ein noch wehrter Gut den Friden zu bekommen.
CHACH.
O Teur erworben Gut! O hochgelibtes Pfand!
SEINELCAN.
Ist jhrer Majestet was liber als jhr Land!
CHACH.
Durch vnser Wort bist du Princessin vns vertorben!
SEINELCAN.
Wie / wenn als Menschlich ist / sie längst vorhin gestorben!
CHACH.
Der schickung were diß nicht vnser eigne Schuld!
SEINELCAN.
Diß schickt der Himmel auch. Drumb tragt es mit Geduld.
CHACH.
Wer wird die Wunde doch die sie vns schlug verbinden?
SEINELCAN.
Die Zeit die Mittel kan zu allen Wunden finden.
CHACH.
Ach warumb sind wir selbst auff Mittel nicht bedacht!
SEINELCAN.
Gold band die Freyheit selbst.
CHACH.
Hir ist es sonder Macht.
SEINELCAN.
Man kan / die einmal frey / noch einmal wieder fangen
CHACH.
Man fängt den Leuen kaum der einmal ist entgangen.
SEINELCAN.
Man schaw' ob durch verzug nichts zu erlangen sey.
CHACH.
Wo bleibt denn vnser Wort; Sie sey vor Abends frey?
SEINELCAN.
Wie wenn sie selbst als frey noch wolt alhir verzihen?
CHACH.
Sie? die nichts libers sucht als fern von hir zu flihen!
SEINELCAN.
Man bitt jhr alles an.
CHACH.
Der / die nichts achten mag /
SEINELCAN.
Der Baum der lange stund fält auff den letzten schlag.[62]
Was schadets daß man noch zu letzt was möglich wage.
Vnd jhr Ruhm / Ehre / Macht ja Cronen selbst vorschlage?
CHACH.
Es wird doch nur vmbsonst ja wol fürs letzte seyn
Doch; laß vns etwas Ruh! vns fält was sonders ein.
Reye der von Chach Abas erwürgeten Fürsten.
Chor.
Die leichte Handvoll Jahr
Die vns deß Himmels Licht auff diser Erden schencket;
Rennt nach der schwartzen Bar /
Diß Leben wird in Angst vnd Thränen gantz erträncket
Die Blumen eh' als sie gefunden /
Sind mit dem Mittag offt verschwunden /
Der Taw hat kaum das Feld genetzet /
Vnd ist nicht wenn die Sonn entsteht /
Ein Funck' hat kaum das Aug ergetzet;
Wenn er in seine Nacht vergeht.
Ein Schiff reist durch die See /
Ein Vogel durch die Höh /
Der Schatten durch das Land
Der Sturmwind über Sand
Die Pfeile siht man kaum durch die getheilten Lüffte streichen /
Doch nichts läst hinter sich deß zugeschwinden ganges Zeichen /
So schnell ja schneller fleucht diß Leben /
Das wir eh' enden als anheben.
Wir sind kaum in diß Licht geboren /[63]
Vnd sind schon von dem Tod erkoren
Den wir offt vnerkänt erleiden!
Wir kommen; vnd man heist vns scheiden.
Gegen Chor.
Doch Chach der Mörder riß
Den kurtzen Faden ab18 / vnd setzte Kling vnd Zangen
In vnsre Brust / er bliß
Diß Lebens Lichtlin auß eh' es die Zeit verhangen!
Was nützt es seinem Stahl entrinnen;
Wenn schwartze Gifft kont vns gewinnen?
Was halff es jhm die Hande bitten /
Wenn er mehr Freund als Feind beschwert?
Vil fillen hin durch grimmes Wütten;
Mehr sind durch Meuchelmord verzehrt /
Er brach mit grauser Hand
Auch deß geblüttes band /
Schertzt offt mit Eyd vnd Bund /
Vnd trat was fil vnd stund /
Doch sterben war vns leicht / er kont vns erst den Tod vergällen /
Durch aller Folter Art. Sein Grimm entbrand als Glut der Hellen.
Pfahl / Mörsel / Spiß / Bley / Beil vnd Stangen /
Rohr / Säge / Flamm / zuschlitzte Wangen /
Entdeckte Lung' / entblöste Hertzen /
Das lange zappeln in den schmertzen /
Wenn man vns Darm vnd Zung entrückte!
Das war was Abas Aug' erquickte.
Chor vnd Gegen Chor zusammen.
O Richter diser Welt dem Printzen zu gebott!
Wie lange sihst du zu?[64]
Hat denn der Bluthund noch / trotz Zeit! trotz Recht! vnd Gott.
Auff seinem Throne Ruh!
Wilst du HErr der Welt nicht wachen /
Vnd deß Grimms ein Ende machen!
Wilst du vnsern Tod nicht rächen?
Wilst du nicht mehr Vrtheil sprächen?
Gehn so viler tausend Schmertzen /
Richter / dir nicht mehr zu Hertzen?
Lässest du auff eines wincken
Gantze Reich' im Blut ertrincken?
Ernster Richter! übe Rache!
Wache! grosser Gott erwache.
Wache! Wache! Wache! Wache;
Rache! Rache! Rache! Rache.
12 | Bajazeth. Dessen Geschichte nun mehr denn zu bekandt vnd von Leunclavio vnd andern weitläufftig beschriben. |
13 | Chaldar. Vorzeiten Chaldea / aus den alten / wie auch heiligen Schrifften berühmet genung. |
14 | Wolg. Der berühmte Fluß in Reussen / welchen etliche vor deß Ptolemaei Rha halten / lauffet zwischen disen Völckern vnd den Tartarn in die Caspische See. Ibidem. Phrat. Vorzeiten Euphrates. fleust zwischen Türckey vnd Persen in den Persischen Meerschos /oder Mare Elcatiff. |
15 | Czar. Der gewöhnliche Titul mit welchem die Reussen jhren Groß-Fürsten verehren. Soll nach etlicher Meynung von dem Lateinischen CAESAR herrühren. |
16 | Den Helden. Diser ist Muhammet der ander welcher Trapezunt vnd Constantinopel / welche die Türcken Stamboll nennen / erobert. |
17 | Iren. Dise traurige vnd schreckliche Mordthat wird von vnterschidenen erzehlet / der Autor Icariae hat sie weitläufftig beschriben. Am allertrefflichsten aber Ludovicus Cellotius S.J. in seinem vbermaß schönen Lateinischen Gedichte / welches nebenst andern seinen Poematibus außgegangen. |
18 | Von der alten vnd neuen Persen / hefftigen vnd ungeheuren Lebens-Straffen sind alle Bücher voll. Besihe Purchasium vnd Olearii Persische Reise. Die Beschreibung der Absendung welche auff Befehl Rudolphi II. an Chach Abas gethan / vermeldet / daß Chach Abas in gegenwart deß Abgesandten selbst / mit eigener Hand einen Gefangenen erhauen. |
Ausgewählte Ausgaben von
Catharina von Georgien
|
Buchempfehlung
Vor dem Hintergrund einer romantisch idyllischen Fabel zeichnet der Autor individuell realistische Figuren, die einerseits Bestandteil jahrhundertealter Tradition und andererseits feinfühlige Persönlichkeiten sind. Die 1857 erschienene Bauernerzählung um die schöne Synnöve und den hitzköpfigen Thorbjörn machte Bjørnson praktisch mit Erscheinen weltberühmt.
70 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro