An meine Freundinnen

[26] Mädchen! die ihr mein Herz, die ihr mein Schicksal kennt,

Und das Auge, das oft Tränen im Tale weint

In den Stunden des Elends –

Dies mein traurendes Auge seht!


In der Stille der Nacht denket an euch mein Lied,

Wo mein ewiger Gram jeglichen Stundenschlag,

Welcher näher mich bringt dem

Trauten Grabe, mit Dank begrüßt.


Aber daß ich mein Herz redlich und treu, und rein

Im Gewirre der Welt, unter den Lästerern

Treu und rein es behielt, ist

Himmelswonne dem Leidenden.


Mädchen! bleibet auch ihr redlich und rein und treu!

Gute Seelen! Vielleicht wartet auf euch ein Los,

Das dem meinigen gleicht. Dann

Stärkt im Leiden auch euch mein Trost.

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Stuttgart 1946, S. 26-27.
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