Morgenlied

[20] Im Ton: Wie schön leuchtet der Morgenstern, usw.


1.

Nun ist die übermüde Nacht

In sichrer Ruhe hingebracht:

Die Morgenröte blicket.

Der Sonnen Purpur Angesicht,

Das Aug der Welt, das Flammen-Licht,

Der Menschen Sinn erqvicket.

Ach schaut:

Es taut

Perlenthrenen,

Zu beschönen

Unsre Heyden,

Die mit fettem Klee sich kleiden.


2.

Es singt der Vogel in der Lufft,

Daß widerschallt der Thäler Grufft

Dem Höchsten Gott zu Ehren,

Der allem Fleisch zu rechter Zeit

Hat sein begnügtes Mahl bereit,

Pflegt alles Heer zu nehren.

Felder,

Wälder,

Was ihr heget

Und sich reget

Hier und oben,

Soll den Schöpffer stetig loben.


3.

Gleichwie der Blumen Blätlein-Schrein

Zertheilt der warme Sonnenschein,

Sie gäntzlich zu erqvicken,

So soll auch mein verdüstert Hertz

Sich öffnen, daß deß Geistes Kertz

Kan seinen Schrein durchblicken.

Rührend,

Zierend,

Daß es Gaben

Möge haben,

Die vor allen

Gott und Menschen wolgefallen.


4.

Herr, hilff, daß ich auch diesen Tag

Und so lang ich noch leben mag,

Mein Ambt getreu verrichte,

Daß ich auf deinen Wegen geh'

Und aller Sünde müssig steh,

All Eitelkeit vernichte;

Und wann

Kommt dann

Tod und Sterben,

Laß mich erben

Und empfangen,

Was die Frommen all erlangen.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 20-21.
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