Zweite Szene

[681] AGNES tritt ein mit einer Suppe. Guten Morgen, Theobald!

THEOBALD. Danke schön, Jungfer, danke schön! Wohl geschlafen?

AGNES. So sollt ich Euch fragen! Ihr werdet oft herausgeklopft, wenn sie gerauft haben, und ein Pflaster brauchen.

THEOBALD. Das bemerkt Ihr? Für sich. Ich geb ihr den Strauß und bestelle alles! Wenn sie dann ein Gesicht macht und pfui sagt und mich anfährt: dazu gibst du dich her –

AGNES. Was verbergt Ihr denn hinter dem Rücken?

THEOBALD zeigt den Strauß. Ja so, das hätt ich bald vergessen!

AGNES. Ah, der ist schön! Gebt ihn mal her! Sie riecht. Wenn wir doch auch einen Garten hätten! Wessen Namensfest ist denn heute? Sie will ihn zurückgeben.

THEOBALD. Behüte, er gehört Euch!

AGNES. Mir? O, da dank ich! Aber da gehts mit Eurem alten Ohm wohl bald zu Ende?

THEOBALD. Mit meinem Ohm?

AGNES. Nun ja, weil er seine Blumen zu verschenken anfängt, das pflegt ein Gärtner nicht zu tun, und gekauft habt Ihr sie doch gewiß nicht?[681]

THEOBALD. Er ist nicht von mir!

AGNES. Nicht von Euch? Von wem denn?

THEOBALD. Ratet!

AGNES. Von – – Nein, Barbara kanns nicht sein, die sieht mich nicht mehr an, ich weiß zwar nicht, warum.

THEOBALD. Es ist keine Sie!

AGNES. Keine Sie? Und Ihr seids auch nicht? Sie legt den Strauß auf den Tisch.

THEOBALD. Gott Lob, ihr fällt sonst niemand ein!

AGNES. Aber, da muß ich Euch doch fragen – –

THEOBALD. Scheltet nur! Ich wollts bloß wissen!

AGNES. Was?

THEOBALD. Ob Ihr vielleicht in der Kirche nach ihm geblinzelt, oder ihm wohl gar bei einem Tanze die Hand gedrückt hättet!

AGNES. Wem denn?

THEOBALD. Es ist schon gut, wenn Ihr nicht von selbst auf ihn kommt! Er nimmt den Strauß. Ha, unserer alten Getrud will ich ihn jetzt verehren, die soll ihn an die platte Brust stecken, wenn sie auf den Markt humpelt, und sich mit einem Knicks bedanken, wenn sie sich an dem Hause vorbei schiebt! Er springt. Ich könnte jetzt – –


Er singt.


Wenn zwei sich die Hände geben – –

Jungfer, es ist ein schönes Lied!


Singt wieder.


Und wer ein guter Geselle ist,

Der wird wohl auch ein Meister!


Oder ist das nicht wahr?

AGNES. Ihr seid zu früh lustig! Spät am Abend ist besser, als früh am Morgen.

THEOBALD. Und doch singen die Vögel, wenn sie erwachen, und nicht, wenn sie einschlafen. Er faßt ihre Hand.

AGNES zieht sie zurück. Was wollt Ihr?

THEOBALD. Bloß nachsehen, ob – Ihr habt sie mir einmal gelassen!

AGNES. Als Ihr mir eine Ader öffnen solltet!

THEOBALD. Nun freilich! Er nimmt die Hand wieder. Ließ mein Schnepper keine Spur? Ich machte es ungeschickt!

AGNES. Zittert Ihr immer so dabei, wie damals?

THEOBALD. O nein! mir ward nur so wunderlich, als ich Euch[682] weh tun sollte. Aber wie rot Euer Blut ist! Für sich. Aus meinen Lippen hätt ich gern den Verband gemacht, wenn der Vater nicht dabei gestanden wäre!


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 1, München 1963, S. 681-683.
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