Bothen.

[70] Bothen oder Brieffträger betriegen 1) Wenn sie die Brieffe auf eine subtile Art eröffnen, und mit eben der Subtilität selbige wiederum zumachen, hernach aber die darinn enthaltene Heimlichkeiten entdecken. 2) Wenn sie die mit Geld versehene Brieffe oder Packte bestehlen, das Geld verspielen oder versauffen und hernach vorgeben / sie hätten das Paquet verlohren oder seyen unterwegens angegriffen und des Gelds beraubet worden. 3) Wenn sie sich den Lohn vor Bestellung der Brieffe lassen vorausgeben, die Brieffe aber entweder gar nicht / oder doch sehr langsam an gehörigen Orten bestellen. 4) Wenn sie allerley erdichtete Zeitungen unter die Leute aussprengen / und sie vor Evangelische Warheiten erzehlen, mithin das daher entstandene Sprichwort es sind Bothen-Avisen! wahrmachen. 5) Wenn sie an denen Orten / wohin sie mit Acten verschicket worden, bey denen Schöppen-Stühlen oder Facultäten ihre Abfertigung gar nicht / oder langsam erinnern / nur damit sie bey ihrer Rückkunfft viele Tage Wart-Geld bezahlet bekommen mögen. 6) Wenn sie die ihnen[70] anvertraute Brieffe und Acten nicht geheim halten, sondern wider ihre Pflicht oder Versprechen denen Partheyen, welche gerne wissen wolten wohin ihre Acta verschicket würden / heimlich offenbahren. 7) Wann sie die Ihnen zugestellte Citationes und rechtliche Verordnungen nicht / wie sichs gebühret, zu rechter Zeit und selbst überbringen, sondern mit guter Muß durch zufällige Gelegenheit anderer bestellen / immittelst aber das völlige Bothen-Lohn denen Partheyen / an welche die Insinuation geschehen / anrechnen. 8) Wenn sie das unter der Titulatur stehende Franco auf subtile Art radiren / und sich die Brieffe auch von dem, an welchen sie überbracht werden / noch einmahl bezahlen lassen. 9) Wenn sie denen Leuten / welchen die Weite oder Entlegenheit der Oerter / wohin sie die Bothen schicken /unbekannt, mehr Meilen anrechnen, als sie würcklich gegangen. 10) Wenn sie zwar versprechen, sie wolten die Ihnen aufgegebene Briefe oder Acten so gleich fertigen / hernach aber doch wohl ein oder mehrere Tage in der Stadt erst umfragen, wer an solche Oerter, wohin sie verschicket werden / etwas zu bestellen /und solchen zu gefallen warten / biß sie mit ihren Sachen oder Brieffen fertig sind. 11) Wenn sie bey ihrem Bothen-gehen Krämerey mit Vögeln und dergleichen treiben / und sich um deswillen unterwegens aufhalten.


Mittel: Bothen-Ordnungen und Verpflichtungen können guter massen diesen Ubelstand abhelffen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 70-71.
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