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[123] Michael. Der ander und erste hauffe der verschworenen, Theodosia. Die leiche Leonis.
Ihr gebt denn mir anietzt licht, freyheit, seel und leben!
Ihr gebt denn mir mich selbst; was werd ich wieder geben?
Ich der aus tod und grufft und angestecktem brand,
Und was mehr schrecklich ist, aus des tyrannen hand
Durch eure treu erlöst, den großen thron besteige
Und der bestürtzten welt mit meinem beyspiel zeige,
Dass freundschafft über cron, lieb über scepter geh,
Dass ein verhasster fürst auf trübem sande steh.
Er ligt denn, der mich stieß, ich herrsch in diesen ketten,
In welchen ich den stuhl gedencke zu betreten,
Aus dem der löw gestürtzt. Wie werd ich diesen muth
Belohnen, der vor mich das unverzagte blut
In höchste noth gewagt? Werd ich wol etwas finden,
Das kräfftig mich und euch noch stärcker zu verbinden?
Doch, ob der arm zu schwach, glaubt, dass die große welt,
Die ihr aus schwartzer angst in göldne freyheit stellt,
Glaubt, dass das weite reich, das ihr in wenig stunden,[123]
Doch durch nicht wenig stärck auf ewig euch verbunden!
Glaubt, dass wer hier und dar biss auf die edle nacht
In kercker, in metall, in felsen schier verschmacht,
Glaubt, dass wer nach uns soll ans licht gebohren werden,
Euch, helden! rühmen wird! Ja wenn der kreyß der erden
In flammen nun vergeht, wird eure trefligkeit,
Bekrönt mit steter ehr, verlachen tod und zeit.
THEODOSIA.
Ach brunnquell unser angst!
MICHAEL.
Ha! wittwe des tyrannen!
Eur grausamst-raue macht, eur brennen und verbannen
Verbannt sich nunmehr selbst.
THEODOSIA.
Diß ist noch unerhört,
Dass einer, der so hoch erhaben und geehrt,
Dass einer, dem so offt so hohe schuld vergeben,
Den wir zu unserm tod erhalten bey dem leben,
Uns grausam schelten soll! Doch haben wir erweist
So viel, dass wer nur ist, mit recht uns grausam heißt,
Indem wir dir so weit die zügel lassen schießen
Und aus der flamme dich, die du verdient, gerissen!
Hat unsre grimme faust das scharffe schwerdt gewetzt,
Das dein blutgeitzig arm an unsre gurgel setzt?
Der ist, es ist nicht ohn, der grausamst auff der erden,
Der durch mitleiden muss sein eigner hencker werden.
MICHAEL.
So fällt, wer gruben macht vor ander, selbst hinein.
THEODOSIA.
So kriegt man hohn vor gunst, vor wolthat schmertz und pein.
MICHAEL.
Man kriegt, was man verdient: schwer' angst vor schwere sünden.[124]
THEODOSIA.
Wol! so wird mit der zeit dich auch die rache finden!
MICHAEL.
Wer, was nicht unrecht, thut, schrickt vor der rache nicht.
THEODOSIA.
Ists recht, dass man den eyd und fürsten hälse bricht?
MICHAEL.
Wann fürsten selbst voran den hohen eydschwur brechen.
THEODOSIA.
Stieß ie der käyser um sein fest-betheurt versprechen?
MICHAEL.
Das weist sein leben aus und sein erschröcklich end.
THEODOSIA.
Erschröcklich, nicht durchs recht, nur durch der mörder händ.
MICHAEL.
Das recht ist vor das volck, auf fürsten schleifft man degen.
THEODOSIA.
Die werden über dich zuletzt auch urtheil hegen.
Besteig mit diesem wunsch den offt gesuchten thron!
Nimm die durch list und blut und mord erworbne cron!
Uns ist der hof bekandt, das unrecht der palläste,
Die missgunst, falsche treu und die verfluchten gäste,
Der fürsten müh und furcht. Erheb dich, trotz und nag',
Streich, rase, tödt und stoß, biss deine stunde schlag!
Erheb die neben dich, so unser blut gefärbet,
Die größer ehr und glück durch unsern fall geerbet!
Erheb, was meyneyd mehr als redligkeit geliebt!
Was sich in fürsten-mord so meisterlich geübt!
Was mächtig, kirch und hof und kercker zu erbrechen!
Und wetz ein schwerdt, das dir noch wird die brust durchstechen![125]
MICHAEL.
Was künfftig, siehst du, nicht dein ietzt vorhandne noth.
THEODOSIA.
Die deiner trübsal rufft.
MICHAEL.
Du ringst nach deinem tod,
Der vor der thüren wacht.
THEODOSIA.
Wir bitten um das leben,
Das du uns schuldig bist. Heiß schwerdt, heiß dolchen geben
Und enden unsre quaal! Versichre deine macht!
Beweise, was du kanst! Vergönne, dass die nacht
Mit steter finsternis mein ewig leid bedecke!
Vergönne, dass man die in eine grufft verstecke,
Die eine lieb, ein eh, ein thron, ein reich, ein stand,
Ein hertz, ein geist, ein fall, ein untergang verband!
MICHAEL.
Was nützt dein tod?
THEODOSIA.
Dein tod soll, (leb ich) von mir kommen.
MICHAEL.
Die natter dräut umsonst, der haupt und gifft benommen!
Geh hin! ich bin nicht der, der die zu tödten denckt,
Die mir (so wie sie rühmt) das leben hat geschenckt.
THEODOSIA.
Diß ubel ist nunmehr nicht möglich zu ertragen,
Dass man nach so viel angst uns wil den tod versagen.
Was hofft die auf der welt, die diß nicht haben kan,
Was man den feinden giebt? Ihr menschen, schaut uns an!
Ihr geister, hört uns zu! Die, als das licht erblichen,
Die eh, als mitternacht die erden hat beschlichen,[126]
Der großen welt gebot, als eine göttin pflag,
Die findt sich, eh die zeit den nunmehr nahen tag
Die sonnen grüßen läst, veracht, verlacht, verhöhnet,
Verworffen, abgestürtzt, mit ach und angst gekrönet.
Die lernt, wie nahe höh und fall beysammen steh,
Wie wenig zwischen stuhl und kercker zeit vergeh.
Die iedermann gebot, die bittet, doch vergebens
Um ende, nicht der last, nur des bestürtzten lebens!
Wen schleifft die grimme schaar? O jammer! ist es der,
Der dieses reich beherrscht? Welch abgrund, welches meer
Der schmertzen schluckt uns ein! Was können wir erkennen,
Das nicht zuschlagen sey? Ist hier ein glied zu nennen,
Das nicht das schwerdt zustückt? Wo ist sein schönes haar,
Das mit besteintem gold noch erst umwunden war?
Wo ist die starcke hand, die schwerdt und scepter führte?
Die brust, die blancker stahl so wohl als purpur zierte?
Weh uns! wo ist er selbst? Schaut, sein nicht schuldig blut,
Gereitzt durch unser angst, sprützt eine neue fluth
Durch alle wunden vor! Sein blut rufft emsig rache,
Ob seine lippen stumm. Sein blut thut eurer sache
Mordgierig unrecht dar.
MICHAEL.
Reißt den tyrannen hin!
THEODOSIA.
Reißt uns mit ihm! Die leich und kett ist mein gewinn.
Setzt spieß und sebel an! braucht flamm' und grimme waffen!
Wir wünschen (lasst uns hier!), wir wünschen zu entschlaffen
Auf dem erblassten mund, auf der geliebten brust.
MICHAEL.
Reisst ihr die leichen aus!
THEODOSIA.
Wo sind wir? Was für lust
Empfinden wir anietzt? Der fürst ist nicht erblichen.
O freud! er lebt! er lebt! Nun ist diß leid gewichen![127]
Er wischt die thränen selbst uns ab mit linder hand.
Hier steht er! Er ergrimmt und schüttert schwerdt und brand
Auf der verräther häupt.
1. VERSCHWORENER.
Der schmertz hat sie bezwungen.
Sie raast vor höchster angst.
THEODOSIA.
Mein licht! es ist gelungen.
Die mörder sind erwürgt. Er beut uns seinen kuss.
O unverhoffte wonn! O seel-erquickend gruß!
Willkommen werther fürst! Beherrscher unsrer sinnen!
Gefährten! traurt nicht mehr! er lebt.
MICHAEL.
Schafft sie von hinnen!
Wir eilen nach der kirch. Entdeckt dem gantzen stat
Den fall der tyranney! berufft den großen rath!
Ich wil, dass mich anietzt in beyseyn meiner söhne
Und eurer gegenwart der patriarch hier kröne.
Nimm du die burg in acht! Sagt ihr dem läger an,
Was nöthig! Ihr macht fest, was uns noch hindern kan.
Ich bin, der, was uns feind, verdruck und freund erhebe.
Versichert euch diß fest!
DIE VERSCHWORENE ALLE.
Der käyser herrsch und lebe!
Ende.
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