|
[21] 1.
Ich bitte dich, Herr Jesu Christ,
Laß mich im Geist betrachten,
Wie Du für die gestorben bist,
So dich zum Opfer machten,
Auf daß auch die aus Hertzen Grund
Dir dancken alle Zeit und Stund,
So deinen Tod ursachten.
2.
Nach dem die Juden in der Nacht
Dich, Jesum, sehr geplaget
Und Morgens für Gericht gebracht,
Dich fälschlich angeklaget,
Hast du doch in Pilati Haus
Es mit Gedult gestanden aus
Und nicht ein Wort gesaget.[21]
3.
Herodes hielte dich für Spott
Und hat Dich viel gefraget;
Hernach hat Dich der Juden Rott
Verklaget und geplaget,
Mit weissen Kleidern angethan
Als einen falschen Königsmann
Pilato zugeiaget.
4.
Pilatus ließ aus Richters Zwang
Dich, Jesum, hefftig streichen
Und mit dem strengen Peitschenstrang
Den zarten Leib erweichen.
Ach Gott! laß uns dein wehrtes Blut
Erretten von der Höllen Glut
Als deiner Gnade Zeichen.
5.
Man hat dich mit der Dörner Kron
Und Purpur angekleidet,
Geführet auf deß Richters Thron.
Wer ist doch, der hier leidet?
Ach! welcher Schmertzen-Mensch warst du!
Auf daß du uns nur brächst zu Ruh',
Hast du kein' Angst vermeidet.
6.
Man legt auf dich die CreutzesLast,
Die wir verdienet haben.
Die Hände du gespannet hast,
Mit Näglen gantz durchgraben.
Am Stamm deß Creutzes leidet Gott!
Es unternimmt die Henckers Rott,
Mit Essig ihn zu laben.
7.
In diesen letzten Marterstand,
Den Christus nicht verschuldet,
Hat Er die Schmertzen mit Bestand
Und dem Gebet erduldet.
Er leget eine Fürbitt ein
Für die, so mit der grösten Pein
Dem Satan selbst gehuldet.
8.
Der Schächer auf der rechten Seit
Hat sich mit Gott versöhnet,
Das Paradeis war ihm bereit;
Der andre Jesum höhnet.
Darauf sagt Er: Es ist vollbracht.
Der Tag verwandelt in die Nacht
Hat diesen Tod betränet.
9.
Nun kommt und schauet an das Hertz:
Die Seiten wird durchstochen.
Der Leichnam fühlet keinen Schmertz,
Die Schlang' ist nun gerochen.
Es reinigt uns die Wasserflut,
Vermischet mit dem rohten Blut.
Man bricht der Schächer Knochen.
10.
Wir bitten dich, Herr Jesu Christ,
Durch deinen Tod und Leiden:
Gib, daß doch wir zu jeder Frist
Die Sündengreuel meiden,
Daß wir uns trösten in der Noht,
Wann Leib und Seele durch den Tod
Muß von einander scheiden.
Buchempfehlung
Zwei weise Athener sind die Streitsucht in ihrer Stadt leid und wollen sich von einem Wiedehopf den Weg in die Emigration zu einem friedlichen Ort weisen lassen, doch keiner der Vorschläge findet ihr Gefallen. So entsteht die Idee eines Vogelstaates zwischen der Menschenwelt und dem Reich der Götter. Uraufgeführt während der Dionysien des Jahres 414 v. Chr. gelten »Die Vögel« aufgrund ihrer Geschlossenheit und der konsequenten Konzentration auf das Motiv der Suche nach einer besseren als dieser Welt als das kompositorisch herausragende Werk des attischen Komikers. »Eulen nach Athen tragen« und »Wolkenkuckucksheim« sind heute noch geläufige Redewendungen aus Aristophanes' Vögeln.
78 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro