Gedancken/ Vber den Kirchhoff vnd Ruhestädte der Verstorbenen

1.

Wo find ich mich? ist diß das Feld

In dem die hohe Demuth blühet?

Hat Ruh' Erquickung hier bestellt

Dem/ der sich für vnd für bemühet?

Der heisser Tage strenge Last

Vnd kalter Nächte Frost ertragen?

Vnd mitten vnter Ach vnd Klagen

Sorg/ Angst vnd Müh auff sich gefast.


2.

Wo find ich mich! hier sind die Beet'

Die in dem schwangern Schoß verstecken/

Was dessen milde Faust auß-seet

Der Tod vnd Leichen auff-kan-wecken/

Mir graut vor aller Gärte Zier!

Weicht ihr Hesperier! ich achte

Nichts was der Med' vnd Babel brachte

Den schönsten Garten schau ich hier.


3.

Ob mein Geruch hier nicht den Dampff

Von Roß' vnd Jelsemin empfindet:

Ob keiner Tulpen Art' hier Kampff

(Trotz Farben!) der Natur ankündet:

Ob diß nicht wol gebaute Land

Mit keinen Granadillen pranget:

Doch trägt es/ wornach mich verlanget

Vnd Welt-gesinnte nie erkand.
[5]

4.

O Schul/ in der die höche Kunst

Vns sterblichen wird vorgetragen!

In der nicht Blätter voll von Dunst/

Kein Buch voll Wahn wird auffgeschlagen!

Wie vbel hab ich meine Zeit

In lauter Eitelkeit verschwendet!

Wer seine Stunden hier anwendet/

Erlernt den Weg der Ewigkeit.


5.

O Schul! ob der/ was in der Welt

Vor klug geachtet; sich entsetzet!

Die/ was verpicht auff Ehr vnd Geld

Vor mehr/ den höchst-erschrecklich schätzet

O Schul! ob der der Seelen graut

Die alles weiß/ ohn was Gewissen:

O Schul! ob welcher Zittern müssen

Die mehr auff Stahl als Recht getraut.


6.

O Schul! ob welcher den die Haar

In kaltem Schweiß zu Berge gehen/

Die nahe letztem Ziel der Jahr/

Doch näher tollen Lüsten stehen.

O Schul! ob welcher dem die Bein

Vnd die durcheisten Glieder schüttern/

Dem bey den überhäufften Güttern

Kein Gott ging in den Glauben eyn.


7.

O Schul! Ich Komme voll begier/

Die wahre Weißheit zu ergründen!

Durchforsche mich/ du wirst bey mir

Ein munter Ohr vnd Auge finden!

Was mich ie Socrates gelehrt/[6]

Hält ja nicht Stich: der Stagirite

Vorfällt itzt gantz! der weise Scythe

Wird nun auff keinem Stull geehrt.


8.

Wer aber ists/ der mir erklär/

Was ich zu lernen mich bemühe?

Vnd der die Gründe mir bewehr?

Vnd feste Schlüsse darauß ziehe?

Wiel hier die Einsamkeit allein

Diß angenehme Werck verrichten?

Vnd alle meine zweifel schlichten?

Die mich vmbstrickt? O nein! O nein!


9.

Wie wird mir! wackelt nicht der Grund/

Auff dem ich steh'! rauscht ihr/ O Linden?

Wie! reist die Erd auff ihren Schlund!

Vnd läst die Wurtzeln sich entbinden.

Hör ich das rasseln dürrer Bein?

Hör' ich ein heischer-Menschlich brausen?

Hör ich der Suden holes Sausen?

Waltzt ihr euch ab ihr schweren Stein?


10.

Ich seh vnd starr! ein kaltes Eiß

Befröstet Adern/ Hertz vnd Lungen!

Von beyden Schläffen rinnet Schweiß/

Mein Leib wird auff den Platz gezwungen.

Das gantze Feld ist eine Grufft

Vnd alle Särge stehn entdecket/

Was vor Staub/ Ziegel/ Kalck verstecket

Vmbgibt die allgemeine Lufft.


11.

O letztes/ doch nicht festes Haus!

O Burg/ darinn wir vns verkrichen!

So bald deß Lebens Zeiger auß/[7]

Vnd dieser Wangen Roß' erblichen/

Palast/ den einig vns die Welt

Auff immer zu besitzen bauet/

Die offt doch/ was sie vns vertrauet

Erbricht vnd in dem Grab' anfällt/


12.

Du warest ja vorhin in Zihn/

Vnd du in Kupffer eingeschlossen!

Vnd du nicht ohne viel bemühn

Mit lauter dichtem Bley vmbgossen.

Man sparte nichts/ was teur vnd groß/

Als dieser (wie mich noch gedencket)

In Gold vnd Marmor eingesencket;

Wie find ich euch denn alle bloß?


13.

Ach! Geitz vnd Gri i hat in die Nacht

Deß tunckeln Grabes sich gewaget/

Vnd ins erblaste Licht gebracht/

Wornach mein traurend Forschen fraget.

Es hätte keine Rauber-Hand

Entseelten/ eure Ruh' erbrochen;

Wenn ihr die abgeleb'ten Knochen

In Holtz vertraut dem schlechten Sand.


14.

Doch gehen auch die Cedern eyn!

Die faulen Kiefer-Bretter weichen/

Kein' Eiche wird hier ewig seyn/

Sie muß ihr Grab im Grab erreichen.

Was schätzt ihr denn die leichte Ficht?

Die Fugen spalten vnd zerknallen/

Die engen Todten-Hütten fallen

Wie fest ihr klammert vnd verpicht.


15.

Hilff Gott! die Särge springen auff!

Ich schau die Cörper sich bewegen/[8]

Der längst erblasten Völcker Hauff/

Beginnt der Glieder Rest zu regen!

Ich finde plötzlich mich vmbringt

Mit/ durch den Tod/ entwehrten Heeren/

O Schauspiel! das mir heisse Zehren

Auß den erstarten Augen dringt!


16.

O Schauspil! ob dem mich die Welt

Vnd was die Welt hoch schätzt anstincket!

Ob dem mein Hochmuth nieder fällt

Vnd Muth vnd Wahnwitz gantz versincket!

Sind diese die/ die vnser Land

Beherrscht/ getrotzt/ gepocht/ geschätzet!

Die Dolch vnd Spiß vnd Schwerdt gewetzet/

Die stets gedruckt mit Stahl vnd Brand?


17.

Sind diese die/ die Gottes Hertz/

Erweicht mit Seufftzen-reichem Beten?

Die (Trotz dem jammerschwangern Schmertz!)

Vor sein erzörnt Gesicht getreten.

Die nichts denn ihre Schuld beklagt?

Ob Schätz vnd Gütter gleich verflogen/

Ob Angst ihr Blutt vnd Marck durchsogen/

Vnd den geklemten Geist zernagt.


18.

Sind diese die/ die Scham vnd Zucht

Vnd das entweyhte Recht verjaget?

Die was deß Himmels Zorn verflucht

Auß seiner Hell ins Licht vertaget?

Die/ Schand auff Laster/ Pest auff Gifft/

Auff Frevel/ Rach vnd Mord gehäuffet/

Die in den Abgrund sich verteuffet/

Auff die itzt Blitz vnd Donner trifft?
[9]

19.

Sind diese die/ die kleine Lust

Der Lüster-reichen Zeit beflecket/

Den die in Lieb entbrante Brust

Deß Höchsten reiner Geist entstecket?

Die vmb das Lamb ein Freuden-Lied

Das nicht ein ieder lernnt vorbringen/

Vnd in Schnee-lichten Kleidern singen

In ewig-Freuden vollem-Fried?


20.

Sind diese die/ die vor der Zeit

In Purpur/ Seid' vnd Gold geglissen?

Vnd diß/ die in Gebrechligkeit

Vmbirrten/ kaal vnd abgerissen?

Vnd diese/ die erhitzt von Neyd

Einander nicht die Lufft vergönnten?

Die keine Länder schlissen könnten.

Vnd jener schleust itzt dessen Seit?


21.

Wo sind die Wunder der Geschöpff?

Die schönen Seelen-räuberinnen?

Ich spüre nichts/ als grause Köpff/

Vnd werde keiner Zirath innen!

Wo sind/ ob derer Wissenschafft

Sich das entzückte Volck entsetzet/

Die man der Weißheit Väter schätzet!

Die Zeit hat all' hinweg gerafft.


22.

Ich finde meistens nichts vor mir/

Als gantz entfleischete Gerippe!

Hirnscheitel sonder Haar vnd Zier/

Antlitzer sonder Naß' vnd Lippe

Vnd Haupter sonder Haut vnd Ohr/

Gesichter sonder Stirn vnd Wangen/[10]

Die Leffzen sind in nichts vergangen/

Noch wenig Zähne ragen vor.


23.

Der Hals- vnd Rückenbeiner Rey

Hangt ja noch so vnd so beysammen/

Von Adern/ Fell vnd Mausen frey/

Die Rippen so herausser stammen

Beschlissen nicht mehr ihre Brust/

Die Ihrer Schätze gantz entleret/

Die Eingeweide sind verzehret/

Verzehrt deß Busens doppel-Lust.


24.

Was nützt der Schultern Blätter Paar

Der Armen Röhr ist sonder Stärcke

Vnd was deß Menschen eigen war/

Die Hand/ das Werckzeug höchster Wercke/

Das See vnd Land vnd Lufft bewegt

Vnd aller Thurst sich vnterwunden;

Ist durch deß Grabes Macht entbunden

Zerstückt/ entädert vnd zerlegt.


25.

Die Schoß ist ledig/ Hüfft vnd Schin/

Vnd Fuß vnd Fußbrett nichts als Knochen/

Holl/ vngestalt/ vnd gelblich grün

Vnd dürr als Scherben/ die zerbrochen.

In tausendfacher vngestalt/

Ist doch gleich' vngestalt zu kennen!

Wehn sol ich hoch/ wehn edel nennen?

Wehn schön/ arm/ kunstreich/ jung vnd Alt?


26.

Vnd diese sinds/ an den die Zeit

Ihr grimmes Recht hat außgeführet.

An welchen Tod vnd Sterbligkeit[11]

Auch den geringsten Raub mehr spüret;

Wie viel mehr häßlich ist die Schaar

Die noch mit der Verwesung ringet/

Die nach vnd nach die Fäule zwinget/

Die vns kaum liß vor diesem Jahr!


27.

Der Locken Schmuck fleucht vnd verfällt/

Die Flechten sind verwirrt vnd stieben;

Kaum was die feuchte Haut anhelt/

Ist vmb die öffnen Schläffe blieben!

Der Augen außgeleschtes Licht

Beginnt sich scheußlich zu bewegen/

Durch innerlicher Würmer regen/

Die Nase rümpft sich vnd zerbricht.


28.

Die zarten Wangen schrumpfen eyn/

Könbacken Zung' vnd Zähne blecken/

Der Leffzen ihr Corallenschein/

Ist gantz verstelt mit schwartzen Flecken.

Die Stirne reist. Deß Halses Schnee

Wird Erdfarb/ wie wenn nun die Sonnen

Dem strengen Frost hat abgewonnen

Vnd heisser stral't von ihrer Höh'.


29.

Was lispelt durch der Kähle Röhr?

Was merck ich in den Brüsten zischen?

Mich düncket/ daß ich Schlangen hör

Mit Nattern ihr Gepfeiffe mischen.

Welch vnerträglich-fauler Schmauch

Erhebt sich durch die bangen Lüffte!

Geschwängert mit erhitztem Giffte.

So dämpft Aornus hel'scher Rauch.


30.

So dämpft der Camariner Pful/

So qvalmen gelber Drachen Hölen/[12]

Die Japoneser Marter-Schull

Setzt nicht so zu verstrückten Seelen:

Als dieser Nebel-Pest anfällt

Die auß zuplatzten Leibern wüttet/

Die vor mit Balsam überschüttet/

Vnd Rauchwerck neu-entdeckter Welt.


31.

Der Därmer Wust reist durch die Haut/

So von den Maden gantz durch bissen;

Ich schau die Därmer (ach mir graut!

In Eiter/ Blutt vnd Wasser fliessen!

Das Fleisch/ das nicht die Zeit verletzt

Wird vnter Schlangen-blauen Schimmel

Von vnersätlichem gewimmel

Vielfalter Würmer abgefretzt.


32.

Was hilfft der Socotriner Safft!

Er kan die Schönheit nicht erhalten.

Worzu der scharffen Myrrhe Krafft?

Er läst die Glieder doch veralten.

Ist diß/ was Palästine schickt

Asspalt wol/ oder Fleisch zu nennen?

Wenn wir die Beyner nicht erkennen/

Wird eins fürs ander, angeblickt.


33.

Was aber nutzt! ein Prächtg Kleid

Mit göldnem Zierath reich durchstricket?

Was ists/ daß man mit reiner Seid'

Die in das Grab verweiste schmücket?

Schaut/ wie die Purpur sich entfärbt

Wie eur lang Stückwerck bald vermodert/[13]

Wie schnell der zarte Flor verlodert

Wie vieler Hände Fleiß verderbt!


34.

Ach Todten! ach was lern ich hier!

Was bin ich/ vnd was werd ich werden!

Was fühl vnd trag ich doch an mir

Als leichten Staub vnd wenig Erden.

Wie lange wird mein Cörper stehn!

Wie bald werd ich die Jahre schlissen!

Wie bald die Welt zum Abscheid grüssen/

Vnd auß der Zeiten Schrancken gehn.


35.

Werd ich wol zu der grossen Reiß

Bedachtsam mich bereiten können!

Wie? oder wird den letzten Fleiß

Ein schleunig Auffbott mir nicht gönnen!

Ach Herr deß Lebens/ eile nicht

Mich vnverwarnet zu betagen:

Sey/ wenn die todten-Vhr wird schlagen

Mein Schutzherr/ Leitsmann/ Weg vnd Liecht.


36.

Wo werd ich die erblaste Leich

Vnd wie der letzten Grufft vertrauen?

Wie mancher/ der in allem reich

Ließ ihm vmbsonst sein Grab auffbauen!

Wie viel bedeckt ein frembder Sand

Wer kennt deß rauen Glückes Fälle?

Wie manchen schmiß die tolle Welle

An frembder Ufer rauen Strand!


37.

Doch aber ist so viel nicht an

Ob ich Geselt/ ob einsam liege![14]

Herr! wenn mein Geist nur stehen kan!

Vnd ich vor deinem Richtstul siege/

Ich weiß/ die angesetzte Zeit

Wird bald mit vngeheurem Krachen

Vnd Lichter Glutt das Vorspill machen

Der vnbegräntzen Ewigkeit.


38.

Wenn Gottes letzte Feldgeschrey

Verstärckt mit Blitzen vnd Trompeten

Wird durch der langen Länder Rey

Erschallen vnd den Tod ertödten

Wenn Marmor/ Ertz/ Metall vnd Stein!

Vnd Pharos vnterirrd'sche Grüffte

Vorliefern werden in die Lüffte

Die leichter Geister-vollen Bein!


39.

Wenn Amphitritens tolle Schoß

Viel tausend Menschen wird gebähren/

Vnd was ihr tieffer Abgrund schloß/

Dem Richter auff sein Wort gewehren.

Wenn/ was der freche Nord verweht/

Was Tyger vnd Maroc zurissen/

Was Persens Fla i' auffzehren müssen/

Was auff den Wüsten Stro i geseet.


40.

Was Caribe/ was ie Brasil

Viel wilder als sein Wild verschlungen:

Wenn/ was in tieffe Schacht verfiel/

Drin er vbmsonst nach Gold gerungen!

Wenn/ was Vesevus überschneyt/

Mit heisser Asch/ vnd lichten Funcken[15]

Wenn/ was in Ætnæ Glutt versuncken

Vnd was deß Hekels Schlund anspeytt/


41.

Wenn/ was die Zeit siebt in die Lufft

Sich plötzlich/ gantz wird wiederfinden;

Ja/ wenn deß tieffsten Kerckers Klufft/

Selbst die Gefangnen wird entbinden;

Zu sehen/ wie deß Höchsten Sohn

In höchster Herrligkeit beschemen

Werd' alle Feind/ vnd nun einnehmen

Den ihm gesetzten Richters-Thron.


42.

Zu hören/ wie der Richter sich

Hauptsäch- vnd endlich werd' erklären/

Der hier gerichtet ward vor mich/

Vmb mich nicht richtend zu beschweren/

Der allem neues Leben gibt.

Die Erden loder vnd verbrenne!

Der Himmel Feste brech vnd trenne!

Hier steht/ wer Jesum hasst vnd liebt.


43.

Da werd ich/ euch/ die ich itzt schau/

Vnd doch nicht weiß zu vnterscheiden/

Wie ich voll fester Hoffnung trau

Sehn gantz vertäufft in Freud vnd Leiden!

In Freuden/ die kein Sinn' ersinn't;

In Leid/ das Niemand kan ermässen!

In Lust/ die aller Angst vergessen/

In Leid/ das nimmer nicht zerrinnt.


44.

In Freuden/ den die Welt zu klein/

In Leid/ ob dem die Hell erschittert/

In Lust/ dem Schiffbruch aller Pein/[16]

In Leid/ das stette Furcht verbittert.

In Lust/ die alles Ach ertränckt/

In Leid/ das gantz kein Hoffen kennet/

In Wonne/ die kein Sorgen trennet/

In Leid/ das ewig brennt vnd kränckt.


45.

Ich werd euch sehn mit eurer Haut/

Doch von Verwesung frey/ vmbgeben!

Was ihr der Gruben habt vertraut/

Wird vmb die vollen Adern leben!

Ich werd euch sehn! O Vnterscheid!

Verklärt/ vnd mich an euch ergetzen!

Verstellt/ vnd mich ob euch entsetzen!

Vnd ruffen: Ach! O Wonn! O Leid!


46.

Ich werd euch sehn/ mehr denn das Licht/

Von zehnmal tausend Sonnen schimmern;

Ich werd euch sehn/ vnd mein Gesicht

Verborgen vor dem Jammer-wimmern.

Ich werd euch sehn/ mehr schön als schön/

Euch mehr/ denn häßlich vnd elende!

Euch zu dem Trost; euch in die Brände

Gespenster-schwerer Nächte gehn.


47.

Viel/ die man groß vnd heilig schätzt;

Schätzt Gottes Außspruch vor verlohren!

Viel/ die man schmeht/ verspeyt/ verletzt:

Sind zu dem grossen Reich erkohren.

Starrt ob dem schönen Marmel nicht/

Stein Schmuck vnd Grabschrifft können trügen.

Die Leiche nur weiß nicht von Lügen:

Nichts von betrügen diß Gericht.


48.

Sie zeigt dir/ daß du must vergehn!

In Fäul/ in Angst/ in Stanck/ in Erden![17]

Daß auff der Welt nichts könne stehn!

Daß iedes Fleisch muß Aschen werden!

Daß/ ob wir hier nicht gleiche sind/

Der Tod doch alle gleiche mache!

Geh vnd beschicke deine Sache/

Daß dich der Dichter wachend find.


49.

Er einig weiß/ was Grab vnd Tod

Vermischt/ genau zu vnterscheiden!

Er weiß/ wer nach der letzten Noth

Sol ewig-jauchtzen oder leiden!

Er sorgt/ daß nicht der meiste Staub/

Von einem Cörper ihm verschwinde!

Ihm hütten Wasser/ Lufft vnd Winde/

Ihm raubt gar nichts der Zeiten Raub.


50.

Ach Todten! Ach! was lern ich hier!

Was war ich vor! was werd' ich werden!

Was ewig; bleibt vns für vnd für!

Vnd ich bekümmer mich vmb Erden!

O lehrt mich/ die ihr lieget/ stehn!

Daß/ wenn ich Jahr vnd Zeiten schlisse/

Wenn ich die Welt zum Abscheid grüsse/

Mög' auß dem Tod ins Leben gehn!

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 3, Tübingen 1963, S. 5-18,218-219.
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