Hirten-Gespräch auf eine Hochzeit

Thyrsis.


Dameta fehlt dir was? Wie siehst du so betrübet?


Dametes.


Mir fehlt nur mehr denn viel: Mich dünckt ich sey verliebet:


Thyrsis.


Das lasse Pan nicht zu! welch Ubel steckt dich an!


Dametes.


Der muß ein Unmensch seyn/ der nun nicht lieben kan!


Thyrsis.


Diß Wort schmeckt lauter Gifft/ die greifft dir nach dem Hertzen.


Dametes.


Mein Thyrsis ich vergeh' in bitter-süssen Schmertzen.


Thyrsis.


Sprich Aertzt' um Mittel an: Versäume keine Zeit:


Dametes.


Die Kräuter lindern nicht der Plagen Hefftigkeit.


Thyrsis.


So wilt du sonder Rath in deinem Wahnwitz sterben?


Dametes.


Ein Mittel weiß ich noch/ ach wär' es zu erwerben.


Thyrsis.


Zwölff Schaafe setz' ich drauf/ wo ich dich retten kan:


[150] Dametes.


Ach! blickte Charis mich nur etwas freundlich an.


Thyrsis.


Diß Mittel ist fürwahr weit ärger als dein Leiden.


Dametes.


Hilfft Charis nicht/ so muß ich Welt und Leben meiden.


Thyrsis.


Begehrst du denn ein Weib ein lebend Creutz ins Haus:


Dametes.


Diß Creutz alleine jagt die bösen Geister aus.


Thyrsis.


Dafern man gläubt daß Arg mit Argen zu vertreiben:


Dametes.


Was gut/ gesellet sich: Arg muß alleine bleiben.


Thyrsis.


Eh ich ein Weib begehr'/ eh wüntsch' ich mir den Tod/


Dametes.


Und ich find' ohne Weib mich in der höchsten Noth.


Thyrsis.


Wie schwer ists/ wenn man sol der Jungfern Gunst erbitten:


Dametes.


Je fester eine Burg/ ie stärcker sie bestritten:


Thyrsis.


Was hilfft es wenn man sie bestritten sonder Frucht!


Dametes.


Man fängt die Hinde nicht/ als auf gejagter Flucht.


Thyrsis.


Solt' ich so lange Zeit der stoltzen Güte dienen:


Dametes.


Solt' ich/ wenn ich verliebt zu schlaffen mich erkühnen.


Thyrsis.


Wo aber denckst du hin: Hier taugt dein Singen nicht/


Dametes.


Die Musen geben mir was andern noch gebricht.


Thyrsis.


Ach/ armer/ ach/ hier gilt kein Juncker von der Feder:


Dametes.


Man legt nach langem Krieg das Eisen von dem Leder.


Thyrsis.


Die Spörner Klingen nicht wie Peruaner Gold:


Dametes.


Diß zehlt mein Daphnis nicht: Doch werd' ihm Chloris hold.


Thyrsis.


Ja Chloris in dem Stück hat aus der Art geschlagen:


Dametes.


Es geh mir/ wie es geh: Ich wil es einmahl wagen.


Thyrsis.


Wofern du Wagen hast die mit vier Rossen gehn:


Dametes.


Als must' ein iedes Hauß voll Woll' und Leinwand stehn.


Thyrsis.


Wo aber zielst du hin/ nach Osten oder Westen?


Dametes.


Ich wehle hier und dar/ und ziele nach der besten.


Thyrsis.


Der besten wie du meinst/ doch wehle mit bedacht:


Dametes.


Die mich bey Tag' erquickt/ und frölich sey bey Nacht.


Thyrsis.


Du sitzest unten an/ wo sie von höherm Blute:


Dametes.


Ich liebe die/ von der ich nicht den Wahn vermuthe.


Thyrsis.


Die man für schöne schätzt: Kennt ihrer Farben Preiß:


Dametes.


Seh' ich was heßlichs an/ so schwitz' ich kalten Schweiß.


Thyrsis.


Geberden können offt was häßlich/ schöne machen:


Dametes.


Die häßlich/ würde sich bey mir nicht schöne lachen


Thyrsis.


Ich fragte mehr vor mich nach frommer Eltern Kind:


Dametes.


Wär' es nicht selber fromm: Ist jener fromm-seyn/ Wind.


Thyrsis.


Die muß ja züchtig seyn/ die züchtig ist gezeuget:


[151] Dametes.


Mein wehrter Hertzens-Freund/ auch diese Regel treuget.


Thyrsis.


Du lobst denn die man hat verzettelt auf dem Heu:


Dametes.


Die gibt für gleiches Vieh ein' angenehme Streu.


Thyrsis.


Die Jungfern können ietzt wol ander unterstreuen:


Dametes.


Die zuviel unterstreut wird endlich Ochsen treuen.


Thyrsis.


Die Weissen sind offt sieh wenn sie nicht stets purgiert:


Dametes.


Bey schwartzen würde mir viel Seiffen-Geld verschmiert.


Thyrsis.


Ein Leib der braun und starck kan starcke Püffe tragen:


Dametes.


Du denckst ich werde mich/ als wie mit Hunden schlagen?


Thyrsis.


Kein Esel/ Glock und Weib sind sonder Schläge gut:


Dametes.


Der muß ein Esel seyn/ wer tobt auf Frauen-Blut.


Thyrsis.


Nimm eine zarte denn/ die darffst du nicht berühren.


Dametes.


Nürnberger Gut läst sich auf alle Märckte führen.


Thyrsis.


Ich hielte viel von der die Tugend schweigen lehrt.


Dametes.


Was nützte mir der Block der keinmahl wird gehört.


Thyrsis.


Ich kenne manche wohl/ die gantze Monden brummen.


Dametes.


Ich kenne manche wohl/ die auf ein Jahr verstummen.


Thyrsis.


Nimm einen Hasel-Ast/ der ist dafür bewehrt/


Dametes.


Wie Lycas, der das Hauß mit seinem Weibe kehrt.


Thyrsis.


So kan sie zu dem Schatz das Besemgeld erspahren.


Dametes.


Ihr Geld wird ohne diß für tausend Teuffel fahren.


Thyrsis.


Wir kommen von dem Zweck. Man sagt/ wer hält der hegt.


Dametes.


Nur daß man nicht der Magd vors Brodt drey Schlösser legt.


Thyrsis.


Soll eine Reiche dich mit ihren Gülden laben?


Dametes.


Die schätz' ich dir vergnügt/ und mich allein wil haben.


Thyrsis.


Die Weisheit kommt was hoch! Soll sie denn lustig seyn?


Dametes.


Ein immer-traurig Weib ist wie versaurter Wein.


Thyrsis.


Ich kenne/ die verstehn/ wie die Claviere klingen/


Dametes.


Die können mit der Zeit ein Ninno Josephs singen.


Thyrsis.


Und denen Aretin und Francion bekannt.


Dametes.


Die sind zu klug/ mein Freund/ vor mich und meinen Stand.


Thyrsis.


Dürfft' ein' auf gute Treu sich dir wol selbst anbieten?


Dametes.


Der wäre wol der Kopff gespalten in der Mitten.


Thyrsis.


Was Rath denn/ wenn sie dir stets ihren Kram versagt.


Dametes.


Denn Liese gute Nacht und Sylvia gefragt.


Thyrsis.


Wenn sich der Zeug verliegt/ pflegt man bald loßzuschlagen.


Dametes.


Die zu viel Jahre zehlt/ weiß gar zu viel zu sagen.


Thyrsis.


Was weiß ein Kindisch Kind/ das noch mit Tocken laufft.


[152] Dametes.


Was unreiff acht ich nicht/ was faul wird nicht verkaufft.


Thyrsis.


Bey Wittben findet man bestellte Küch' und Keller.


Dametes.


Man freyt die Wittben wol/ man freyt auch ihre Heller.


Thyrsis.


Wird iemand drum verdacht? Sie sitzen warm und fest.


Dametes.


Zu fest auch wol für mich/ die erste Treu die best.


Thyrsis.


Sie leben bey Verstand/ und haben was erfahren.


Dametes.


Gott woll' uns für und für vor dem Verstand bewahren.


Thyrsis.


So taugt dir keine nicht die ihren Mann beklagt?


Dametes.


Sie ehr' ich. Doch ich lieb' ein unbefleckte Magd.


Thyrsis.


Nimm was du wilst. Ich wil die Zeit allein vertreiben.


Dametes.


So wilst du für und für ein Vesper-Knecht verbleiben?


Thyrsis.


Wer einsam ist/ vertreibt die Zeit in höchster Ruh.


Dametes.


Wer so verschimmelt bringt die Zeit gar übel zu.


Thyrsis.


Verschimmel' ich/ so putzt mich ab mit Flederwischen.


Dametes.


Wohl mir/ wenn die mir lieb wird meinen Brand erfrischen.


Man glaubt daß um die Zeit der heissen Sonnen-wende

Der Blätter grüne Tracht an Bäumen um-sich-kehr/

Ihr seht/ daß eine Frau itzt Leid vor Lust versende/

Und Profin euer Hertz vor Rüels Grab begehr.

Drum kehrt den Schluß euch um/ zu leben stets allein/

Und sucht/ mein Freund/ itzt Mann/ doch Vater bald zu seyn.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 3, Tübingen 1963, S. 129-130,150-153.
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